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Nachmittags wurde in der Nähe der Waiseubrücke ein lOjäbriger Suade beim Spielen von einem anderen Ztnaben in die Spree zestoßen. Da das Wasser an dieser Stelle sehr'eicht ist, gelang -s ihm leicht, wieder herauszukommen, er hatte aber beim Fallen »en rechten Unterarm gebrochen. Gegen Abend siel in oer isteuen Schöiihauserstraße ein Kutscher von seinem ins Schleudern gerathenen Mörtelwagen und wurde an beiden Leinen überfahre». Unter der Stadtbahn- Uebcrführung in der Neuen Promenade gerieth eine 76 Jahre alte Frau anter eine Droschke und wurde mehrfach, anscheinend jedoch -licht schwer, am Kopfe verletzt. In der Alcxandcrstraße lief ein Knabe aus UnachtsamkeU gegen eine Droschke und erlitt außer mehrfachen Quetschungen anscheinend einen Bruch des rechten Oberschenkels.   In der Nacht zum 20. d. M. erschoß sich im Thiergarten auf dem Spielplatz an der Lennsstraße ein etwa 25 Jahre alter Mann. Am 20. d. M. Morgens wurde ein Kaufmann in seiner Wohnung, in der Elbingerstraße, erhängt vorgefunden, Vormittags schoß sich ein Handwerker in seiner Schlafstelle, in der Adalbertstraße, drei Revolvcrkugeln in den Mund und verletzte sich so jchwer, daß er bald darauf starb. An»!9. und 20. d. M. wurde die Feuerwehr zehn Mal zu Feuern gerufen, darunter zwei Mal zu größeren. In der Rauchstr. 1 brannte der Inhalt mehrerer Himmer und in der Naumcrstr. 21 das Holzwerk und das Dach eines Neubaues. TTzenkev. Müde und träge schleicht das Theaterjahr seinem Ende zu. Die letzte Novität noch brachte das Schauspielhaus. Es handelt sich um eine literarische Ausgcubung, um ein Witzspiel aus Spamen's theatralische Glanzperiode, um die KomödieDas Unmögliche" von L o p e d e V e g a. die der Kritiker der National-Zeitung" Eugen Label nach einer Ucbersetzung von Braunsels sür die deutsche Bühnegerettet" hat. Mit solchen Rettungen hat es seine besondere Bewandtniß. Sie kehren regelmäßig gerade in solchen Perioden häusiger wieder, in denen eine Erschlaffung /ünstlecijchcn Schaffens eingetreten ist. In der That ist die Reaktion das besondere Merkmal des abgelaufenen Bühnenjahres und ganz aus dem Geiste dieser Reaktion heraus verfiel man darauf, aus den Rcichthümern Lope de Bega's nicht etwa ein schweres, in großen Schicksale» reiches oder in berauschende Phantasie getauchtes Stück zu wählen, sondern man ließ sich's mit einer zierlichen Kleinarbeit, von heiterer gefälliger Form, aber gering- fügiaer ideeller Bedeutung genügen. Das Spielerische in der Kunst, das märchenhaft Tändelnde, nicht das märchenhaft Tiefe und Naive, das von dem Berliner   Theaterpublikum zur Zeit so begierig aufgesogen wirb, ist auch für Lope de Vega's  Tugend- Wächter" charakteristisch. Als steckte man voll von geheimem Bangen vor der dramatischen Behandlung.moderner Empfiiidnng, moderner Zeitgedanken. Auf dem Minnehof der schönen Kömgin von Neapel  , der nirgends und niemals bestand, als im luftigen Reich der Romantik, da kann auch die zärtlichste Seele nicht von Aufregung und Kampf beunruhigt werden. Da geht es zierlich und gefällig zu und verliebte Sehnsucht, zierliche Koketterie sind die Pole, um die sich alles Erdenschicksal dreht. Davon hört ein selbstzufriedenes Publikum gerne und das Schauspielhaus hat ein selbstzufriedenes, wohlunständiges Publikum. Die junge schöne Köngin von Neapel   hat ihre Ritter mit der Räthselfrage beschäftigt, was ist das Unmöglichste auf Erden? Keine Auskunft geben die Eoty» am Hofe, keine Auskunft wenigstens, die die Königin befr�digen könnte; und so kommt sie selber zu dem Ausspruch: Das Unmöglichste ist es. ein Weib, das in Liebe entbrannt ist, zu hüten. Dem widerstreitet der edle Roberto und erklärt: Ich will Wächter meiner liebreizenden, tugendsnmen Schwester sein. Nur durch mich darf sie ihren Gatten wählen. Aber Roberto's Schwester Diana liebt den edlen Lisandro und er ist längst auch in sie verliebt. Durch Ränke und in Verkleidungen aller Art wissen die Liebenden den strengen Tugendwächter zu übertölpeln und Reberto muß bekennen: Es ist undenkbar, ein Weib zu hüten, das nicht selber seine Ehre hütet. In das Tändelnd-zierliche der Verse Lope de Vega's   fand sich Frau von Höchen burger lDiana) besser als Fräulein Poppe's(Königin) minder graziöse Kunst. Am wirksamsten aber erwies sich die komische Kraft V oll m ers(Kastellan im Schloß Roberto's.) Zentraltheater. In dem QuodlibetDer Traum des A k.t i o n ä r s". das am Sonntag zum ersten Male aufgeführt wurde, hatte Herr Thomas zwar Gelegenheit, in einem Bäcker- dutzend Rollen sein vielseitiges Talent zu zeigen, aber weiter hatte die Sache eigentlich auch keinen Zweck. Der Inhalt des Stückes ist ein Sammelsurium aus älteren Possen und Operetten, das einem Aktionär, der statt zum Brauereidirektor, aus Versehen zumDirektor einesTheaters.das der Brauerei gehört, gewähltworden ist, nach dem Muster derNiobe  " im Traum erscheint. Die verschiedenen Szenen sind meistentheils mit Geschick aneinander gereiht, aber sie geben doch kein Ganzes, das am Schluß der Borstellung Befriedigung erwecken könnte. Vollends wird die Wirkung beeinträchtigt durch di» schließliche gar zu gewaltsame Lösung des Knotens, die den angenehmen Empfindungen und Erinnerungen, welche die vorgeführten Bilder aus den zum großen Theil schon verschollenen Stücken erwecken, einen gar zu plumpen Stoß versetzt. Dem Gast stand Frau Dora, der eben- falls eine erkleckliche Anzahl Rollen aufgebürdet war. vortrefflich zur Seite. Von den sonstigen Mitwirkenden sei vor allen Herr Müller genannt, der durch seinen trockenen Humor, wie immer, das Publikum hinriß. Gevirliks-FleiknulZ. Presse und Polizei. Wider war es die Mißbilligung einer folizeimaßregel, welche gestern drei Redakteure, die Herren ch i p p a n g(Deutsche Warte"), Harich(Verl  . Tagebl.") und M u l l e r(Berliner Morgenzeitung") vor der VIl. Straf» lammer des Landgerichts I   führte. Die betreffenden Zeitungen hatten einen Bericht derMühlhaufener Ztg." übernommen, wonach ein Polizeisergeant«inen truiikenen Menschen, der in das eiskalte Wasser gefallen war und sich am Kopf verletzt hatte, statt nach dem Krankenhause, nach dem Polizeigewahrsam gebracht habe. Dort habe der Mann mit durchnäßten Kleidern die Nacht verbracht, als man aber des Morgens seine Zelle öffnete, sei der Bedauerns- werthe eine Leiche gewesen. Da in dem betr. Artikel das Vor» gehen des Polizeisergeanten als ein Akt der Unbarmherzigkeit ge- geißelt wurde, so war gegen den Redakteur derMühlh. Ztg." Strafantrag gestellt und dieser zu 100 M. Geldstrafe verurtheilt woroen. In der betr. Gerichtsverhandlung war festgestellt worden, daß das Vorgehen des Polizeisergeanten vorwurfsfrei und der Tod des betr. Mannes«ine Folge zu starken Schnaps- genusses gewesen war. Der hiesige Gerichtshof sah das Ber  - gehen etwas weniger schwer an: er verurtheilte die Herren S ch i p p a n g und M ü l l e r zu je 20 M., H a r i ch zu 30 M. Geldstrafe. Moderne Rechtsprechung. Das geflügelte WortD i e Oeffentlichkeit existirt nicht", dürfte bald mehr als ein leeres Wort werden, wenn der Presse das Gebiet ihrer de« rechtigten Thätigkeit durch die Gerichte noch immer enger be- grenzt wird, als es bisher schon der Fall war. Auf grund eines alten Reichsgerichts-Erkenntnisses ist gestern von der 5. Straf- kammer des hiesigen Landgerichts I ausgesprochen worden, daß selbst wahrheitsgetreue Gerichtsberichte, in denen ganz zutreffend «ine an sich beleidigende Aenßerung eines Gerichtsvorsitzenden wiedergegeben wird, vor einer Anklage wegen Beleidigung nicht schützen. In einer vor der Strafkammer des Land« gerichts II verhandeltenAnklagesache wegenHausfriedensbruchs hatte der Vorsitzende bei der Urtheilsverkündigung u. a. gesagt:Auch unnoble Menschen müssen in ihrem Hausrecht geschützt werden." Diese Bemerkung des Vorsitzenden, durch die sich der betreffende Belastungszeuge beleidigt fühlte, hatte der Gerichts-Berichterstatt er BugarSky wahrheitsgetreu seinem Berichte eingefügt. Daraufhin strengte der betreffende Zeuge eine Anklage wegen Beleidigung nicht nur gegen Bugarsky, sondern auch gegen den Redakteur der..Berliner   Zeüung", P»ul Ehreatrav. t an, der jenen Bericht abgedruckt hatte. Die Sache wurde nicht einmal zum Gegen- stand einer Privatklage gemacht, fondern der Staatsanwalt erhob die öffentliche Klage und das Schöffengericht verurtheilte beide Angeklagte zu je 20 M. Geldstrafe. In der Berufungsinstanz beantragten die Rechtsanwälre Dr. Halle und Dr. F l a t a n die Freisprechung der Angeklagten, da dieselben unmöglich das Bewußtsein haben konnten, durch die wahrheitsgetreue Wieder- gäbe einer von dem Gerichtspräsidenten gethanen Aenßerung eine Beleidigung zu begehen. Die fünfte Strafkammer erkannte aber auf Verwerfung der Berufung. Maßgebend für oie Strafkammer war ein im Bande I der Reichs« gerichisentscheidnngen abgedrucktes Erkenntniß des obersten Gerichtshofes, in welchem ausgeführt wird, daß der Grundsatz des tz 12 Strafgesetzbuches(Wahrheitsgetreue Berichte über Ver- Handlungen eines Landtages oder einer Kammer eines zum Reiche gehörigen Staates bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei") nichr Platz greift auf wahrheitsgetreue Berichte über Gerichtsverhandlungen. Der Schutz des§ 193 wurde den beiden Angeklagten versagt, da nach dem bekannten Reichsgerichts- Erkenntniß der Z 193 ganz persönliche Interessen und nicht die Interessen der Allgemeinheit im Auge habe. Gestern wurde gegen den bekannten anarchistischen Agitator Dr. med. Ladislaus Gumplowicz aus Graz, gegen den Mechaniker Karl W i e s e n t h a l und gegen den früheren Kandidaten der Theologie, jetzigen Redakteur Fedor v. Wächter, vor der ersten Strafkammer des Landgerichts I  verhandelt. Am 29. November v. I. fand in den Gratweil'schcn Bierhallen eine Versammlung von arbeitslosen Malergehilfen statt. Der Angeklagte v. Wächter sprach im Namen des sozial- demokratischen Fachvereins über die Ursachen der Arbeits- lostgkeit. Er soll dabei ausgeführt haben, daß man vie revolutionären Ideen in das Heer und den Beamten  - stand hineintragen müsse, nm immer mehr Anhänger zu gewinnen, im Falle einer Revolution würden die Soldaten dann nicht auf ihre Brüder ichießen. Hierin fand die Anklage eine Aufreizung. Nachdem der An- geklagte von Wächter seinen Vortrag beendet hatte, entspann sich eine Diskussion, an welcher sich zunächst der Angeklagte Gumplowicz betheiligte. Nach der Anklage sagte er: Er erkenne keine Gesetze über sich an. Wenn jemand hungere, so solle der- selbe sich dasjenige, was er zum Leben gebrauche, von den Leuten nehmen, welche sich früher unberechtigter Weise in den Besitz reichlicher Mittel gesetzt hätten. Das Heer sei nur dazu da, um gegen oie streikenden Arbeiter verwendet zu werden, das Volk sei ein Riese, es brauche sich nur zu schütteln, um die Flöhe abzuschütteln, die auf ihm herumkrabbeln. Nach dem An« geklagten Gumplowicz nahm der Angeklagte Wiesenthal das Wort. Er erklärte, nach der Ankluge, daß Hunger das schlimmste sei, von dem ein Mensch betroffen werden könne, er würde u> solchem Falle in den ersten besten Schlächter« oder Bäckerladen gehen und sich eventuell mit Gewalt nehmen, was er gebrauche, um seinen Hunger zu stillen. Er würde sich eher die Kohlrübe abhacken lassen, als vor Hunger auf der Straße verrecken. Der Angeklagte Gumplowtcz, welcher z. Z. wegen ähnlicher Vergehen eine Gefängnißstrafe von anderthalb Jahren verbüßt, gab an, daß er ursprünglich jüdischen Glaubens gewesen, dann evangelisch geworden und jetzt Dissident sei. Er räume ei», daß er zum Diebstahl und Mundraub ansgefordert habe, er werde es auch serner lhun. Aber er bestreite die. ihm zur Last gelegte Aufreizung, sowie daß er erdichtete Thatsuchen behauptet habe, um eine Staatseinrichtung verächtlich zu machet?. Der Angeklagte Wiesenthal gab die Aenßerung, wegen der er beschuldigt ist, ebenfalls zu, bestritt aber, daß er un Un Ver- brechen gedacht habe, welches vom Gesetz mit dem Tode bedroht » erde. Den Kopf könne man sich ja auch vom Fleischer ob- hacken lassen, wenn man diesen Tod dem des Verhnugerns vorziehe, es sei ein Scharfrichter dazu nicht uöthig. Er habe nur zu Mundraub und Diebstahl aufgefordert. Der Angeklagte Wächter bestritt jede ausreizende Absicht, er habe lediglich die Marx'schen Theorien ausgeführt. Staatsanwalt Dr. Benedix veantragte nach Schluß der Beweisaufnahme gegen Dr. Gumplowicz, der systematisch gegen die Gesetze verstoße, eine Zusatzstrafe von anderthalb Jahren Gefängniß, gegen Wiesenthal, der zur Zeit eine Gefängnißstrafe von l Jahr 4 Monaten wegenanarchistischer Umtriebe" verbüß-, eine Zusatzstrafe von einem Jahr und gegen v. Wächter sechs Wochen Gefängniß. Der letztere habe sich dadurch ve> gangen, daß er aufgefordert habe, ven sozialistischen Geist in die Armee zu tragen, damit die Soldaten in ihrem Pflichtgefühl ge- lockert würden. Der Angeklagte Gumplowicz hielt eine längere Rede, worin er besonders hervorhob, daß er durch eine harte Strafe nie gebessert werden könne. Die rohe physische Gewalt, der er sich fügen müsse, könne keinen Einfluß ouf seine Ge- sinnung ausüben. Er schloß mit folgenden mit erhobener Stimme gesprochenen Worten:Thun   Sie Ihres Amtes, meine H-.rren, aber geben Sie sich nicht der Hoffnung hin, daß Sie Recht ausüben, Sic üb?, n nur Gewalt aus. WennSie aber einmal die M acht verloren haben, haben Sie Alles ver- l o r e n!" Jetzt erhob sich Staatsanwalt Dr. Benedix und erklärte: Nunmehr ändere ich meinen Strafantra� n. und beantrage eine Gefängnißstrafe von acht Jahren.(!!!!) Der Angeklagte Dr. Gumplowicz zeigte ein höhnisches Lächeln. Die Vertheidiger, Rechtsanwälte Dr. Biber und Dr. H e r z s e l d plaidirten für ein niedrigeres Strafmaß, der letztere für Freisprechung des Angeklagten v. Wächter. Ter Gerichtshof verurtheilte den Angeklagten Dr. Gumplowicz zu 9 Monaten Gefängniß zusätzlich, den Angeklagten Wiesenthal zu 3 Monaten Gefängniß zusätzlich. Der Angeklagte v. Wächter wurde freigesprochen. Wegen Majestätsbeleidigung wurde der Bäckermeister Adolph K u h r t aus Charlotlenburg am Montag von ver zweiten Strafkammer am Landgerichi ll zu sechs Monaten Gefängniß verurtheilt. Die Verhandlung fand unter Aus- schließung der Oeffentlichkeit statt. Ans der öffentlichen Urtheils- Publikation ging hervor, daß der Angeklagte die Kaiserin schwer beleidigt hat, daß aber der Gerichtshof annehmen mußte, der Angeklagte sei sich der Bedeutung und der Tragweite seiner Aeußeruiigen nicht voll bewußt. gewesen. Trotzdem setzte es für das sog. Vergehen die oben bezeichnete harte Strafe. soziale Welrevtilftk. Achtung, Berliner   GewerbegerichtS- Beisitzer! Die Arbeitnehmermitglieder des GewerbegerichtS- Ausschusses tagen am Dienstag, den 22. Mai, Abends 9 Uhr, bei Ehrenberg, Annensir. 16. Dies wird mit dem Bemerken allen Gewerbe- gerichts-Beisitzern, namentlich denjenigen der fünften Kammer, bekannt gemacht, daß ein Antrag an den Ausschuß für Gutachten und Anträge mit den notywendigen 30 Unterschriften versehen werden muß und wird erwartet, daß sich die genügende Anzahl zur Unterschrift dieses Antrages einfindet. Der Ausschuß. Im Auftrage: A l w. K ö r st e n, Skalitzerstr. 63/64. A« die Genossen! Von den Arbeitern der Knhnheim'schen abrik in Nieder-Schönweide wurden nach Beendigung des treiks ca. 80 Arbeiter, welche an der von ihnen aufgestellten sordernng bis zum letzten Augenblick festhielten, gemaßregelt, sie nun, ivenn nicht schnelle Hilfe kommt, mit ihren Familien dem Elend preisgegeben sind. Es ist daher Eure Pflicht, für dieselben einzutreten. Wir fordern Euch deshalb auf. Euer Solidaritätsgefühl durch recht rege Betheiligunz an den Samm- lungen für die Gemaßregelten zu bezeugen. Die Streik-Unter stütz u ngskommission. Geldsendungen sind zu richten an H. Bökert, Adlershof  . Bismarckstr. 39. Die unterzeichnete Kommission ersucht alle diejenigen, die noch im Besitz von Sammellisten des letzten Berliner   Schuh- macherstreiks sind, diese binnen vier Wochen abzuliefern, widrigen- falls wir gezwungen sind, die Namen der Säumigen zu ver- öffentlichen. Die Lohnkommission. R i ch. T e m l e r, Zeughofstr. 6, Hof, Quergeb. pari. An die Sattler Berlins  ! Seit langem hat in unserer Branche keine so schlechte Arbeitsgelegenheit geherrscht wie jetzt, und je höher die Arbeitsnoth steigt, umsomehr benutzt die Unter- nehmerschast die Gelegenheit zu rücksichtslosem Vorgehen. Leider ist die Zahl der organisirten Kollegen noch gering und bleiben viele derselben ohne einen ersichtlichen Grund der Organi- sation fern. Auch die älteren Kollegen hätten alle Ursache, sich zu organisiren. Ebenso wäre es angebracht, wenn einmal die Kollegen der Z e n t e r' schen sowie diejenigen aus anderen ähnlichen Werkstätten sich in der Versammlung sehen ließen, damit die Berliner   Sattler einmal Stellung zu diesen Werkstätten nehmen könnten. Kollegen! Betrachtet unsere Wiener   und über- Haupt unsere österreichischen Kollegen, �welche Siege sie errungen haben infolge ihrer Organisation. Schämen müssen wir uns, daß in Berlin   nicht einnial 10 pCt. der Sattler organisirt sind, wogegen wir in anderen Städten 90 pCt. organisirte zählen. Darum auf. Kollegen! Zeigt, daß Ihr gewillt seid, endlich von dem verderblichen JndifferentismuS Euch loszusagen, um Mann sür Mann der bestehenden Organisation beizutreten. Die nächste Versammlung findet am Sonnabend, den 26. Mai, Abends 3l/r Uhr, bei Wienecke, Alte Jakobstr. 83, statt und von oa ab regelmäßig alle 14 Tage in demselben Lokale. In der Versammlung sowie in seiner Wohnung, Schlegelstr. 5, v. 4 Tr., nimmt der ilassirer F. M a t s ch u l a t Aufnahmen entgegen. P. Blum, Demminerftr. 13. Der Schlosserftreik in der Richard Saalfeld'schen Patent- Tischfabrik zu H e l m st e d t ist zu gunsten der Arbeiter beendet. Der Zuzug von Schlossern und Drehern nach Frank- f u r t o.. M. ist streng fernzuhalten. Tort sind 350 Arbeiter der Firma K l e y e(von der Fahrrad-2lbtheilu»g) in den Streik ein- getreten. Zum Tischlerstreik in Zürich   wird uns von dort ge- schrieben: Im Laufe der letzten Woche hat sich die Situation sehr wenig verändert. Die Maßnahmen der Meister sind die gleichen wie früher. Die gemachte Solidarität der Schreiner- meister hält noch etwas an, da sie die Unterstützung der ge- jammten Bourgeois genießen. Die Polizeimaßregeln sind von neuem verschärft worden, was uns aber sehr wenig erregt. Hand in Hand mit der Polizei gehen die Provokationen von seilen der Meister. Die Meister begehen die größten Ausschreitungen so- gar unter der Hand der Polizei, es fehlt nur noch, daß dieselbe Beifall klatscht. Die hohe Justitia giebt sich alle Mühe, bei den kleinsten Vergehen das Recht zu gunsten der Meister zu verdrehen. Der Bezirksanwalt hat anläßlich einer Schlägerei m Wollishofen   des anderen Tages fünf Streikende verhaften lassen, weil sie einmal dort gesehen worden waren. Im Laufe der Verhandlung ließ der Bezirksanwalt verschiedene Aenßerungen fallen: so sagte ier er unter anderem:Er habe den Auftrag, gegen Stceikende extra streng zu verfahren." Gegen einen Schweizer  , welcher entlassen wurde, äußerte er sich, die Deutschen  , welche verhaftet wären, würden wahrscheinlich ausgewiesen. Eine nette republikanische Praxis: für ein kleines Vergehen, welches sonst mit Polizeibuße bestraft wird, die Ans- Weisung. Die Meister(mährend sie sich mit Mordinstrumenten be- waffnet haben) fordern die Streikenden auf. in ihre Behausung zu kommen, was sie oamit wollen, läßt sich leicht denken. Die Polizei fragt in den Wirthschaften, wo Streikende verkehren, nach, ob dieselben auch ihre Zeche bezablen. Auf der Straße lasse die Polizei die Streikenden nicht ruhig an einem Orte stehen, man treibt sie hin und her wie das Vieh. Nach oben kriechen die Herren und nach unten sind sie roh und brutal. Es widerstrebt unZ, alle die Gemeinheiten anzuführen, unter welchen die Streikenden zu leiden haben. Man möchte vor allem einen Putsch herbeiführen, um die Streikenden«inzustecken und die Deutschen   vielleicht auszuweisen. Wie kritisch unsere Lage ist, kann man aus Vorstehendem ersehen, aber bis jetzt ist es noch nicht gelungen, uns zu schwächen. Wir stehen noch so fest und standhaft, trotz aller Pollzeimache. Die Gemclnheiten und Ausschreitungen der Meister zeigen uns am besten ihre große Verlegenheit. Die Dummheit wird stets ge- mein, wenn es ihr an den Kragen geht. Unsere Hoffnungen werden daher von Tag zu Tag größer, die Streikenten sind sich ihrer Sache bewußt und ertragen alle Unannehmlichkeiten; sie wissen, daß vie gesammte Arbeiterschaft hinter ihnen steht. I» aus- wärtigen, namentlich deutschen Blättern werden nach Zürich  Tischler gesucht unter dem Vorgeben, die neunstündige Arbeits- zeit fei bewilligt, der Verdienst ein sehr guter. Das ist natürlich durchsichtiger Schwindel, auf den die deutschen Arbeiter nicht hereinfallen werden. versÄittittlungen. Die Kommisflon fiir Zentralisation sämmtlicher OrtS- Krankenkassen hatte am 20. Mai eine Konferenz von Delegirren der Krankenkassen  -Vorstände einberufen, um die Meinung der Vorstände und Generalversammlungen der resp. Kassen über oieses Projekt zu hören. Adler(Brauerkasse), der das ein» leitende Referat übernommen hatte, schilderte der gut besuchten Versammlung eingehend die Aufgabe, welcheeine gemeinsame Kasse sür alle Berufe" zu lösen habe, und die Vortheile, welche daraus den Kassenmitgliedern erwachsen würden. In dem von einigei: Kassen erstrebtenVerbände" erblicke er nur den Ueber- gang zur Zentralisation, die über kurz oder lang doch herbei- geführt werden müßte, deshalb sei es rathsamer, gleich gründlich vorzugehen, um so mehr, als es auch gesetzlich zulässig sei und die Aufsichtsbehörden dem Plane wohlwollend gegenüberstehen. Der schnellste Weg, um zmn Ziele zn gelangen, sei eine nur bedingungsweise Auflösung sämmtlicher Kassen, die erst dann perfekt werde, wenn die Genehmigung der Statuten der zu gründenden Zentralisation vorliege. Als Form der Organi» sation empfahl Redner«ine Zentralstelle und die Einrichtung einer größeren Zahl vou Filialen in allen Stadttheilen zur Einziehung der Beiträge, Entgegennahme von Krank» Meldungen, Auszahlung der Unterstützungen a. f. w. Un. bestreitbar würde sich auch durch em Kartensystem ein« beben» tende Erleichterung in der Buchführung erzielen lassen. Aller- dings sind die von ihm angeführten Vortheile vorläufig noch Zukunftsbilder, trotzdem aber keine Spielerei, sondern nur ein Fingerzeig, was durch eine Vereinigung der Kassen erreicht wer- den kann. Der Frag«: Was soll aus all den jetzigen Beamten werden? halte er entgegen, daß tüchtige Beamte auch in der Zentralisation Stellung finden. Da namentlich die in den Vor- ständen sitzenden Arbeitg e b e r sich beklagt haben, über das Wesen der Zentralisation nicht genügend orientirt zu sein, des- halb, so bemerkte der Redner zum Schluß, sei eine nochmalwe gründliche Aussprache jedenfalls sehr zweckdienlich. A ß n, a n"n (Maschinenbauerkafse) erklärte die Gegnerschaft vieler Versiche- rungspflichtigen aus der sich bei ihnen gebildeten Meinung, die