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i Zur Unfallverhütung. „Ich bege die sicfjere Hoffnung, es werde mit der Zeil gelingen, jedem verständlich zu machen, daß die Tat. einen Arbeiter vor der Verstümmelung oder dem Tode auf seiner Arbeitsstätte bewahrt zu haben, ein ebenso verdienstvolles Rettungswerk ist, als wenn es zum Nutzen eines Menschen geschähe, der dem Ertrinken nahe ist oder der auf öffentlicher Straße oder im Kampfe für sein Vaterland irgendwelcher anderen Gefahr ausgesetzt ist." Diese prächtigen Worte finden sich in dem Vorwort eines „die Unfallverhütung im sfahrstuhlbetriebe" behandelnden Werkes von Georg Urban(Verlag Dietrich Reimer, Berlin ). Es wird damit der Wert der Unfallverhütung treffend gekenn� zeichnet. Daß das Verhüten von Unfällen der Heilung von Unfallschäden und der Rentengewährung vorzuziehen ist, ist ein Grundsatz, der immer mehr und mehr sich Bahn bricht. Eigentlich ist er selbstverständlich, aber seiner Verwirklichung stehen doch viele Schwierigkeiten im Wege. Es mag das daran liegen, daß bei dem Bau von Maschinen zwar Wert auf die möglichst größte Leistungssähigkeit gelegt wird, daß aber Ein- richtungen zur Verhütung von Unfällen' bei der Konstruktion der Maschine eine nur verhältnismäßig geringe Rolle spielen. Es ist dann schwer, später an der Maschine die geeigneten Vorrichtungen anzubringen. Es tritt sehr häufig der Fall ein. daß diese dann den Arbeitsprozeß behindern, die Produktion also verlangsamen und der Arbeiter, der an einer solchen Maschine arbeitet, ist allzuleicht geneigt, die im Wege befind- licken Vorrichtungen zu entfernen, wobei der Arbeitgeber, dem auch niöglichst viel an einer Ausnutzung der Maschine gelegen ist. gern beide Augen zudrückt. Demgegenüber stellt Urban bestimmte Forderungen auf. Er sagt: .Für den Konstrukteur soll unter allen Umständen neben den Forderungen der Festigkeit und deS guten Materials, den Le- dingungen des Zweckes und der Verwendung der Maschinen, der Gedanke des Schutzes der Arbeiter in der Anordnung und Ge-- tialiung bestimmend wirken. AIS ein weiterer wesentlicher Fort- schritt des unfallsicheren Ausbaues der Maschinen ist eS zu betrachten, wenn gembrliche Handhabungen entbehrlich gemacht werden. Der Maschinenuidustrie mutz immer und immer wieder vor Augen geiübrt werden, datz die gröbere gweckdienlichkeit einer einkoustruierteii Schutzvorrichtung'gegenüber einer später hin- zugelüglen autzer Zweifel steht und datz der einfachste Weg zur Beseitigung der BetriebSgesahren eben dahin führen müsse, Maichinoiianlagen so zu ersinnen und auszuführen, datz sie von vornherein unfallsicher sind. Mit anderen Worten, datz die De- rücksichlipung des Unfallschutzes schon im Entwurf der Anlage die Aufgabe des modernen Maschinenbauers sein müffe. Zur Erreichung dieses Zieles sind zwei Wege möglich: Man kann durch Einwirkung der Geiverbeuiipeklioneii. Berussgenoffen- fcha'ten oder des BeiriebSunternebmerS selbst bei dem Maschinen- Hersteller auf Ablieierung ausreichend geschützler Maschinen hin- arbeiten oder diesen erstrebenswerten Zustand durch Gesetzes- Vorschriften herbeizusühren suchen." Mit Nachdruck verweist Urban darauf, daß es bei dem alten, bisherigen Zustand nicht bleiben dürfe, und daß wir unS nicht den LuxuS erlauben könnten, durch Nichtbeachtung des notwendigen Arbeiterschutzes jährlich Tausende und aber Tauseiide zu verstümmeln oder zu töten. Gerade die Kriegs- zeit habe klar gezeigt, welch große Unfallgefahr jeder Maschine anhafte, und wie jede Maschine durch die Bedienung jugend- licker und ungelernter Arbeiter zu einer bisher unbeachteten Gefahrenquelle geworden sei. Er fordert deshab den Verband der deutschen Berufsgenossenschastcn auf, die Maschinen- industrie durch bindende Abmachungen zur Ablieferung auS- reichend geschützter Maschinen und Apparate anzuhalten. Er verkennt nicht, daß dem Schwierigkeiten gegenüberstehen und als eine Hauptschwierigkeit bezeichnet er das Verhalten des Vereins deutscher Maschinenbauanstalten, die beim Zustande- kommen der normalen UnfallverhütungSvorschristen der deutschen gewerblichen Berufsgenossenschaft gezeigt hätten, daß auf die Erfüllung einer solchen Forderung freiwillig nicht zu rechnen sei. Schon in einem früher von ihm Heransgegebenen Werke über„Tie Unfallverhütung in der Nahrungsmittelindustrie" hat Urban eingehend dargetan, daß, wenn es nicht anders gehe, der Gesetzgeber eingreifen müsse, um die Kon- struktion gecigneicr Maschinen zu erzwingen. In diesem Werke verweist er ebenfalls aus die Widerstände, die einer ausreichenden Unfallverhütung entgegenstehen, und als solche bezeichnet er auch die Auffassung, daß die Unfallversicherungs- gcictze lediglich den Arbeitern und nicht den Unter- rirhmcrn dienlen, und auf das falsche Schlagwort, daß die deutsche Industrie infolge der Lasten, die ibr die sozialen Gesetze auferlegen, nicht konkurrenz- fädig bleiben könne. Treffend sagt er. daß man die Männer der Industrie, die bei der Schaffung der Gesetze dem Staate Mitarbeiter und Berater gewesen seien, doch nicht für so naiv hallen dürfe, daß sie damals das Interesse der In- dustrie, also ihr eigenes Wohl und Wehe, vollständig vergessen hätten. Das Gegenteil sei der Fall, denn man habe seiner- zeit sehr wohl gewußt, was man tat. als man die die In- dustrie sehr belastenden Wirkungen der Hastpflichtgesctzgebung so gut wie aufhob und die Rentenansprüche der Arbeiter durch Berufsgenoffenschaften befriedigen ließ. Er toeist hin auf Amerika und zitiert einen Ausspruch aus einem anderen Werke über die Haftpflichtversicherung der Bereinigten Staaten, worin es heißt:„Wegen deS Fehlens der Krankenkassen und Be° rufsgenossenichaften ist das Betriebshaftpftichtrisiko gegenüber den Angestellten in Amerika unverhältnismäßig Viel größer usw." Er verweist auch auf die Fortschritte, die inzwischen die soziale Gesetzgebung in den außerdeutschcn Staaten gc- macht hat und führt auch damit daL Schlagwort von der Bc- lastung der Industrie gebührend ab. In Deutschland werden jährlich 7000 Personen durch Betriebsunfall getötet, etwa 1000 Personen werden gänzlich er- werbSunsähig und annähernd 30000 Personen werden dauernd teilweise erwerbSbeschräntt. Diese Zahlen sollten für sich sprechen und erkennen lassen, wieviel auf dem Gebiete der Unfallverhütung zu tun noch übrigbleibt. Schon dvr Begleit- tert zu den Urbanschen Werken macht diese zu sehr wertvollen Erscheinungen der Unfailliteratur, wobei wir an dieser Stelle davon abschen müssen, seine technischen Vorschläge zur Ab- stellung der Betriebsunfälle zu würdigen.
Die Verkehrssteuer im Reichstags- ausfchuß. Besteuerung der Strastcnbahnen mit 6 Proz. Am Freitag wurde der Gesetzentwurf über die Besteuerung des Personen- und Gülerverkehrs z u Ende beraten. Der Staatssekretär des Reichsschatzamts hatte Berechnungen über die verschiedenen Möglichkeiten einer anderweitigen Ge'ial- tung deS FrachturiundsnstempelS und der prozentualen Steuer vorgelegt. Wenn den süddeutschen Wünschen entsprechend eine vor- zugswcise Behandlung der Kohle durch Herauslaffung aus der prozentualen Steuer eintreten würde, so ergäbe sich ein Ausfall von rund 43 Mill. M.. der anderweitig eingebracht werden riützte. Dies durch eine Erhöhung der Steuer auf die Personenfahrkarten zu erzielen, erscheine nach Anhörung der Bundesstaatlichen Eisen- bahnvcrwaltungen nicht empfehlenStverr. Ter Ausgleich sei viel- mehr nur bei der Besteuerung der Güterfrachten möglich. In dieser Hinsicht empfiehlt der Staatssekretär, den Einheitssatz von 7 Proz. im übrigen beizubehalten und von einer Siasselung abzusehen. Abgesehen von den Berechnungsschwierigkeiten bei der Veranlagung einer gestaffelten Steuer könnten sichere Grundlagen für eine zahlenmäßige Beurteilung der Wirkung einer solchen Staffelung ledenfalls in kurzer Zeit nicht geliefert werden. Nach langer Besprechung der vorgelegten Berechnungen kam der Ausschuß zu dem Ergebnis, daß er einen U n t e rn u ö s ch u tz einsetzte, der die verschiedenen Möglichkeiten untersuchen sollte, den Anregungen der Ausschußmitglieder Rechnung zu tragen. Infolge- dessen wurde die Sitzung bis 3 Uhr nachm. unierbrochen. Nach der Mittagspause hatte der Unterausschuß einen Antrag vorgelegt, der zugleich die bisher schon beschlossenen Acnderungen deS Entwurfs beseitigte und folgende Aenderungen vorschlugt Im ersten Paragraphen, der die Bahnen bezeichnet, auf die die Steuer erstreckt werden soll, iverden die Seilbahnen endgültig beseitigt. In der früheren Beratung- war gestrichen worden, daß auch die Beförderung von Personen und Gütern auf Land- wegen der Abgabe unterliegen soll. Jetzt ist die Bestimmung wiederhergestellt worden mit dem Zusatz, daß die- Besteuerung sich nur auf A u t o l i n i e n erstreckt. Im ß 3 war gestrichen worden, datz von der Abgabe befreit bleiben die Beförderung, von Gütern, die dem Zwecke des eigenen BeförderungSunternchmenS dienen. Diese Bestimmung wird wiederhergestellt und hinzugefügt, daß von der Abgabe auch befreit bleiben soll die Beförderung von Steinkohlen. Braunkohlen, Koks und Preßkohlen aller Art im Eisenbahnverkehr. Diese Bestimmung hat den Zweck, daß die an-- dern Bundesstaaten mit Eisenbahnen nicht schlechter gestellt werden als Preußen.— Im§ 11 sind die Steuersätze für dr» Personenverkehr angeführt. Hierzu hatten die Sozialdemokraten einen Abände- rungsantrag eingebracht. Die Abgabe sollte nach dem Entwurf betragen in der 1. Klasse 13 Proz,(die Soz. verlangten 20 Proz.), in der 2. Klaffe 14 Proz.(die Soz. 15 Proz.). in der 3. Klaffe 12 Proz.(die Soz. 13 Proz.) und in der 4. Klasse 13 Proz.(die So». 5 Proz.). Die Sozialdemokraten erklärte» sich grundsätzlich gegen die Be- steuerung überhaupt. Wenn aber der Ausschuß die Besteuerung an- nehmen sollte, dann sollten nach ihrem Antvaae die erste und zweite Klasse höher, als im Entwurf vorgesehen, die 3. und 4. Klaffe bedeutend geringer belastet werden. Der soz. Antrag wurde gegen die soz. Stimmen abgelehnt, und der Vorschlag in dem Eni- wurf angenommen. Auch wurde gestrichen, datz die Fahr- karten bis zum Preis von 15 P fg. von der Steuer ausgenommen sein sollen. Mithin sind auch die Straßenbahnen im vollen Umfang der Steuer unterstellt. Dazu wurde jedoch folgender Zusatz gemacht: Im Straßen- bahnverkehr sowie in den ihm gleichgestellten Verkehr ermäßigt sich die Abgabe von der Personenbeförderung auf 6 Proz.(gegen 12 Proz.) des Beförderungspreises.' Ob eine Bahn als Straßen- babn anzusehen ist, bestimmt im Zweiseisfall der Bundesrat. Fer» ner wurde bestimmt, datz ein solches Stratzenbahnunternehnien der Abgabevflicht erst v o m 1. I u l i 1 9 1 8 a b unterliegt oder, wenn es vor diese« Zeitpunkt eine Tariferhöhung vornimmt, vom Tage der Geltung des neuen Tarifs. Endlich wurde die Abgabe für die Güterbeförderung erheblich geändert, dadurch, daß folgende Bestimmung neu einge- fügt wurde: Die Abgabe von der Güterbeförderung wird neben dem Frachturkundenstempel erhaben. Die Nummer 6 ik Spalte 2 Nr. 3 des Tarifs zum Reichssteinpelgesetz erhält in Absatz 1 fol- gende Fassung: ct. Frachturkunden im Eisenbahnverkeb:: über 1. Frachtstückgut und Expreßgut 13 Pf.(jetzt 13), 3. Eilfrückgut 80 Pfennig(fetzt 20), 3. Frachtgut in Wagenladungen bei einem Frachtbetrage von nicht mehr als 25 M. 1,50 M.(jetzt 1 M.); bei höheren Beträgen 3 M.(jetzt 2 M); 4. Eilgut in Wagenladungen bei einem Frachtbetrag von nicht mehr als 25 M. 3 M.(jetzt 1,50 Mark); bei höheren Beträgen 6 M.(jetzt 3 M.); bei dSr Beför- derung von Steinkohlen, Braunkohlen, Koks und Preßkohlen aller Art erhöhen sich die Sätze der Ziffer 3 von ILO M. auf 3 M.. auf 2 M. und 4 M. Soweit dies« Güter für Betriebszwecke einer deut- schen StaatScisenbahnverwaktung bezogen find, wird die Abgabe nach näherer Bestimmung dcö Bundesrats vergütet. Diese Bc- stimmtuigen wurden gegen die soz. Stimmen angenommen. Das Wesentliche an diesen Bestimmungen ist, datz für den Trans- Port der Kohlen auf den Eisenbahnen die neue Abgabe nicht erhoben wird. Dafür wird die alte Frachtabgabc für alle Güter erhöht und insbesondere erhöht für die Kohlen. Auf diese Weise soll ungefähr derselbe Betrag zusammengebracht werden, wie nach dem Entwurf: 315 Millionen M. Abg. Müller-Reichenbach(Soz.) sprach sein Bedauern darüber aus. daß nach dem Vorschlag des Unterausschusses jetzt doch die Straßenbahn in die Besteuerung einbezogen wer- den soll. Nach seiner llcberzcugung würden sich hieraus v-wocte Mißstände ergeben, daher behielten sich die Sozialdemokraten vor, noch einmal in der 2. Lesung deS Entwurfs zu versuchen, wenig- stcns diese Bestimmungen zu beseitigen. Er sei überzeugt, daß die jetzt vorgeschlagen« Steuer, wenn sie auch für eine Fahrt nur einen halben Pfennig ausmachen würde, doch den Anstoß gibt, die Vithr* preise beträchtlich zu erhöben. Diese Befürchtung sei nach den Er- fahrungen in allen Jndustriegegenden nur zu sehr berechtigt. Abg. Gröber fragt an, ob es nicht möglich wäre, zu verhinderi:, daß die Straßenbahn im Anschluß an die letzt beschlossene geringe Steuer Zuschläge zu den Fahrpreisen machen würde, die weit über den Betrag der Steuer hinausgehen. Staatssekretär v. Roedcrn antwortet, daß ja die AufsichtSbe- Hörden in vielen Fällen das Recht haben, Einspruch gegen unange- messene Festsetzung der Tarife zu erheben; ebenso würden die Swdtgemeinden schon alleö tun, um c'ne unberechtigte Verteuerung der Strahenbahnfahrten zu verhindern. Abg. Hoch(Soz.) wies darauf hin, daß die Straßenbahnver- waltungen gewiß nicht verlegen fein werden, die weitere Erhöhung des Fahrpreises mit den veränderten Verhältnissen zu begründe». Auf eine Anfrage des Abg. Keil(Soz.) erklärte der Vertreter der preußischen Eisenbahnen, in Preußen werde nicht daran gedacht, während des Krieges eine Tarif- erhöhung vorzunehm.»-. Die Reichsleitung werde sich mit den Einzelstaaten in Verbindung setzen, um zu bewirken, datz zu
gleicher Zeit die später kommende Tariferhöhung in den einzelne» Bundesstaaten gleichzeitig vorgenommen werde, dann erst kann die Steuer durchgeführt werden. So wird das Publikum nicht mehrere Wale durch Veränderung der Fahrpreise beunruhigt wer- den.— Auf eine weiter Ansrag? KeilS wurde vom Staatssekretär v. Roedern ausdrücklich Festgestellt, daß auch die Straßenbahn das Reckt habe, billige Arbeiter-, Schülerkarten usw. auszugeben und daß dann für diese die neue Steuer nicht gilt. Sonnabend werden das Eisenbahnamt Und die Reichseisen- bahnen behandelt._
Vereinfachung öer Rechtspflege. Dem Reichstag ist ein Gesetzentivurf zugegangen, der eins Vereinfachung der deutschen Rechtspflege herbeiführen soll. In Zukunft sollen Amtsgerichte oci Uebertretungen und Ber - gehen leichtester Art ohne Schöffen entscheiden. lammersachen sollen noch mehr als bisher an die Schöffen- gerichie gebracht werden können. Einige Schwurgerichts- lachen tollen der Strafkammer zur Aburteilung zufallen. Die übrigen Bestimmungen bringen in der Hauptsache eine Herab- setzung der Zahl der Richter bei der Strafkammer als Berufungsinstanz, bei der Zivilkammer in erster Instanz und bei den Senaten der Oberlandesgerichie, eine Verringerung der Zahl der Geschworenen, eine Milderung des Vcrfolgungszwanges der Staatsanwaltschaft, eine Ausdehnung des Strafbefchls und eine Einschränkung der Privatklagen. Die Schöffenger'.chte waren bisher zuständig außer iür Uebcr- tretungen auch für Vergehen, wenn keine schwerere Strafe als sechs Monat Gefängnis oder 1500 M. Geldstrafe zu erwarten war. Nach dem neuen Entwurf sollen die Schöffengericht« zuständig sein, wenn keine höhere Strafe als Gefängnis oder Frstunßshaft von einem Jahre oder Geldstrafe bis zu 3339 M. zu erwarten ist. Den Schöffengerichten können künftig auch Verbrechen zur Aburteilung überwiesen werden, z. B. bei Diebstahl, Betrug im Rückfall, wobei es sich vielfach um nicht besonders schwere Verfehlungen handelt. Den Strafkammern sollen künftig von den Delikten, die dem Schwurgericht zur Aburteilung vorbehalten� waren, überwiesen werden die Verbrechen der Urkundenfälschung, des be- trügerischen Bankrot ts, der Depotunterschlagung, der Amtsverbechen, der Verbrechen des Meineides und der S i t t l i ch k e i t S d e l i k t e. In der Berufungsinstanz solle» die Strafkammern statt mit fünf nur lwch mit drei Richtern beietzt werden. Tie Zahl der Geschworene« wird von zwölf auf sirbrn herabgesetzt? während bisher zur Verurteilung mindestens acht von zwölf Stimmen notwendig waren, sollen dann mindestens fünf von den sieben Stimmen zur Bejahung der Schuldfrage nötig sein. Der Entwurf gibt ferner der Staatsantoolischaki die Befugnis, bei gewissen Straftaten unter bestimmten Voraussetzungen von der Erhebung der Kläge abzusehen.� Ihm soll er- möglicht werden, geringfügige Verfehlungen des täglichen Lebens unverfolgt zu lassen. So Uebertretungen, Vergehen, die nur mit geringen Freiheitsstrafen oder Geldstrafen bedroht sind, einfachen Diebstahl, Unterschlagung und Betrug, soweit es sich dabei um einen Gegenstand im Werte von höchstens 25 M. handelt., Eine wesentliche Ausdehnung erfährt der Strafbefehl. Hin- sichtlich der Freiheitsstrafen bleibt es bei dem bestehenden Höchst- maß von sechs Wochen; dagegen ist die Grenze der Geldstrafe, die bisher 150 M. betrug, beseitigt worden, so datz künftig Strasbefehle auf eine Geldstrafe in beliebiger Höhe lauten können. In Privatklagesachcn soll das Verfahren nur eröffnet werden. wenn der Fall vom Gericht ausdrücklich als.Kriegssache erklärr wurde. In allen änderet: Fällen soll � daS Verfahren ruhen bis nach Beendigung des Krieges, und die Klage gilt als zurückgezogen. wenn dann nicht innerhalb eines Monats d:e Weiterführung de» Verfahrens beantragt wird. Im ArvUrechtsverfahreu sollen bürgerliche Rechisstreitigkeiten in erster Instanz durch Einzelrichter an Stelle der Zivilkammern entschieden werden, und zwar kommen als Ernzelrichter in erster Linie Landgcrichtspräsidentcn und Landgerichtsdirektoren in Frage. Unter Umständen können auch Obcrlandcögcrichtsräte zu HilfS- richtern bei dem Landgericht bestellt werden. Zur gütlichen Bei- legung von RechlSstreitigkeitcn soll außerdem das Sühne- verfahren eine erhebliche Ausdehnung erfahren, insbesondere soll dieses Verfahren vom Anwaltszwang befreit bleiben.
Gerichtszeitung. „Brühwürfel." In hie Geheimnifie der Brüchwürfelfabrikation leuchtet« eine Verhandlung vor dem Schöffengericht Berlin » Schöneberg hin- ein.„H ü h n e r b r ü h w ü r fe l",- die der Kaufmann Gustav Oberländer in den Verkehr gebracht hatte, wiesen nicht weniger als 75 Prozent Kochsalz auf. Hirschhornsalz sollte Fleischgeschmack vortäuschen. Das-Gericht verurteilte den Angeklagten, der»ach einem alten Rezept fabriziert haben will und jede Schuld bestritt, zu 633 M. Geldstrafe.__ Des Diebstahls verdächtigt. Der Inhaberin eines Pensionats. Frau Bürgermeister Dauer, waren im November vorigen Jahres 53 M. aus ihrer Handtasche verschwunden. Frau Dauer bielr, ohne jedoch einen Beweis dafür zu baben. rbr Hausmädchen für die Diebin. Trotz deS VekdachlS bet'chäiligte sie aber dos Mädchen weiter. Im Februar d. I. waren wieder 230 oder 300 M. abbanden gekommen, die Frau Dauer in einer Kasiclie anfbewabrle, die in ihrem Wohnzimmer stand. Auch jetzt lentis sich der Verdacht des Diebstahls aut das Hausmädchen. Der Verdacht stützte sich zwar auf keine Talsachen, aber Frau Dauer glaubte ganz bestimmt, daß kein anderer als das HauSmäochen den Diebstahl verübt haben könne. Das Mädchen, welches auch jetzt noch nicht eiulasseu wurde, sich aber durch die Beschuldigung deS DtebstahlS gekränkt tühlte, kündigte und trat am 1. März aus. Nun behielt Frau Dauer den fälligen MonatSlohn sowie die dem Mädchen zustehenden Trinkgelder— im ganzen 52 M.— ein, um sich wegen deS verschwundenen Geldes schadlos zu halten. DaS Mädchen klagte beim Gewerbegerich k. Hier ließ sich Frau Dauer durch einen Referendar vertreten, der die Beschuldigung deS wiederholten DiebstabiS gegen die Klägerin oufrecht erhielt, ohne daß er auch nur den geringsten Bemers dafür onlrelen konnte. Ferner legte er dcr Klägerin zur Last, daß sie in ihrer schmutzigen Wäsche, die zur Wäscherei bcsörderl wurde, eine ihr nicht gehörende Küchenickürze und drei Taschentücher eingepackt hatte. Dadurch sollten die diebücken Neigungen der Klägerin bewiesen werden. Die Klägerin gab"zu. daß sich die angegebenen Gegen- stände in ihrem Däicheichrank befanden, wo sie bmern«' gekommen waren, weil die schmutzige Wäsche des ganzen HauieS ungeordnet in einer Kammer aufbewahrt wurde. Daß sie sich die fraglichen Wäschestücke aneignen wollte, bestritt die Klägerin. Auch wehrte sie sich mit großer Entschiedenheit gegen die unbeweisbare Beschuldigung, daS Geld gestohlen zu haben. Die Klägerin gab an, daß außer ihr auch andere Perionen die Möglichkeit gehabt hätten. zu der Geldkassette der Frau Dauer zu gelangen und daß noch mehrere Diebstähle im Pensionat der Beklagten vorgekommen seien, wegen deren kein Verdacht gegen sie, der Klägerin, erhoben werden konnte.— DaS Gericht legte der Klägerin de» Eid darüber auf. daß sie das der Beklagten abhanden gekommene Geld nicht gestohlen habe.— Die Klägerin leistete den Eid. Darauf erkannte der Ber- treter der Beklagten die Forderung der Klägerin an. /