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Gewerkschaftliches. Textilarbeiter in der llanöwirtsthast. Vom Kriegsamt und von verschiedenen Generalkommandos ist der Wunsch ausgedrückt resp. es sind Aufforderungen ergangen, die arbeitslosen Textilarbeiter möchten Arbeit in der Landwirtschaft nehmen, um auch ihrerseits dazu beizu- tragen, die Ernährung im neuen Zahre zu sichern. Vom TeMarbeiterverband wird unS dazu geschrieben: Der Vorstand des Textilarbeiterverbandes erkennt die Notwendigkeit der Verrichtung landwirtschaftlicher Arbeiten für alle dazu geeigneten Personen an, kann aber für die Textil- arbeiter eine Verpflichtung zur Leistung solcher Arbeiten nur dann anerkennen, wenn die Vorbedingungen dazu gegeben sind: Entsprechende Lohn- und Arbeitsbedingungen. Die Erfahrungen, die im Vorjahre von einer Anzahl Textil- arbeiterinnen gemacht worden sind, mahnen zur Vorsicht. Da hat es sozusagen an allem gefehlt. In primitiven, nicht heizbaren, oft von Ungeziefer besetzten Unterkunftsräumen mutzten solche Arbeiterinnen kampieren. Auch die Behandlung ließ oft sehr zu wünschen übrig. Von besonderer Wichtigkeit ist selbstverständlich die Lohn- frage und die der Arbeitszeit. Hier könnte dem Kriegsamt nur empfohlen werden, die Bedingungen, die der Magistrat von Augsburg voriges Jahr den Landwirten zum Schutze der Textilarbeiter auferlegte, für das ganze Reich. als bindende zu erklären. Die Bedingungen lauteten: 1. Die Arbeit gilt nur als Aushilfsarbeit. Die Textil- arbeiterinnen unterstehen nicht den Bestimmungen der Gefinde- ordnung. 2. Die Textilarbeiter erhalten an Lohn neben boller Kost und dem üblichen Bier: s) männliche Arbeiter 2.30 M. bis 3 M. täglich b) weibliche, 1,50, 2, 3. Die Textilarbeiter erhalten ein Drittel der bisher gezahlten Unterstiitzung weiter. i. Der Magistrat machte den Landwirten zur Pflicht: a) auskömmliches und gutes Esten, b) Schlasstellen, die in ge­sundheitlicher und sittlicher Beziehung einwandfrei find, zu ge- währen. 3. Die Arbeiter bleiben als freiwillig zahlende Mitglieder in ihrer bisherigen Krankenlasse und in derselben Klasse, in der sie vorher versichert waren. ö. Die Zeit, welche die Textilarbeiter in der Landwirtschaft arbeiten, wird in den bisherigen Betrieben als Arbeitszeit an- gerechnet. 7. Eine Vermittlung der arbeitslosen Textilarbeiter und -Arbeiterinnen nach weitabgelegenen großen Gütern und Domänen findet nicht statt. Diese Bestimmungen wären zweckdienlich auf alle land- wirtschaftlichen Betriebe des Reiches zu übertragen. Da auf großen Gütern volle Kost nicht immer gewährt wird, wäre in solchen Fällen für den weggefallenen Kosttell ein entsprechendes Deputat zu gewähren. Ausfallende Deputatsteile wären nach den jeweiligen Marktpreisen zu entschädigen. Als tägliche Arbeitszeit haben zehn Stunden zu gelten; für Ueberstunden ist Lohnzuschlag zu gewähren. Die Lohnzahlung hat wöchent- lich zu erfolgen; als Kündigungsfrist wäre ein vierzehntägige vorgesehen. Eine glatte und rasche Erledigung der hier geäutzertcn Wünsche dürfte im Interesse der Volksernährung geboten sein. verlln und Umgegend. Teuerungszulage der Seideuhutmacher. Der Verband der Hut- und Filzwarenarbeiter hat den Seiden- Hutfabrikanten und den Inhabern von Ladengeschäften die Forderung eingereicht, mit Rückficht auf die fortgesetzt steigenden Lebensmittel- preise eine Lohnzulage von 23 Proz. zu gewähren. Wie Möckel in der letzten Branchenversammlung der Seidenhutmacher berichtete, Haben die Fabrikanten die Forderung in vollem Umfange bewilligt, was eine wöchentliche Zulage von 12 M. für männliche Arbeiter ve- deutet. In den Ladengeschäften ist die Forderung nur zum Teil, und zwar in Höhe von 3 bis 10 M. wöchentlich bewilligt worden. Am ganzen betrogen die bewilligten Lohnerböhungen, die vom 10. März ab zu zahlen sind, für 16 Arbeiter zusammen 120 M. und für 2 Arbeiterinnen zusammen 10,73 M. wöchentlich. Die Versammlung erklärte sich mit diesem Ergebnis einver- standen._ Tarifverhandlungen der Bauanschläger. Am Dezember beschlossen die Bauanschläger, zu der bis dahin gewährten Lohnzulage von 30 Proz. noch eine fernere Zulage von 20 Proz. zu fordern, so daß im ganzen eine Zulage von 30 Proz. auf den geltenden Tarif zu zahlen wäre. Mitte Februar verhandelte die Vertretung der Bauanschläger mrt der .Kommission der Unternehmer. Uebcr den Verlauf der Verhandlung berichtete der Branchenobmann am Sonntag in der Mitgliederversammlung, daß die Unternehmer nicht zur Bewilligung der Forderung zu bewegen waren. Um das ge­steckte Ziel wenigstens schrittweise zu erreichen, machten die Arbeitervertreter dann den Vorslblag,«S solle ihnen bis zum 1. Juli eine Zulage von 40 Proz., und von da bis 1. Oktober weitere 10 Proz. bewilligt werden. Auch darauf gingen die Unternehmer nicht ein. Ihr letztes Angebot war: Eine Zulage von 33 Proz. in der Zeit vom 1. April bis 1. Juli und später neue Verhandlungen über die für den Zeitraum vom 1. Juli bis 1. Ok- tober zu gewährende Zulage. Da die Arbeitervertreter mit ihrer Forderung nicht soweit zurückgehen konnten, kam in der VerHand- lung keine Einigung zustande. Die Versammlung beschloß nach eingehender Aussprache, die Kommission solle den Unternehmern als letztes Angebot unterbreiten: Eine Zulage von 40 Proz. bis I. Juli und neue Verhandlungen über die Erhöhung derselben nach dem 1. Juli.

Tie Lohnzulage in der Herrenkonfektion. Ju Verbindung mit der allgemeinen Lohnbewegung der Schneider ist für die in der Herrenkonfektion beschäftigten Arbeiter eine Lohnaufbesserung zustande gekommen. Darüber berichtete Kunze an, Montag in einer Veriammlung der HerrenkonfektionS- schneid«. Er wies zunächst darauf hin, daß die für die Herren- konfektion bestehenden Tarife verschiedene AblausStermine hatten. Während die Unternehmer dahin strebten, einen gleichzeitigen Ab- laufStermin für alle Tarife zu bekommen, hielten es die Arbeiter für den Fall künftiger Lohnkämpfe für vorteilhaft, wenn die der- jchiedenen Ablaufstermine bestehen bleiben würde». Nun zeigte sich aber bei den Verhandlungen, daß die Unternehmer wohl bereit waren, die Lohnforderungen der Arbeiter zu bewilligen, daß sie aber auf der Einführung eines gleichzeitigen AblaufSterminS be- standen. Angesichts dieser Sachlage glaubte die Berbandsvertretung es nickt verantworten zu können, wenn sie eine Verständigung, die die geforderte Lohnerhöhung gewährt, an der Frage des Ablaufs- termins hätte scheitern lassen. So ist denn nach langen eingehenden Verhandlungen auch für die Herrenkonfektion eine Vereinbarung dahin zustande gekommen, daß vom 1. April ab auf die be- stehenden Tarife eine Zuschlag von 23 Prozent gezahlt wird ußer den 10 Prorent, die bereits auf Grund der Verordnung zur Streckung der Stoffe gewährt werden. Es ist also im ganzen em Zuschlag von 35 Proz. auf die zurzeit bestehenden Tarrffätze zu zahlen, und zwar nicht nur auf die Grundlöhne, sondern auch ans

die Extraarbeiten. Statt der geforderten freien Lieferung der Nah- zutaten haben die Unternehmer zugestanden, daß sie die Zutaten im Großen einkaufen und zum Selbstkostenpreise an die Arbeiter ab- gegeben werden. Die geforderte Verminderung der Serien konnte nicht erreicht werden, doch erklärten die Unternehm«, daß eine Ver- schiebung in den Serren nickt vorgenommen werden solle. Mit dieser Regelung konnten sich die Arbeiter einverstanden erklären. Wie Kunze betonte, enlipricht die gewährte Lohnerhöhung zwar nicht den herrschenden TeuerungSverhälrnissen, aber sie bedeutet insofern ein günstiges Ergebnis, als es sich nicht um eine Teuerungszulage, wie in anderen Gewerben, sondern um eine dauernde Lohnerhöhung handelt, die die Grundlage deS künftigen Tarifs bildet. Auf dieser Basis kann in der Zukunft weiter gebaut werden. Dieser Erfolg ist der Organisation zu danken, die während beS Krieges viel für die Kollegen erreicht hat. Es ist jetzt Sache der Kollegen, daraus zu achten, daß sie die ihnen zustehende Lohnerhöhung überall bekommen. Auch muß die Organi- sationspflicht erfüllt und für die weitere Stärkung des Verbandes gesorgt werden, denn nur eine starke Organisation bietet die Ge- währ für die Erhaltung und Verbesserung des Erreichten. Tie in Schrauienbetrieden beschäftigte» Autvmatcnciurichtcr und Einrichter an Einzelbönken hatten am Sonntag eine gurbesuckte Gruppenveriammlung. Es wurde die Gestaltung der Lohnverhält- nisse besprochen und die Frage aufgeworfen, wie sie auf die er- forderliche Höbe zu bringen und aus dies« zu erhalten firid. Das Prämierrshstcm, wie eZ bei d« Firma Stock eingeführt ist, wurde scharf kririfiert und als schädlich bekämpft. Im übrigen wurde fest- gestellt, daß die Löhne und Verdienste verschieden find, auch die Einstellungslöhne. Nickt angemessene Einstellungslöhne find ein Hemmnis für Verbesserungen in anderen Betrieben. Die Versammlung stellte sich auf de» Standpunkt, daß eine Erhöhung deS EinstellungZIohneS notwendig fei, um eine Grundlage für eine erfolgreiche weitere Ausgestaltung der Löhne und Verdienste der Einrickter an Schraubenautomaten und an Einzelbönken zu erreicken. Es wurde beschlossen, den Ein- stellungSlohn auf 1,73 M. für die Stunde festzusetzen. Wo in den einzelnen Betrieben die Kollegen einen Lohn in dies« Höhe nock nicht erreichen, sollen in den nöcksten Tagen Weckstativersammlungen einberufen und der Lohn von 1.73 M. als Mindestlobn gefordert werden. Turck den Beschluß werden die Kollegen, die eine neue Arbeitsstelle antreten, dazu verpflichtet, nicht unter 1,73 M. für die Stunde anzufangen._ Aus dem kkriegsausschusi für Groß-Berliu. Der Schleifer W. aus der A. E. G. wünscht einen Abkehrschein. weil ihm die Arbeit zu sckw« ist. Der Vertreter der Firma ist aus Anftage b«eit, dafür zu sorgen, daß W. leicktere Beickäftigung in ein« anderen Abteilung«hält, ohne daß W. in seinem Verdienst gesckmälert wird. Sollten sich im Betrieb dieserhalb Schwierigkeiten ergeben, erhält W. den Abkehrschein. Der Arbeiter T. au« einem Betriebe der Heeresverwaltung wünscht eine» Abkehrickein, da« die ihm zugemutete schwere Arbeit, weil körp«lich für ihn zu anstrengend, nicht oustühren kann. AuS diesem Anlaß hatte T. auch schon einige Tage nicht gearbeitet. Der Ladung zur Verhandlung vor dem KriegSauSschuß war die Betriebsleitung nicht nackgekommen, weil T- sckon mehrere Tage nicht arbeitet. Der KriegSauSschuß stellt sich auf den Standpunkt, daß an sich zwar das Verlassen der Arbeit vor Entscheidung des KriegsausschusieS un- zulässig ist, eS aber doch, wie scheinbar im vorliegenden Fall, vor- kommen kann, daß ein Arbeiter vor Entscheidung des Kriegs- auSschusseS mit Recht die Arbeit niederlegt. Auf keinen Fall aber darf eS als zulässig erklärt werden, daß eine Firma selbst darüber entickeidet, ob sie einer Ladung des Kriegsausschusses nachkommen will od« nicht. Der Latzung des Kriegs- auSschusseS muß jede Partei, Arbeitnehmer wie Arbeitgeber, gleichviel um wen eS stch handelt, nachkommen. In der Sacke selbst wird dahin entschieden, daß der Arbeit« T. über seinen körperlichen Zustand ein ärztliches Attest beibringen soll, und wenn ein Attest seine Angaben bestätigt, steht ihm der Abkehr- schein zu. Sodann hatte fick der KriegSauSschuß wieder einmal mit einem leider nicht selten vorkommenden Fall zu beschäftigen, in dem ein Unternehmer Mißbrauch getrieben hat mit seiner Aufgabe, einen nicht mehr bei ihm beschäftigten Reklamierten bei der Mrlitärbehörde ab- zumelden. Es handelt sich um die Firma R., die vor einigen Bocken wegen einer Beschwerde eines bei ihr beschäftigten Arbeiters vor dem KriegSauSschuß erschien. Dem KriegSauSschuß gelang eS bei der damaligen Verhandlung, einen Ausgleich herbeizuführen. Die Sache war damit als erledigt betrachtet worden. Leid« war dies nickt der Fall, denn bald daraus erschien der Arbeiter wieder und forderte nochmals den Abkehrschein, da die damals getroffene Vereinbarung von der Firma nicht eingehalten werde. Die Firma hatte es bei dem zweiten Termin vorgezogen, nicht zu erscheinen. Infolgedessen wurde, wie dies in solchem Fall stets geschieht, auf Grund der Aus- läge deS Arbeiters diesem der Abkehrschein erteilt. Trotzdem hier daS Recht des Arbeiters, aufzuhören, feststand denn das Nicht- «scheinen der Firma muß als Eingeständnis ihrer Schuld betrachtet werden bar die Firma, anstatt den Mann einfach als nickt mehr bei ihr beschäftigt der Militärbehörde zu melden, folgendes Schreiben an das stellvertretende Generalkommando geschickt: Hierdurch teile dem stellv. Generalkommando höfl. mit. daß der nnged. Landst. fl, geb...., wohnhaft... heute seine Arbeit in meinem Betriebe ohne Grund niedergelegt hat. Die unterm 13. Januar d. I. eingereichte Reklamation ist hierdurch hinfällig und ersuche ich das Generalkommando, den pp. K. sofort zum Waffendienst einzustellen. K. gehört zum Bezirkskommando IL' Wir bringen dieses Schreiben, das durchaus nicht eine seltene Ausnahme darstellt, fondern im Gegenteil leider in ähnlicher Form des öfteren von anderen Firmen an die Militärbehörde geschickt wird, in seinem vollen Wortlaut, um ein solches Lorgehen gehörig zu brandmarken. Der Kriegsausschuß stellte zunächst fest, daß die Angabe, wonach der Arbeiter ohne Grund die Arbeit niedergelegt hat, unzutreffend i st. daß im Gegenteil ein durchaus triftiger Grund zur Nieder- legung der Arbeit für den Arbeiter vorlag. Des weiteren konstatierte der KriegSausschuß einmütig, daß das Schreiben einen UriaSbrief darstellt, mit dem die Firma sich an dem Mann rächen wollte. Leid« sind rn letzter Zeit mehrfach solche Fälle im KriegSauSschuß eftgeftellt, sodaß eS als höchste Zeit erscheint, daß die Militär- beh'örde auf diesem Gebiete eine Aendnung eintreten läßt, die «inen derartigen Mißbrauch unmöglich macht.

flus der Partei. Uebliche und angemessene Honorare. In ein«.Berichtigung" an den.Vorwärts" hol Julian Borchardt vor einig« Zeit behauptet, iür sein Borwort zu dem Karl Erdmannschen Buch nur das übliche und angemessene Honorar erhalten zu haben. Merkwürdigerweise schreibt jetzt auch in der.Leipziger BolkSzeitung" einer, der von der Entstehung des Borwortes einiges zu wissen scheint, hierüber olgende Sätze: Ach und inan d. h. der Meister der Küche, in der dieieS politische Kohlrübengericht bereitet wurde, war nicht kleinlich und engherzig. Man konnte und wollte sehr Hohrs Honorar<im Ort- ginal fett. Red. d..Vorw.'j zahlen Wohlgemertl auch für die gewünschten Waschzettel und man verlangte nicht einmal ein uneingeschränktes Lob des BucheS. Nur Reklame, Reklame durch Leute, deren Name einiges Ansehen in der Sozialdemokratie genoß. Auch unS ist bekannt, daß der Verfasser des Büches gegenüber dritten Personen geäußert hat, er zahle drei- bis vierhundert Mark für das Vorwort. Wir wissen nicht, ob Julian Borckardt diese Summe wirklich«holten bat, aber wir haben festgestellt, daß sein Borwort die Läng« von 1S0 Druckzeilen, d. h. eines gewöhnlich«

Leitartikels, bat. Er stellt also eine Leistung dar, für die die von Erdmann angebotene Summe befremdend hoch erscheinen muß. Aus unsere Äussorderung. das talsächlich elhaltene Honorar der Ocffentlichkei: bekanntzugeben, hat Julian Borchardt bis heute noch nicht reagiert._ Dresden -Land. In einer gut besuchten Parteiver'ainmlung in DreSden-Land sprach am Sonntag der Abg. S ck ö p s l i n über.Sozialdemokratie und Krieg". Auch die Vorgänge in der Partei wurden von dem Redner und dem Genossen K a h in a n n besprochen. Der Abgeordnete des Kreises, Horn, trat diesen beiden Rednern entgegen und versuchte, den Standpunkt der Arbeits- gemeinschaft zu verteidigen. In einer mit allen gegen zwei Stimmen angenommenen Resolution wird bedauert, daß in Dresden - Land eine neue Organisation gegründet und der Bohlott der .Dresdener BolkSzeilung" beschlossen wurde. Die Versammelten erklären ssch für die alte K r ei s o r g a n i sa t i o n und ver- sprechen, auch weiter eifrig für die Ausbreitung der Dresdener Volkszeitung" zu wirken. Die dänische Sozialdemokratie erzielte bei den Gemeinde- Wahlen einen erbeblicken Stimmen- und Mandatszuwachs. Ter Gewinn läßt stch jetzt für das ganze Land überblicken. Es wurden insgesamt 2V7 449(1913: 285 775) Stimmen abgegeben: davon cnt- fielen auf die sozialdemokratischen Listen allein: 139 730<l9l3: 123 303) Stimmen. Die Partei gewann 16 447 Stimmen und 38 Mandate._ Soziales. Lehrling oder ungelernter Arbeiters Der iit Nr. 76 desVorwärts" erwähnte Rückgonz der Lehrlingszahl in Berlin von zirka 41 000 auf zirka 7000 stellt uns vor ein überaus ernstes Problem. Dieser Rückgang ist auffallend hoch, selbst wenn man seine mannig- fachen Ursachen würdigt. Durch den eigentlichen Kriegsdienst wird zwar nur ein kleiner Bruchteil der Lehrlinge gefaßt worden sein, vorzugsweise allerdings in den besonders quali- fizierten Berufen mit langer Lehrzeit. Auch die Wirkung des Hilfsdienstgesetzes kann sich in dem Rückgang der Lehrlinge noch nicht widerspiegeln. Dagegen wird die Einziehung zahlreicher Meister und Gesellen viele Lehrlinge von der ordnungsmäßigen Vorbereitung auf ihren Beruf losgelöst haben. Es fehlte an der Arbeitsstätte die richtige Unter- Weisung nnd der notwendige regelmäßige Betrieb des Ganzen. wodurch der Lehrling sicherer festgehalten worden wäre. Ein weiterer wichtiger Grund wird in der Umgestaltung zahlreicher Be- triebe zuMialen dcrKriegsindustrie zu suche» sein. DicLehrlinge wurden ohne ihr Zutun, wenn auch sicherlich oft genug nicht wider ihren Willen, aus schlecht gelohnten Lehrlingen zit besser bezahlten jugendlichen Arbeitern. In der Hauptsache aber wird der freie Wille der Lehr- linge die Schuld an dem bedauerlichen Rückgang tragen. Die Verführung ist zu groß. Soll er sich noch weiterhin bei seinem Meister als gebundener Lehrling plagen, ohne etwas Rechtes dafür zu bekommen, während sein gleichaltriger einstiger Schulkollege in der benachbarten Fabrik alsfreier" Arbeiter wöchentlich ein für seine Verhältnisse gehöriges Stück Geld nach Hause trägt? Dazu kommt die weitere Verführung, zu der die Unerfahrenen das viele Geld lockt. Die moralischen Hemmungen aber sind lockerer als im Frieden. Ter Vater ist im Feld, die Mutter arbeitet irgendwo in der Granaten- fabrik, die Jugendbewegung hat keinen Einfluß auf ihn, seiner Gewerkschaft gehört der Jüngling noch nicht an. So ist es begreiflich, daß so viele Lehrlinge die erste beste Gelegenheit ergreifen, um ihrer Lehre zu entrinnen und das Heer der ungelernten" Arbeiter zu vermehren Es ist begreiflich, aber darum doch tief bedauerlich! Das §iel der Erziehung muß sein, jeden einzelnen zu einem wertvollen liede seines Berufes und damit der Gesellschaft zu macheu. Nicht im Sinne ständischer und rückständiger Berusssiinpelei, wohl aber in der Erkenntnis, daß jeder Beruf seine Bc- dcutung für das Allgemeinwohl hat, daß von der richtigen Erfüllung aller Einzclberufsschichten in der richtigen Ver- knüpfung der Ei.izelarbcitcn zum Ganzen der gesellschaftlichen Arbeit allein eine gute Grundlage für das gesellschaftliche Zusammenleben zu erwarten ist. Deshalb soll der eiic�elne seinen Beruf nicht als Last empfinden, sondern er soll mit ihm verwachsen, in ihm aufgehen, für ihn streben, zu- gleich aber vom sicheren Boden seiner Pflichterfüllung im einzelnen auch den Zusammenhang mit der Gesamtheit nicht vergessen und auch dieser gegenüber seine Pflichten ctsüllen. Diese schöne Forderung wird bei denungelernten" Arbeitern schwer zu erfüllen sein, heutzutage fast gar nicht, in Zukunft vielleicht durch eine Reform unseres Erziehungswcsens, die die Arbeit als wichtigsten Erziehungsfaktor in den Lchrplan einsetzt. Um so mehr muß angestrebt werden, daß die schul- entlassenen Jünglinge nicht den zunächst breiten und bcqnemcii Weg desjugendlichen Arbeiters" einschlagen, sondern de» anfänglich engen und beschwerlichen Weg des Lehrlings. Denn später führt gerade der Weg des ungelernten Arbeiters durch Oeden und Wüsten, während dem gelernten Arbeircr bewußt und unbewußt die Segenströme zugute kommen, die aus der Kenntnis eines Berufs, aus seiner Beherrschung, aus dem Anreiz besonderer Leistungsfähigkeit entsprießen. Nach dem Krieg wird es ernste Pflicht der Pädagogen und Fortbildungsschulmänner, der Männer der staatlichen und gemeindlichen Schulvcnvaltung und des Handwerks und Gewerbes sein, die Wunden wieder zu heilen, die der Krieg der Heranbildung eines ordnungsmäßigen und leistungsfähigen Unterrichts geschlagen hat. Zahlreich werden die jungen Arbeiter aus den Betrieben zurückströmen, deren bisherige Kriegsarbeit nunmehr ein Ende gesunden hat. Dann ist es notwendig, daß durch besondere Einrichtungen. durch besondere Kurse der FortbUdungsschulen, durch beson- dere Lehrwerkstätten eine abgekürzte Ausbildung ermöglicht wird. Solche Einrichtungen sind auch der Lehrlinge wegen notwendig, die durch den Kriegsdienst ihrer Ausbildung vor der Zeit entzogen worden sind.

Eingegangene Druckschriften. Unter SabSburgs Banner. Bon Oberst Alois Seltze. Verlag Ullstein u Co.«erlin SW 68. Rnssisch Litanen. Bon fl. ZZerbeliZ. 2,40 M. Verlag I. Schräder, StnUgart. Geschichte deS Krieges. Von Hermann Stegemann . Vollständig in 3 4 Bänden Preis des ersten Bande» geb. 14 M. Deutsche BeilagS- anstall, Stuttgart . DaS Abenteuer der Ladt, Glane. Von Otto Pielsch. 1 2?. Kronen-Verlag®. m. d. H., Berlin SW. 68. Illustrierte Geschichte deS Weltkrieges IS14/17. Heft ,20- 127. wöchentlich ein Hest, 23 Pf. Verlag Union Deutsche VerwgSgesellschast, Stuttgart__

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