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Nr. 79. 34. Zadraallg.
�riidor des.Mmiirts" Kerliller Nslksblatt.
Reichstag.
87. Sitzung. Dienstag, den 20. März. nachn»ittags i Ubr. Sm BundeSratZtisch: Dr. Helfferich, Graf Roedern  » leine Anfrage«.. Abg. Dr. Heckscher(Vp.) fragt. waS der Reichskanzler zu tun gedenkt, um die zu Ansang des Krieges versprochene Freilassung der Marokkodeutschen zu erlangen, die in Afrika   und in Frank- reich in menschenunwürdiger Weise behandelt worden sind. Ministerialdiroklor Kriege: Gegen die men'chcnunwürdige Be- Handlung unserer LandSleure ist gleich zu Anfang des Krieges nachdrücklich Protest erhoben worden, und als er ohne Erfolg blieb, wurde zu Vergeltungsmaßnahmen ge- schritten, in deren Verlauf auch die in Deutschland   befindlichen französischen   Zivilperionen sowie eine große Anzahl aus den be­setzten französischen   Gebieten in Deutschland   interniert wurden. Di« Freilasiung der Wehrfähigen ist leider nickt erreicht worden, dock wurde wenigstens der Austausch einer Zahl zu schweren Freiheitsstrafen verurteilter Marokkodeutscher erlangt. Selbst- verständlich verbleiben auch die wehrfähigen Franzosen bei un» zur Vergeltung interniert. Abg. Dr. Hrckscher<Vp.) fragt, was der Herr Reickskanzler zu tun gedenkt, um angesichts der schlechten sanitären Ein- ricktungen in dem Gefangenenlager im AlerandraPalace zu London   die engliscke Verwaltung in nachdrücklicher Weise an ihre menschlichen Pflichten zu erinnern. Ministerialdirektor Kriege: Sowohl von Neutralen iowie von Deutschen  , die aus jenem Lager entlassen sind, ist berichtet, daß diese Mißstände in den sanitären Verhältnissen und in der Behand- luiig der Gefangenen zurzeit nicht mehr bestehen. Danach liegt zu Vergeltungsmaßnahmen jetzt kem Anlaß vor. Immerhin ist die Aufmerksamkeit der Schweiz   und ihrer Vertreter in London   aus jenes Lager gelenkt worden. Abg. v. Sochu ll\ fragt, was der Reichskanzler zu veranlassen gedenkt, um die verde: blicke weitgehende AuSsckaltung des an­gesessenen sachverständigen Handels und Ge» w e r b s S bei der Errichtung von PreiSprüfungSstellen und der Re- geiung der Versorgung der Bevölkerung mtr den Gegenständen deS notwendigen Lebensbedarfs zu verhindern. Ministerialdirektor von Oppen: Soweit als es irgend angängig, ist weder der Großhandel noch der rein lokale Kleinhandel ausgeschaltet worden. ES liegt auch nicht in der Absicht des Reichskanzlers, den Handel länger auszuschalten als tl wirlschaflkich unbedingt erforderlich ist. ZkriegsaSgabe der ReichSbank. Der Gesetzentwurf über eine weitere Kriegsabgabe der Reichs- bank iür 1Sl6. wonach von dem Gewinne der Reicksbank für das Jahr 1916 vorweg ein Betrag von.lOO Millionen Mark dem Reiche überwiesen wird, wird debatteloS in zweiter Beratung und auf Antrag Spahn sZ.) sofort auch in dritter Beratung angenommen. ES folgt die zweite Lesnug des Etats. Sie beginnt beim Etat des ReichSamtS deS Innern. Die Kommii'ston beantragt bierzu in einer Reihe v:n Reko- lutionen die Bereuwllllgkeu auszusprechen, für.die Herstellung einer G r o ß s ch ifsa hr tS st r e v on A sch a s send urg bis zur ReickSgrenze bei Pasiau zwei Millionen Mark beizu- tragen, dem ReichZauSickuß der ÄriegSbeschädigtenfür- sorge wiederum 100 OOO M. zuzuwenden, den Reichskanzler zu ersuchen, die Familienunter st ützungen der Krieger in der Höhe von 20 M. für die Ehefrau und von 10 M. für jedes Kind unter Jahren auch für die Zeit vom 1. Mai bis 1. November zu zahlen, ferner den Beitrag zu den Unter- haltungskosten der Anstalten für die Bekämpfung der Säug- lingssterblichkeit so zu erhöhen, daß die notwendige Anzahl Schülerinnen ausgebildet werden kann, ferner die W o ch e n h i l s e aus die Ehesraneii der im Vaterländischen Hilfsdienst tätigen Per- sonen auszudehnen und die Unterstützung der Kriegswöchnerinnen auf 1.50 M. pro Tag zu erhöben; weiter soll der Reichskanzler er» sucht werden um Wiedereinbringung de» Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung der Gewerbeordnung, das im Früh- jähr 1914 unerledigt geblieben ist. Staatssekretär deS ReichSamtS des Innern Dr. Helfferich: Der Etat enthält zum ersten Male die Forderung der Schaffung eines neuen UnleistaatSiekretörS im Reichsaml deS Innern. Bis jetzt ist dieser Untcrstaatssekretär nur ein« vorübergehende KrregS- e r s ch e i n u n g. Da aber mit Sicherheil darauf zu rechnen ist. daß nach dem Kriege die Arbeiten des ReichSamtcS des Innern keineswegs geringer werden dürsten, bitte ich Sie, dieser Forderung zuzustimmen. Abg. GiesbertS(Z.): Die deutscke Volkswirtschaft hat auch im dritte» KriegSjabr« alles erfüllt, waS wir von ihr erwarten konnten. Ich dehne diese Anerkennung auch auf die RelchSbehörden aus. die auch ihre volle Pflicht getan baben. Wenn es auch wünschenswert wäre, daß Kriegsgesellschaften nickt gerade in»euren Hotel» unter- gebrockt würden, so find dock auch diese Organisationen not- wendig. Ein erfreuliches Zeichen unserer inneren Geschlossen- heil ist die einmütige Annahme deS neuen Wirt- schaitS planS durch die Kommission. Die Lohnsteigerungen der Arbeiter sind leider weit zurückgeblieben hinter der Verteuerung der Lebenshaltung, von einigen be- sonders hock bezahlten Spezialorbeiterkreiien abgesehen. Daher das Bestreben in den weitesten Arbeiterschichten. die Löhne weiter z u e i b ö h e n. ES zeigt sich hier eine Folge deS Systems in der Landwirtichast, zum Anreiz der Produktion die Preise immer mehr zu steigern. Ein Teil der Industriellen ist den herrschenden Notständen durch Teuerungszulagen für die Arbeiter entgegengekommen, leider geschieht dies aber noch lange nicht in wünschenswertem Umfange. Dasselbe gilt für die Privat- angestellten. Ihre Verbände werden von den Kriegsgeiell- schaiien nickt als Vertreter anerkannt, mit denen über die AnstellimgSverhällnisie zu verhandeln wäre. Sie verlangen die- selbe Anerkennung wie die Gewerkschastsvertretcr. Der Redner befürwortet deS weiteren die Resolutionen der Komm-'sion. Die Fortschritte, die das Hilisdienstgesetz ge­bracht bar. müssen auch für die Zeit deS Frieden» er­halten bleiben. Die Konsequenz wäre die möglichst baldige Wieder- einbrüiflung etneS ArbritStammerngesetzeS. Au der Kommission zur Beratung der UebergangSw,rl schalt sollten auch Ar- beitervcrtreter zugezogen werden. Da? die still- gelegten Betriebe anlangt, so muß ihnen m irgend einer Weise entgegengekommen werden. Der Krieg darf nicht auSarten in einen großen Raubzug deS Großkapital» ani Mittelstand. lSehr   richtig! im Zentr.) Eine besonder» wichtige Au'gabe der UebergangSwirlschaft wird auch die möglichste S t e i- gerung der Lebensmittel zmuhr sowie Zufuhr von Saatgut, Düngemitteln.   landwirtschaftlichen Maschinen sein. Denn wenn dir Lebensmtttelprerse so hoch bleiben, ist an ein Sinke» der Löhne nicht zu denken. Für die Kriegsbeschädigten muß ausreichend gesorgt werden; der brennenden Wohnungsnot muß gesteuert werden.
Unsere Ärbeiterschutzgeietzgebung leiert in diesem Jahre ihr üöjähriges Jubiläum.   Gerade in diesem �Kriege haben sich die segensreichen Folgen dieser Sozialpolitik gezeigt.(Sehr wahr l> Von elementarer Bedeutung für die Enl- Wicklung unserer Sozialpolitik hat sich daS Institut der Gewerbe­in s p e t t i o n erwiesen.(Sehr richtig!) ES rollte daher ent- sprechend vermehrt und ausgebaut werden unter Heranziehung von Hilfsiräsien aus dem Arbeitcrstande. Ueberhaupt muß das Wort des Reichskanzlers wahr werden, daß der Arbeiterstand als wirklich gleichberechtigter in das Volksganze eingegliedert wird. Ebenso wichtig ist aber auch seine geistige Hebung aus s i t t l i ch- r e l i g i ö s c r Grundlage. Dazu gehört die frete DuS-
Bargeld zu Hause anzusammeln und liegen zu lassen tfl1 frtflfhf toC9cn öes Abhanden- Iji IvmU/l Bommens und wegen des Zins- Verlustes, weil in 2l/, jahriger Kriegsdauer der untrügliche Beweis erbracht ist, daß man im Bedarfsfälle gegen Kriegs- anleihe immer Geld haben kann, für die Mgemeinheit, weil unsre Feinde aus derVerzagtheitSchwach- mutiger stets von neuem die Hoff- nung schöpfen, uns unterzukriegen. Was folgt daraus? Klug, vorsichtig und nützlich handelt nur, wer sein ganzes Geld in Kriegs- anleihe anlegt.
"«OTcnBl!
Wirkung aller kirchlich-religiösen Kräfte, auch der katholischen Ordensgesellschaften im deutschen   Volksleben und die Beseitigung oller Schranken, die dem entgegenstehen.(Lebhaftes Bravo I im Zentrum.) Abg. Hoch(Soz.): So günstig wie der Borredner kann ich über unsere gegen- wältigen Handel»- und sozialpolitischen Lerhältnisie nicht urteilen. Das ReichSamt des Innern ist den Aufgaben, die hier zu erfüllen waren, nichtvollgerechtgeworden. Es ist nicht gelungen. dem Volke die notwendigen Lebensmittel zuzuführen. Die große Masse der Arbeiter leidet bittere» gar z» oft unrrträglichr Not, während die Besitzenden sich alle Lebensmittel beschaffe« können. ivenn auch zu besonders hohen Preisen. Herr Gamp bat in der Kommission gemeint, eine Ministerfrou könne sich Gänse- braten heute nicht leisten, wohl aber eine Arbeiterfrau. T-S ist eine Verhöhnung der Arbeit. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Höhere Löhne hat nur«In Teil der Arbeiter, der in der Kriegsindustrie beschäftigt ist und auch diese Lohnerhö Hungen reichen lange nicht an die Steigerung der Lebensmittelpreise heran. Die Unterernährung bedroht unsere Volkskraft. Eine weitsichtige Sozial- Politik hätte deshalb die Arbeiter schutzgesetze den Berhältnrflen ganz besonders anpassen müssen. Statt dessen sind die Arbeiterfchutz« bestimmmtgen in nur zu vielen Betrieben aufgehoben worden und in noch viel mehr Betrieben werden die geltenden Bestimmungen gar nicht beachtet. Die Folge ist eine Ueberanstrengung der Arbeiter, namentlich auch der Frauen und Kinder. Durch diesen Raubbau a« der Arbeitskraft können auf die Dauer keine Erfolge erzielt werden, auf die Dauer wird dadurch nicht so viel geleistet. alS geleistet werden könnte.(Zustimmung bei den Sozial­demokraten) Eine weitsichtige sozialpolitische Abteilung hätte auch Einspruch erheben nuisien gegen die Art, wie jetzt Steuern vorgeschlagr» werden, die die Lebenshaltung des Volte» noch mehr erschwere». (Sehr wahrl bei den Sozialdemokraten.) Der geforderte zweite UnterstaatSiekretär ist n o t w e n d i g, die Arbeit im ReichSamt des Innern ist bedeutend gewachsen gerade auch durch die KriegSwirt- schaft. Beim Ausbruch deS Kriege« zeigte es sich, daß die Reichs- leitung nur mit einem iehr kleinen Teil der Industrie und des Handels in Verbindung stand, der kleinen, aber einflußreichen Minderheit der Schlotbarons und der Jlmker. Als aber der Krieg die Anspannung aller Kräfte für mittelbare oder unmittelbare KriegSleistungen not- wendig machte, genügte diese Fühlung nicht. Da kam die Reich«» leitung aus den Gedanken der WirtschostSgesellschaften. die nur im Dienste der Allgemeinheil arbeiten sollen. ES zeigte sich also, daß die Wirtschaft vor dem Kriege, nämlich die Beteiligten selbst die Dinae ordnen zu lassen, unerträglich tBar._ Aber die Kresse, deren Selbstsucht beschränkt werden soll, sind gerade die mächtigsten Kreise, die nun versuchen, ohne Rücksicht ans die Gesamtheit ihren Borteil zur Geltung zu bringen. Aus diesem Wege tonnte daher nickt erreicht werden, was erreicht werden muß. denn auch die Beannen sind ja aufgewachsen in einem Wirtschaftsleben, in welchem das erste und wichligte immer der Gewinn der Reiche» war. DaS Wiehtigste, WaS wir erreichen müssen, ist. der großen Mass« der Bevölkerung die nöprge Bewegungsfrerheit zu geben. Heute kann die Masse nicht so eingreifen wie im Frie- Sen, ste kann ihre Beschverden nicht in die Oeffentlichkeit bringen.
Eine gewisse Rücksichtnahme ist heute selbstverständlich; diese üb! aber auch jeder ohne weiteres. Wir machen uns aber um das Baterland viel mehr verdient, wenn wir die Beschwerden in die Oeffentlichkeit bringen und sie dann abgestellt werden, anstatt daß beute alles unterdrückt wird. Preßfreiheit. Versammlungsfreiheit, Redefreiheit braucht die Masse der Bevölkerung und einen Ein- sluß auf die Gesetzgebung u?ss> die Verwaltung.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Man sagt, das alles soll später nach dem Kriege kommen. Aber die Maßnahmen, die die unerläßliche Voraussetzung dafür sind, daß im Kriege für das Nötige gesorgt wird, die müssen jetzt, schon getroffen werden.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.! Man sprach von einem Irrwahn, der vor dem Kriege herrschte, der Irrwahn eines unversobn- lichen Gegensatzes zwischen Arbeiterschaft und Arbeitgeber. Wir Sozialdemokraten haben stets die Pflicht zur Verteidigung des Vaterlandes anerkannt. Aber in vieler Beziehung ist der Staat das Handwerkszeug der besitzenden Klasse, um die Arbeiterschaft auszubeuten, und soweit es sich um den Profit handelt, besteht ein unversöhnlicher Gegensatz zwischen den Ar- beiternuu d den Arbeitgeb er ni Dieser Klaffcugegensatz und Klassenkampf kau« auch durch den Krieg nicht geändert werden.(Sehr richrig! bei den Sozialdemokraten.) Geben Sie den Arbeitern, was ste brauchen, um sich weiter entwickeln zu können, denn daö kommt auch der Gesamtheit zugute. Die Produktionsmittel und das Pro- dukttonSverfabren sind tm gewaltigen Maße ausgebaut. Jetzt muß die �Arbeitskraft, der andere wichtige Faktor der ProduktionSkrafl entsprechend ausgebaut werden. Dazu aber braucht die Arbeiter- schaft Bewegungsfreiheit. Der Vorredner sagte, man''olle den Krieg nicht ausgehen lassen als einen Raubzug deS Graß­kapitals am Mittelstand. Das Aussprechen solcher Wunsche ist sehr billig. Aber tatsächlich reibt der Krieg de»Mittel- stand aus, Hunderttausende von Existenzen werden zugrunde ge- richtet, während sich da» Großkapital bereichert. Und nach dem Kriege heißt es. alle unsere Kräfte«tnzusetzeii, um unsere Wirt- schaftliche EntWickelung wieder zu fördern. Das kann aber nicht geschehen durch Förderung von Kleinbetrieben, sondern nur durch die Zusammenfassung in Großbetriebe:t; aus die Großbetriebe wird die Wirtschast nach dem Kriege sich stützen müssen. DaS wird zu einer ungehemmten Ausbeutung führen, wenn nicht da« Proletariat im Kampf« dagegen zusammensteht. Viele unserer Gegner glaube», die Arbeiter werden nach dem Kriege nichts Besseres zu tun wissen, als sich zu zerfleischen. Die Kämpfe werden aber dann so ernst sein, daß die Arbeiter sich eine« solchen Luxus nicht erlauben werden» sie werden vielmehr sest zusammenstehen, um eine neu« bessere Zeit herbeizusübre».(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Stresemann(natl.): Die Anklagen des Vorredners gegen die Mängel der Lebens- ntittelvcrteililiig treffen loeniger das Reicksamt des Innern als die militärischen Stellen, deren Sacke doch größtenteils diese Regelung während des Krieges ist. Auch seine Vorwürfe in bezug auf Einschränkung der Sozialpolitik im Krieg« treffen nicht zu. Die erfolgten Einichränkungen toaren KriegSnoiwendigkeiten, die erst nach sorgfältiger Prüfung erlassen sind. Auf der anderen Seite aber erinnere ich an ein Flugblatt, das heute dem Vorwärts" bcigelegen hat. und da« den Arbeitern die großen sozialpolitischen Fortschritte des Gesetzes über den vaterländischen Hilfsdienst vor Äugen führt. Wenn der Staat wirklich nur ein Instrument der besitzenden Klassen wäre, so hätte dies doch auch beim H i l.s S d t e n st g e s e tz. zum Ausdruck kommen müssen.(Sehr wahr). bei den NatipnMcheralen.) Auf handekspoliftschem(Wirte begrüßen wir die Annäherung zwischen Deutschland  und Oesterreich-Ungarn. Bon einer wirklichen Wirtschaft " jen der Entente ist bei
gen nach dem Protokoll der Pa- riser WrrtfchaftSkonferenz keine Rede. Wünschenswert wäre es, wenn auch im Kriege schon der Wirtschaftsverkehr zwischen Deutsch- land und Oesterrewh-Ungarn   freigegeben würde. Daß England die Wirkung unserer wirtschaftlich«, Ch'ensive schon erheblich spürt, beweist die Richtveröffsntlichung der Ziffern seiner Handelsstatistik. Ideal sind die Zustände gewiß nicht. Der K r: e g s s o z i a l i S- m u s darf keinesfalls übertragen werden auf dre Friedens- zeit. Leider hat die Erfahrung gezeigt, daß Kansleutc, die in die Burcaukratie avancieren, nun von einer Chimborassö- ?Ö h e auf die anderen herabblicken und viel schlimmer Wirt- ch ästen als die eigentlichen Burcaukraten.(Hört; hörtl) Zweifelhaft ist mir, ob das Hilftdrenfigesetz überhaupt eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit war. ob man nicht dasselbe Ziel durch die KriegSroh st offabteilung hätte erreichen können, ohne die Aufmerksamkett der ganzen Welt auf uns zu lenken und sie zur Nacheiferung anzuspornen. TaS Schlimmste ist die T r a n ä- vortkrise, an der die Eisenbahnverwaltung doch nicht so schuld- los ist, wie sie es darstellt. Von feiten der Industrie sind der Ver- waltung große Masse« bau Lokomotive» in kurzer Zeit zur Lieferung angeboten worden, es ist aber erst nach geraumer Zeit eine Bestellung, und dann auch nur zur Hälfte des Angebots erfolgt.(Hört, hört!) Vor allem muß daS unnütze Sin- und Herfahren von Güterwagen be- feitigt werden. Durch Gründung neuer Stellen werden manchmal die Verhältnisse noch schlimmer; so ist z. B. durch die KohlenauS- gleichstelle die größte Unordnung in die Verhältnisse ge- bracht worden. Tie Ausfuhr sollte auch in dieser Zeit nach Mi*!'- lichte it gefördert werden. Der Beirat der Ein- und AuSfuhrstelle wird seit längerer Zeit überhaupt nicht mehr gehört. In der K a- n alfrage mutz daS Reich die Führung übernehmen.(Bravo  !) In der Frage der Unterstützung unserer Handels- fchiffahrt sollte die Regierung den internationalen Interessen in der großzügigsten Weise vorangehen. Der Kommissar für UebergangSwrrtschaft hat jetzt statt deS halbe« daS ganze HotelReichstag" gepachtet. Möge daS ein g u t e S Z e i ch e n sein, daß wir bald zum Frieden kommen. Im übrigen wird dieser Kom- missar seine Aufgabe am besten erfüllen, wenn er sich so bald wie möglich überflüssig macht und wir wieder zur völlig freien Wirt- schaft kommen. Eine möglichst weitgehende Sicherung der Aus- landsforderungcn ist eins der wichtigsten Kriegsziele. Dem neuen UnterstaatSsckretär stimmen wir zu. Daruber hinaus aber wäre wünschenswert die Schaffung eines ReichSarbeitS- und eines ReichS- handelSamtS. Einige Ressorts, dieses ReichSamtS könnten dem heute etwas blutleerenReichSjustizamt zugeteilt werden. Wichtige Aufgaben der Aufklärung fallen dem nengeschaffenen Pressedienst des ReichSamtS des Innern für WirtschastS. und So- zialpolitik zu. Für das künftige Verhältnisvon Arbeiter« schaft und Unternehmertum ist sehr interessant ein Ar« tikel deS sozialdemokratischen Gewerkschaftsführers?l u g u st J$ i n- n i g in denSozialistischen Monatsheften" überDie neue Sozial- demokratie und die Gewerkschaften". Er betont die Notwendigkeit zu einer positiven Stellung zum Wirtschaftsleben zu kommen und tritt mich sehr warm für Kolonien ein. Danach iit wohl die Hoff­nung berechtigt, daß, v-enn auch der Klassenkamps bleiben lnag. als Kampf um den GÄvinn man doch auf dem Gebiete des Wieder- aufbaiteS unserer Wirtschaft lernen wird, die alten Dogmen von Schutzzoll und Freihandel über Bord zu wer- f e n und daß Arbeiter und Arbeitgeber in Zukunft mehr gemein­sam zusammenarbeiten werden.(Bravo  ! boi den Natio- nallibcralen.) Mg. V. Brockhanse«(?.): Es ist sehr bedauerlich, daß man nicht schon lange Vor dem Kriege an die Borbeveituna auch einer wirtschaftlichen Mo- bilmachung gedacht hat. Dieser Borwurf trifft vor allem die Stelle, an tzcr all« Fäden der inneren und äußeren Politik zu-
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