Soziale IlelicvlMjt. Au die Gast- und Schankwirthe von Berliu und Umgegend! Die Gastwirthe werden darauf aufmersam gemacht, daß sie insbesondere ihr Augenmerk aus die Inschriften resp. Stempel der Biergefäße zu richten haben. Jeder Wirth, welcher sich ver- pflichtet hat, kein boykottirtes Bier auszuschänken, könnte sonst leicht in den Verdacht gerathen, boykottirtes Bier zu verkaufen. Es ist in letzterer Zeit, angeblich wegen Mangel an Gefäßen, vorgekommen, daß die nicht dem Ringe angehörigen Brauereien Gefäße von boykottirten Brauereien mit Bier gefüllt haben und solches zum Verkauf bringen. Dieses Gefäß mit Bier ist un« bedingt zurückzuweisen, da sonst eine Kontrolle zur Un- Möglichkeit gemacht wird. Die Agitationskommission der Brauer und Branerei-Hilfsarbeiter. An die Gewerkschaften! Wie bereits in Nr. 120 des „Vorwärts" bekannt geyeben ist, haben in Strehlen in Schl. bei der Firma Völker u. Nikoleier 400 Steinarbeiter der Granit- industrie wegen Lohnkürzung die Arbeit niedergelegt. Trotzdem bisher für Hungerlöhne im vollsten Sinne des Wortes gearbeitet würde, wollte man von neuem die erbärmlichen Löhne noch mehr kürzen; die Folge davon war, daß sämmtliche Arbeiter die Ar- beit niederlegten. Eine dazu beauftragte Kommisston hat dreimal den Versuch gemacht, mit den Unternehmern in Unterhandlung zu treten, wurden jedoch jedesmal abgewiesen. Unsere Kollegen hatten die gewiß bescheidene Forderung gestellt, doch die alten Lohnsätze beizubehalten, indem dieselben so schon zu gering wären. Darauf wurde ihnen von Herrn Nikoleier, dem Geschäftsinhaber, er- widert: Sie, die Arbeiter, müssen doch Ihrem„Herrn" so viel Vertrauen schenken, daß er seinen Arbeitern keine Lohn- abzüge machen wird, wenn es nicht nöthig ist, und überhaupt habt Ihr nichts danach zu fragen, was ich für die Waare geben will, Ihr habt Euch nur Sonnabends den Lohn zu holen. Diese unerhörte echt kapitalistische Antwort hat unter den Arbeitern große Entrüstung hervorgerufen und den Gleichgiltigsten wurden mit einem Mal die Augen geöffnet, daher das cinmüthige Vorgehen sämmtlicher dort beschäftigten Arbeiter, trotzdem die Organisation dort noch sehr jung ist und der größte Theil derselben bis jetzt fern- gestanden hat. Hier gilt es, den der Organisation noch nicht angehörenden Steinarbeitern, welche sich am Streik betheiligen, zu zeigen, welche Macht eine organisirte Arbeiterschaft besttzt. Uns allein ist es jedoch nicht möglich, die große Zahl der Streikenden auf die Dauer über Waffer zu halten, wir richten deshalb an alle Gewerkschaften und Genossen die dringende Bitte, uns in diesem Kanipf thatkräftig zu unterstützen. Alle Sendungen für die Streikenden sind an den Steinmetz Traugott Schwarzer in Strehlen i. Schl., Altstadtstr. 8, zu richten. Außerdem befinden sich in Münchehagen bei Stadthagen seit dem 2. Mai er. 17 Steinarbeiter aus denselben Gründen wie in Strehlen im Ausstand, wo ebenfalls Unterstützung dringend noth- wendig ist. Die Haltung der Streikenden ist eine sehr gute, es hat sich bis jetzt noch kein Streikbrecher gefunden. Wir bitten, nach beiden Orten den Zuzug streng fernzuhalten. Alle Sendungen für Münchehagen sind an den Steinmetz Wilh. Grote in Stadthagen a. Bahnhof zu richten. Die Geschästsleitung der Steinarbeiter Deutschland?. I. A.: P h. T h o m a s, Rixdors(Berlin ), Falkstr. S. NB. Alle Arbeiterblätter werden um Abdruck gebeten. An die Schneider und Schneiderinnen Berlins . In letzter Zeit sind vielfach Klagen über Lohnabzüge in der Maaß- schneidern geführt worden. Um aber eine genaue Uebersicht zu bekommen, hat die Agitationskommission zum Mittwoch, den 30. Mai, Abends 8V2 Uhr, eine Werkstatt« und Geschäfts- Delegirtensitzung bei Freygang, Schützenstr. 18/10, einberufen, mit der Tagesordnung: 1. Tie augenblicklichen Lohn- und Arbeit?- verhällnisse in der Maaßschneiderei. 2. Die bevorstehende Wahl der Gewerbegerichts- Beisitzer eventuell Vorschläge zu derselben. Da auch Punkt 2 der Tagesordnung einer eingehenden Berathung bedarf, ist es Pflicht aller Kollegen, recht zahlreich und pünktlich in dieser Sitzung zu erscheinen. Die Agitationskommission der Schneider undSchneiderinnenBerlinS. Achtung, Zimmerer! Seit drei Wochen befinden sich unsere Kameraden in Danzig in einem Lohnkampfe. Unsere dortigen Kameraden verlangen die Einführung eines Minimal- Stundenlohnes von 40 Pf. Zur Erreichung ihres Zweckes hatten sie sich zuerst mit ihren Forderungen an das dortige Gewerbe- gericht als„Einigungsamt" gewandt, um so ihre Forderung auf gütlichem Wege zu erlangen. Es kam jedoch keine Einigung zu stände, weil sämmtliche Arbeitgeber-Vertreter gegen und sämmtliche Slrbeiter-Vertreter für die Forderung waren. Hierauf beschloß man, den Kamps aufzunehmen und zur Durchführung zu bringen. Um nun unsere Brüder zu unterstützen und zum Siege zu verhelfen, hat der Berliner Lokalvorstand sich veranlaßt gefühlt, Sammellisten herauszugeben. Diese sind am Donnerstag in allen unseren Zahlstellen zu baben. Wir appelliren an dasSolidaritäts- gefühl der Berliner Zimmerleute, sich recht zahlreich daran zu betheiligen. Zahlstellen: Zippke, Markusstr. 14; Fürstenau, Reichenhergerstr. 89; Kitzing, Belle-Alliancestraße; Raumann, Kulmstr. 36; Lange, Stromstr. 28; Hilgenfeld, Bergstr. 60; W i l k e, Alte Hochstr. 32a; B u ch h 0 l z, Wörther- straße 39; Nir, Weinstr. 14. Der Vor st and des Lokalverbandes Berlin . I. A.: Ad. R i ck e r t, Kurfürstenstr. 41. Achtung, Schuhmacher! In der Schuhfabrik von Kluge, Gollnowstr. II, sind sämmtliche organisirte Kollegen, die für die Entlassung der Streikbrecher eintraten, entlassen. Wir bitten die Kollegen, hierauf acht zu geben.' In den Schuhfabriken von Burg arbeiten bis jetzt erst wieder 29 männliche und 20 weibliche Personen. Davon ent- sollen auf T a ck u. C 0. 16 beziehentlich IS. Unterstützung haben erhalten 166 männliche(148 verheirathet, 18 ledig) Arbeiter und 130 weibliche. Im ganzen sind diese Woche an Unterstützungen 2434 M. ausgezahlt worden. Abgereist sind diese Woche nur wenige, weil zetzt augenblicklich keine Arbeitergesuche eingehen. Die Fabrikanten suchen Arbeitskräfte von außerhalb heran- zuziehen. Tie Chemnitzer Zahlstelle des Textilarbeiter-BerbandeS wurde, wie bekannt, von der Polizei aufgelöst. Darauf beschwerte sich der Bevollmächtigte bei der Kreishauptmannschaft in Zwickau . Dieselbe hat der Polizeibehörde Recht gegeben. Die Auslösungs- Verfügung bleibt also bestehen. Wo gespart wird. Unter den Mitgliedern der Steinbruch- Berufsgenossenschaft herrschte große Unzufriedenheit wegen der Höhe der zu leistenden sBeiträge. Die Verwaltung hat infolge dessen sich die größte Mühe gegeben, zu sparen. Wie sie das sertig gebracht hat, zeigt ihr Rechenschaftsbericht, in welchem mit großer Genugthuung hervorgehoben wird, daß sie planmäßig darauf hingearbeitet habe, der Zunahme der Unfälle Schranken zu setzen, das Heilverfahren zu fördern und günstigere Prozentsätze bei Feststellung der Renten zu er- zielen. Das letztere ist ihr besonders gut gelungen, denn der durchschnittliche Rentenprozentsatz ist von 47 pCt. im Jahre 1887 auf 35 pCt. im Jahre 1393 zurückgegangen.„Wäre dies nicht erzielt worden", schreibt die Verwaltung,„so würden die Unsallentschädigungen im Jahre 1393 um etwa 300 000 M. sich höher gestellt haben."--- Nun werden die Unternehmer wohl zu« frieden sein. Ob es auch die verunglückten Arbeiter sind? Die Großen fressen die Kleinen auf! DieWeberei auf Handweb stählen ist, laut der„Wermelskirchner Ztg.", auch in dortiger Gemeinde in fortwährendem Rückgange be« griffen. Während im Jahre 1883 noch 289 solcher Stühle vor- handen waren, ist die Zahl derselben jetzt auf 219 gesunken, und von diesen 219 sind 34 dauernd außer Betrieb. „Lasset die Kiudlein z« mir kommen!" In der Skr. V3 des„Amtsblatts für Ruhla w." ist folgende Bekanntmachung zu lesen: Bezüglich der Taufe unehelicher Kinder werden aus der Verordnung des großherzogl. Kirchenraths vom 20. November 1389 der Gemeinde W. A. zum Zwecke der Ausklärung folgende Bestimmungen mitgetheilt: „Zur Taufe unehelicher Kinder wird nicht geläutet; des- gleichen sollen Orgelspiel und Gesang in solchem Falle bei der Taushandlung nicht stattfinden." „Während es nach unserer Bekanntmachung vom 6. Oktober 1884 gestattet ist, soweit dabei die Würde der heiligen Handlung nicht beeinträchtigt wird, mehrere Kinder gleichzeitig zu taufen, so kann sich dies doch nicht auf uneheliche Kinder beziehen. Diese sind niemals zu gleicher Zeit, in einer und derselben Handlung, mit ehelichen zu taufen." Ruhla , 9. Mai 1394. Das Pfarramt W. A. Das ist echt christlich, fürwahr!— Hoffentlich ziehen die Eltern unehelicher Kinder daraus die nöthigen Konsequenzen und verzichten auf eine solch«heilige Handlung" zweiter Klasse. Wie unsere Junker für die Schule bedacht sind. Im Kreise Jnowrazlaw richteten mehrere Gutsbesitzer das Ge- such an die Regierung, die größeren Schulkinder aus 3 bis 14 Tage vom Schulbesuch zu entbinden, damit dieselben zum Rüben- ziehen verwendet werden können. Dem Gesuch wurde ent- sprachen. Die Stuttgarter Polizei hat, wie das ja von Polizei wegen für ganz selbstverständlich gehalten wird, während des dortigen Schneiderstreiks in unverblümtester Weise Partei er- griffen für die Unternehmer gegen die Streikenden. Zlls man sah, daß die Chancen der Gehilfen, den Sieg zu erlangen, immer besser, diejenigen der Prinzipale immer schlechter wurden, geschah etwas ganz Unerwartetes: die ganze Lohnkommission, d. h. die hervorragend thätigen und an der Spitze stehenden Ge- Hilfen wurden verhaftet und wegen angeblichen„Betrugs und Nölhigung" in Anklagezustand versetzt. Die Verhafteten waren sich natürlich nicht bewußt, sich in solcher Beziehung ver- fehlt zu haben und auch die von der Polizei gelieferten Anhalts- punkte waren so belanglos, daß bereits nach ein bis zwei Tagen die Haftentlassung erfolgte. Nun hat die Sache ihren endgiltigen gerichtlichen Abschluß gesunden, wie aus nachstehender Eröffnung hervorgeht: K. Staatsanwaltschaft Stuttgart . Beschluß vom 21. Mai 1894. In der Anzeigesache gegen Andreas Schneider von Wolter- tingen, Großh. Bad. Bezirksamt Donaueschingen , Gottfried Schlumberger von Schlichten, O.A. Schorndorf , Gottlieb v. Schu- mann von Rosenberg, Großh. Bad. Bezirksamts Adelsheim , sämmtlich Schneider hier, wegen Anstiftung zum Betrug und Nölhigung wird das Verfahren unter Uebernahme der Kosten auf die K. Staatskasse eingestellt, da, wenn sie auch die Schneider- gehilfen Georg Pawlowsky von Berlin , Friedrich Wanderer von Bayreuth , Georg Kallinich von Ortelsbnrg, Ernst Weinberg von Neu-Trebbin , Franz Joseph Bcrger von Mastizbad, zum Ver- tragsbruch gegenüber der Firma Bender u. Cie. hier bestimmten, doch nicht nachzuweisen ist, daß sie mit Drohung oder Gewalt oder sonst in strafbarer Weise auf dieselben eingewirkt oder die- selben veranlaßt haben, fernerhin noch auf Kosten der Firma Bender u. Cie. im Gasthans zum„Herzog Christoph", Christoph- straße 16 hier sich Zehrung und Wohnung geben zu lassen. Erster Staalsanwalc Nestle. Wir überlassen es angesichts dieser Sachlage den Lesern, sich den Kommentar zu Obigem selbst zu machen. Ueber de» BekleidnngSiudustrie- Kongreß, der im August d. J. in Erfurt stattfinden wird, hat die Zahlstelle Erfurt des Vereins deutscher Schuhmacher in ihrer letzten Mit- gliederversammlung folgende Resolution angenommen: „In Erwägung. daß der einzuberufende Kongreß der Be- kleidungsindustrie eine durchgreifende Reform der bestehenden Gewerkschaftsorganisationen herbeiführen soll, ist es nothweudig, die Grundlagen festzulegen, aus welche der Kongreß seine Arbeiten zu stützen hat. Die Mitgliederversammlung des Vereins deutscher Schuhmacher, Zahlstelle Erfurt , vom 23. April, beschloß deshalb Folgendes: Die Wahl der Delegirten ist nur in geschlossenen Mitgliederversammlungen vorzunehmen. Auch ist oas Ver- trauen nur solchen Personen zu schenken. welche selbst Mitglieder des Verbandes sind. Die Beschlüsse deS Kongresses müssen als bindend für die vertretenen Gewerk- schasten anerkannt werden. An diesen Beschlüssen können die Generalversammlungen der Verbände nichts ändern. Die Einrichtung ist so zu treffen, daß die Verbände ihrer Mitgliederzahl nach vertreten sind. Delegirte, welche in öffentlichen Branchenversammlungen gewählt worden sind, haben wohl eine berathende, keineswegs aber eine beschließende Stimme. Diese Resolution soll in allen Zahlstellen diSkutirt und darüber abgestimmt werden. Staat und Kommune als Arbeitgeber für Militär- anwärter. Aus einem Verzeichnis der erledigten Stellen für Militäranwärter im Bezirk des 2. Armeekorps entnehmen wir folgende Ausschreibungen: Zu sofort in Anklam beim Magistrat Stelle als Stadtdiener und Nachtwächter. Gehalt 340 M. jährlich.— Die Stelle ist nicht pensions» berechtigt.— Zu sofort in Bergen a. R. beim Amtsgericht Stelle als K a n z l e i g e h i l f e. Bei seitenweiser Beschäftigung ä Seite 6 Pf., ca. 50 M. monatlich. Ständig volle Beschäftigung kann nicht garantirt werden.— Zu sofort in Brombera beim Distriksamt Stelle als Distriktsbote und Vollziehungsbeamter für die Ortschaften des Polizeidistrikts. Gehalt jährlich ZS0 M., widerruflicher Gehaltzuschuß jährlich 140 M., Gebühren höchstens jährlich 100 M., Summa 600 M. Die Stelle ist nicht pensionsberechtigt.— Zum I. September 1394 in Nangard beim kaiserlichen Postamt Stelle als Landbriefträger. Kaution 200 M., kann durch Gehaltsabzüge gebildet wer- den. 6S0 M. Gehalt und der gesetzliche Wohnungsgeldzuschuß. — Zu sofort in Swinemünde bei dem Amtsgericht Stelle als Kanzleigehilfe. Entlassung kann ohne vor- herige Kündigung erfolgen, in der Regel eine einmonat- liche Kündigungszeit. Einkommen richtet sich nach der Zahl der geschriebenen Seiten; die Vergütung, welche von 5 Pf. pro Seite steigt, aber auch bei minderwerthigen Leistungen aus weniger als 5 Pf. pro Seite normirt werden kann, wird von dem Herrn Landgerichtspräsidenten zu Stettin festgesetzt(§ 5 des Kanzlei-Reglements vom 23. März 1385, 4. Februar 1339.— Z u s«gleich in Znin beim Magistrat Stelle als Polizeidiener, Gefangenenwärter und Hilss- Vollziehungsbeamter. Nicht über 35 Jahre alt, der deutschen Schrift, sowie der deutschen und polnischen Sprache mächtig. Gehalt Z60 M. Die Stelle ist penfionsberechtigt; bei einer Pensionirung wird die zurück- gelegte Militärdienstzeit nicht angerechnet. Glückliche Leute, diese Militäranwärter. Arbeiterrifiko. Eharleroi, 23. Mai. Ueber die im Schacht IV bei Anderlues gestern Vormittag stattgefundene Ex- plosion schlagender Wetter wird noch gemeldet, daß 6 Personen getödtet und 11 schwer verwundet worden sind. Der Zustand ver Verletzten ist sehr bedenklich. Neber den Zuzug von Arbeitslose» nach Washington wird uns aus N e w y 0 r k geschrieben: Die Bundesbehörden scheinen jetzt mit allem Eifer dabei zu sein, den weiteren Zuzug Arbeitsloser nach Washington zu ver- hindern, indem sie alle die Trupps verhaften, welche sich„wider- rechtlich" in den Besitz von Frachtzügen setzen. Verschiedene dieser Trupps haben sich auch schon ,, verkrümelt". Die Nach- richt aus Chikago über einen von den dortigen Gewerkschaften geplanten Maflcnauszug scheint eine„Ente" gewesen zu sein, denn man hat nichts mehr davon vernommen. Auch heißt es neuerdings, daß der Hanpt-Entrepreneur der Affäre, der bekannte Präsident der Kellner-Union Pomeroy, nebst dem früheren, aus der letzten Konvention'des Kellner-Verbandes kaltgestellten „Organisator" Mee und noch einigen verwandten Seelen nach Kalisornien gereist find, wo ste eine„Kolonie" gründen wollen. Wer diese Sorte Arbeiterführer kennt, muß neugierig sein, was da wieder hinter steckt! VerlÄttttnlungen. Kongreß aller im Barbier-, Friseur- und Perrücke«- macher-Gewerbe beschäftigten Persoue». Am 23. Mai trat der IV. Kongreß der Arbeiter des Barbiergewerbes im geschmack- voll dekorirten Saale des Bühler'schen Restaurants, Rosenthaler- straße 33, zusanimen. Nach kurzen Begrüßungsreden von Heid- mann- Hamburg und Poboß- Berlin wird festgestellt, daß aus den Städten Lüneburg , Dortmund , Hamburg , Harburg , Altona , Stuttgart , Nürnberg , Kiel , Flensburg , Neumünster , Fürth , Bremen , Spandau , Hannover- Linden, Braunschweig , Frankfurt am Main , Offcnbach, München und Berlin Delegirte, insgesammt 17 anwesend sind. Die Generalkommission ist durch Legten vertreten. Es folgt sodann die Konstituirung des Bureaus. Gewählt werden als Vorsitzende Heidemannn und Poboß. Als erster Redner zu dein Bericht der Delegirten nimmt A n t h e s- Altona das Wort. Aus einer statistischen Uebersicht führt Redner an, daß 120 Meister neben 165 Gehilfen 100 Lehrlinge beschäftigen. Das Gehalt erreicht 4—7,50 M. Die Arbeitenden werden in kolossaler Weise angestrengt; gegen 100 sind permanent arbeitslos. Durch das Eintreten der organi» sirten Arbeiterschaft ist die Innung verhindert worden, Ver- schlechterungen in der Lage der Gehilfen vorzunehmen.— Ein ähnliches Bild entrollt der Delegirte aus Braunschweig . Poboß-Berlin bemerkt, daß die hiesigen Verhältnisse durch den Zuzug der Indifferenten sehr gedrückte sind, bei zirka 1500 Kollegen sind wohl 300 Arbeitslose. Die Organisation ist im Verhältniß zur Zahl der Beschäftigten noch gering. Die Kollegenschaft will den Druck, der auf ihr lastet, abschütteln und wird im Juli in eine Lohnbewegung eintreten. Von der Unter» nehmerfchaft ist— von der Innung so wenig wie von der „Freien Vereinigung"— im Guten nichts zu erwarten. Es soll eine geregelte Arbeitszeil, ein Minimallohn von 3 M. und Abschaffung des Trinkgeldes verlangt werden. Der Bremer Delegirte konstatirt, daß die dortigen Kollegen durch einen erfolgreich durchgeführten Lohnkampf in eine etwas bessere Position gekommen sind. Die Arbeitszeit ist von 7—9 für die Wochentage, Sonntags von 7—5 Uhr; der Lohn schwankt zwischen 7—8 M. Hinz berichtet für Frankfurt und O f f e n b a ch: Essen erbärmlich, ebenso die sogenannten Schlaf- stellen; die Organisation hat pch in letzter Zeit etwas gehoben. Am schlechtesten scheinen die Gehilsen in Fürth situirt zu sein. Man zahlt für 15-20 stündige Arbeits- zeit— ohne Kost und Logis— 7—8 M., bei „freier Station" 1,50—2,— M. Die Lehrlingszüchterei steht in größter Blüthe; ältere Gehilfen sind fast nicht vorhanden!— Für Hamburg berichtet Stark, daß die Legende, Hamburg sei das Eldorado für die Gehilsen, durch die thatsächlichen Um- stände gründlich zerstört sei. Besonders fühlbar ist die all« gZe m e i n e Arbeitslosigkeit im Gewerbe geworden. Die Jnnungs» Mitglieder maßregeln alle die Interessen der Kollegen ver- tretenden Personen; viele müssen sich mit Aushilfsstellen lange Zeit durchschlagen. Alle der Innung angehörenden Meister sind bei Strafe(20 Mark) verpflichtet, ausschließlich den Jnnungsnachweis zu benutzen. Die Organisation läßt manches zu wünschen übrig. Einen erfreulichen Bericht bezüglich der Or- ganisation bringt der Kieler Delegirte; von 45 Gehilfen sind 40 organisirt; Lehrlinge verhältnißmäßig wenig. In Lüne» bürg soll ein Fall festgestellt sein, daß ein Gehilfe von 4 Uhr früh bis II Uhr Abends für den großartigen Lohn von 5 M. beschäftigt ist, während in?l u g s b u r g bei„halber Kost" Leute mit 1 M. entlohnt werden." Die Berichte aus mehreren anderen Städten verändern das Bild über die ungünstige Lage des Gehilfenstandes nicht wesentlich.'Erwähnenswerth ist, daß ein Delegirter(Nürnberg ) als„Selbständiger " der Innung angehört. Die Kollege» Ofsenbachs sind an der Arbeit, den Unter- nehmern, kraft der Solidarität der Arbeiter mehr und mehr Vor- theile abzutrotzen. Das Resumö der Berichte ergiebt, so bemerkte der Vorsitzende am Schlüsse treffend, daß die Misere im Gewerbe permanent steigt. Die weitere Tagesordnung werde die Mittel an die Hand geben, mit ganzer Energie den Kampf für die Verbesserung der elenden Lage aufzunehmen.(Lebhafter Beifall.) Zur Berathung gelangt nunmehr der Punkt 3 der Tages« ordnung: Organisation der Angehörigen des Barbier-, Friseur» und Perrückenmacher-Gewerbes. Der Vorsitzende H e i d m a n n führt in seinem Bericht an, daß gegenwärtig ca. 300 Gehilfen in 27 Zweigvereinen organisirt sind. Die Agitation konnte theilweise wegen mangelnder Unterstützung der örtlichen Gewerk- schaftskartelle nicht im gewünschten Maße erfolgen. Jnter- nationale Verbindungen sind mit Wien und Zürich angeknüpft. Als besonders charakteristisch bleibt das wiederholt hervorgetretene Bestreben der Meistervereinigungen, Freie Bereinigung und Innung, gemeinsam gegen die Gehilfenschaft vorzugehen, so zum Beispiel in Bremen , wo die Kollegenschafl trotzdem Sieger blieb. Seit dem Jahre 1892, dem letzten Kongreß in Köln , hat der Kampf um die Sonntagsruhe die Ge- müther lebhaft beschäftigt; jetzt kommt auch die Innung dieser Bewegung widerwillig entgegen. Der Redner bespricht noch die einzelnen Maßnahmen des Vorstandes und hofft, daß die stetige Besserung in der Organisation fortschreiten werde.— Ter Kassenbericht ergab für die beiden Geschäftsjahre 1892—94 eine Gesammteinnahme von 4975,53 M., Ausgabe 4611,95 M., somit Bestand 219,33 M. Nach eingehender Debatte wurde Decharge für den Gesammtvorstand einstimmig an- genommen. Da aus Neumünster ein Antrag betreffs Dezentralisation eingegangen war, wird zunächst in die prinzipielle Frage bezüg- lich der Organisationsform eingetreten. Legten: Ohne der Abstimmung der Delegirten vorgreifen zu wollen, müsse er nach seiner Erfahrung gemäß abrathen, die junge Organisation durch Experimente zu gefährden. Es sei eigenthümlich, daß nur bei den jüngeren Gewerkschaften dieser fieberhafte Eifer umzuge- stalten, vorhanden sei, Hutmacher , Kupferschmiede u. f. w. kommen nicht in die Lage, sich über solche Fragen aufzuregen. Die ganze Entwicklung des Barbiergewerbes, das Regiment der Meister, das Verbergen der eigenen Meinung vor der Kund- schast verschulde die Indolenz der Massen. Die Zentralisation sei auch angesichts der Reiselust der Angehörigen des Gewerbes höchst zweckmäßig. Nehmen Sie, so schloß der Redner, das Gute, wo Sie es finden, lassen Sie die Bewegung nicht durch Orga- nisationsstreitereien hemmen.(Lebhafter Beifall.) . Die hierauf vorgenommene Abstimmung ergab die Annahme folgender Resolution ff „Der Kongreß erkennt die Zentralisation auch für die An- gehörigen des Barbiergewerbes zur Erringung der Ziele, welche sich die moderne Arbeiterbewegung gesteckt hat, als richtig an.
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