Nr. 122 34. Jahrgang
Verfassungsausschuß.
Kanzler Verantwortlichkeit vor dem Reichstage. Staatsgerichtshof.
Beilage des Vorwärts
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Der Verfassungsausschuß des Reichstags trat am Freitag zu seiner ersten Sizung zusammen. Welche Bedeutung die Regierung den Verhandlungen dieses Ausschusses beimißt und mit Recht beimessen muß, zeigt wohl die Tatsache, daß mit dem Staatssekretär Dr. Helfferich und dem Chef der Reichsfanzlei Wahnschaffe an der Spike etwa 20 Vertreter der verbündeten Regierungen erschienen sind. Für einen gemeinjamen Antrag des Zentrums und der liberalen Parteien ist von vornherein eine große Mehrheit vorhanden. Die Konservativen versuchten es deshalb sofort mit der Obstruktion, geführt von so bewährten Kräften wie Westarp und Kreth.
Der Vorsitzende Abg. Scheidemann bemerkt einleitend: Der Beschluß des Reichstags, einen Verfassungsausschuß einzusehen, hat im deutschen Volke den freudigsten Widerhall gefunden. Weit über die Grenzen des Deutschen Reiches hinaus hat der Beschluß des Reichstages Aussehen erregt und großen Eindruck gemacht. Wir wollen in dem Bestreben an die Arbeit gehen, im Interesse und zum Wohle des deutschen Volkes Gutes möglichst schnell Zunächst befaßt man sich mit der Aufstellung eines Arbeitsplanes. Der Vorsitzende schlägt vor, mit der Wahlrechtsfrage zu beginnen. Dem tritt Abg. Gröber( 3.) entgegen mit dem Vorschlag, zunächst die von Zentrum und Liberalen gemeinsam eingebrachten Anträge zu beraten, für die offenbar eine große Mehrheit vorhanden sei. Hauptsache muß sein, daß rasch etwas zustande kommnt. der längeren Debatte, die sich nun entspann, erklärte sich
zu leisten.
In
Abg. Dr. David mit dem Vorschlag Gröbers einverstanden, weil es in der Tat darauf ankomme, rasch greifbare Resultate zu erzielen.
Abg. Graf Westarp( f.) bestreitet, daß der Ausschuß berechtigt ift, Anträge zu beraten, die ihm nicht durch das Plenum überwiesen find. Im anderen Falle würde eine Einrichtung geschaffen, die mit unjeren verfassungsmäßigen Zuständen nicht in Einklang zu bringen ist.
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Abg. Schiffer( natl.) erinnert an die Steuerkommissionen, die auch Anträge beraten haben, die nicht vorher dem Plenum vorgelegen hatten, ohne daß die Konservativen Bedenken dagegen erhoben. Abg. Kreth( f.) verlangt, daß die Oeffentlichkeit erst GeTegenheit haben müsse, sich zu so weitgehenden Anträgen zu äußern. Abg. Ledebour( Unabh.) wendet sich gegen diese Ansicht mit dem Hinweis darauf, daß die Anträge der Oeffentlichkeit schon bekannt sind.
Der Ausschuß beschließt, zunächst den
Sammelantrag der Mittelparteien.
in Berbindung mit den einschlägigen Teilen des Antrages der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft zu beraten und dann die Frage der Wahlkreiseinteilung zu behandeln.
Abg. Gröber bespricht die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers. Der Kanzler müsse dem Reichstage gegenüber Rede und Antwort stehen. Die Verfassung habe aber nicht den Weg festgelegt, auf dem dieses Ziel praktisch unter allen Umständen erreicht werden kann. Der Antrag will eigentlich nichts Neues schaffen, sondern mur festlegen, daß auch die Staatssekretäre dem Reichstage verantwortlich sind für die Handlungen der Reichsregierung, die von ihnen gezeichnet sind. Der Weg muß in einer besonderen Vorlage festgestellt werden, auf dem die Verantwortlichen vom Reichstag zur Rechenschaft gezogen werden können. Ob man dabei zu der Errichtung eines selbständigen Staatsgerichtshofes tommt, oder ob man einen solchen Gerichtshof dem Reichsgericht angliedert, ist eine Frage, die sich aus der Praxis ergeben wird. Abg. Heine( Soz.) erklärt, diese Anträge befriedigen nicht voll. Wir wünschen ein verantwortliches Ministerkollegium und erblicken in den vorliegenden Anträgen nur den ersten Schritt zu diesem Ziel.
Sonnabend, 5. Mai 1917
gung eines Kanzlers hinzuarbeiten, der ihnen nicht paßt. Warum hinausgeben und nicht ganze Gebiete, die ziemlich fern vom Kriegssoll die Mehrheit des Reichstages nicht das gleiche Recht haben? schauplatz liegen, von jedem Verkehr ganz absperren. Der Gedanke Die jetzigen Bestrebungen auf eine Erweiterung der Rechte des der Vereinheitlichung der deutschen Bahnen mars Parlaments haben mit der Person des Kanzlers gar nichts zu tun. ichiert. Die Lohnverhältnisse der Arbeiter und Angestellten Staatssekretär Helfferich: Er nehme an den Verhandlungen zu bei den Reichseisenbahnen sind bei der gegenwärtigen Teuerung ganz seiner Information teil; eine sachliche Stellung werde er jetzt unzulänglich. Bei der Lohnaufbesserung hat man den höchstbezahlten nicht nehmen, weil er den verbündeten Regierungen nicht vorgreifen Arbeitern 8 Pf. pro Stunde zugelegt, den Arbeitern mit dem könne. Die Anträge greifen stark an die Fundamente niedrigsten Stundenlohn nur 4 P., so daß der Entlohnungsder Verfassung des Reiches heran. Die Meinungen über abstand noch größer geworden ist. Die Arbeitszeit bei im Ausschuß recht weit auseinander. Redner gibt einen geschicht- die Pensionäre daran, die nur wenig über 60 M. erhalten. eine Neuordnung der Verantwortlichkeit des Kanzlers gehen selbst den Reichseisenbahnen ist eine viel zu lange.- Besonders übel find lichen Ueberblick über die Entstehung der Kanzlerverantwortlichkeit Auch ihnen sollte man Teuerungszulagen gewähren. Die Frauen in ihrem jezigen Umfang. Zu den jetzt zur Verhandlung stehenden follte man zu den regelmäßigen Ueberstunden nicht heranziehen. Fragen werde die Regierung Stellung nehmen, über das Knie Auch sollte man den Frauen für gleiche Leistung gleichen Lohn ge brechen könne man das nicht.
währen.
Abg. Kreth vermutet, daß mit den Anträgen die versteckte Ab- Die deutschen Eisenbahnen haben im Kriege sehr viel geleistet; auf eine andere Grundlage zu stellen. Eine genaue ragenden Anteil an diesen Leistungen haben, werden auf vielen Gesicht verfolgt werde, unser ganzes Verfassungswesen aber die Arbeiter und Angestellten, die einen hervor Definition der Kanzlerverantwortlichkeit ist bei den bestehenden bieten noch als minderen Rechtes betrachtet. Man wollte ja staatsrechtlichen Verhältnissen nahezu unmöglich, schon deshalb, weil sogar das Hilfsdienstgefeg fcheitern lassen, wenn die der Stanzler gleichzeitig preußischer Ministerpräsident ist. Die Ston- Eisenbahnarbeiter die gleichen Rechte befämen wie die anderen Arbeiter. servativen haben den Vorzug, daß sie nicht an ein Programm ge- Es wird so viel von der Neuorientierung gesprochen und man war gebunden sind; deshalb ist ihnen ein liberaler Minister, wie es Miquel spannt, wie die oberste Zeitung des großen deutschen Eisenbahnwar, viel lieber, als ein konservativer Minister, der mit der Linken betriebes sich die Neuorientierung denken würde. Aber Herr liebäugelt. Das Deutsche Reich beruht auf einem freien Vertrag v. Breitenbach hat selbst die bescheidensten Hoffnungen getäuscht. Was dann untergrabt er die Grundlagen des Reiches. eingeschränkte Koalitionsrecht geben. Die Angst vor leichtfertigen der Bundesstaaten; wenn der Reichstag in diesen Vertrag eingreift, rum will der Minister denn nicht den Eisenbahnarbeitern das unDie Anträge sind entweder überflüssig oder schädlich.
Umständen vermieden, wenn die Verwaltung den berechtigten Fordes Streits ist ganz unberechtigt, Eisenbahnerstreits werden unter allen rungen der Arbeiterschaft ein vernünftiges Entgegenkommen zeigt. Es gärt schon seit langem unter den Eisenbahnarbeitern. Ihren Forderungen muß Rechnung getragen werden, nur dann können dauernd gesunde Verhältnisse bei unseren Eisenbahnen geschaffent werden.( Beifall bei den Soz.)
Abg. Gräfe( k). sucht die Konservativen gegen den Vorwurf der Kanzlerstürzerei zu verteidigen. Die Konservativen versuchen nur, den Kanzler auf andere Wege zu bringen. Abg. List( natl.) tritt noch einmal kurz für die Annahme des gemeinsamen Antrags ein. Bei der Abstimmung wird der Teil aus dem Antrag Bernstein und Genossen, daß der Kanzler auf Beschluß des Reichstags zu entlassen ist, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt. Abg. Jckler( natl.): Zündstoff ist gewiß viel unter den EisenDie Verantwortlichkeit des Kanzlers gegenüber dem Bundesrat bahnern vorhanden, aber es wird auch manchmal solcher Zündstoff wird mit 15 gegen 12 Stimmen beschlossen; die Verantwortlichkeit bon außen hineingetragen. So hat man jetzt versucht, auch die dem Kaiser gegenüber gegen vier Stimmen der Konservativen ab- Eisenbahner zu bewegen, sich dem Streit der Munitions= gelehnt. Gegen die konservativen Stimmen wurde dann die arbeiter anzuschließen. Glücklicherweise hatten die führenden Biffer 1 des gemeinsamen Antrages in folgender Form ange- Streik zum Wohle der Eisenbahner und des Vaterlandes vermieden. Organisationen ihre Leute fest in der Hand und so wurde dieser nommen: Artikel 17 Sat 2 ist zu faffen wie folgt: Das Streitrecht kommt für die Eisenbahner nicht in Frage, auch der neue Eisenbahnerverband hat ausdrücklich darauf verzichtet. Als Ergänzung für das fehlende Streifrecht müssen die Arbeiter ausschüsse , die Schlichtungsstellen bei der Eisenbahn möglichst ausgebaut werden.
Die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers werden im Namen des Reiches erlassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichskanzlers oder feiner Stellvertreter, welche dadurch die Berantwortlichkeit gegenüber dem Reichstage und dem Bundesrat übernehmen. Mit dem gleichen Stimmenverhältnis fand dann folgende Refolution Annahme:
Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler zu erfuchen, dem Reichstag baldigst einen Gefeßentwurf vorzulegen, durch welchen die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers wegen Berlegung seiner Amtspflicht und deren Feststellung durch einen Staatsgerichtshof geregelt wird. Nächste Sitzung Sonnabend.
100. Sigung Freitag, den 4. Mai 1917, nachmittags 1 Uhr. Am Bundesratstisch: Helfferi, v. Breitenbach. Kleine Anfragen.
in vielen Fällen die Kriegsunterstützung solchen Kriegerfrauen entAbg. Hoch( Soz.) fragt, ob dem Reichstanzler bekannt ist, daß zogen worden ist, die eine Erwerbsarbeit nicht leisten tönnen, weil sie entweder kränklich oder in ihrem Haushalt un
Chef der Verwaltung der Reichseisenbahnen Minister von Breitenbach:
Ich bedauere als Verkehrsminister die in den Reichslanden besonders starken Verkehrsbeschränkungen, sie sind aber aus mili tärischen Gründen unvermeidbar, da die Reichslande im Operationsgebiet liegen. Eine grundfähliche Nachprüfung des Ausreichens der heutigen Beamtenbezüge wird sofort nach dem Kriege erfolgen. Anders liegt es bei den Arbeitern. Das Lohneinkommen folgt viel unmittelbarer der jeweiligen Konjunttur. So ist schon während des Strieges eine erhebliche Erhöhung der Löhne der Eisenbahner erfolgt. Allein für die Arbeiter der Reichseisenbahnen find 1917 für Lohnerhöhungen 9,3 Millionen vorgesehen. Anzuerkennen ist, daß die Eisenbahner die großen Anforderungen, die jest an sie gestellt werden müssen, freudig erfüllen. Gegen die Auffassung, als ob die Arbeiter der Reichseisenbahnen als Arbeiter minderen Ranges behandelt würden, muß ich entschiedensten Einspruch erheben. Beweise wird der Abg. Fuchs für diese seine Behauptung beiterausschüsse bei der Eisenbahn sind bereits im Januar diefes nicht beibringen fönnen. Den Beschluß des Reichstags beim Hilfedienstgesetz hat die Eisenbahnverwaltung loyal ausgeführt. Die Ar Jahres im Sinne jenes Gesetzes ausgestaltet worden, sie können auch über Lohnfragen verhandeln. Ministerialdirektor Lewald: Derartige Maßnahmen würden Abg. Schirmer( 3.): Wir hatten erwartet, daß auch für das Eisenbahnpersonal Arbeiterausschüsse im Sinne des nicht im Sinne der Reichsleitung sein. Abg. Hoch( Soz.) weist auf die Bewegung zur dauernden Bei- lichen Einfluß auf die Lohngestaltung haben. Ein solcher Ausbau Hilfsdienstgesetes eingerichtet werden würden, die wirfbehaltung des Siebenuhrladenschlusses und seiner Ausdehnung auf der bestehenden Ausschüsse wäre sehr wünschenswert. die Lebensmittelgeschäfte und auf den Sonnabend hin und fragt, ob der Reichskanzler diesen Wünschen Rechnung tragen will. Ministerialdirektor Lewald: Eine Abänderung des Siebenuhr Abg. Jund( natl.) findet, daß die Anträge nichts Neues bringen; genommen, aber auch nicht die Ausdehnung auf den ladenschlusses während des Sommers ist nicht in Aussicht bak di fie umschreiben nur die bestehende Verantwortlichkeit des Kanzlersonnabend. deutlicher. Besser wäre es, auch die Verantwortlichkeit gegenüber Abg. Mumm( Dtsch. Fr.) fragt, ob bereits Schritte im Sinn dem Bundesrat festzulegen. Dem Staatsgerichtshof könnte man der Reichstagsbeschlüsse zur Schaffung von Kriegerheim auch die Prüfung der Wahlen übertragen. Am besten sei eine An- itätten getan find. gliederung an das Reichsgericht. Abg. Saafe( Unabh.) begründet den Antrag, daß der Reichskanzler zu entlassen ist, wenn der Reichs tag das fordert. Mit der Annahme von Resolutionen erreicht man nichts.
Es ist folgender Antrag der Soz. Arbg. eingelaufen: Artikel 15 der Verfassung Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: Der Reichskanzler ist zu entlassen, wenn der Reichstag es durch Mehrheitsbeschluß fordert.
Die Konservativen beantragen, die Verantwortlichkeit auch feftzulegen gegenüber dem Kaiser und dem Bundesrat.
abkömmlich sind.
Ministerialdirektor Lewald: Die Kriegerheimstätten werden nach Möglichkeit gefördert. Aber vor übertriebenen Hoffnungen muß gewarnt werden.
Abg. Rühle( wild. Soz.) weist auf die Berbaftungen polnischer Sozialisten in Barschau hin und fragt, was der Reichskanzler zu tun gedenkt, um den Sozialisten in den be- e festen polnischen Gebieten dieselbe Freiheit der politischen Be-, tätigung zu gewährleisten, wie sie ihre Gesinnungsgenossen in Ruß land haben.
neue.n
Abg. Warmuth( Dr.Fr.): Bedauerlich und erstaunlich ist, daß die 23 affer umlaufapparat des Ingenieurs Kunert, Eisenbahnverwaltung nicht Gebrauch macht von dem höht werden würde. durch den die Leistungsfähigkeit der Lokomotiven ganz gewaltig er
hervorgegangenen Beamten schlechter gestellt sind als die anderen Abg. Gothein( Vp.) bedauert, daß die aus dem Handwerkerstande Beamten. Dem dringenden Wunsche des Reichstages nach Einfühge fees sollte sich der Minister nicht länger widerfchen. rung von Arbeiterausschüssen im Sinne des Hilfsdienst
Abg. Haegy( Elf.): Heute sind die Eisenbahnen die Füße der Heere. Die Armeen marschieren auf den Eisenbahnen. Die Eisenbahner haben ihre volle Pflicht getan. Um so mehr sollte man ihren berechtigten Wünschen entgegenkommen.
Abg. Werner- Hersfeld( D. Fr.) tritt für Besserstellung der Werkmeister ein.
Chef der Verwaltung der Reichseisenbahnen v. Breitenbach: Ueber die Frage des Wasserumlaufapparats find sich die Techniker Ministerialdirektor Lewald: Von den genannten Vorgängen ist noch nicht einig, sie wird aber jedenfalls weiter geprüft. Auf dem dem Reichskanzler nichts bekannt. Nach Eingang der Anfrage Gebiete des Lokomotivbaues ist die preußisch- hessische Eisenbahnver. ist eine Rüd frage nach Warschau ergangen, auf die die waltung ftets führend vorangegangen. Der Einführung der HeißAntwort noch aussteht. Die Anfrage kann heute daher nicht be- dampfmaschine haben wir unsere wirtschaftlichen und zum antwortet werden. Teil auch unsere Kriegserfolge zu verdanken.( Bravo !)
Abg. Graf Westarp : Dem Anschein nach laufen die Anträge auf eine politische Demonstration hinaus. Der Antrag jolle pffenbar nur eine Auslegung des Artikels 17 der Reichsverfassung sein. Die Ausdehnung der Verantwortlichkeit auf die Stellvertreter gehe in dieser Form zu weit. Praktisch übernehmen die Stellvertreter bereits jest die Verantwortung für ihre Handlungen. Unter diesen Umständen könne eigentlich nur von einer Deklaration des fraglichen Artikels der Verfassung die Rede sein. Der 3wed des ganzen Vorgehens ist, die Macht des Reich 3- Abg. Kunert( Soz. Arbg.) weist auf die Einstellung von tages zu stärken. Aus diesem Grunde müssen die Konserva- in Köln- Ehrenfeld domizilierten Belgiern tiven dem Antrage widersprechen. Wenn der Kanzler nach der ins deutsche Seer hin, gegen die die Betroffenen verZabern- Affäre auf den Beschluß des Reichstags hätte entlassen geblich Einspruch erhoben hätten. werden müssen, dann hätte das Unglück entstehen können, daß Herr v. Bethmann Hollweg jest nicht Kanzler wäre. Das parlamenta rische System würde für Deutschland eine dauernde Unsicherheit bedeuten. Die Schaffung eines Staatsgerichtshofes hieße den Kanzler der politischen Leidenschaft ausliefern. Das Parlament hat nicht die Fähigkeit, als unbefangener Antläger oder objektiver Richter aufzutreten. Deshalb müsse einem solchen Vorschlag widersprochen Der Staatsgerichtshof würde gleichzeitig über die Entlassung des höchsten preußischen Ministerpräsidenten entscheiden und damit die Selbständigkeit Preußens und seines Königs beseitigen. Diesen Weg gehen die Konservativen nicht mit, der bundesstaatliche Charakter des Reiches habe sich glänzend bewährt, deshalb dürfe nicht daran gerüttelt werden.
werden.
Oberst Marquardt: Die Beantwortung dieser Anfrage erfordert eine Reihe von est stellungen, die wegen der Kürze der Zeit bisher nicht möglich waren. Ich bin bereit, an einem der nächsten Tage Auskunft zu geben.
Abg. Kunert( zur Ergänzung): Ist dem Reichskanzler bekannt, daß belgische Staatsbürger durch behördliche Notigung gezwungen worden sind, ihren Fahneneid gegenüber Belgien zu brechen?( Präsident Kaempf: Das ist keine Ergänzung, sondern eine neue Anfrage.)
Abg. Kunert( zur Ergänzung): Jit dem Reichskanzler bekannt, daß das Vorgehen der deutschen Militärbehörde gegenüber den Belgiern eine brutale Verlegung des Volterrechts darstellt?( Präsident Dr. Kaempf: Auch dieses ist keine Ergänzung, fondern eine neue Anfrage.)
Auf der Tagesordnung stehen nunmehr die Interpellationen der Konservativen und der Sozialdemokraten über die Kriegsziele. Staatssekretär Dr. Helfferich:
Der Reichskanzler ist bereit, die beiden Interpellationen innerhalb der in der Geschäftsordnung vorgesehenen Frist an einem mit dem Präsidenten näher zu vereinbarenden Tage zu beantworten.
Abg. Fuchs( Soz.): Die Zahlen, die der Minister über die erfolgten Lohnerhöhungen angeführt hat, können wir nicht nachprüfen, da uns der sonst übliche Verwaltungsbericht auch im dritten Kriegsjahr leider nicht vorgelegt worden ist. Davon, daß der Minister den Wünschen des Reichstags in der Frage der Arbeiterausschüsse gewissenhaft nachgekommen sei, haben die Arbeiter bis heute nichts gemerkt.( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Damit schließt die Debatte. Der Etat wird bewilligt. Es folgt Militäretat. Bericht erstattet hat, nimmt das Wort Nachdem Abg. Nebel( 3.) über die Kommissionsverhandlungen.
der
Kriegsminister von Stein:
Unsere Truppen kämpfen draußen an der entscheidenden Front unserer Heere mit unvergleichlicher Tapferfeit, infaum in der Lage sein, von unserem nahen Standpunkt aus die gabe, Treue und Selbst überwindung. Wir werden Leistungen aller dabei Beteiligten, vom obersten bis zum geringsten. herunter, richtig bewerten zu können. Das wird erst nachfahrenden Geschlechtern beschieden sein. Unsere Armeen draußen haben den Kampf aufgenommen und führen ihn durch in dem vollen Vertrauen und Bewußtsein, daß hinter ihnen die Heimat steht und das gesamte Volt, unser Volt, welches ebenso in den Stampf verwidelt ist durch die tägliche Not, die der Krieg heraufbeschworen hat und das trotzdem für die kämpfenden Truppen alles geleistet hat, was zur Durchführung des Kampfes unumgänglich notwendig war. Unsere Armeen sind in der vollen Zuversicht, daß das so bleiben wird.
Abg. Haußmann( Fr. Vp.) polemisiert gegen den Vorredner Die Berantwortlichkeit des Kanzlers gegenüber dem Kaiser ist in der Verfassung bereits festgelegt; diese Verantwortlichkeit auch gegenüber dem Bundesrat festzustellen, liegt tein Anlaß vor. Die Grundfrage des parlamentarischen Regimes ist, daß der lei= tende Staatsmann das Vertrauen des Parla= ments besit, nicht nur das Vertrauen dessen, der ihn ernennt. Württemberg besißt einen Staatsgerichtshof, der aber nur einmal gegen einen Minister in Funktion getreten und damals zu einer Freisprechung gekommen ist. Durch die Schaffung eines solchen Gerichtshofes soll erreicht werden, daß die Handlungen eines Mis nisters von einer richterlichen Instanz nachgeprüft werden können. Aus diesen Gründen sind die konservativen Bedenken unbegründet. Abg. Ledebour( Unabh.) gibt zu, daß die Anträge selbstverständlich eine politische Tendenz haben und haben müssen. Vor einen Staatsgerichtshof tann ein Minifter nicht gestellt werden, weil er eine falsche Politik getrieben, sondern nur, wenn er sich eine Die Reichseisenbahnen liegen jezt zum größten Teil im Rechtsverlegung hat zuschulden kommen lassen. Die Kon- Dhupationsgebiet, aber man sollte doch bei der Beschränkung des Das Kapitel der Mihhandlungen ist ja ein höchst wunder servativen nahmen für sich das Recht in Anspruch, auf die Beseiti- Verkehrs nicht über das unbedingt notwendige Maß Punkt, der lange Jahre die Beteiligten, wie das Bolt, beschäftigt
Es folgt die zweite Lesung des
Etats der Reichseisenbahnen. Abg. Fuchs( Soz).:
Gegenüber den großartigen Leistungen der Truppen sind naturgemäß manche Wünsche laut geworden, die sich auf die Bewertung auch des einzelnen Mannes, beziehen. Da spielt in erster Linie eine Rolle die Behandlung.