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2. Beilage zum„, Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Mr. 124.
Freitag, den 1. Juni 1894.
11. Jahrg.
Arbeiter! Varteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!
wie er
um den
ihrer Arbeiter in ganz entfehlicher Weise umgehen. Redner be- Anschließend hieran wies ubwig darauf hin, daß die Versammlungen. leuchtete noch weitere Maßnahmen der Regierung zu gunsten der Arbeiter Bildungsschule geschaffen worden sei, Agrarier. Solche Zustände wären nicht möglich, wenn die große Arbeitern denjenigen Grad von Bildung zu verschaffen, Ueber den Antrag des Grafen Kanik auf Regulirnng Masse des Voltes, gut deutsch ausgedrückt, nicht noch so dumm der erforderlich sei, um die Bedeutung eines Vors der Getreidepreise durch das Reich sprach Reichstags- wäre. Die tollsten Schreier von allen seien die ostelbischen trages, wie des gehörten, voll erfassen und würdigen Abgeordneter Bebel am 30. mai vor einer im Schulz'schen Junter, denen der Mund trotz aller hingeworfenen fetten Bissen zu fönnen, und forderte auf, diese Gelegenheit nach Möglichkeit Gesellschaftsgarten( Gesundbrunnen ) tagenden Volksversammlung. nicht gestopft werden könne. Und für dieses Geschrei habe man zu benutzen.( Bravo !) Diesem Ersuchen schloß sich der VorTrotzdem Tische und Stühle aus dem Saale entfernt waren, an gewissen Etellen höchst sonderbar aufmerkiames Gehör. fizende Brintmann an, welcher noch das Lesen der Arbeiterwar derselbe doch zum Erdrücken voll und nahm die Redner zog weiter den russischen Handelsvertrag in das presse befürwortete. Nachdem noch beschlossen worden war, den Polizei Veranlassung, das Lokal zu sperren. Um 3/49 Uhr er- Bereich seiner Betrachtungen und verbreitete fich in ein- Ueberschuß der fortgefeßten Tellersammlung zur Unterstützung schien Bebel, von den Versammelten lebhaft begrüßt, und begann gehender Weise über die einschlägigen Verhältnisse. Verhältnisse. An der ausgesperrten Brauerei- Arbeiter und Kuhnheim 'schen Arbeiter bald darauf sein Referat. Nach seiner Meinung habe die der Hand eines reichen statistischen Materials wies der zu verwenden, flang die imposante Boltsversammlung in enthus fozialdemokratische Partei als solche, wie auch die sozialdemo: Vortragende nach, daß alle Vortheile der Zölle u. f. w. nur einer stastischen Hochrufen auf Bebel und die Sozialdemokratie aus. fratische Bresse diesem Thema, welches manchem befreindlich verhältnißmäßig fleinen Zahl von Großgrundbesitzern mit einem erscheinen dürfte, zu wenig Beachtung geschenkt, da daffelbe riesenhaften Besißthum zu gute kämen. Diese Herren feien es, beiter und Arbeiterinnen hielten am 18. Mai eine Die in der Kürschnerbrauche beschäftigten Ar. Gegenstand eingehender Erörterungen zu bilden berufen sei und welche den kleinen Bauernstand ruiniren, dezimiren, nicht die im engen Zusammenhange mit der Agrarfrage stehe. Redner Juden. Unter jenen Herren wäre kein Jude zu finden. Dieses öffentliche Versammlung ab. Das Referat über das Thema: Was lehrt uns die lange Arbeitslosigkeit" batte der Genosse berührte in seinen Ausführungen den herrschenden Nothstand, Riesenwachsthum der ländlichen Grundbesize verschlechtere die der seit einer Reihe von Jahren in stetem Wachsen begriffen sei ländlichen Verhältnisse im höchsten Maße. Wenn die Agrarier Rogge übernommen. Redner bespricht in seinem Referat ein und für die Zukunft die schwersten Bedenken ergebe. An der darüber klagen, daß die Preise der Lebensmittel immer mehr gehend die Schäden der sogenannten Saisonarbeit für die im Hand der Statistik wies Redner nach, daß der Verbrauch des finken, so merke das arme Volk doch sehr wenig davon. Redner Kürschnerberufe Beschäftigten, und schildert der Versammlung den Brotgetreides feit einer Reihe von Jahren in stetem Sinken schildert den heutigen rationellen Betrieb der Landwirthschaft Werth der Gewerkschaftsorganisation zur Beseitigung aller aus wies begriffen sei. Während im Jahre 1878 79 im Durchschnitt auf und nach, daß, wenn der diesen Verhältnissen entspringenden Uebelständen. Von einer landwirthschaftliche den Kopf der Bevölkerung noch 230 Kilo entfielen, betrug der Grund und Boden so bewirthschaftet würde, Diskussion wurde Abstand genommen und gelangten zwei NeDurchschnittsverbrauch an Brotgetreide im Jahre 91/92 pro Kopf nach dem Stande der heutigen Wissenschaft bewirthschaftet wer ihr Einverständniß mit dem Referenten und erwartet eine folutionen zur Annahme. Die eine der Refolutionen bekundete nicht mehr in der Lage, das nothwendigste Lebensmittel, das Brot, in wie Deutschland jet: hat, gewonnen werden könnten. Einerseite Besserung nur von dem Verband der deutschen Kürschner. Die zweite Resolution spricht sich für den Bierboykott ausreichendem Maße sich zu beschaffen. Mit dem Fleischkonsum verständen die Agrarier nicht zu wirthschaften, andererseits lebten sei es ebenso bestellt, auch dieser sei im ständigen Sinten be dieselben standesgemäß, die Folge sei der" Nothstand" der aus. Hierauf wurde folgende Tagesordnung für den inter griffen und nehme die Arbeiterbevölkerung an dem Fleischkonsum Agrarier!" Nach Annahme des russischen Handelsvertrages tam nationalen Kongreß der Rürschner angenommen, die demselben verhältnißmäßig in nur sehr geringem Maße theil. Für den Graf Kanit mit seinem Antrage, der bezweckte, daß der Staat zur Annahme unterbreitet werden soll: 1. Bericht der Delegirten. herrschenden Nothstand spreche sehr anschaulich die Statistik über den Agrariern einen Minimalpreis, der weit über den Durchschnitts- desselben. 3. Welche Arbeit soll dem Sekretariat zugewiesen 2. Internationales Sekretariat und Bestimmung über den Sib die wegen Bettelei in Sachsen bestraften Personen. Es wurden preis der letzten Jahrzehnte hinausgehe, auf Kosten der Getreide verbestraft im Jahre 1890: 8815 Personen, 1891: 10 075, 1892: brauchenden Bevölkerung für Getreide garantire. Dies sei das Uner- werden. 4. Agitation und Taktik. 5. Internationales Fachorgan. 6. Verschiedenes. 18 292 Personen. Allen diesen und noch weiteren offenfundigen börteste, was bis jetzt dagewesen. Mit demselben Rechte könnte jeder Thatsachen gegenüber habe man sich im Reichstage und anders- einen Garantiepreis für seine Waare verlangen, nicht zum Von der Agitation@ tommission hatten die Kollegen Freyer, wo nicht dazu verstehen können, den Nothstand anzuerkennen. wenigsten der Arbeiter einen Minimallohn. Derselbe Graf Kanig Wier und Dittmann ihr Amt niedergelegt; für die Ausscheidenden Bei der Echilderung des Weberelends im Eulengebirge babe wenige Tage, nachdem er seinen Antrag im Reichstage ein traten die Kollegen Ahnert, Peter und Budnayti ein. hätten die Herren von der Rechten einer nach dem andern den gebracht, im Landtage den Großindustriellen den guten Rath ge Der Verein der Lithographen, Steindrucker und Be Saal verlassen. Dagegen fei man eifrig bemüht gewesen, einen geben, die Löhne der Arbeiter herabsetzen! Der Antrag Kanit rufsgenossen Teutschlands( Filiale Berlin ) hielt am 24. Mai anderen Nothstand, den der Agrarier, zu debattiren und plausibel sei unter allen Umständen zu bekämpfen, da derselbe bezwecke, feine ordentliche Mitgliederversammlung ab. Zunächst gab der zu machen. Redner gab ein erbauliches Bild von dem Tausch auf Kosten der großen Mehrheit des Boltes einer winzigen Filialtafsirer, Kollege W. Brall, bekannt, daß sich der Mitgliedergeschäft, das Großgrundbesitzer und Großindustrielle mit den Minderheit kolossale Vortheile zu verschaffen. Wenn der stand der Berliner Filiale um 41 Kollegen vermehrt habe. Weiter Schutzöllen machten, die nur diesen zum Vortheil gereichten, Privatbesitz außer stande sei, theilte derselbe mit, daß an Extra- Unterstützung am Abend des nicht aber den Kleinbauern und den Kleinhandwerkern. Die den Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung zu tragen, 1. Mai er. an 21 arbeitslose Vereinsmitglieder 126 Mart, Einnahmen aus den Echutzöllen allein hätten ausgereicht, die dann habe er augenfällig bewiesen, daß er abgewirthschaftet à Person 6 M., zur Auszahlung gekommen sind. Der 1. BeGroßgrundbesitzer zu wohihabenden Leuten zu machen, falls der habe und es Zeit sei, daß der Grund und Boden in gesellschaft vollmächtigte, Kollege H. Schöpfe, erklärte, daß das neuGrundbesitz nicht ertragsfähig genug gewesen wäre. Diese Herren lichen Besitz wieder überzugehen habe. Dieser Gedanke müsse in geschaffene, in der Neuen Friedrichstraße Nr. 86, I belegene hätten einen Nothstand nicht zu spüren bekommen, troßdem sie immer die Maffe geworfen, propagirt werden. Begreiflich sei es, daß Bentralbureau der Berliner Verwaltung am 1. Juni d. J. zum über ihren Nothstand schreien, über die hohen Arbeitslöhne, die sie die Agrarier sich nicht schämen, auch die Reichsrente à la Stanis ersten Male in Funktion treten werde; alles übrige hierauf Be= zahlen müffen, die in Wahrheit Hungerlöhne seien und tausende von anzunehmen. Demgegenüber babe das arbeitende Volk die Forzügliche werde den Mitgliedern durch ein Flugblatt rechtzeitig Arbeitern zur Sachsengängerei veranlassen. Vermehrt würden derung zu stellen auf Verbesserung seiner Lage durch Vergesell- bekannt gegeben werden. die Einnahmen der Großgrundbesitzer durch die Liebesgaben für schaftlichung des Grund und Bodens. Dieser Gedanke Weiteren berichtete Rollege Schöpfe über den Spiritus und Zucker, welche Industrien ganz bedeutende Acker wirksames Agitationsmittel für die länd Ausgang der Streitangelegenheit bei Briefter u. Eyt, flächen in Anspruch nehmen. Thatsächlich fause man in England liche Bevölkerung. In diesem Sinne müffe agitirt gleichzeitig mittheilend, daß die über die genannte Firma deutschen Zucker billiger als in Leutschland. Infolge der Aus werden und wenn dies geschehe, dann würden uns Gebiete er- verhängte Sperre ihrer nunmehrigen Zwedlosigkeit wegen als fuhrprämie haben die Herren Agrarier in den letzten 20 Jahren obert werden, die uns sonst noch Jahre lang verschlossen bleiben aufgehoben zu betrachten sei. Nachdem Kollege Schädlich über nicht weniger als 400 Millionen Mark aus den Taschen der würden. Die Durchführung dieses Gedankens würde der die Thätigkeit des Arbeitsnachweises während der Zeit vom Steuerzahler eingefäcfelt. Begreiflich fet es, daß diese Herren iozialistischen Gesellschaft die Wege ebnen. Der mehr als zwei- 1. April 1898 bis 31. März 1894 eingehend Bericht erstattet, furchtbar patriotisch seien, daß aber die armen Steuerzahler das fündige Vortrag wurde mit größtem Beifall entgegengenommen. nach welchem es möglich gewesen ist, 286 vakante Stellen durch theure" Vaterland mit ganz anderen Augen ansehen. Von der Liebes Da Gegner sich nicht zum Worte meldeten, wurde von einer Mitglieder, 40 durch Nichtmitglieder zu besetzen, erhielt Kollege gabe von 40 Mill. Mark jährlich für Spiritus falle den Großbrennern Diskussion Abstand genommen. Einstimmig stimmte die Ver- Leuschner das Wort zu der Mittheilung, daß es der Vorstand der Löwenantheil von 36 Millionen Mark zu. Es sei ebenso fammlung folgender Resolution zu: für zweckmäßig erachte, in Rücksichtnahme auf das am begreiflich, daß auch diese Schnapsbarone das größte Interesse Die heutige Volisversammlung erklärt sich mit den Aus- 19. August d. J. stattfindende große allgemeine Sommerfest der an der Erhaltung dieser schönen Zustände haben. Trotz alledem ührungen des Referenten einrerstanden, erkennt an, daß die be- graphischen Berufe Berlins das eigene Stiftungsfest bis zum haben diese Herren die Stirne, über ihren" Nothstand" zu stehenden überaus traurigen wirthschaftlichen Verhältniffe, die dazu Herbst zu verschieben. In der Diskussion hierüber erschien jedoch schreien und die Regierung, den Staat, der ihnen alle jene Vor angethan, das arbeitende Volt nach und nach verhungern zu lassen, nur ein noch weitergehender Antrag des Kollegen Friedewald ,„ zu theile gewährt, mit Vorwürfen zu überhäufen dafür, daß jene fie auf das Konto der kapitalistischen Wirthschaftsordnung zu setzen gunsten der start geschwächten Matineekasse von der Veranstaltung nicht aus ihrer jämmerlichen Lage erretten. Die Aufhebung der sind. Die Versammlung ist sich bewußt, daß nur durch den Sieg eigener Festlichkeiten auch des geplanten Herrenabends Grund- und Gebäudesteuer verschaffe den Großgrundbefizern der sozialistisch kommunistischen Wirthschaftsweise über die diesen Sommer überhaupt Abstand nehmen zu wollen"; der Antrag neue erhebliche Vortheile. Wenn Graf Konig meine, daß diese fapitalistische eine Berbefferung für die arbeitende Klasse herbei wurde einstimmig angenommen und damit beschlossen, im Laufe der Jahre durch die Mehrkosten der Unfall. geführt werden kann und verpflichtet sich demzufolge, fortgesezt daß das Stiftungsfest der Filiale Berlin bis zum versicherung ausgeglichen würden, so würde dies nur be- mit allen zu Gebote stehenden Mitteln für die Ausbreitung der nächsten Frühjahr zu verschieben sei, da sei, da man gleichweisen, daß die Großgrundbesitzer mit den Gliedmaßen sozialistischen Jdeen Sorge zu tragen." zeitig damit das Jubiläumsfest des zehnjährigen
Das Brauergewissen.
Vor vielen, vielen Jahren lebte einmal ein junger Brauer. Sein Geschäft blühte, denn der Durst seiner Zeitgenossen war ein gefegneter. Je mehr sie aber tranfen, desto unfähiger wurden ihre Zungen, das Bier auf seine Reinheit zu prüfen, und immer stärker wollten sie es haben, immer mundvoller.
biete
ein
an Grund und Boden
=
Du Zuckersäcke schütteln lassen und den Auskehricht in den Sud geworfen. Damit das Gebräu stärker erscheine, hast Du Taumellolch abgekocht und Dein Geschmiere mit Glyzerin verdickt. Die Und noch vieles andere hast Du gethan, nur nichts gutes. Unter Deinen Mitmenschen hat Deine Profitgier ärger gewüthet als selbst die Cholera. Sieh, das alles sagt mir Dein schmutziges Gewissen."
Der junge Brauer wandte sich unter der Strafpredigt des Einsiedlers. Was muß ich thun, um wieder gesund zu werden?" stammelte er.
"
Ein reines Gewiffen bekommen. Geh' an den Bach, der hinter der Hütte fließt, und wasche Deinen Schmutzlappen. Und der junge Brauer ging an das fließende Wasser und wusch und bläute und rang bis in die sinkende Nacht, aber sein
Und der Brauer ging hin und that nach ihrem Willen, und sein Geschäft blühte noch mehr. Eines Tages wurde er plötzlich trant. Auf der Brust lag es ihm wie ein Felsblock, er bekam teinen Athem, und während der Nacht lag er Stunden hindurch schlaflos auf seinem Lager. Ram endlich der Schlummer, dann träumte er von lauter Leichen, die er dugendweise nacheinander auf den Friedhof farren mußte. Da ging er zu den Doktores Geivissen blieb unrein. und fragte sie um Nath. Sie meinten, er trinfe Am andern Morgen sprach der Einsiedler: Dein Gewissen zuviel. Er aber fonnte ihnen zur Antwort geben, ist noch immer schmußig, Du hast die Profitgier, die mit dem daß er von all dem Bier, das er gebraut, auch noch nicht ein Seidel getrunken. Und er fiagte die Medizinal und Sanitätsräthe. Sie schüttelten die weisen Häupter, aber helfen konnten sie ihm auch nicht. Da rieth ihm ein altes Weiblein, er folle es ein mal mit dem Einsiedler versuchen; der sei ein weiser Mann und tönne mehr als Brot essen.
Leben des Nächsten spielt, wie mit Seifenblasen, noch nicht von Dir gethan. Geh' in Dich und beffere Dich." Und der Brauer wusch und wusch und aus Angst für sein Leben wurde er ganz zerknirscht und faßte die besten Vorfäße. Da wurde sein Gewissen rein wie frischgefallener Schnee. " Ho!" sagte der Einsiedler, nun hänge Dein Gewissen dort auf die Weißdornhecke, damit es trocknet. Du selbst aber komm' mit in meine Wohnung. Ich will dir etwas vorjeßen, nach der harten Arbeit wirst Du Hunger haben."
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Eines schönen Tages im Frühling machte sich der junge Brauer auf den Weg zum Einsiedler. Er fand die Hütte des einsamen Mannes mitten im Walde, der Alte stand vor der Thür und lauschte auf den Gefang der Vögel. Er theilte ihm Als nach einiger Zeit der Einsiedler mit seinem Gaste sein Anliegen mit. Und der alte Einsiedel sah ihm lang und wieder ins Freie trat, war das Gewissen des Brauers verscharf in die Augen und sprach:" Was Dir fehlt, weiß ich: Dich schwunden. Vor der Weißdornhecke stand die Ziege des Ein drückt das Gewissen. Bu helfen ist Dir noch, da Du jung bist, siedlers und faute und würgte, und ein weißer Bipfel bing aber die Kur geht auf Leben und Tod. Bist Du einverstanden, ihr noch aus dem Maule. Jammernd sprang der Brauer hinzu fo beginne ich." aber es war zu spät. Da hob der Einsiedler die Hand und sprach: Geh hin, Brauer, woher du gekommen. Dir ist nicht mehr zu helfen."
Der Brauer nickte.
Da griff ihm der Einsiedler zwischen Hemdkragen und Haut und brachte einen Lappen zum Vorschein, der so schmutzig und besudelt war wie der Fußfeßen eines Soldaten nach einem Uebungsmarsch.
Und der junge Brauer fehrte wieder zu seinem Brauhause zurück und trieb es ärger denn zuvor. Er erreichte ein hohes Alter, denn er trank nie von seinem Bräu, und sein Gewissen plagte ihn nicht mehr; das hatte die Ziege gefressen.
*
Sieh", sagte der Einsiedler, das ist Dein Gewiffen. Daß es so schmuzig ist, daran bist Du allein schuld. Du hast schlecht an Deinen Mitmenschen gehandelt. Einen Labetrunt hast Du Der Brauer ist schon lange todt, hat aber viele Nachkommen ihnen versprochen und vorgesetzt hast Du ihnen ein Gebräu, hinterlassen. Alle sind Brauer geworden, alle sind wohlhabend ärger denn Gift. Die Profitgier ist in Dich gefahren, und des und reich, mancher hat es zum Millionär gebracht. Sie leben halb bist Du so schlecht geworden. An Hopfen und Malz haft luftig und guter Dinge in den Tag hinein, denn sie alle find Du gespart und damit man nicht auf Deine Schliche kommt, haft ja gewiffenlos. ( Aus dem Wahren Jakob".)
Literarisches.
-
für
Intrennbarkeit und die Durchführung der noth wendigen religiösen und sozialen Reformen. Von Dr. Hermann Stolp. Berlin 1894. Friedrichs u. Ko.
Haufenweise tauchen jetzt Biedermänner auf, die, einem tiefgefühlten Bedürfnisse folgend, die Welt mit neuen Plänen für religiöse und soziale Reformen beglücken. Der neueste in der Reihe ist ein sicherer Dr. Hermann Stolp, der als Welten reformator gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen will. Der tonfuse Titel seiner 40 Seiten haltenden Broschüre soll näm lich besagen, daß eine religiöse Reform und eine soziale Reform einander gegenseitig bedingen, nur gemeinschaftlich sich verwirk lichen lassen und daß der Verfasser selbst das Rezept zu dieser Doppelreform in der Tasche hat. Besagter Dr. Stolp ist so eine Art Egidy, aus dem Militärischen ins Stammtischphilisterhafte übersetzt. Mit der Religionsreform muß angefangen werden- das ernste Wollen" ist die Hauptsache, würde Egidy sagen-; daraus ergiebt sich dann die soziale Reform ganz von selbst, im Handumdrehen Kleinigkeit! Bekenntniffe", nennt Herr Dr. Stolp seine seichten und verworrenen Betrachtungen über alles mögliche, was sich mit einer Religions- und Sozial reform in Zusammenhang bringen läßt. Auf zwei Seiten wird die Staatslehre", auf je einer halben die" Sitten". und die Rechtslehre" abgehandelt. Doch seinen Trumpf spielt er zuletzt aus; das find die sozial- christlichen Gemeinschaften", die sich in Heimburgen"- nicht in Kirchenversammeln werden. Bon ihnen wird die Welterneuerung ausgehen. Große Dinge ver spricht sich der neue Buddha, Muhamed oder Egidy von seinen Gründungen und Ideen. Stolz kündigt er an: Jedenfalls find fie( die Stolp'schen Bekenntniffe) im ftande und können die Veraulassung werden, daß sich auch eine umfassende und neue Literatur daraus entwickelt." Einige felbstverfaßte Musterlieder dieser neuen Literatur ist er so freundlich, zum Besten zu geben. Wir müssen indeß bekennen, daß wir für deren Verständniß wahr scheinlich nicht reif sind, denn uns wurde dabei zu Muthe, als ob wir einen dressirten Pudel zum Leierkasten winseln hörten. gl. Deutsche Bürgerkunde. Kleines Handbuch des politisch Wissenswerthen. Von Georg Hoffmann und Ernst Groth. Leipzig 1894. F. 2. Grunvw.
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Das 312 Seiten umfaffende Büchelchen ist ein Versuch, in volksthümlicher Sprache einen zusammenhängenden Ueberblick über das zu geben, was jedermann in Deutschland über unsere Ber
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