i Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt.Nr. 127.VmzKukttrk find:1. Schulüieiss- Brauerei, Aktien-Gesellschaft,Berlin(und Tivoli).2. Brauerei F. Happoldt.3. Böhmisches Brauhaus, Kommandit-Gesell-schaft auf Aktien, A. Knoblauch.4. Brauerei �ari vregory, Berlin(Adler-Brauerei).5. Vereius-Brauerei Rixdorf.6. Spandauer Berg-Brauerei, vorm. C. Bech-mann, Westend bei Charlottenburg.7. Aktien- Gesellschaft Schloss• BrauereiSchöneherg.paufeinatfmrfjfcu.Zur Aussperrung der Berliner Brauerei-Zlrbeiternahm auch die letzte östentliche sozialdemokratische Versammlungin Bernburg Stellung. Nach einem Referat des Genosse»Schulze nahm die Versammlung folgenden Antrag an:„Die Versammlung erklärt den Boykottbeschluß gegen diedie Brauerei Allendorf in Schönebeck und gegen die KrakauerBrauerei für ausgehoben, dagegen verpflichtet sich die Versamm-lung mit ganzer Energie dahin zu wirken, daß das Bier derWaldschlößchen'Brauerei aus Dessau gemieden wird, an derenSpitze derselbe Herr Rösicke steht, der in erster Linie die Schuldan der Aussperrung der Brauerei-Arbeiter trägt und der auch inDessau Arbeiter deshalb maßregelte, weil dieselben erklärten,nicht bereit zu sein, ihre gemaßregelten �Berliner Kollegen alsStreikbrecher zu schädigen."**Parteikonferenz. F ü r den A g i t a t i o n s- B e z i r kL i e g n i tz. welcher aus den Wahlkreisen Liegnitz, Goldberg,Hayna», Bunzlau, Lüben, Jauer, Bolkenhain, Landeshut, Löwen-berg, Greisenberg, Hirschberg. Schönau, Görlitz, Lauban undRotbenburg, Hoyerswerda besteht, findet am Sonntag, den24. Juni er. eine Parteikonferenz in Liegnitz statt.(Zeit undLokal wird noch bekannt gegeben.) Anträge für dieselbe sindbald an den Unterzeichneten einzusenden.Desgleichen sind die Delegirten bei derselben Adresse vorheranzumelden.Jeder Ort kann bis 3 Delegirte wählen.I. A.: H e i n r i ch B o t h e, Liegnitz,Carthausstr. 4, 3 Tr.•*Mit der Ttichivahl im'P I a u e n s ch e n Wahlkreise be-schäftigte sich kurz vor der Stichwahl auch die„Franks. Ztg.".Das Blatt schrieb, nachdem es die Bewegung sämmtlicher Parteienbesprochen:„Berücksichtigt man die Ziffern des ersten Wahlganges, diefür den Sozialdemokraten einen Borsprung von nahezu viertausendStimmen aufweisen, so gehört wohl keine Prophetengabe dazu,um mit Sicherheit vorauszusagen, daß die„Ordnungsparteien"den 23. sächsischen Wahlkreis, den sie ununterbrochen seit 1867besessen haben, verlieren werden und die Zahl der sozialdemo-kratischen Reichstags-Abgeordneten auf 45 steigen wird. Für dieNummer 46 bietet Pinneberg- Elmshorn bereits die besten Aus-sichten."— Die Stichwahl hat bewiesen, daß das Blatt Rechthatte und es wird wohl auch Recht behalten mit der Nummer 46.Bon der Wahlagitation*. Aus dem 6. schleSwig-holsteinischen Wahlkreise wird dem„Hamburger Echo"geschrieben:In der verflossenen Woche hielt der Kandidat der sozial-demokratischen Partei, Genosse von Elm, Versammlungen abin Tangstedt, Friedrichsgabe, Nienstedten,Uetersen, Lockstedt. Blankenese und Eidelstedt.Bis jetzt war Genosse von Elm mit Ausnahme eines Tagesununterbrochen jeden Tag agitatorisch thätig, die Versammlungin Eidelstedt ist die 28. während der Wahlbewegung, inwelcher Genosse von Elm referirte. Alle Versammlungen warengut besucht und von großem Erfolg. Während nun bisherfast keine Versammlung der gegnerischen Parteien stattgefundenhat, in welcher nicht ein Angehöriger unserer Partei das Wortergriffen, meldet sich trotz regelmäßiger Aufforderung des Ge-noffen v. Elm und der Vorsitzenden unserer Versammlungen keinGegner in denselben zu Wort. Nach den schlimmen Erfahrungen.welche die Freisinnigen in Osdorf gemacht, scheinen dieGegner vollständig den Muth verloren zu haben, unserem Kan-didaten entgegen zu treten.— Wenn nicht alle Anzeichentrügen, wird der Sieg diesmal schon beim ersten Wahlgangunser sein. �Der Parteitag für Reuß j. L. findet am 10. Juni im„Gasthaus zum Martinsgrund" in Pöppeln-Gera statt.Die vorläufige Tagesordnung ist:». Bericht der Vertrauens-Personen; 2. Bericht des Agitationskomitees und Neuwahl des-selben; 3. Die Parteipresse: a.) Geschäftsbericht, b) Bericht derPreßkommission und Neuwahl derselben; 4. Anträge der Ge-noffen und Genossinnen.RnS Dissen b. Osnabrück* schreibt man uns: Wenn Ar-beiter sich weigern, Waaren von Fabrikanten und sonstigen Unter-nehmern zu konsumiren, welche ihre Arbeiter ohne Grund undAnlaß auf die Straße gesetzt oder sonst gemaßregelt haben, soschwefelt die gesammte Bourgeoispresse von Terrorismus. derdurch die Arbeiter geübt wird. Die frechsten und dümmst ge-leiteten Unternehmer- Organe— die Antisemitenpresse an derSpitze— schreien sogar nach Polizei und Strafgesetz, währenddie sreisinnige Presse auf das Fehlen eines Boykottparagraphenmit der sehr durchsichtigen Bemerkung aufmerksam macht, daß„nach Lage der Gesetzgebung" sich gegen das Verhalten derArbeiter nichts macheu läßt. Diese Sehnsucht nach einem Boykott-Paragraphen ist wirklich rührend, besonders wenn man weiß,wie das Boykottiren seitens der Unternehmer gegen Arbeiter undkleine Geschäftsleute grundsätzlich und seit Jahren getrieben wird.So haben wir hier in Dissen an dem Fettwaaren- undWurstfabrikanten F. Hamann ein lebendes Beispiel. Dieser Herrliesert seine Margarine und Wurstwaaren speziell nach denGroßstädten und Industrie- Orten Berlin, Hamburg. Bremen,Dortmund, Hannover ze.. wo die Arbeiter die Hauptkonsumentenderselben sind. Zu Hause vertreibt Hamann aber jeden Arbeiteraus dem Orte, sobald derselbe in dem Geruch steht. Sozialdemokratzu sein. Dabei beschränkt dieser Sozialistenfresser seine Verfolgungs-wuth nicht etwa auf die bei ihm beschäftigten Arbeiter, sondern ermißbraucht seine soziale Uebermacht auch dazu, um die von ihmbeschäftigten Handwerksmeister, Böttcher u. s.»v., zu zwingen,Dienstag, den 3. Juni 1894.Arbeiter, die Herrn Hamanns Mißfallen erregt haben, zu ent-lassen. Einem in dieser Weise gemaßregelten Arbeiter gegenübermeinte Hamann: ich will keinen Hamburger Sozialdemokratenhier haben. Ter Arbeiter mußte fort. Das Geld, das dieHamburger und sonstigen Arbeiter für die Magarine, Wurst-und Fettwaaren des Herrn Hamann zahlen, nimmt derselbe aberohne jedes Bedenken.,»GelverbegerichtS-Wahleu*. Aus Bamberg geht unsfolgendes Privatlelegramm zu:Vollständiger Sieg der Arbeitnehmer: Sozialdemokraten 728,Mischmasch 286 Stimmen. Arbeitgeber: Handwerlerverein 142,Mischmasch 106, Gewerbeverein 96 Stimmen.**Bei den Gewerbegerichts-Wahlen in Schwelm siegtein der Stadt die sozialdemokratische Liste mit 470 Stimmen. DieGegner(Hirsch-Dunckerscher Gewerkverein, Evangelischer Arbeiter-verein. Katholischer Gesellenverein zusammen) erhielten nur137 Stimmen. Trotzdem die Gegner kennbare Stimmzettel hatten,brachten sie es nur zu dem erwähnten Resultat.**Polizeiliches, Gerichtliches ct.— Der Fall Thüngen macht. Schule. Der Ver-leger der„Burgstädter Bolksnimme", Genosse Emil Landgraf,strengte Privatklage wegen Beleidigung gegen den Redakteur des„Vaterlands", R. Nober, an. Landgras machte die Klage nicht inLeipzig, dem Erscheinungsorte des„Vaterland" anhängig, sondernin Burgstädt als dem Ort, wo die Beleidigung zu seiner Kenntni?gelangt war. Das Amtsgericht Burgstädt lehnte, unseres Er-achtens mit vollem Rechte, diesen Antrag ab; auf BeschwerdeLandgraf's entschied indeß das Landgericht Chemnitz, daß dasAmtsgericht Burgstädt doch zuständig sei, da an diesem Ortder Beleidigte Kenntniß von der Beleidigung erhalten habe. DasLandgericht bezog sich bei der Entscheidung auf den bekanntenReichsgerichts- Beschluß— Entscheidungen in StrafsachenBand XXIIl S. 126 ff. Ist es in diesem Falle auch ein Partei-genösse, der einmal ausnabmsweise von diesem Reichsgerichts-Beschluß profitirte. so halten wir denselben nach wie vor sür einefür die Presse außerordentlich gefährliche Maßregel.— B e r b o t e n e S ch n e i d e r v e r sa m m l n n g. Die amMontag, den 28. Mai, nach der Wartburg einberufene öffentlicheVersammlung der Schneider mit der Tagesordnung: DieKämpfe der Arbeiter in der Gegenwart»nd Zukunft. Referent:Ernst Grenz ist auf grnnd Z 5 des Vereinsgesetzes verbotenworden. Eine Versammlung mit anderer Tagesordnung undanderm Referenten wurde ebenfalls nicht genehmigt.Mainz. 3. Juni. Das hiesige Schöffengericht sprach denfrüheren Kossirerder hiesigen Zahlstelle des Metallarbeiter-VerbandesNikolaus Schuld von der Anklage, den Verband um etwa274 M. betrogen zu haben, frei»nd verwies den Verband ausden Weg der Zivilklege. Es konitte dem Angeklagten nicht be-wiesen werden, daß er sich das Geld rechtswidrig ongeeigncthabe, obwohl das Fehlen desselben konstatirt wurde.Loktsles.Sämmtliche Lokalinhaber sind seitens der Leiter desBrauer- Ringes zu einer Besprechung heute Nachmittag4 Uhr nach dem Lokale des Herrn Boltz(früher Feuerstein), AlteJakcbstraße 75, eingeladen. Was die Herren Brauer von denLokalinhabern wünschen, ist uns natürlich nicht bekannt, imübrigen uns auch sehr glcichgiltig. Wenn aber etwa derPlan bestehen sollte, die Berliner Arbeiterschaft mitihren Versammlungen abdachlos zu machen, so können wir denHerren heute schon, ohne ein Geheimniß verrathen,mittheilen, daß auch sür diese Eventualität vorgesorgtist, und die einzigen Leidtragenden bei einem solchen Beschlüssenur diejenigen Lokalbesitzer resp. Pächter sein würden, die denBrauern auf die Leimstange hupfen.— Die Herren mögen essich ein für allemal gesagt sein lassen, die Berliner Arbeiterschaftwird, allen Machinationen zum Trotz, so lange kein boykottirlesBier trinken, bis den brutal vergewaltigten Brauerei- Arbeiternihr Recht geworden ist.Wie man im Interesse der Brauereibefltzer zn maß-regeln Meist. In dem kgl. Bekleidungsamt am Kupsergrabenwerden ungefähr 24 Zivil-Schuhmacher beschäftigt. Für dieKantine dieses Amtes ist die Schultheiß Brauerei Lieferantin desFlaschenbieres. Als die Zivil-Schuhmacher nun das Bier kürz-lich abbestellten, forschte der Feldwebel, dem diese Abtheilunguntersteht, nach der Ursache der Abbestellung und die Folge derRecherchen war, daß am Freitag der vorvorigen Woche 6 Arbeiterund am Sonnabend darauf der größte Theil derübrigen Schuhmacherentlassen wurde. Derartige Maßregelungen sind natürlich nurgeeignet, die Arbeiterschaft in ihrem gerechten Kampf gegen denUebermuth des Brauerei-Rings aufs neue anzufeuern. DieWirkung solcher Eingriffe in die Privatrechte der Arbeiterschafthaben, wie von uns ja erst in letzter Nummer zahlenmäßig dar-gelegt wurde, am allerschwersten die Brauereien zu verspüren,die die„Arbeitgeber" jeder Eouleur zum Beistand aufgeforderthaben.In ihrem VerzweiflungSkampf greifen die Brauerei-besitzer und deren ergebene Diener zu immer gewagteren Mitteln.In der Schloßbrauerei Echöneberg hat ein Brauer, der lautZeugniß vier Jahre dort zur vollen Zufriedenheit beschäftigtwar, das Verbrechen begangen, seine ausgesperrten Kollegendurch Ueberweisung des bestimmten Antheils vom Wochenlohnzu unterstützen. Dies erfuhr der Gährsührer und die Sühnesür die Pflichterfüllung wurde an dem Brauer nicht alleindurch Entlassung vollstr.ckt, sondern der Vorgesetzte er-dreistete sich außerdem noch, dem Brauer einige Ohrfeigen zuappliziren. als dieser sich weigerte, Rechenschaft über sein Thunabzulegen!Für das System, nach welchem in der Schöneberger Brauereigekämpft wird, ist es ferner bezeichnend, daß der Braumeistervor kurzem einem anderen Brauer sagte, ob er keine Sammel-liste für die Ausgesperrten bei sich habe, er wolleauch einen Betrag darauf zeichnen. Dem Brauer fieles natürlich nicht ein, auf diesen Scherz einzugehenund dem Braumeister die Namen der auf der Sammel-liste als Geber Verzeichneten zur Maßregelung vorzulegen. Ererwiderte auf die Frage einfach und präzis, daß er ja in demBureau der Ausgesperrten, Blumenstr. 38, so viel Geld wie erwolle für seine Opfer abladen könne. Strafe: Ebenfalls so-fortige Kündigung!Und angesichts solcher Kampfesweise trompetet Eugen Richterlustig weiter in das Horn ordnungswüthiger Branereibesitzer-Moral. Seine Hilfe ist zwar auch danach.Herr Nösicke ist, wie ihm von seine» Freunden nachgerühmtwird, ein schnell entschlossener und energischer Mann, der nichtviel Federlesens macht und keine Rücksichtnahme kennt. Nebenvielen anderen seiner„Untergebenen" lernte dies auch vor einigenJahren einer seiner Buchhalter. Herr W., zu seinem Schadenkennen, als er eine Lohnforderung der Kutscher der Schultheiß-Brauerei den Fordernden gegenüber eine berechtigte nannte. AlsJjerr Rösicke davon Kenntniß erhielt, wurde der Buchhalterofort entlassen. Bielleicht lernen dir Ringgenossen des Herrn11. Jahrg.Rösicke die schnelle Entschlossenheit desselben auch noch zu ihremSchaden kennen!Schlechte Zeiten uud doch kein Nothstand 1 In seinemerst jetzt veröffentlichten Haupt-Verwaltungsbericht über die Zeitvom 1. April 1392 bis 31. März 1893 giebt der Magistratwiederum zu, daß die wirthschaftliche Lage in diesem Zeitraumnicht besser, sondern noch schlechter geworden ist.„Das Wirth-schaftsjahr 1892". sagt er,„war noch ungünstiger als seine Vor-gänger". Die Ungunst erblickt er jedoch in erster Linie in demgegen 1391 niedrigeren Stand der Getreidepreise, durch den sichdieLandwirthschaft schwer bedrückt gefühlt habe. Außerdem wirdzugegeben, daß„auch die Klagen der Industrie über Mangelan Absatz ihrer Erzeugnisse zugenommen haben". Dagegenweiß der Magistrat von einem Nothstand der Arbeiter-bevölkeruug und der Arbeitslosen diesmal nichts zu melden. Ermeint sogar, ein außergewöhnlicher Nothstand sei auch in diesemJahre(1392/93) nicht zu befürchten gewesen, deshalb seien auchden Armen nicht feste Theuerungszulagen gegeben, sondern nurdie Unterstützungsgelder erhöht worden. Beinahe amüsant(wennes sich nicht um eine so ernste Sache handelte) möchte man dieBemerkung finden, daß man 1891 infolge der zeitweise außer-ordentlichen Höhe der Getreidepreise„von einem Nothjahr zusprechen anfing". Sehr gut gesagt, dieses„anfing". So vor-sichtig versteht sich wirklich nur ein Berliner Magistrat auszu-drücken, wenn er vom Nothstand sprechen muß.Der Polizeistaat, wie er leibt und lebt, guckt aus einemMinisterialerlaß hervor, der bezüglich des Flaschenbier-Handels an den Regierungspräsidenten zu Potsdam ergangenist. Danach hat„der an keine Genehmigung gebundene undkeiner besonderen Aussicht unterstellte Flaschenbierhandel einenbedeutenden Umfang erreicht und neben dem nicht zu unter-schätzenden Vortheil einer Abnahme des Branntweinverbrauchsund des Wirthhausbesuchs, auch wohl eine das Bedürfnißüberschreitende Zunahme des häuslichen Bier-Konsums zur Folge gehabt. Einschränkungen in dieser Hin-ficht scheinen jedoch zur Zeit weder dringlich noch angängig,Dagegen fragt es sich, ob gesetzgeberische Maßregeln au-gezeigt fein möchten, um wirksamer als bisher demMixbrauche entgegen zu treten, daß die Flaschenbier-Händler unbefugter Weise Schankwirthschaft betreiben.Es ist sür die Polizei-Orgnne eine nicht leichte Aufgabe.sestzustellen, ob die Flaschenbierhandel treibenden Personen, diein sittlicher Beziehung nicht immer zuverlässig sind, inihren dem Einblick und dem Zugang oft schwer erreichbaren undden Anforderungen für Schankräume nicht genügenden Räum-lichkeiten Bier zum Genüsse auf der Stelle verabreichen oderdoch das Trinken der Käufer aus der Flasche dulden. Gelingtdie Uebersührung, so hat die Strafe häufig nicht die Wirkung,den Händler von wiederholter Uebertretung abzuhalten. MehrErfolg dürfte es versprechen, wenn die mit Bier Kleinhandeltreibenden Personen den in Z 35 der Gewerbe-Ordnung aufgeführten Gewerbetreibenden angereiht würden. Die damit ge-schaffene Möglichkeit, unzuverlässigen Personen, namentlichsolchen, die ihren Handel zur Ausübung des Schankgewerbesohne Konzession mißbrauchen, den Kleinhandel mit Bier zuuntersagen, dürste dem Zwecke genügen, und vor einer den Ver-kehr beengenden, die Behörden belastenden Ausdehnung derKonzessionspflicht auf den Flascheubier-Handel den Vorzug ver-dienen."Der Regierungspräsident, der über diese„Uebelstände" sichgutachtlich äußern soll, wird im Einverständniß mit dem Ministerwahrscheinlich finden, daß gegen dieselben„Maßregeln ergriffenwerden müssen" und nicht lange wird es dauern, so ist für dieunteren Polizeiorgane das Signal gegeben zu einer fröhlichenJagd aus Personen, die„in sittlicher Beziehung nicht immer zu-verlässig sind." Und ist dann nach dem Vorbild im schönenSachsenlande gefunden worden, daß vornehmlich auf Sozialdemo-traten das Augenmerk gerichtet werden muß, so wird nicht daranzu zweifeln sein, daß der Minister in nicht zu langer Zeit auchvon dem große» Erfolg dieser guasi sozialen Reformthat redenkann. Aber auch weiter ist dann das Feld geebnet zu sozialenGroßthaten und wer weiß, ob die gut regierungstreuen Organe.die zur gegenwärtigen Zeit sich sittlich entrüsten über vorgeblichesozialdemokratische Bierschnüffeleien, es nicht alsbald als einensegensreichen Erfolg gouvernementaler Sozialpolitik preise»werden, wenn hiufüro allmontäglich eine Anzahl unvorsichtigerFamilienväter wegen schutzmänniglich konstatirter„Ueberschreitungdes obrigkeitlich als normal erachteten häusNchen Bierkonsums"mit drei Mark Geldstrafe ev. einen Tag Haft bedacht werden.Unbeschadet der staatlichen Oberaussicht über die häusliche Affen-zuchl bleibt es natürlich immer die Sozialdemokratie, die inGegenwart und Zukunft der persönlichen Freiheit des Menschendie wahnsinnigsten Beschränkungen auferlegen will.Eine Unverschämtheit. Der nachstehende uns im Originalvorliegende Brief des Milchkönigs Bolle an einen seiner früherenArbeiter dürfte wohl mit zu dem unverschämtesten gehören, wasUnternehmerhochmuth de» Arbeitern zuzumuthen sich herausnimmt.Der Brief lautet:Berlin NW. 21, den 8. März 1894.Herrn n. s. w.Auf Ihre Zeilen vom 2. d. M. theile ich Ihnen hier-durch mit. daß Sie mit mehreren anderen Leuten zu-fammen entlassen worden sind, weil die Arbeit äugen-blicklich bei mir zu Ende ging. Aus der Zahl der Ar-beiter sind speziell Sie gewählt worden, weil Sie der-jenige sind, der grundsätzlich die auf meinem Grund-stücke eingerichtete Restauration für meineLeute nicht besuchte, sondern die Lokalein derNach-b a r s ch a f t f r e q u e n t i r t e. Wenn es mir auch nichtauf das wenige Geld ankommt, das Sie b e i m i rv erzehrt h ätten, so gaben Sie doch ein zu schlechtesBeispiel meinen anderen Leuten, welche mein Lokal gernbesuchen. Ich bedauere deshalb, Sie unter den ob-wallenden Umständen nicht wieder bei mir einstellen zukönnen. Achtungsvoll. G. Bolle i. B. I. Bolle.Ein köitliches Schriftstück, nicht wahr. Der streng konser-vative Handwerkerfreund Bolle entläßt seine Arbeiter, wenn siebei den kleinen Geschäftsleuten der Nachbarschaft ihre Einkäufebesorgen, denn sie müssen bei Bolle kaufen, weil er bei denWaaren für das„wenige Geld" noch seinen Zehent erhebenwill. Terrorisnius, geübt gegen die Arbeiter, ist das abernatürlich nicht.Arbeitsscheu. Unter der Fülle der interessanten Er-scheinungen, welche der„Fall Brausewetter" gebracht bat. ist esbesonders eine, welche bisher noch nicht die verdiente Würdigunggefunden hat, nämlich die Auschauung imd Auffassung, welcheein Theil unseres Richterstaudes über die Arbeitslosen hegt.Daß unserer Bourgeoisie sür die beiden Begriffe: Arbeits-losigkeit und Obdachlosigkeit sich ein Wort zur rechten Zeiteingestellt hat. nämlich das Wort„Arbeitsscheu", ist einebekanute Thatsache. Man braucht blos die zur gewohntenZeit durch die Blätter gehenden Mittheilungen über dieziinehmende Bettelei sich etwas näher anzusehen und die sittlicheEntrüstung über die Zudringlichkeit dieser Menschen, welche esdem vividendenfatten Bürger verleiden, die Früchte seines