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Nr. 185.

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Telegramm Abreffe: ..Sozialdemokrat Berlin ".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplatz, Nr. 151 90-151 97.

Montag, den 9. Juli 1917.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplak, Nr. 151 90-151 97.

Reichstag und Regierung.

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Neue Mißerfolge französischer Angriffe- Luftangriffe auf Trier , Mannheim , Lud­ wigshafen Luftangriff auf London Russenangriffe bei Zborow, Stanislau , Huta.

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Amtlich. Großes Hauptquartier, den 8. Juli 1917.

Westlicher Kriegsschauplag. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht

An der Küste, im Ypern - und Wytschaete- Abschnitt sowie bei Lens und zwischen Somme und Dise wechselnd starker Feuer­fampf.

Während östlich von Opern englische Erkundungsvorstöße zum Scheitern gebracht wurden, gelang es unseren Aufklärungs­abteilungen, nordwestlich und westlich von St. Quentin Ge­fangene zu machen.

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.

Nach tagsüber starker Artilleriewirkung stießen die Fran­zofen gegen Abend mit erheblichen Kräften zum Angriff öst­lich von Cerny vor. Der Ansturm brach in unserem Heuer und im Handgranatenkampf verlustreich zusammen; mit gleicham Mißerfolg endeten nachts mehrere Borstöße gegen unsere Grä­bei südlich des Gehöftes La Bovelle und südöstlich von Ailles.

Unseren Sturmtrupps glückte der Ueberfall einer feind­lichen Feldwache beim Gehöft Mennejean füdlich der Straße Laon Soissons.

In der Westchampagne wurde gestern morgen ein weiterer Angriff der Franzosen am Cornillet- Berg zurückgewiesen.

Auf dem linken Maasufer steigerte sich abends das Ar­tilleriefeuer zu großer Heftigkeit. Nachts erfolgte ein starker französischer Angriff an der Höhe 304 und am Westhang des ,, Toten Mannes". Der Feind ist abgeschlagen worden; in cini­gen Grabenstücken wird noch gekämpft.

Heeresgruppe Herzog Albrecht.

Außer zeitweilig auflebendem Feuer in der Lothringer Ebene und cinem erfolgreichen Vorfeldgefecht am Rhein­Rhone- Kanal keine besonderen Ereignisse.

In der Nacht vom 6. zum 7. Juli baben außer Bomben­würfen nahe an der Front auch Luftangriffe auf deutsches Ge­biet stattgefunden.

Feindliche Flieger warfen im westfälischen Industriegebiet, in Trier und Umgebung, ferner auf Mannheim , Ludwigshafen und Rodalben insgesamt über 100 Brandbomben ab. Militä­rischer Schaden ist nicht entstanden. Eins der feindlichen Flug­zeuge fiel in unsere Hand.

Am Morgen des 7. Juli griff darauf eins unserer Flieger­geschwader London an. Gegen 11 Uhr vormittags wurden dic Docks, Hafen- und Speicheranlagen an der Themse ausgiebig mit Bomben beworfen. Brand- und Sprengwirkung wurde festgestellt. Eins der zur Abwehr aufgestiegenen englischen Flugzeuge ist über London abgeschossen worden. Auch auf Margate an der Ostküste Englands wurden Bomben abge­worfen.

Unsere Flugzeuge sind sämtlich zurückgekehrt bis auf ein auf See notgelandetes, das von unseren Seeftreitkräften nicht mehr geborgen werden konnte.

In den Luftkämpfen und durch Abwehrfeuer an der Front haben die Gegner gestern 9 Flugzeuge eingebüßt. Eins davon ist durch Leutnant Wolff abgeschossen worden, der damit den 33. Luftfieg errang.

Die Krise.

Die Presse ist voll von Gerüchten über Stand und vermut lichen Ausgang der gegenwärtigen Krise. Von einer Seite wird behauptet, daß es dem Reichskanzler durch seinen Vortrag beim Kaiser gelungen sei, seine Stellung von neuem zu befestigen, von anderer Seite werden schon die Namen seiner voraussichtlichen Roedern und andere.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Front des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern. Heeresgruppe des Generaloberst v. Boehm.

Ermolli.

Auf dem Kampffeld zwischen Strypa und Zlota Lipa haben die Ruffen ihren Angriff nach den nußlosen Opfern der Vor­tage nicht erneuern können.

Heute morgen brach ein Angriff ohne Feuervorbereitung bei Zborow verlustreich zusammen.

Bei Stanislau ist gestern und heut früh gekämpft worden. Defterreich- ungarische Regimenter wiesen dort im Nahkampf mehrere russische Divisionen ab, deren Sturmwellen, durch unser Vernichtungsfeuer gelichtet, bis an die Stellungen vor­gedrungen waren.

Auch bei Huta im aberen Teil der Bystrzyca Solotwinska wurde ein Angriff der Ruffen abgeschlagen.

Bei den übrigen Armeen der Oftfront hielt sich die Ge­fechtstätigkeit in mäßigen Grenzen.

An der

Mazedonischen Front

ift die Lage unverändert.

C

Der Erste Generalquartiermeister.

Lubendorff.

Abendbericht.

Berlin , amtlich. 8. Juli abends.

Am Chemin- des- Dames südöstlich von Pargny­Filain brachte uns ein Angriff beträchtlichen Raum­gewinn und über 700 Gefangene ein.

Im Osten haben heute die Russen bei Stanislau er. neut angegriffen und Gelände gewonnen.

Der österreichische Bericht.

Wien , 8. Juli. Amtlich wird verlautbart: Destlicher Kriegsschauplah.

I

In den Karpathen nur mäßiges feindliches Artilleriefeuer und geringe Aufklärungstätigkeit. Bei Stanislau hat der Feind seine Angriffe gestern und heute früh mit großer Zähig­keit wiederholt; nach einem mißlungenen schwächeren Vorstoß sette er gegen 1 Uhr nachmittags starke überlegene Kräfte zum entscheidenden Stoß gegen unsere Stellungen beiderseits der Straße Stanislau- Kalusz ein. Alle Angriffe zerschellten an der tapferen Haltung und dem vortrefflichen Zusammenwirken aller Waffen unserer Miskolczer Division . Der an wenigen Stellen in die vordersten Gräben eingedrungene Feind wurde durch sofortigen Gegenangriff geworfen. Ein weiterer An­griff in den Abendstunden wurde schon durch unser Artilleries feuer niedergehalten, auch blieb ein heute früh ohne Vorberei­tungsfeuer unternommener Vorstoß ergebnislos. Im Tale der Bystrzyca Solotwinska nächst Huta hat der Feind ebenfalls stärkere Kräfte zum Angriff angeseht. Das bewährte schlesische Infanterie- Regiment Kaiser und König Franz Josef I. Nr. 1 behauptete hier in zähem Kampfe alle seine Stellungen. In den Hauptangriffsräumen der Vortage haben mit Ausnahme eines erfolglofen feindlichen Vorstoßes südwestlich Zborow keine größeren Kampfhandlungen stattgefunden.

Italienischer und südöstlicher Kriegsschauplak. Unverändert.

Der Chef des Generalstabes.

Hindenburg und Ludendorff sind, wie amtlich ge­meldet wird, nach Erledigung ihres militärischen Vortrages beim Kaiser Sonnabendabend wieder ins Große Hauptquartier zurück­gekehrt.

D

Gährung.

Die Sensationsente, die Sozialdemokraten hätten dem Rangler ein Ultimatum" gestellt und die sofortige Er­nennung führender Parlamentarier zu Ministern und Staatssekretären" verlangt, ist gestern vom sozial­demokratischen Fraktionsvorstand nach Gebühr dementiert worden. Ein vernünftiger Mensch konnte sich ohnehin sagen, daß kein sozialdemokraitscher und auch kein bürgerlicher Par­lamentarier mit gezogener Pistole vor den Reichskansler treten und ihm jagen würde: Ernenne mich auf der Stelle zum Minister oder ich schieße dich tot". Das mit dem Ulti­matum und der Forderung der sofortigen Ministerernennung ist also greifbarer Unsinn.

Liebenswürdige Kritiker, an denen es ja niemals fehlt, fönnten nunmehr schlußfolgern: Also die Sozialdemokraten fordern überhaupt nichts, und sie legen auf die Einführung des parlamentarischen Systems fein Gewicht. Solcher Ent­stellung muß von vornherein mit dem größten Nachdruck ent­gegengetreten werden.

Die Forderungen der Sozialdemokratie sind kein Ge­heimnis: Sofortige Demokratisierung Deutschlands und jo­fortige Erklärung nach allen Seiten, zu einem Frieden ohne Annerionen und Entschädigungen mit weitestgehenden inter­nationalen Sicherungen bereit zu sein. Zur sofortigen Demo­fratisierung gehört auch die sofortige. Einführung des parlamentarischen Regierungssystems. Wie sich Herr v, Bethmann zu diesem System grundsäh lich stellt, ist unbekannt. Reinesfalls hat er bisher Neigung gezeigt, ihm zugeständnisse zu machen.. Es ihm persön­I ich aufzudrängen. und ihn aufzufordern, sich mit einem Kranz parlamentarischer Staatssekretäre und Minister zu umgeben, wäre geschmacklos. Vielleicht wäre Herr v. Beth­mann durch seine Ueberzeugung genötigt, aus der Einführung des parlamentarischen Regierungssystems andere Konse­quenzen zu ziehen, und solche Ueberzeugung soll man respek­tieren.

Zum Wesen des parlamentarischen Systems gehört ferner auch, daß die Parlamentarier sich nicht um Ministerposten bewerben, sondern daß sie, weil man sie braucht, ein ge­Taden werden, in die Regierung einzutreten. Ob sie einer solchen Einladung Folge leisten, hängt von Umständen und Verhältnissen ab. So hat die österreichische Regierung v. Seid­ler die sozialdemokratische Partei eingeladen, den Genossen Dr. Renner in das Kabinett zu entfenden; die sozialdemo­fratische Partei hat aber diese Einladung abgelehnt.

Das parlamentarische System fordern heißt also nicht, einen bestimmten Reichsfanzler zur Ernennung von Parla­mentsministern auffordern, es heißt auch nicht, seine eigene Bereitschaft zum Eintritt in die Regierung erklären. Das sind Fragen, der Ausführung im Einzelnen, die erst gelöst werden können, wenn die grundsätzliche Frage selbst zur Ent­scheidung gekommen ist.

Man versucht jeßt, auf den Kaiser einzuwirken und ihm nahezulegen, daß er durch jedes Zugeständnis an das parlamentarische Eystem wichtige ronrechte preis­gebe. Aber diese Theorie der Preisgabe wirft legten Endes nicht monarchisch, sondern antimonarchisch, weil sie von der Vorstellung ausgeht, daß die Dynastie an Rechten desto reicher ist, je ärmer an Rechten das Volk und seine Vertretung find. Es ist eine gefährliche Lehre, die verkündet, daß ein Monarch desto höher stehe, je niedriger die Volfsvertretung gestellt sei, und es ist obendrein eine falsche Lehre. Nach dieser Lehre wäre beispielsweise einem Negerhäuptling, der gänz­Tich ohne Parlament regiert, eine höhere Rangstufe zuzuweisen als etwa dem König von Dänemark .

Ein Staatsoberhaupt kann in der Welt aber niemals mehr gelten, als sein Staat und sein Volk gilt. War in Europa vor dem Kriege der absoluteste aller Herrscher, der russische, vielleicht auch der angesehenste? Im Gegenteil! Dadurch, daß er sein eigenes Volk degradierte, degradierte er sich in den Augen Europas selbst. In der mo­Nach Mitteilungen der bürgerlichen Presse haben in der letzten dernen Welt gilt der Mann und das Volk, das Streben nach Nachfolger tolportiert: Graf Hertling , Fürst Bülow , Graf Beit im Reichstag interfrattionelle Beratungen Alleinherrschaft aber bringt weder Ruhm noch Gewinn. Es stattgefunden, an denen Zentrum sabgeordnete, Natio- find gefährliche Ratgeber, die einem Monarchen die Dinge so Merkwürdig ist bei alledem, daß sich die Presse nur für die nalliberale, Fortschrittler und Sozialdemokradarstellen, als wäre das, was das Volk als Gewinn für sich Personenfrage zu interessieren scheint, die doch verhältnismäßig ten teilnahmen. Der Zweck dieser Beratungen war die Ginigung betrachtet, für ihn selber ein Verlust. gleichgültig ist. Ob sich der Reichskanzler in seiner Stellung be- auf eine bestimmte Erklärung, in der die Reichstags mehr betrachtet, für ihn selber ein Verlust. Im Reichstag sind Bestrebungen im Gange, eine festigt oder nicht, ist viel weniger wichtig als die Frage, nach welchen heit, unabhängig von der Regierung, ihren Standpunkt zur ent- Mehrheit zu schaffen, deren Bestand die einheitliche Führung Grundsäßen die auswärtige und innere Politit des Reiches scheidenden Frage der auswärtigen Politik formulieren sollte. Die der Reichspolitik sichern soll. Die Bildung einer solchen weitergeführt werden soll. Vom Reichsfangler werden gerade seine Aussicht, zu einer Einigung zu gelangen, wird günstig beurteilt. Mehrheit wäre ein spätes Glüd. Sie wäre ein doppeltes Selbstverständlich hat sich noch keine Partei offiziell zu Glück, wenn sie sich energisch zu den bekannten Notwendig­diesen noch schwebenden Verhandlungen geäußert. Das kann auch feiten der deutschen Politik nach außen und nach innen be­von sozialdemokratischer Seite erst geschehen, wenn sie abgeschloffen kennen wollte. Aber den Nugen, den das Volk von ihr er. sind. wartet, tönnte sie nur dann stiften, wenn sie frei von persön­

Freunde annehmen müssen, daß er bei seinem letzten Vortrag nicht für seine Stellung gewirkt hat, sondern für die Anerkennung von Grundsäßen, durch deren Anwendung das Reich bestehen und wieder gedeihen kann.