Nr. 211.
34. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 151 90-151 97.
Sonnabend, den 4. August 1917.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. #ernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.
Czrnowitz und Kimpolung.
Zur Politik des 4. August.
Sehr
Aus dem in den nächsten Tagen erscheinenden Werk: Margismus, Krieg und Internationale". Kritiiche Studien über offene Probleme des wissenschaftlichen und praktischen Sozialismus in und nach dem Weltkrieg. Von Dr. Karl Renner , Mitglied des österreichischen Reichsrats. Verlag von J. H. W. Diez Nachf., G. m. b. H., Stuttgart . Die Tatsache, daß die Proletariate aller friegführenden Länder spontan, scheinbar wider die Verabredung und doch beinahe wie auf Verabredung die Sache ihres Volkes und Landes sofort zu der eigenen gemacht haben, hat das ganze überlieferte Denken der Sozialisten herausgefordert und ihr Gewissen mit Recht gequält. wenig von solcher Qual haben wir bis in die letzten Tage bei den Franzosen entdeckt, am meisten bei den Russen und Deutschen , die auch damit beweisen, daß ihre sozialistische Erziehung tiefer geht als bei anderen Völkern. Diese spontane Gleichartigkeit des Handelns gehört der Geschichte an, und also' bedurfte sie der wissenschaftlichen Erklärung. In gewissem Sinne ist der Marrismus die Lehre vom prolctarischen Massenhandeln, die Wissenschaft, welche die Bewegungen der Arbeiterklasse begreift und erklärt und die Arbeiterflasse so über sich selbst verständigt, auf daß sie nicht bloß instinktiv, sondern bewußt handle. Cinzelne fönnen irren und von der Wissenschaft gehofmeistert werden aber wenn die Proletariate ganz Europas spontan, in überwältigender Einmütigkeit gehandelt haben, nicht nebenher, sondern in einer der größten Geschichtsfrisen, wenn diese Handlung der Geschichte angehört, so verrät der Versuch, ihnen wegen Verrats an der überlieferten Ideologie hinterher den Prozeß zu machen, nicht den wahren Geist der Wissenschaftlichkeit, sondern den Verdruß des Hofmeisters, dem man nicht folgt.
Zwei Probleme sind dem Marristen gestellt gewesen: erstens die zwingenden Gründe zu erklären, warum die Massen ausnahmslos, von der kleinsten Gemeinde und Hilfsaktion bis zu Parlament und Heer, sich zu ihrem Lande gestellt haben. Die Gründe, die in die Partei verfchlagene Kleinbürgeregistenzen anführen, als da sind Feigheit, Angst um die Stellen der Führer, Sorge um die Fonds, angeborene Bedientenhaftigkeit usw., stehen so tief, unter dem Niveau der Arbeiterklasse, daß sie nicht ernst zu nehmen sind. Es ist ja geradezu Beruf des Proletariats, Reben und Eristenz täglich und stündlich in die Schanze zu schlagen, in dieser Klasse hat die Feigheit wenig Raum, und thre führenden Männer find ganz überwiegend im Kampfe ausgelesen, so daß sie die Bescheinigung ihres Mutes gerade bor solchen Anklägern nicht erst zu erbringen brauchen. Es mußten also tiefere Gründe sein, welde die europäischen Proletariate bestimmt haben. Die zweite Frage aber lautete: Wenn also die gesonderte Solidarität eines jeden mit seinem Volke und Lande Tatsache ist, wo bleibt dann die internationale Solidarität und die gemeinsame Frie densbürgschaft?
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Englische Angriffe bei Nieuport, Birschoote und Langemarck gescheitert- Bombardement von Roulers Erfolg bei Cerny Kämpfe am mittleren Zbrucz Czernowik genommen Durchbruch bei Slobodzia und Dawidenh Kampf in Kimpolung. Amtlich. Großes Hauptquartier, den 3. August 1917.( W. Z. B.)
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Weftlicher Kriegsschauplah. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht.
An der flandrischen Schlachtfront war gestern bei regnerischem Wetter der Feuerkampf nur an der Küste und nordöstlich von Ypern besonders heftig.
Vorstöße der Engländer an der Straße Nieuport- Westende östlich von Birschoote scheiterten, ebenso stnrke Angriffe bei Langemard.
Roulers, wohin sich ein großer Teil der belgischen Bevölke rung aus der Kampfzone vor dem Feuer ihrer Befreier geflüchtet hatte, wurde vom Feinde mit schwersten Geschüßen beschossen.
Borfeldgefechte nördlich des La Baffée- Kanals sowie bei Monchy und Harrincourt verliefen für uns günftig..
Heeresgruppe Deutscher Kronprins Westlich von Allemant an der Straße Laon- Soiffons brangen französische Kompagnien vorübergehend in einen unserer Gräben; fie wurden sofort wieder vertrieben.
Bei Cerny vervollständigten unsere Truppen den Kampferfolg bes 31. Juli. Sie bemächtigten sich durch Handstreich der fran zösischen Stellung am Südausgang des Tunnels, hielten sic gegen mehrere Gegenangriffe und führten zahlreiche Gefangene zurüd.
Auf dem linken Maas - Ufer wurden morgens und abends nach starker Feuervorbereitung geführte Angriffe der Franzosen beiderseits des Weges Malancourt- Esnes abgeschlagen.
Deftlicher Kriegsschauplah.
Front des GeneralfeldmarschaII8 Prinz Leopold von Bayern. Heeresgruppe des Generalobert v. Boehm.
Ermolli.
Deftlich von Hufiatyn örtliche Kämpfe.
Troz zähen Widerstandes der Russen wurden mehrere Ortschaften am Unterlauf des Zbrucz im Sturm genommen. Bayeririscher Landsturm zeichnete sich bei der Eroberung von Kudrynce besonders aus.
Zwischen Dnjeftr und Pruth hielt der Feind vormittags noch stand. In den ersten Nachmittagsstunden begann er unter dem Druck der Gruppe des Generals der Infanterie Litmann nachzugeben und abzuziehen. Die nördlich von Czernowiß aufflammenden Dörfer kennzeichneten seinen Weg.
Hente früh sind von Norden österreichisch- ungarische Truppen des Generaloberst Kritek, südlich des Pruth von Westen her t. n.
1. Truppen unter persönlicher Führung Seiner Kaiserlichen Hoheit des Heeresfrontkommandanten Generaloberst Erzherzog Joseph in Czernowis eingedrungen.
Die Hauptstadt der Bukowina ist vom Feinde befreit!
Weiter füdlich durchbrachen andere Kräfte der Front des Generalsbert Erzherzog Jofeph schon gestern die russischen Stellungen bei Slobodzia und Dawideny.
Czeudyn im Tal des Kleinen Sereth, Saden und Falken in der Suczawa wurden genommen; in Kimpolung dringen öfterreichisch- ungarische Truppen im Häuserkampf vorwärts.
Auch in den Bergen auf beiden Bistritz - Ufern wurden kämpfend Fortschritte erzielt.
Am Mgr. Casinului waren neue Angriffe des Geguers vergeblich und für ihn verlustreich.
Abendbericht.
Amtlich. Berlin , 3. August 1917, abends. Im Westen dauert die Kampfpause in Flan dern noch an.
Im Osten ist durch den Siegeslauf der verbündeten Truppen Galizien fast völlig, die Bukowina bereits zum größten Teil vom Feinde befreit.
Der österreichische Bericht.
ien, 3. August 1917.( W. Z. B.) Amtlich wurd berlantbart:
Deftlicher Kriegsschauplah.
Czernowit ist seit heute früh zum dritten Male aus Russennot befreit. Der Feind gab die Stadt erst nach erbitterten Kämpfen preis. Bei Komanestic warfen gestern die Truppen des Generalobersten von Köves in kräftigen Angriffen die russischen Linien, wobei das Infanterie- Regiment Nr. 101( Bekescsaba ) besonders Gelegenheit fand, seine kriegerische Tüchtigkeit zu beweisen. Gleichzeitig mußten zwischen Pruth und Dnjestr die Russen dem Drucke deutscher und österreichisch- ungarischer Bajonette weichen und gegen die Grenze zurückgehen. Heute früh rückte, während über die Pruthbrücke kroatische Abteilungen in Czernowitz eindrangen, von Süden her der Heeresfrontkommandant Generaloberst Erzherzog Joseph an der Spitze unserer Regimenter unter dem Jubel der Bevölkerung in die befreite Stadt.
Nördlich des Dnfeftr versuchte der Feind an mehreren Stellen, durch Gegenstoß Entlastung zu. gewinnen; er wurde überall abgewiesen. Die Säuberung des Zbrucz- Winkels ist abgeschlossen.
In der südlichen Bukowina wurde Kimpolung bescht. In der Dreiländerede das Westufer der rumänischen Bistrita erreicht.
Zwischen dem Ditoz- Baß und dem Cafinu- Tal scheiterter neuerlich mehrere mit erheblichem Kraftaufwand geführte Angriffe des Feindes.
Nichts Neues.
Der Chef des Generalstabes.
Weil diese zweite Frage so tiefernst ist, weil sie mit Recht einen Teil der Zinken aller Ränder bewegt und der innerste Antrieb ihrer Unruhe ist, deshalb soll diese Linke innerhalb der Partei von jedermann mit Achtung gehört werden, soIange sie mit Achtung fragt, von Entstellung und Verleumdung sich freihält und die Partei des Proletariats, dessen Sie sind in der widerspruchsvollen Lage, daß die Vorteile den Staat als organisierte Volksgesamtheit von dem Staate einzige politische Waffe, nicht in Scherben schlagen will oder des gemeinen Wesens zwar in erster Linie, wenn auch nie als Herrschaftseinrichtung schärfer zu unterscheiden. Das geschlagen hat. In dem tragischen Konflikt allein, den herrschenden Klassen zufließen, die Nachteile aber englische Proletariat zum Beispiel, das in England beinahe zwischen Volksfolidarität und internatio- vorwiegend ihnen. Nehmen wir an, das Proletariat eines schon der Volkskörper ist, kann nicht gegen den Staat als naler Klassengemeinschaft vertritt sie die zweite Landes wäre von einer geseklosen und tyranni- Volksförper, das ist gegen sich selbst, sein, wohl aber gegen Notwendigkeit mit Vernachlässigung der ersten, aber ihr schen Regierung gepeinigt und ein Nachbar wollte es den Staat als Herrschaftseinrichtung. Das englische ProleFehler ist dabei eher verzeihlich als der andere, der die Idee durch einen Krieg befreien". Die Niederlage würde es mit tariat muß auch eine lange Reihe von Gesezen positiv votieren, der Internationale um der Volkssolidorität willen als über- Serstörung und Elend schlagen, sie wäre doch in erster Linie die den Volkskörper betreffen, denn es fann nicht gegen sich holt preisgeben zu müssen glaubt. Auf beiden Enden können die Niederlage des Proletariats. Denn das vergessen die selbst stimmen. Zugleich aber wird es wider den Staat als gleich gute und überzeugte Sozialisten stehen, ja auch gleich Theoretiker der Linken: auch die politische Emanzipation des Herrschaftseinrichtung der Kapitalistenklasse sich stellen und gute Marristen, sie sind nur auf beiden Seiten gleich einseitig. Proletariats, die soziale Demokratie, ist nur zu haben vom alle Mühe aufwenden, diese Einrichtung zu ändern. Das Die Reiten find längst vorbei, wo das Proletariat reifen Baume der kapitalistischen Entwicklung, nicht vom aber ist nicht bloß Sache eines Beschlusses, das ist schwerer außerhalb der Stände der bürgerlichen Gesellschaft eine un- vcrfrüppelten Krummholz eines 3er Kampf und fordert lange Arbeit. Schwerlich hat es die Mögwesentliche Minderheit des Staates war, gleichsam der kleine, schmetterten Wirtschaftskörpers! Ein solcher lichkeit, diese Einrichtung mitten im vollen Kriege auszufinstere Hinterhof eines sehr weitläufigen Gesellschaftsbaues. Befreiungsversuch erinnert an den Bären, der die Bremse auf tauschen und an Stelle der bestehenden sofort eine andere deffen neun Zehntel von Herren, Groß- und Kleinbürgern des schlafenden Mönches Stirne mit einem Steinblod erschlägt Organisation zu seßen, also in der Stunde der höchsten Gefahr und Bauern ausgefüllt waren. Dos Umgekehrte ist einae- und den Beschützten mit. Da jeder Krieg heute die Volksge den Volksförper in vorübergehende Anarchie zu stürzen. treten: das Proletariat ist die zahlreichste samtheit und das gesamte Volksvermögen in seinen Dienst Diese Umstände bewirken, daß die Proletariate, je reifer sie Klasse jedes Gemeinwesens geworden und nimmt, verbietet sich jeder Vergleich mit früheren Kriegen, sind, einen je größeren Teil des Volkskörpers fie ausmachen, vielfach geradezu dessen Träger. Die altbiraerliche Gesell- in denen im Grunde nur ein Herr den anderen verjagte, um um so mehr in die Zwangslage geraten sind, auch schaft hat ein Proletariat als unnötigen, entstellenden Aussaß sich an seine Stelle und über einen Volkskörper zu setzen, der den Staat als Einrichtung vorübergehend, vor allem im an dem Leibe der Gesellschaft empfunden in hochentwickel- im großen ganzen von dem Wandel wenig berührt wurde. Kriege, zu der ihrigen zu machen: in England und Frankreich ten Industriestaaten empfindet sich das Proletariat als den Mit der fortschreitenden Durchstaatlichung der Volks- find Vertreter des Proletariats in die kriegführende Reeigentlichen Volkskörper und den Ausbeuter als einen Para- wirtschaft müssen wir immer mehr damit rechnen, daß das gierung eingetreten, in Deutschland und Desterreich nicht, in fiten daran. Je mehr das Proletariat fortschreitet, um fo Schicksal des Proletariats eines Landes mit dem Geschick des dem fapitalistisch weniger entwickelten Rußland und Italien mehr wird es mit dem Gemeinwesen in dem es lebt, identisch. Staates zusammenfällt. Schon heute empfinden die Prole- stehen die Proletariate in den ersten Kriegsphasen ganz Jede Gefahr, die dem Gemeinwesen droht, bedroht um so tarier: wir sind das Volf, wir sind der Staat! abseits.. mehr auch die arbeitenden Klassen und gerade sie am meisten. Damit erwächst der sozialistischen Theorie die strengste Pflicht,
Die bloße Tatsache, daß, je entwickelter ein Proletariat