welche Relation Mischen dem Gold- und Silberpreisefür eine internationale Regelung vorzuschlagen ivcire,undob nicht die von verschiedenen Seiten vorgeschlagenenHeilmittel vielleicht gefährlicher wären wie die Silber�. trankheit selbst.AIT dies wußten wir schon vor dem Zusammentritteder Währungsenquete. So bleibt trotz des Vorbehaltesweiterer Erwägungen der Reichsregierung alles beim Alten.Wir haben in diesem Falle keinen Anlaß, dies zu bedauern.Es mag voni Staudpunkte der Reichsregierung taktischnothwendig gewesen sein, die Silberkomniission tagen zulassen, damit den Agrariern für einige Zeit der Mundgesperrt werde. Der naiven Hoffnung, daß man diebimetallistischen Interessenten durch die Vorträge einigerProfessoren überzeugen könne, hat sich wohl niemand hin-gegeben. Statt derartiger fruchtloser Enqueten wären genaueUntersuchungen über die Lage der Arbeiter viel nützlicher,fruchtbringender und dringender. Daran denkt man abernicht im Reichskanzleramte. DaS himmelschreiende Elendder Arbeiterklasse läßt die Herrschenden kalt, die Krokodils-thräilen der Agrarier setzen dagegen sofort den ganzen Regierungsapparat in Thätigkeit.—Zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbswird gegenwärtig im Reichsamt des Innern ein Gesetz-cntwurf ausgearbeitet. In demselben ist freilich keine Redevon der u n l a u t e r st e n Art des Wettbewerbes, die inder unbeschränkten Ausbeutung der Arbeiter besteht. WoStaat oder Gemeinde als Unternehmer dastehen, gehen siefast ganz in dem Geleise der Privatunternehmer, und beider Vergebung öffentlicher Arbeiten an diefe wird alleseher in Betracht gezogen, als das Verhältniß der Unter-nehmer zu den Arbeitern. Dem Verlangen der Sozial-demokratle an Staat und Geinemden, wenigstens auf diesemGebiete Normativbestimmungeu zu erlassen, die ein Höchst-maß der Arbeitszeit und ein Mindestmaß des Lohnes, dasauch nur einigermaßen zu einer annähernd menschlichenLebenshaltung hinreicht, festsetzen, stößt auf den hart-näckigsten Widerstand der Regierungen und Behörden, diein demselben von allen bürgerlichen Parteien gleichmäßigunterstützt werden. Was von dem Gesetzentwurf der Reichsregierung verlautbart, ist weiter nichts, als kleinliche Be-stimmnngen im Bereiche des Verkehrs oder zum Schutze derUnterilehmer selbst.—Schlaf- und Heucheltante Boß,„vosstsche Zeitung,königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- undgelehrten Sachen" über die„Unabhängigkeit der Richter"!Der Haupteigenthümer der„Vossischen Zeitung" ist be-kanntlich der Landgerichts- Direktor a. D. und MillionärL e s s i n g. Dem Mann hatte Niemand bei seiner Pemsiomrung eine Tbräne nachgeweint. Nach seiner Peusionirungspielte Herr Lessing in dem Prozeß Marx wider„Frei-finnige Zeitung", in der Eugen Richter für Herrn Lessingeine vergiftete Lanze zu brechen versucht hatte,eine insofern auffallende Rolle, als drei gelehrteRichter Herrn Lessing urkundlich attestirten, daßseine zeugeneidliche Bekundung die objektive Wahrheit nichtwiderspiegele. Besagtes Organ des Herrn Lessing hielt esfür richtig, vor wenigen Tagen einen einer offiziösen Zeitungwürdigen Artikel zu bringen, in der es die angebliche„Unabhängigkeit der Richter" glorifizirte und ivenigliebenswürdige, hämische Bemerkungen darüber seinenLesern vorsetzte, daß Herr Landgerichts-Direktor SchmidtEnde 1893 um seine Peusionirung eingekommenwar. Insbesondere imputirte es dem Herrn Schmidt,daß er aus„Ueberfluß an Empfindlichkeit undPrivatvermögen" seine Stellimg niedergelegt habe. HerrLandgerichtsdirektor Schmidt gehört zu jener im Aus-sterben begriffenen Gattung von Richtern, die mit sittlichstemErnst unabhängig eine Verhandlmig leiten und deshalbselbstverständlich insbesondere den Herren Wadelstrümpflernin der Seele zuwider sind. Herr Schmidt sendet der„Vossischen" auf ihre plumpe Anzapfung folgende Berichti-gung zu:„Meine Enthebung vom Vorsitz einer Strafkammer durchVersetzung an eine Zivilkammer ist im Schooße des Land-gerichts- Präsidii angeregt, von diesem letzteren aberdurch Beschluß vom 9. Dezember 1898 abgelehnt worden.Demnächst habe ich mich außerhalb jener Sitzung freiwilligzur Uebernahme des Vorfitzes einer Zivilkammer erboten. Dies'hah aus Gründen, die ganz und gar außerhalb meinerPerson lagen, und die sich deshalb der öffentlichen Mittheilungentziehen. Zu meinem Abschied, den ich zehn Tage spätererbat, bestimmten mich die Motive jener Anregung, meine un-freiwillige Versetzung an eine Zivilkammer herbeizuführen, dierch unter anderen Umständen als einen Vorzug angesehen habenwürde. Ob ich dadurch einen„Ueberfluß an Em-pfindlichkeit" verrathen, ist Sache des subjektivenEnifindens. ,P r i v a t v e r m ö g e n" besitze ich in sobescheidenem Umfange, daß die Penstonirung in Verbindungden Junker. Ich werde ihn warnen; er muß fliehen, undDich mit sich nehmen, ohne zu wissen, wer Du seist, dennder Erklärungen und Einwendungen wäre dann kein Ende,und dennoch ist die Zeit nur allzugemessen. Muth, meineFreundin! Dagobert ist ein edler Mann; er wird Dichnicht verlassen."" Vermummt folgte ich Euch, und über-lasse es Eurem Edelmuthe, ob Ihr Fiorillens Zusage er-füllen wollt."„Ob ich will, ist keinem Zweifel unterworfen," ant-wortcte Dagobert kurz und gemessen, denn er suchte hinterdieser Kürze den wahren unruhigen Zustand seines Herzenszu verbergen.—„Aber", setzte er bei:„armes Mädchen!Wohin soll ich Dich führen? Gen Frankfurt, wo DeinVater im Kerker liegt?"—„Mein Vater ist unschuldig anjedem Fehl— o gewiß! glaubt es mir!" versetzte Esthermit Zuversicht:„Gewiß kömmt er mir ohne Fesseln bereitsentgegen, und— wäre es nicht,— so bin ich in des altenJochais Armen aufgehoben wie im Schooße der Mutter!"—„Wohlan denn!" sprach Dagobert:„So reiten mir nochdiese Nacht. Jenes Dach beherbergt meine Rosse und meinenKnecht. Folge mir bis dahin, und wir wollen überlegen,wie Dn am schnellsten fortzubringen bist."— Er unter-stützte sie während des kurzen Gangs.—„Hast Tu auchalles überlegt?" fragte er an der Herbergspsorte noch dasMädchen:„Ich bin ein junger wilder Geselle, dessen ArmDich schon einmal umfing, dessen Lippen schon einmalaus den Deinen ruhten. Hast Du jeuer Zeit vergessen,oder meinst Du, ich hätte es gethan? Hegst Du Vertrauenzu mir, und übergiebst Dich mir auf der weiten Fahrt ohneSche», ohne Mißtrauen?"—„Ob ich jeuer Zeit ver-gcssen?" fragte Esther entgegen mit leuchtendem Blicke:„Ihr scherzt wohl, edler guter Herr. Aber so wahr alsmit anderen sehr herben Schicksalsschlägen, die meine FamilieneuerdingS betroffen, mich in eine recht wenig günstige malerielleLebenslage versetzt hat. Berlin, 6. Juni 1894. AlexanderSchmidt, Landgerichts-Direktor a. D."Anläßlich des PlanS, Herrn Schmidt aus der Straf-kanimer-Abtheilung zu drängen, hatten wir(am 18. Dezember1893) geschrieben:„Der langjährige Vorsitzende der erste» Strafkammer amLandgericht Berlin I, Landgerichts-Direktor Schmidt, soll mitAblauf dieses Jahres in die Zivilabtheilung des Landgerichts Iübertreten und die Kammer für Ehesachen übernehmen. Mitihm würde der unstreitig geistig und juristisch bedeutendsteVorsitzende der hiesigen Strafkammer zu Zivilsachen übergehen.Seine umsichtige Leitung der Verhandliingen und Klarheitbei der Urtheilsverkündigung trat besonders in langeTage andauernden Prozessen gegen Gauner, Betrüger,Wucherer und dergleichen hervor. Offenbar war ge-gerade Schmidt auch in politischen Prozessen bestrebt,unparteiisch die Wahrheit herauszufinden und ohne politischeVoreingenommenheit zu erkennen. Wenngleich von unserenGenossen manche auch unter seiner Leitung eine harte Strafeerlitten haben, so ging doch die allgemeine Ansicht dahin, daßSchmidt selbst ungern politische Ansichten in Strafgesetz-Paragraphen zu stark einklemmen wollte. Ob die Heberzeugung, daß auf die Dauer kein Richterkollegium dem Andrängen politischer Gewalten widerstehen kann, ihm die strafrechtliche Thätigkeit verleidet hat, ist uns unbekannt.".Seine jetzige der„Voß" übermittelte Berichtigungzeigt, daß wir damals nicht falsch kombinirteu. Selbst-verständlich hatte Ende Dezember 1893 fast die gcsammtegegnerische Presse den Fall Schmidt todtzuschw eigengesucht.—Unterricht in der Technik des Zeitungswesenssollte allen Richtern und Staatsanwälten ertheilt werden,damit nicht so häufig die Urtheile über Preßsündcr so uu-verständlich für jeden Kenner des Zeitungswesens ausfallen.Wir werden zu diesem Rathe durch eine Bemerkung ineinem vom Wittlager Schöffengerichte gefällten Urtheile,das von zwei höheren Instanzen bestätigt wurde, veranlaßt.In demselben wird„festgestellt", daß unter allen Umständenvorauszusetzen ist, daß der Verleger von dem Inhalt derZeitung vor ihrem Erscheinen Kenntniß genommen habenmuß! In dem Urtheil heißt es: Es sei erwogen, daß nachs 21 des Preßgesetzes für den strafbaren Inhalt einer Zeitungder Verleger haftbar ist. Daraus ergebe sich, daß der Ver-leger nach dem Gesetz von dem Inhalt der von ihm ver-legten Zeitung Kenntniß nehmen soll, und hieraus folgeweiter, daß der Verleger keinen Grund zur Beschwerde hat,wenn jemand in der Annahme, daß er seiner gesetzlichenVerpflichtung nachgekommen, bei ihm eine Kenntniß des In-Halts der von ihm verlegten Zeitung annimmt.Wer nur etwas von der Technik des ZeitungSwesensversteht, weiß, daß bei einem Tageblatte mit mehrerenRedakteuren, und andere giebt es ja nur inverschwindender Anzahl, selbst die Redakteure über den In-halt der von ihnen nicht bearbeiteten Ressorts erst gleich-zeitig mit den anderen Lesern des Blattes Kenntniß erhalten;dies ist umsomehr der Fall beim Verleger, der mit geschäft-lichcn Arbeiten belastet, weder Zeit noch Gelegenheit denInhalt des Blattes vor der Drucklegung zu prüfen, wasja auch nur in seltenen Fällen von den Redakteuren ge-duldet würde. Wozu hat übrigens das Preßgesetz die Zeich-nung durch einen verantwortlichen Redakteur den Zeitungenzur Pflicht gemacht, wenn auch der Verleger haftbar ge-macht werden kann. Die Vernehmung von Sachverständigenbei Preßprozessen müßte in jedem einzelnen Falle durch-gesetzt werden, um unseren Richtern und Staatsanwältenwenigstens etwas Verständniß von der Technik des Zeitungs-wesens beizubringen.—Ein juristischer Pinsel phantasirt in der„KölnischenZeitung", die durch den Boykott geschädigten Brauer könntenauf dem Wege der Zivilklage Entschädigung von den Ver-anstaltern des Boykotts erlangen. Kein Zweifel, siekönnen es, wenn die Richter Umstürzler find, lind dieSozialdemokraten und anderen bösen Menschen aufstachelnwollen, die u n g e z ä h l t e n M i l l i o n e n, um die siedurch das Sozialistengesetz, durch alle möglichen sonstigenMaßregelimgen, durch Militärboykott u. s. w. geschädigtworden sind, auf dem Zivilwege von den Urhebern einzu-klagen— was beiläufig vielleicht einmal geschehen dürfte.Jedenfalls kämen wir bei solchen Klagen und Gegenklagen'ehr gut weg. Für jeden Pfennig, den man von uns'ordert, würden wir eme Krone zn fordern berechtigt sein.Also nur zu!—Politische Heuchelei schlimmster Sorte ist eS, wennbürgerliche Blätter jetzt vom Brausewetter-Fieber ergriffen,die Behauptung aufstellen, der Ruf der deutschen Justiz,der bisher makellos gewesen, fange seit Kurzem an, sichtark zu trüben. Wir wüßten nicht, daß der Ruf. derzeutschen Justiz jemals ein makelloser gewesen sei.„Diediese Hecken um uns her den Frühling künden durch ihreKnospen, so wahr ist das Vertrauen zu Euch, das in mirlebt. Aus der weiten Well lebt keiner, dem ich so zn-versichtlich mein Leben anvertraue und meine Ehre. Ihrwerdet mich führen zum Vater, Ihr werdet durch Eure'romme Hilfe meinen Pfad ebnen, und den Frieden in meinHerz zurückbringen, wie die scheidende Sonne den Thau aufdie lechzende Wüste. Denn auch Ihr werdet dann scheidenvon mir, und nur die Erinnerung in meiner Seele lassenund die Dankbarkeit, die nimmer verlöschende. MeinGebet für Euch sei Friede, und der hochgelobte Gottverwirkliche hundertfältig den Segen, den schon jetztmein Mund vom hohen Himmel herab auf Euch lenkenmöchte!"„Genug Z genug!" fiel hier Dagobert rasch und ab-stoßend ein:„Laß uns erst ans Ziel gelangen, und mögees für Dich ein erwünschtes sein. Die Vergangenheit werdenie zwischen uns berührt, und Deine Gesinnung über diesenPunkt giebt mir erst den Muth, Dein Gefährte zu bleiben,bis an Frankfurts Thore. Von da aus findest Du denWeg ips Vaterhans allein, und unter uns sei.es, alshätten wir uns nie gekannt."„So sei es!" flüsterte Esther zögernd und kleinlaut,während Thränen ihre Wangen benetzten. Der jungeMann hingegen, der jetzt erst einen großen Sieg über seineigen Herz davon getragen, und nun den Talisman ge-ünden zn haben vermeinte, jeder Versuchung zu wider-stehen, ging sorglosen Muthes hin, die Rosse zu rüsten, undalles zu der Reise vorzubereiten, die auch mit dem erstenFrühstrahl angetreten wurde.(Fortsetzung folgt.)Richter in Berlin" des Potsdamer WindmÜllers sind be«kanntlich ein Stückchen„Friedericianischer" Mythe, dieüberall da, wo die Kritik ansetzt, in blauen Dunst zerfließt,und von Franz Mehrina in seiner trefflichen„Lessing-Legende" meisterhaft aufgelöst worden ist. Die deutscheJnquisitions- und Kabinets-Justiz von 1848 war in allerWelt berüchtigt und auch seit 1843 hat unsere Justiz, mitsehr vereinzelten Ausnahmen, keine Lorbeeren geerntet.Fälle, wo unsere Justiz sich von der herrschendenReaktionsströmung freigehalten hätte, sind sehr dünngesäet, und um uns blos auf die„glorreicheAera Bismarck" zu beschränken, so sei hier nurhingewiesen auf die unzähligen Soziali st en Prozessevom Leipziger Hochverrathsprozeß an bis zum ElberfelderProzeß, auf die D i ä t e n p r o z e s s e und auf die Hoch-verraths- und Aufruhrsprozesse mit ihren Verurtheilungenzu Zuchthaus— Justizthaten, neben denen die neuesteBrausewctterei wie eine Mücke neben einem Elephantenerscheint.Der wohlerzogene, in Gottesfurcht, frommer Sitte undUnterthanentreue aufgewachsene Deutsche hat gar nicht dieFähigkeit, zu verstehen, woher die Empörung der Engländerüber die„ S t e r n k a m m e r" kommt— an Sternkammern,wenigstens an Sternkammer-Urtheile, sind wir Deutschegewöhnt seit Jahrhunderten.—Nachwahl zum Landtage. Wie die„Breslauer Zei-tung" meldet, ist bei der Landtags-Ersatzwahl in OppelnMajor Szmula(Zentrum) mit 229 Stimmen gegen denDomänenpächter Reymann(kons.), welcher 178 Stimmenerhielt, gewählt worden.—Tie Kulturaufgaben leiden nicht. Der„Frank-furter Oder-Zcitung" entnimmt die„Volks-Zeitung" diefolgende Meldung aus dem Dorfe E s ch b r u ch:„Nachdem schon mindestens zehn Jahre hindurch über denNeubau eines Schulhauses mit zwei Klaffen und zwei Lehrer-Wohnungen(der jetzige Lehrer unterrichtet bereits seit zwölfJahren etwa 140 Kinder) verhandelt wird, ist jetzr gelegentlicheiner Reparatur der eine Dachgiebel herabgestürzt. Ein weiteresUnglück ist glücklicherweise nicht zu verzeichnen, denn der einemilheruntergefallene Zimmergeselle kam mit einigen Ver-stauchungen davon. Die Decke in der Oberstube der Lehrer-wohnung droht schon seit langer Zeit einzustürzen und ist jetztmit einer Versicherung versehen worden. Da jedoch der ein-gefallene Giebel mit Bretterschalen verschlagen ist, so sind dieRäume unbewohnbar geworden und dem Lehrer mußte dasSchulzimmer, dessen Decke ebenfalls dem Einsturz nahe war,und die deshalb neuerdings mit Steisstützen versehen werdenmußte, als Wohnzimmer überlassen werden. Ter Schulunter-richt wird vorläupg in der Kirche fortgesetzt, bis mielhsweiseein anderes Lokal m der Kolonie beschafft werden kann. Dernicht eingestürzte Giebel des Hauses steht ebenfalls schon ge-räume Zeit schief, ebenso der Schornstein. Da durch dendrohenden Einsturz des letzteren Lebensgefahr vorhanden ist,so will schon lange kein Schornsteinfeger in ihn steigen undihn reinigen."Tie Hertzka'sche Fsreiland» Expedition scheint nochrascher, als wir erwarteten, dem unvermeidlichen Schicksalverfallen zu sein. Wie aus anscheinend durchaussicherer Quelle verlautet, ist unter den„Pionieren", die sichEnde März 30 Mann stark unter Führung eines gewissenDr. Wilhelm in Hamburg einschifften, noch vor Erreichungdes gelobten Lands Streit ausgebrochen, so daß die Expe-dition wahrscheinlich vor Erreichung des Ziels wieder um-kehren wird. Und daS iväre das Gescheiteste; denn wenndie„Pioniere" wirklich bis in das ungastliche„Kenialand"vordringen sollten, so würden sie allem Vermuthen nachschwerlich je wieder zurückkommen. Denn ein tolleres, sinn-losere? Unternehmen— das wiederholen wir jetzt, mit ver-stärkter Wucht uns stützend auf die seitdem gemachten Er-fahrungen— ist niemals geplant worden; und es bleibtuns ein psychologisches Räthsel, wie ein-Mann gleichDr. Hertzka, der zwar ein schlechter Nationalökonom, aberunzweifelhaft ein guter Rechner ist, eine so verrückte Ideefassen konnte.—Zur Volksabstimmung über daS Recht auf Arbeitschreibt man uns ans Zürich:Wie vorauszusehen war, ist in der Volksabstimmung vomSonntag die sozialdemokratische Initiative für daS Rechtauf Arbeit mit großer Mehrheit abgelehnt worden; den72 813 Ja stehen 291 890 Nein gegenüber. Zu den ö2 000Antragnnterzeichnern der Initiative haben sich also 20 000Anhänger hinzugefnnden. Die sozialdemokratische Partei istvon diesem AbstimmungSresultat nicht überrascht. Ob«schon sie in den letzten Wochen eine fleißige Agitationin Wort und Schrift entfaltete, gab sie sich über den schließ-lichen Ausgang der Kampagne keinerlei Täuschung hin. Darumhaben aber auch die bürgerlichen Parteien nicht besonderenAnlaß zu triumphiren, abgesehen davon, daß 72 000 Bürger.welche sich für die Initiative erklärten,«ine keineswegs zu ver-achtende Zahl sind. Immerhin muß die große Schaar derVerwerfenden wieder einmal lehren, welche Riesenarbeit anAufklärung noch verrichtet werden muß, bis die Anhänger dersozialdemokratischen Ideen in der Schweiz zu einer emfluß-reichen Stellung in der Gesetzgebung gelangen werden.Im Einzelnen ist noch bemerkenswerth das Verhältniß derannehmenden zu den verwerfenden Stimmen in einer Anzahlvon Gemeinden und Kantonen. Im III. Kreise der StadlZürich erhielt die Initiative 2840 Ja(1492 Nein), im IV. Kreise778 Ja(777), Winterlhur 1499 Ja(IöI8), Beltheim 274 Ja(152), Oberwinterlhur 372 Ja(342). Neuhausen bei Schaff-Hausen 224 Ja(152). Stadl Basel 2384 Ja(3996), Bern2157 Ja(2881), Stadt Zürich 5848 Ja(7700), Cheaux-de-Fonds 1579 Ja(1870); von den Kantonen weisen günstigereVerbältniffe auf: Tesstn 1554 Ja(2292). Genf 3485 Ja(5770), Solothurn 2618 Ja(5338), Glarus 1504 Ja(2753),Basel-Stadt 2802 Ja(4225) u. s. w.Mit Sicherheit darf angenommen werden, daß die72 000 Bürger, welche sich für das Recht auf Arbeit erklärten,Sozialdemokraten sind, und damit zugleich deren Stärke ans»gedrückt ist. In einigen Jahren sollte eine neuerliche Heer-schau 100 000 ergeben!Die ständeräthliche Kommission, welche s. Z. das Rechtauf Arbeit vorberalhen, hat mit Mehrheit bcschloffen, dasbundesrälhliche Postulat, betreffend Arbeitsnachweisund Arbeitslosen- Versicherung dem Ständerathzur Annahme zu empfehlen.—Das Ziindhölzchen-Monopol i» der Schweiz. Unserschweizer Korrespondent schreibt uns:In der eben begonuenen Session der Bundesversammlungwird wieder über das Zündhölzchen-Monopol, das der National-rath in der Märzsesston mit 61 gegen 80 Stimmen abgelehnthat, verhandelt werden. Dasselbe war vorher vom Stänveralhangenommen worden, dessen Kommission beschlossen hat. aus das-selbe zurückzukommen. Man will nun auf Umwegen zum Monopolkommen. Es soll nämlich ein Gesetz zum Schutze der Zündholz-arveiter geschaffen werden, in welches das Verbot des Verbrauchs von gelbem Phosphor und das Recht zum Schließe»der hierzu dieueuden Betriebe gegen eine entsprechende Ent-