1. Beilage zum„Bomiirts" Berliner Volksblatt.Nr. 130.Freitag, den 8. Juni 1894.11. Jahrg.Noizlroklirk flnv:i. 8cImttKei88- Brauerei, Aktien-Gesellschaft,Berlin(und Tivoli).2. Brauerei F. Happoldt.3. Böhmisches Brauhaus, Kommemdit-Gesell-fchaft auf Aktien, A. Knoblauch.4. Brauerei Bar! vregery, Berlin(Adler-Brauerei).5. Vereius-Brauerei BixSori.6. Spandauer Berg-Brauerei, vorm. C. Vech-mann, Westend bei Charlottenbnrg.7. �htieu- vesellschalt Schloss- BrauereiSchöneberg.Nottttttnnales.Stadtverordileten-Versammlnng.Oeffentliche Sitzung vom Donnerstag. 7. Juni.Nachmittags S Uhr.Auf der Tagesordnung stehen zunächst Anträge desPetitionsausschusses.Eine am 1. September m I. im Bnggenhagen'schen Saalestattgehabte Versammlung von Handelsgehilsen und-Gehilfinnenhat an den Magistrat die Bitte gerichtet, gemäß Z 10öb derGewerbe-Ordnung die Sonntagsruhe im Handels-g e>v e r b e durch Ortsstatut wie folgt zu regeln:„In Engros-. Fabrik- und Bankgeschäften dürfenHandlungsgehilsen, Gehilfinnen, Lehrlinge und Haus-diener am Sonntag überhaupt nicht beschäftigt werden.In Verkaufsstellen aller Art dürfen Handlungsgehilfen,Gehilfinnen und Lehrlinge am Sonntag nur drei Stundenbeschäsligt werten und muß diese Beschäftigung um 10 UhrVormittags beendet sein."Ter Magistrat hat am 9. Januar die Petition abschläglichbeschiede», und die Petenten sind nunmehr bei der Versammlungvorstellig geworden. Bekanntlich hatte die Versammlung am3. März 1892 die Beschlußfassung über einen analogen AntragSinger ausgesetzt und einen Antrag angenommen, wonach derMagistrat zunächst versuchen sollte, bei den kirchlichen Behördendie Verlegung des Beginns des Haupt-Gottesdienstes auf 11 Uhrzu erlangen. Obwohl nun diese Versuche erfolglos geblieben sind.lehnt der Ausschuß es ab, die Petition zur Berücksichtigung zuempfehlen. da er mangels genügender Erfahrungen nicht füropportun hält, schon jetzt zu einer Aenderung der betr. Be-pimmungen zu schreiten. Nach seinem Vorschlags soll über diePetition zur Tagesordnung übergegangen werden.Auch die Petition von Vereinen hiesiger Gemüse-, Milch-und Kohlenhändler, sowie selbständiger Geschäftsleute wegenEinschränkung bezw. Beseitigung des Hausir-Handels auf bezw. von den Straßen und Plätzen Berlins sollnach dem Vorschlag des Ausschusses zur Tagesordnung über-gegangen werden. Der Ausschuß hat eine gewisse Schädigungder seßhaften Geschäftsleute durch den Straßenhandel zwar alsthatsüchlich zugegeben, dem Petitum aber doch nicht entsprochen,„da ja dann z. B. auch die kleinen Geschäfte gegendie großen Bazare u. s. w. in Schutz genommen werdenmüßten." Auch will der Ausschuß nicht bestreiten, daß ent-sprechend der Behauptung der Petenten durch die Hausirerminderwertbige und zweifelhafte Waaren auf der Straße ver-trieben werden, doch hält er dafür, daß eine Kontrolle derselbendurch die Sanitätspolizei doch wohl in demselben Maße möglichsei und auch stattfinde, wie in den Markthallen und in denstehenden Geschäften.Gegen den Uebergang zur Tagesordnung wird Einspruchnicht erhoben.Der zur Prüfung der Skizze zum Neubau der XI. Real-schule(höhere Bürgerschule) an der B o e ck h st r. 9/19 nieder-gesetzte Ausschuß hat sich auch mit einem Antrage auf baldigsteErrichtung einer V o l l a n st a l t im Stadttheil vor dem Halle-schen Thore zu beschäftigen gehabt, desgl. mit einem Schreibendes„Vereins für Schulreform", worin die Versammlung gebetenwird,„die Einrichtung einer Resormschule mit gemeinsamemUnterbau als eine zeitgemäße und nunmehr auch höchst dring-liche Aufgabe zu betreiben". In letzterer Beziehung hat der eineder beiden Stadschulräthe im Ausschuß angeführt, daß eine der-artige Einrichtung eine neue fundamentale Schöpfungim Schulwesen bedeute und ihre prinzipielle Erörterung nichtwohl Sache dieses Ausschusses sein könne; eine Reformschulenach Frankfurter oder Altonaer Muster bedeute aber jedenfallsgegen die Berliner Realschulen eine Rückschrittsschule insofern,als in den letzteren der fremdsprachliche Unterricht etwa vom13. Lebensjahre der Schüler ab beginne, während er in jenenbereits vom 9. Jahre ab gelehrt würde, womit den Gemeinde-schülern der Ucbertritt in die Reformschule nahezu unmöglichgemacht sei. Auch hätten sich die Ansichten über derartige Schulennoch keineswegs genugsam geklärt.Der Ausschuß hat die Resolution wegen der Vollanstalt mit7 gegen S Stimmen abgelehnt, die Vorlage mit einigen unter-geordneten Modifikationen angenommen, auch den mit 400 009 M.abschließenden Kosteuüberschlag genehmigt und schlägt vor, dasSchreiben des Vereins für Schulreform durch die Beschlußfassungüber die Vorlage für erledigt zu erklären.Die Versammlung tritt diesen Vorschlägen ohne Debatte bei.Wegen Errichtung eines Realgymnasiums inMoabit hatte der dortige konservative Bürgerverein petitio-nirt. Der Petitionsausschuß hat Uebergang zur Tagesordnungempfohlen und ist bei diesem Beschlüsse geblieben, auch nachdemdie Petition in der Sitzung vom 2. Mai an den Ausschußzurückverwiesen worden. Ueber die Petition berichtet Stadlv.Müller. Der Ausschuß bestreitet die Nothwendigkeit einerweiteren höheren Lehranstalt in dem 125 000 Einwohnerzählenden,, zur Zeit auf ein einziges Gymnasium angewiesene»Stadttheil keineswegs, weist aber die Erfüllung dieser Ausgabein erster Linie dem Staate zu.Bon den Stadtvv. G e r i ck e und Genossen ist eine Resolutionbeantragt, welche den Magistrat auffordert, bei den Staats-behörden für die Errichtung einer zweiten höheren Lehr-austalt in Moabit zu wirken. Diese Resolution befürwortetStadtv. S p i n o l a. Für die Petition tritt lebhaft Stadtv. Heutig«in, der zugleich der Meinung ist, daß die ganzeVersammlung den Fall des Volksschulgesetzes bedauere(Heiterkeitund Unruhe), denn dieses hätte Klarheit über die Frage ge-schassen, wer Schulen zu errichten verpflichtet sei. Die Stadtdürfe nicht Moabit dafür strasen, daß dort so viel Beamtewohnen. Die Schulnoth in Moabit schrie zum Himmel. Andem einzigen Gymnasium dort hätten sich zum Ausnahmetermindie Väter mit ihren Kindern schon um 3 Uhr Morgens an derSchulthür aufgestellt(Hu, hu! und Heiterkeit), um bei der An-Meldung die ersten zu sein.Stadtv. Sachs! erklärt es für eine Pflicht des Magistrats,den Staat an seine Verpflichtung zum Bau höherer Lehranstaltenmit allem Nachdruck zu erinnern.(Zustimmung.)Stadtv. Meyer II: Das Volksschul-Gesetz hat mit denhöheren Lehranstalten absolut nichts zu thun; auch besteht garkein Zweifel darüber, daß die Stadt zur Errichtung höhererSchulen nicht verpflichtet ist. Unter lebhafter Billigung desKultusministers hat die Stadt eine Reihe Realschulen errichter,daneben noch Gymnasien und Realgymnasien zu errichten, wirdihr niemand zumuthen.Stadv. H e n t i g: Jedenfalls wäre doch bei der Berathungdes Volksschulgesetzes Klärung über die von mir erwähnte Fragegeschaffen worden.Stadtv. Hermes weiß nicht, ob Herr Heutig aus eigenerErfahrung behaupten kann, daß die Eltern schon um 3 UhrMorgens an den Schulthoren gestanden hätten; er glaubt, daßSerr Hentig sich einen Bären hat aufbinden lassen.(Stadtv.e n t i g: Nein!) Auch dieser Redner spricht für die An-nähme der Resolution und für den Uebergang zur Tagesoranungüber die Petition.Es wird demgemäß mit großer Mehrheit beschlossen.Zu den Kosten der Vorarbeiten für den R h e i n- W e s e r-Elbe-Kanal soll dem Ausschuß zur Förderung dieses Kanalsin Hannover, z. H. des Landesdirektors Freiherrn v. Hammer-stein- Loxten, ein nochmaliger Beitrag von 500 M. gewährtwerden.Die Sieger in dem großen kapitalistischen Jnteressenkampfeum die Plat frage für die Berliner 1896 er Ausstelung,Stadtvv. Sachs II, Rosenow, Lüben, Matterne undSchulz I haben, um T r e p t o w leichter zugänglich zu machen,den gemeinsam mit der Kellerfraktion den Antrag einge-bracht:„Den Magistrat zu ersuchen, in die Liste der imnächsten Jahre mit Asphallpflaster zu versehenden Straßendie Köpenicker- und die Schlesische Straße,soweit dieselben noch nicht mit definitivem Pflaster ver-sehen sind, aufzunehmen und der Versammlung wegen desin der Schlesifchcn Straße zu erwerbenden Slraßcnlandeseine Vorlage zu nnichen."Antragsteller Stadtv. Sachs II: Die Ausstellung inTreptow ist jetzt gesichert. Dieser Ausgang des Kampfes in derPlatzfrage erfreut sich der Sympathie des gesammten Berlins.Der Magistrat hat ja bereits beschlossen, auch dem neuen Komiteedie städtische Subvention von 300 000 M. zur Verfügung zustellen und eine Kommission eingesetzt, welche über die Einzel-heiten der Ausstellung, soweit die Städteverwaltung in Betrachtkommt, berathen soll. Dieser Kommission wird auch unser Antragein wichtiges Berathungsmaterial bieten. Die Zufahrtstraßen zumTreptower Park müssen in einen möglichst vollkommenen Zustandversetzt werden. Dazu bedarf es der Asphaltiriing der Köpnicker-straße, soweit sie noch nicht mit definitivem Pflaster versehen ist,auch der Verbreiterung der Schlesischenstraße, welche schon jetztzur Bewältigung des Verkehrs nicht ausreicht. Die Versammlungwird ihre Sympathie für die Ausstellung am besten durch An-nähme meines Antrages zum Ausdruck bringen.Ohne weitere Debatte wird der Antrag einein Ausschüssevon 15 Personen überwiesen.Auch in diesem Jahre soll ein Theil der für 1895/36 er-forderlichen Pflastersteine bis zum Kostenbetrage von800 000 M. schon jetzt in Bestellung gegeben und der Betragaus dem Ueberschusse des Jahres 1833/84 entnommen werden.Die Vorlage wird nach kurzer Debatte genehmigt.Zur Kenntnißnahme übersendet der Magistrat eine Arbeitdes Stadtbauraths Hobrecht über die Verhältnisse derst ä d t i s ch e n Brunnen. Das Elaborat ist eine Antwortaus die am 17. November 1892 in der Versammlung aus-gesprochene Behauptung,„daß die große Mehrzahl derhiesigen Brunnen nicht trinkbares Wasser liefert", und„daß 43 pEt. des sämmtlichen Wasserverbrauchs nicht unsererstädtischen Wasserleitung, sondern solchen Brunnen entnommenwird", ferner, daß es sich hier nicht blos um die Straßen-brunnen, sondern auch um die Hausbrunnen handle.Nach den Untersuchungen der Baudeputativn haben von1271 Brunnen 1053 oder fast 83 pEt. gutes. 8'/2 pEt. verdächtigesund ebenfalls nur 8Vs pEt. direkt gesundheitsschädliches Trink-wasser geliefert. Ter Bericht zählt die Maßnahmen auf, welchezur Beseitigung eventuell drohender Gefahren getroffen sind(Allmälige Umwandlung der Kesselbrunnen in Rohr-brunnen' u. s. w.) und bemerkt dann, daß die Hausbrunnender städtischen Verwaltung nicht unterstehen und dieprivaten Wasserwerke zwar thatsächlich ein Förderungsvermögenvon 43 pEt. des gesammten Wasserverbrauchs der Stadt besitzen,aber fast ausschließlich Wasser zum Fabrikbetriebeliefern.Ohne Debatte wird die Vorlage zur Kenntniß genommen.Die Berlin- Charlottenburger Pferdebahn- Gesellschaftbeabsichtigt eine neue Pferdebahnlinie vom Kriminalgericht durchdie Paulstraße, Bellevuestraße, Königgrätzer-, Prinz Albrecht«und Zimmerstraße bis zur Ecke der Linbenstraße zu bauen. InGemäßheit des Gesetzes über die Kleinbahnen wird die Ver-sammlung um ihre Zustimmung ersucht.Die Vorlage geht aus Antrag D i n s e an einen Ausschußvon 10 Personen.Die Vorlage betr. die Regulirung der Petersburgcrstraßeund der Straßen westlich derselben bis zur Tilstterstraße wirdgemäß einem Antrag Schönflies einem Ausschusse von 15 Mit-gliedern überwiesen.Am Schluß der Sitzung theilt der Vorsteher mit, daß be-zllglich der Petition der Handlungsgehilfen wegen der Sonntags-ruhe von den Stadtvv. Herzfeldt, Schulz II, Tolksdors und Gen.Berichterstattung beantragt ist.Schluß 7 Uhr.Hoftales.Zum Bierbohkott. Der Boykottkommission ist von derBrauerei Karlsberg, Charlottenburg, nachstehende Erklärung zu-gegangen:Charlottenburg, 30. Mai 1894,Herrn I. Auer, Katzbachstr. 9.Hierdurch erlaube ich mir Ihnen mitzutheilen, daß ichaus dem Verein der Berliner Brauereien ausgeschieden binund erkläre ich mich bereit, nach Aufhebung des Boykotts,in der Voraussetzung, daß der größere Theil, der mirjetzt zugeführteil Kundschaft alsdann noch mein Abnehmerbleibt, den Achtstundentag einzuführen.Mit den Forderungen ider Brauer und Brauereihilss-arbeiler erkläre ich mich einverstanden.Indem ich um gefällige Bestätigung des Empfangesdieses Schreibens bitte, zeichneHochachtungsvollFriedrich Reichenkron,Brauerei Carlsberg.Die Kaiserbranerei hat in einer in Charlottenburg statt-gehabten Arbeiterversammlung nachstehenden Brief zur Verlesunggelangen lassen:Charlottenburg, 20. Mai 1894.Wir Unterzeichneten erklären hiermit, im Falle in denVerhandlungen der heutigen Charlottenburger Arbeiter Ver-sammlung eine Berichtigung benöthigt fein sollte, daß wir1. Niemand von unserem Personal entlasseil haben,2. dem Verein der Brauereien Berlins und Umgegendnicht angehören, und auch3. am 1. Mai unsere Böttcher— wir beschäftigen derennur zwei— gearbeitet und ein Ruhen der Arbeit mn1. Mai bei uns gar nicht beantragt haben.ErgebenstK a i s e r- B r a u e r e i Dummer n. Kahl.Nntisemitischer TalmudiSmuS. Gar häßlich klingt dasWort„Boykott" in den Ohren der Ordnungshelden. Häßlich.weil es bei ihnen das eigene böse Gewissen aus der durch elendeSeuchelphrasen erkauften Ruhe unsanft aufrüttelt. Seitdem deroykott auch von allen Angehörigen oer herrschenden Klassen alslegales Kampfmittel benutzt wird, seitdem Militär-behörden und Unternehmer, Antisemiten undPhilosemiten einander überbieten in der Anwen-dung des Boykotts, wenn ihnen diese Waffe fürihre Zwecke dienlich scheint, seitdem schimpft undräsonnirt man in allen Lagern der Ordnungsbrüder über dieSozialdemokratie, die den B i e r b o y k o t t in durchaus der-selben Weise handhabt, wie die Militärbehörden den Saal-boykott, wie König Stumm den Zeitungsboykottund wie die bürgerlichen Jnlcressengruppen unter Umständendie Verrufserklärung ihnen nicht genehmer Geschäftsleute.Gar selten begegnet man in der bürgerlichen Presse einerSelbsterkenntniß, wie sie von den„Grenzboten" bei einer Be>trachtung des zur Zeit sich abspielenden Kampfes offen und freiausgesprochen wird:„So tief wir die Einführung des terroristischen Kamps-mittels in die große wirlhschaftliche und geistige Bewegung be-klagen", meint diese antisemitisch- konservative Wochenschrist,„so haben wir doch nicht das Herz zu einem überzeugten Ver-dammungsnrtheil. Wie leider so oft gegenüber der Sozialdemo-kratie, möchte man auch diesmal rufen:„W er unter Euchohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf sie!"Man vergleiche mit diesem ehrlichen Urtheil die feige,t a l m u d i s ch e Spitzfindigkeit, mit der sich hiesigeAntisemiten von ihrer eigenen„Boykottschuld" zu befreien suchen.In einem Vortrage, den der Redakteur der„Staatsbürger-Zeitung", Dr. B a ch l e r, am Dienstag in einer Antisemiten-Versammlung hielt, leistete dieser Herr sich nach einem in seineinBlatte befindlichen Bericht die folgende Talmudschnurre:....„Auf den gegen die Antisemiten von jüdisch-freisinniger Seite ge-richteten Vorwurf, sie boykottirten auch, erwidere er:„Kauftnicht bei Juden!" sei noch kein Boykott,sondern nur ein guter Rath und eine Warnungin sittlicher und kommerzieller Beziehung.Und die deutschen Stammesbrüder zu warnen und zu berathen.sei unser gutes Recht. Der sozialdemokratischeBoykott sei eine Verrusserklärung, um etwaszu erlangen, während das„Kaust nicht beiJuden!" nur eine N o t h w e h r sei."Die auch in der Staatsbürger- Zeitung" gesperrt gedrucktenWorte wurden von der Versammlung mit einem«Sehr richtig"und einem„Bravo" in Empfang genommen.Die Anhänger einer in der bürgerlichen Gesellschaft durchausnicht bedeutungslosen Partei, ja man kann behaupten, die bürger-liche Gesellschaft in ihrer großen Mehrheit selber, läßt sich mitder elende st en, haltlosesten Verlege nheits-phrase das Hirn umkleistern. weil es ihr einmal infühlbaren Schlägen zu Gemüthe geführt wird, daß auch dieSozialdemokratie im Boykott„eine gute Wehr und Waffen"besitzt.Für dieselbe„Warnung in sittlicher und kommerzieller Be-ziehung", um im Bachler'schen Jargon zu reden, die, wenn sievon den Antisemiten ausgesprochen wird, ein„Bravo" und„Sehr richtig" einbringt, hetzt und fleht man, wenn sie von derSozialdemokratie verkündet ist, den Staatsanwalt an, aufdaß er dock, endlich, endlich mit dem groben Unfugs-Paragraphenherausrücke!Und diese schuftige, feige Denunziantenpolitik beliebt manin bürgerlichen Kreisen„offene, ehrliche Kampfesweise gegenüberdem Terrorismus des gemeinschaftlichen Feindes" zu nennen.Pfui, Teufel!Die Ordnungshelden scheinen sich immer noch nicht darüberklar zu sein, daß gerade ihre erbärmlichen Rücken und Tücken essind, welche immer wieder die Feuersgluth schüren und in derkämpfenden Arbeiterschaft das Bewußtsein von der Erbärmlich-keit ihrer Feinde stärken.Möge der sehnsüchtigste Herzenswunsch der Feinde immerhinherrlichste Erfüllung finden; die Arbeiterschaft übt Manneszuchtgenug, um auf jeden Fall, auch ohne daß es lauter An-regungen bedarf, das durchzuführen, was sie für gut hält.Tausendfach stärker als die möglichen Wirkungen dertalmudischen Verlegenheitsphrasen ihrer Gegner ist die Schulungund die Disziplin, mit der die sozialdemokratische Arbeiterschaftin länger als dreißigjährigem Kampfe ihre Gegner Schritt umSchritt zurückgedrängt hat!Ei» großes Wehklagen erscholl nach den Berichten bürger-licher Blätter vorgestern in dem von Herrn Kuckenburg geleitetenVerein der Berliner Weißbierwirthe. Der erhobene Lärm haltenun nicht, wie der Unkundige etwa glauben möchte, seinen Grundin dem gegenwärtigen starken Konsum des schönen Getränks.nach dem der wehklagende Verein seinen Namen führt, sondernvielmehr in dem„Terrorismus der Sozialdemokratie", demauch die„Weißbierwirthe" verfallen sein wollen. Dennman täusche sich nicht, wenn irgendwo, so ist imWeißbierwirthe-Verein der Name Schall und Rauch; ihm ge-hören sowohl Spender des Schultheiß- wie des Landree'schenBieres, als auch sonstiger Ringbiere in überwiegender An-zahl an. Seinen Namen führt der Verein nur in soweit mit Recht, als er sich auch von den Brauereibesitzernzur Zeit gar manche sonderbare Dinge weiß machen läßt.So konnte es denn kommen, daß in der Versammlung die An-flicht bekundet wurde, die Sozialdemokratie und nicht der Riesen-kapitalist Herr Rösicke sei„Zerstörer des Mittelstandes". Inihrer Blindheit und Beschränktheit ließen sich daher dieLeutchen, die von den Arbeitern und nicht vonden Gründern der Bierpaläste ihre Groschen einnehmen, um vor-übergehende Unbequemlichkeiten soweit bringen, daß sie mitHurrah und Hussa einer Resolution zustimmten, in dersie sich mit dem Brauereiring solidarisch erklärten. Istdie gestrige spirituose Gluth eines Theils der Budiker auch nurmit einem Strohfeuer zu vergleichen, so wird sich dieser Theildoch nicht darüber beklagen können, wenn die Arbeiter auch fürspätere Zeiten die von Herzen unkluge Stelliiiignahme im Ge-dächtniß behalten werden.DaS letzthin erfolgte polizeiliche Verbot der Versamm-lung der Gast- und Schankwirthe im Lokale des Herrn Schnegels-berg(Hasenhaide) hat den vollsten Beifall des„osfiziellen Organs/