mit voller Gewalt rückwärts zu Boden geschleudert. Ihre Muttersei bewußtlos und aus einer tiefen Kopfwunde blutend liegengeblieben. Es wurde ferner erwiesen, daß der Angeklagte seineEhefrau vielfach gemißhandelt hatte. Diese Umstände, sowie dieThatsache, daß der Angeklagte ein wegen Gewaltthätigkeitenvielfach, einmal sogar mit 4 Jahren Gefängnis vorbestrafterMann ist, überzeugten den Gerichtshof, daß die Darstellung desKindes die richtige sei. Das Urtheil lautete auf ein JahrE e f ä n g n i ß. wovon 3 Monate durch die erlittene Unter-suchungshaft für verbüßt erachtet wurden.Ei» dunkler Sachverhalt lag einer Anklage wegen ge-fährlicher Körperverletzung zu Grunde, die gestern den Schuh-macher Max V e t t e r vor die neunte Strafkammer des Land-gerichts I führte. Er wurde beschuldigt, den SchlossermeisterSchoppan durch den Schuß eines Revolvers am Halse verletztzu haben. Der Angeklagte bestritt diese Beschuldigung, wolltevon einem solchen Schuß absolut nichts wissen und gab derMeinung Ausdruck, daß ein solcher vielleicht nur in derPhantasie des Zeugen bestehe. Letzterer behauptete, daß,als er am 27. Mai, Abends kurz nach 10 Uhr, nachHause gekommen sei, er den in demselben Hause wohnen-den Angeklagten Vetter mit einem anderen jungen Mannevor der dunklen Hausthür angetroffen habe. Vetter habe ihmseinen Begleiter als den jungen Mann vorgestellt, über dessenEinstellung in seiner Schlosserwerkstatt er mit ihm bereits ge-sprachen habe. Während des Gesprächs habe er in der Handdes Vetter plötzlich etwas„knipsen" gehört, er habe einen Feuer-schein bemerkt und einen geringen Schmerz am Halse gefühlt.Mit dem Bemerken„Das war nicht meine Absicht!" hätten sichVetter und sein? Begleiter schleunigst entfernt. Der Meister istdann nach drei Tagen, als er bemerkte, daß er eine eiternde Wundeam Halse hatte, die ihn schmerzte, zum Dr. Schöps gegangenund ist von diesem kurze Zeit behandelt worden. DerArzt hat nicht feststellen können, ob die Wunde von einem Schußoder einen Stich herrührte. Der als Sachverständiger vernommeneHof-Büchsenmacher Barella erklärt es als sehr unwahrscheinlich,daß bei einem aus so unmittelbarer Nähe abgegebenen Revolver-schuß das Geschoß an einem Knochen des Halses abgeprallt seinkönne und daß nicht ein lauter Knall gehört sein sollte. DerAngeklagte, sein Begleiter und noch mehrere andere Zeugen be-stritten, daß das von dem Zeugen geschilderte Gespräch vor der Haus-thür nach IVUHr Abends stattgefunden habe. DerAngeklagte will umdiese Zeit überhaupt nicht mit dem Zeugen zusammengetroffensein, jenes Gespräch vielmehr schon um 7 Uhr geführt haben.Von einem Schuß ist weder ihm noch seinem Begleiter das Ge-ringste bekannt, letzterer mußte aber zugeben, daß Vetter frühereinen Revolver besessen habe. Der Zeuge blieb trotz alledem festbei seiner Schilderung, legte das durchlöcherte Hemde vor undzeigte dem Gerichtshofe die Narbe an seinem Halse. Nachdemein Zeuge noch bekundet hatte, daß der Zeuge an jenem Abendetwas angetrunken gewesen, erachtete der Gerichtshof mit demStaatsanwalt die Sache in subjektiver Beziehung für nicht ge-nügend aufgeklärt und erkannte auf Freisprechung.SozialeAchtung, Parteigeifossen! An alle Inhaber von Sammellisten für die ausgesperrten Kuhnhcim'schen Arbeiter richtet dasunterzeichnete Komitee die dringende Bitte, recht eifrig zusammeln und den Betrag schleunigst an H e i» r i ch B ö k e r t,Adlershof, Bismarck st raße 37, abzuliefern. Ebensowird um schleunige Ablieferung der bewilligten Gelder aus denverschiedenen Volksversammlungen gebeten. Unbegreiflich ist esuns, wie man derartige Gelder so lange zurückhalten kann.Treffen sie bis Sonnabend nicht ein. so kann an ca. 30 Familien-väter keine Unterstützung gezahlt werden.Das Unter st ützungs-Komitee.Achtung, Schuhmacher! In der Fabrik von Rosen-thal und Groß, Grünstraße(Amerikanische Schuhfabrik),sind 50 Arbeiter in Streik getreten. Die Ursache des Streiks istdie Aussperrung der Zuschneider, Lohnabzüge und die Forderungder Streikenden auf Abschaffung der Fabrikordnung und humaneBehandlung. Wir bitten die Kollegen, den Zuzug strengfernzuhalten. DieKom Mission.Der Streik der Stettiner Steinsetzer dauert nun bereits10 Wochen(seit 1. April); von keiner Seite ist bis jetzt die ge-ringste Nachgiebigkeit gezeigt worden. Die Jnnungsmeister er-klären, überhaupt von den Streikenden keinen Mann mehr be-schäftigen zu wollen, und die Streikenden haben bis jetzt nochjeden Einzelnen der wenigen Zuzügler weggefischt und wiederabgeschickt! Die Streikenden sind fester als je entschlossen, denaufgedrungenen Kamps bis aufs äußerste zu führen. Die Hälfteder Streikenden hat Stettin bereits verlassen, um fern von Frauund Kind ihre Existenz zu suchen, die ihnen daheim so schwergemacht werden soll(20prozentige Lohnherabsetzung). Wir bittenwiederholt sämmtliche Genossen des Baufaches,Steinsetzer vor Zuzug nach Stettin zu warnen, da die Unter-nehmer Woche für Woche durch bürgerliche Blätter Arbeitskräfteheranzuziehen suchen. Wenn möglich, wird auch um materielleUnterstützung gebeten. Adresse: C. Ortmann, Stettin,Deutschestr. 36.Alle arbeiterfreundlichen Blätter werden um Abdruck ge-beten.Das Ende des SchuhmacherstreikS in Burg steht nicht,wie wir gestern fälschlich mitgetheilt, in baldiger Aussicht, sonderndauert, einem Privattelegramm des Streikkomitees zufolge, un-verändert fort. Zu unserer gestrigen Notiz glaubten wir unsum so mehr berechtigt, als die in derselben enthaltenenthatsächlichen Angaben der Magdeburger„Volksstimme" ent-nommen waren, eines Arbeiterblattes, das sich innner über denStreik als gut unterrichtet gezeigt hat. Allem Anschein nachsind zwischen der Streikkommission einerseits und dem Ver-trauensmann der deulschen Schuhmacher, W. Bock ausGotha, tiefgehende Meinungsverschiedenheiten in bezug aufdie zu stellenden Friedcnsbedingungen ausgebrochen. Indemuns sichere Nachrichten noch von keiner Seite vorliegen, be-schränken wir uns auf das oben Gesagte und rathen den Be-theiligten, allen gegen die Betheiligten sprechenden Gerüchte vor-läufig mit Vorsicht zu begegnen.Der Streik der Kniipferiuneu in Hannover ist beendet. Gestern Morgen nahmen die Streikenden, nachdem ihnenseitens der Firma Dehmann. Spoerer und Friedrichsämmtliche Forderungen bewilligt waren, die Arbeit wieder auf.Neber die Lohnbewegung in der Schweiz schreibtman uns von dort: Die für die diesjährige Lohnbewegungvon der schweizerischen Arbeiterschaft aufgebrachte Summe be-trägt bereits S0 000 Franken. Der Streik der Schreiner undSchmiede und Wagner in Zürich dauert fort. Der Streik derK ü f e r in R h e i n f e l d e n hat mit dem Siege der Arbeitergeendet, während die Schmiede und Wagner in Winter-t h n r den Streik für beendet erklärten, nachdem immerhin einigeZugeständnifle seitens der Meister gemacht wurden. Verlorenfür die Arbeiter ist der Streik der Schuhmacherin Ölten. Die schweizerische StreiNampagne ist fürdieses Jahr noch nicht ganz beendet, doch darf man jetzt schonsagen, daß sie mit wenigen Ausnahmen auf der ganzen Linieeinen unglücklichen Verlauf genommen und die Unternehmer imselben Maße zusammengeführt hat, als die Arbeiterorganisationendurch Maßregelungen und Abreise der Mitglieder zerriffen wordensind. Das zweischneidige Schwert des Streiks hat offenbar dieArbeiter mehr geschädigt als die Unternehmer.Die Zentral- Krankenkasse der Frauen und MädchenDeutschlands ist, wie aus der Generalversammlung inMainz mitgetheilt wurde, in ihrer Mitgliederzahl von 10 450am Schlüsse des Jahres 1892 auf 9010 am Schluffe des Jahres1893 gesunken.Zwischen den streikenden Kutschern Londons und denWagenbesitzern hat sich der Minister des Innern erboten, zu ver-Mitteln.Eine frohe Botschaft konnten am 31. v. M. die Aktionäreder„Vereinigten Köln- Rottweiler Pulverfabriken" bei ihrerGeneralversammlung entgegen nehmen. Der Auserwählten sindnicht sehr viele; 28 Aktionäre waren erschienen, alles Leute, dieweder das Pulver erfunden haben, noch die Fabrikation des-selben betreiben, sondern das ruhig ihren Arbeitern überlassen.Der Generaldirektor machte der Versammlung Mittheilung überdie seit Fertigstellung des Berichts eingegangenen größeren Auf-träge auf Militärpulver, und schilderte die Aussichten des Ge-schäfts als erfreulich und denen des vergangenen Geschäftsjahresnicht nachstehend. Haißt'n Geschäft! Der Militarismus ver-pulvert ja ungeheure Summen und die armen Pulveraktionäreverdienen dann doch wenigstens so viel, daß auch sie ihre Geld-minen springen lassen können.Ein industrielles Kartell- Projekt. Aus C h e m n itzwird geschrieben:„Da die sehr schlechten Verhältnisse inder sächsischen Strumpf waaren- Fabrikationnoch immer andauern, so giebt man sich jetzt hier von ver-schiedenen Seiten Mühe, diese Industrie zu k a r t e l l i r e n.Dieser Gedanke erscheint jedoch gänzlich undurchführbar. In derStrumpfwaaren-Fabrikation ist die Zahl der kleinen und kleinstenFabrikanten Legion, ihre Verhältnisse sind vielfach derartige, daßsie sich den ausländischen Bestellern fast bedingungslos fügenmüffen. Eine Vereinigung der bessergestellten Fabrikanten zurErzielung höherer Preise-c. würde die ohnehin mit jedem kleinenFaktor bereits direkt verkehrenden Einkäufer nur den geschäftlichskrupellosen Fabrikanten noch mehr zutreiben. An eine an-nähernd vollständige Kartellirung der sehr verschiedenartigenElemente in der Strumpfwaaren-Fabrikation ist durchaus nichtzu denken. Das ist auch den großen Firmen dieser Industriesehr wohl bekannt und deshalb werden sie dem Gedanken nichtnäher treten."— Nun, was vorläufig noch nicht möglich, mit derZeit wird es doch eintreten. Sind erst einige groß geworden,dann wird der Aufsangungsprozeß beginnen.Ein deutsches Zuckershndikat. In Oesterreich besteht schonseit einer Reihe von Jahren ein Kartell der Zuckerraffinerien.Dadurch ist es den vereinigten raffinirten Raifinerien möglichgemacht worden, dem Volke jährlich rund 20 Millionen Markmehr aus der Tasche zu holen. Die Riesenprofite der öfter-reichischen Zuckersieder scheinen es den Deutschen angethan zuhaben, sie wollen auch so was ähnliches zu Stande bringen.Auf der letzten Versammlung der Zuckerindustriellen Deutschlandswurde ein Flugblatt vertheilt, welches den Vorschlag macht,sämmtliche deutsche Zuckerfabriken und Raffinerien in ein Syndikatzusammenzufassen. Wer nicht milthun will, soll niederkonkurrirtwerden dadurch, daß man ihm entweder den Rohzucker vor-enthält oder sein Rübengebiet entwindet. Anch der nächste Zweckdes Syndikats ist in dem Flugblatte gleich angegeben.Von jedem im Jnlande verkauften Zentner Zuckererhält die vom Syndikat eingerichtete Verkansszentrale4 M. Mit diesem Gelde wird die bisherige, an einembestimmten Tage wegfallende staatliche Exportprämie den Ex-porteuren weiter gewährt, der Rest wird an die Syndikats-Mitglieder aufgetheilt. Der Effekt für die Konsumenten in Deutsch-land würde sein, daß sie jährlich 40 Millionen Mark mehr zuzahlen hätten als bisher.— Der Plan des Flugblattmacherswird zwar nicht so schnell seine Verwirklichung finden, als essein Schöpfer denkt und hofft. Aber so aussichtslos ist er nicht.Die Regierung kann und wird nichts dagegen lhun. Die Land-wirthschaft befindet sich ja in einem Nothstand und die Zucker-siederei gehört zur Landwirthschaft, srgo geht es auch ihr schlecht.Wie folgendes Beispiel zeigt. Vor zwei Jahren verdiente dieZuckerfabrik, zu deren Hauptaktionären Herr Bennigsen gehört,Herr Bennigsen für den jetzt auf den westfälischen Schächtendie Arbeiter-Nickel und Arbeitergroschen zusammengetrommeltwerden— in einer Campagne mehr als ihr ganzesAktienkapital betrug. Das ist doch Nothstand genug. Dannnoch eins. Bis jetzt mußten die Rllbenschnitzel frisch verarbeitetwerden, die Thätigkeit der Zuckerfabriken drängte sich auf einenganz kurzen Zeitraum zusammen, eine Thatsache, die für dieUnternehmer eine ganze Menge Uebelstände im Gefolge hatte.Nun lag der technischen 5tommission der Syndikatskammer derfranzösischen Zuckerfabrikanten bei ihrer letzten Zusammenkunfteine Denkschrift über ein Verfahren I vor, durch welches der Er-finder glaubt, im rationellen Fabrikbetriebe den Zucker derRücken gewinnen zu können, indem die geschnitzelten Rüben ge-trocknet werden, bevor man sie aus kaltem Wege der Diffusionoder Maceration unterwirst. Das Verfahren scheint noch nichteinwandssrei zu sein. Man wird es verbessern. Aber das kostetGeld. Die armen Zuckerbarone können das doch nicht aus ihrerTasche zahlen. Also wird wohl das arbeitende Volk wieder her-halten müssen. Ob als Versuchsobjekt eines Syndikats, ob da-durch, daß es die Exportprämie für Zucker geduldig weiter zahlt,blechen muß es auf alle Fälle. Die Landwirthschaft ist das Rück-grat, die Hauptsäule, das Fundament des Staates, dessen Zwecknach Bismarck darin besteht, Millionäre zu züchten.DaS Petrolenm-Weltmonopol, dessen Jnaussichtstehenwir schon Ende des vorigen Jahres unseren Lesern anzeigten, istnun thatsächlich zu stände gekommen. Wie eine Nachricht aus?Zaris besagt, ist zwischen Rothschild, d. h. dem Kartell deraukasischen Naphta-Jndustriellen, und der amerikanischenStandard Oil Company eine völlige Einigung erzielt worden,der Pakt ist geschloffen, gefertigt und gesiegelt, die Generalaus-beutung auf Volkes Kosten kann losgehen. Aber nicht blos derPetroleum-Großhandel ist den Monopolisten verfallen, auch derZwischenhandel ist schon zum größten Theil in ihre Fänge ae-rathen, wenigstens in Deutschland. Der deutsche Ab-leger der Standard Oil Company, die deutsch.amerikanische Petroleum-Gesellschaft, zerbricht im Sturmschrittjedwede Konkurrenz. In Stettin war vor einigen Jahren einePetroleum- Import- Gesellschaft gegründet worden, die denMonopolgelüsten des Herrn Rockefeller und seiner Leute einParoli biegen sollte, die Standard Oil Company hat sie auf-gefressen; in Bremen bestand eine Petroleumrasfinerie, die sichsehr rentirte, die Standard Oil Company hat sie sich an-gegliedert.Wie weit die Entwickelung bereits fortgeschritten, geht aus demRechenschaftsbericht der Berliner Aktiengesellschaft Petroleum-Lagerhof hervor, der soeben veröffentlicht wird. In diesem Berichtheißt es:„Die Einnahmen sind deshalb zurückgegangen, weildas Petroleum- Verkaussgeschäft sich zu einem Monopol deramerikanischen Petroleum- Jmportgesellschast seit Jahresfristherausgebildet hat. Es sei kaum noch möglich, Petroleum vonanderer Seite zu importiren." Diese Sätze wurden geschrieben,ehe noch die Folgen des Uebereinkommens zwischen Rothschildund Rockefeller sich zeigen konnten. Nach Jahressrist werden dieThatsachen noch eine ganz andere Sprache sprechen.Bergarbeiter-Bewegnng. Die Mincrs Federation beschloßlaut„KRnischer Volks-Zeitung", die schottischen Kohlenarbeitersollten die zugestandene Lohnreduktion rückgängig zu machensuchen, der Verband werde sie bei einem etwaigen Ausstandemit Geld unterstützen. Nun erfolgt eine Abstiinmung der schottischenArbeiter durch Stimmzettel. Das Ergebniß wird am 8. Juniin einer zu Glasgow abzuhaltenden Bersaminlung vorgelegtwerden.VevsÄmmlungen.Eine öffentliche Versammln«» der Maurer und Puffertagte am 6. Juni in den„Arminhallen". Die Tagesordnunglautete:„Der Bierboykott und welche Lehre haben die Gewerk-schaften daraus zu ziehen?" Der Referent Reichstags- Ab-geordneter Auer nahm aus Anlaß des schwachen Besuches derVersammlung zunächst Gelegenheit, die sich einander befehdendenOrganisationen der Maurer zur Einigkeit zu ermahnen und gabihnen den Rath, allen Streit über diese oder jene Form derOrganisation vollständig bei seite zu lassen und die Fehlerder Vergangenheit in Zukunft zu vermeiden. Zum Themaübergehend, bemerkte der Redner, daß der„Boykott"wohl dem Namen nach, nicht aber in seiner An-wendung etwas Neues ist. Schon in grauer Vorzeitwurde er in Anwendung gebracht und tritt in der Geschichteüberall da, wo sich Gegensätze zwischen verschiedenen Nationenoder Gesellschaftsschichten derselben Nation geltend machen,augenfällig in Erscheinung. Der Name Boykott tauchtezuerst auf im Kampfe der irischen Pächter gegenüberihren englischen Grnndherren, wo im Herbst 1880ein Kapitän dieses Namens, der sich der irischen„Landliga", einer Verbindung, welche auf Aenderung der Land-speziell der Pachtverhältnisse und-Gesetze in Irland abzielt,besonders mißliebig machte und von den Jrländern derart in diegesellschaftliche und wirthschaftliche„Acht" gethan wurde, daßNiemand für ihn arbeiten. Keiner von ihm kaufen oder mit ihmverkehren durfte. Das Mittel bewährte sich und das WortBoykott oder boykotten ging in die englische Sprache über. Beiuns in Deutschland ist dies Verfahren auch nichts Neues. Inder bürgerlichen Presse aller Schattirungen wird gerade jetzt ge»legentlich des Bierboykotts ein fürchterliches Geschrei erhobenüber den„Terrorismus der Arbeiter" und gerade diejenigen,welche am meisten schreien, haben den Boykott— allerdings gegenArbeiter— zuerst angewendet. Redner verwies auf die MonateJuli, August u. s. w. des Attentatsjahres(1878), wo tagtäglichauf der ersten Seite vieler bürgerlicher Zeitungen, wie„Post".„Berliner Tageblatt" ee. ec., solche Firmen in fetter Schriftglänzten, welche in überschwänglichem Patriotismus undByzantinismus erklärten resp. sich verpflichteten, keinen Arbeiter.der einer gewerkschaftlichen Organisation oder einem sozialdemo»kratischen Verein angehört, zu beschäftigen bezw. einzustellen. Sowar es nicht nur in Berlin, sonder» auch in Sachsen, Rheinlandund Westfalen. Später ist dasselbe Verfahren wiederholt worden.Der verstorbene Abgeordnete Max Kaiser habe im Reichstageeine Liste vorgelegt, welche Namen von vielen Dutzenden vonGroßindustriellen enthielt, die sich zur Nichtbeschäftigung einergroßen Anzahl,„im Geruch der Sozialdemokratie stehender", be-stimniter Arbeiter verpflichteten. Der Fall habe damals vielAufsehen erregt, doch habe es nicht lange gedauert, so mußtenselbst die königl. Fabrikinspekloren in ihren Berichten konstatiren,daß seitens vieler Fabrikanten die„löbliche" Praxis geübt werde,die Entlassungsscheine der Arbeiter zu„kennzeichnen". Be-kannt sei za auch das„Hand in Hand gehen" des Kriegsministersv. Verdy mit den Privatbetrieben aus Anlaß der Aussperrungender Arbeiter durch die„Kühnemänner" gelegentlich der Mai-fcier im Jahre 1390. Ebenso betheiligten sich damals und nochheute die königl. Eisenbahnverwaltungen am Boykott gegen„miß-liebige" Arbeiter; weiterer Beweis in neuerer Zeit sei die„schwarze Liste" des Hauptmanns a. D. Strack, des Direktorsauf Grube„Ilse" bei Guben, aus der zur Evidenz hervorgeht,daß nicht selten mit Unterstützung der Staatsbehörden der Boykott— gegen Arbeiter geübt wird. Nun, wo ihn die Arbeiter zurVerthcidigung ihrer Rechte gegenüber ihren Unterdrückernin Anwendung bringen, schreien alle bürgerlichen Parteien,vom Slöcker bis zum großen Eugen nach dem Staats-anmalt, Aenderung der Strafgesetze und allem Möglichen.Nachdem Redner an markanten Beispielen nachgewiesen, daß auchMilitärbehörden, Landräthe und auch städtische Polizeiorganesehr gut das edle Handwerk der Saalabtreiberei— jedenfallsdoch auch eine Art Boykott— verstehen und betreiben, konstatirte er,daß seitens der sozialdemokratischen Partei der Boykott nur insehr seltenen Fällen und nur dann in Anwendung gebracht werde.wenn„Sein oder Nichtsein" derselben ernstlich in Frage komme.Redner erklärte im Namen des Parteivorstandes und glaubtehierbei auch der Zustimmung der gcsammten Fraktion sicher zusein, daß auch die Arbeiter der Nahrungsmittel-Jndnstrie ihrenStreit und ihre Lohnkämpfe mit dem Unternehmerthum in der-selben Weise auszufcchten haben wie jede andere Gewerkschaft,und daß sie hierbei nur auf moralische und finanzielleUnterstützung der organisirten Arbeiterschützung rechnenkönnen. Deshalb haben auch der Boykott des Klingel-Bolle, der Löser u. Wolff und einzelner Brauereien in früherenJahren nicht die Sympathie der Gesammtheit der Parteigenossengefunden. Auch die Böttcher haben sich getäuscht, wenn sieglaubten, bei ihrem Vorgehen a m und.n a ch dem 1. Mai aufUnterstützung durch den Boykott rechnen zu können; sie seienauch von maßgebender Stelle gewarnt Wörden und hatte somit dasRisiko auf sich und ihre Organisation selbst zu nehmen. DerRedner gah hierauf ein Bild über die Ursachen, die Ent-stehung und den bekannllichen Verlans des Bierboykotts.Wenn auf der gegnerischen Seite, ebenso wie bei uns,der Wunsch, den Kamps zu vermeiden, vorhanden gewesenwäre, dann wäre es nie dazu gekommen. Der„Bierkönig"wollte aber den Kampf und„schlug los". Die allezeit kämpf-bereite Sozialdemokratie, durch die Provokation des„Ringes"alarmirt, aber nicht überrascht, mußte den hingeworfenen Fehde-Handschuh aufnehmen, die Ehre der Partei stand auf dem Spiele.Der Kampf dürfte noch lange und schars geführt werdenund Jeder müsse sich befleißigen, über die Situationklar zu werden. Der Ausgang kann kaum zweifelhaft sein.Durch weitere Maßregelungen ihrer Arbeiter würden dieBrauereidirektoren die Flamme wieder zu Hellem Feuer anfachenund wäre es von unserm Standpunkt aus nicht zu bedauern,wenn sie in der vermeintlichen Wahrnehmung ihrer Interessen soblind darauf losgehen würden. Verhindern können wir es nichtund denjenigen, die dem Boykott bisher wenig sympathischgegenüberstehen, würden endlich die Augen geöffnet überdie angebliche Menschen- und Arbeitersreundlichkeit derRösicke und Konsorten. Käme dann noch die„Lokalfrage" hinzu.hei! das gebe ein lustiges Jagen und uns spränge der allzu-schars gespannte Bogen sicherlich nicht in die Augen. UnsereFriedensbedingung ist:„Herstellung des Zustandes vor derAussperrung der Vrauerei-Arbeiter". Unsere Positionen könnennur dann verloren gehen, wenn die Berliner Arbeiter socharakterlos wären, zu Happoldt und Rösicke zu gehen und zusagen:„Bisher habt ihr uns nur mit Ruthen gepeitscht, bitte,züchtet uns jetzt und in Zukunft mit Skorpionen".An den häusig durch lebhaften Beifall unterbrochenen Vor-trag schloß sich eine kurze Diskussion, in der N e u m a n n undSilberschmidt aufforderten, die Frauen dahin zu unter-richten, auf den Handel mit boykottirtem Flaschenbier zu achten.Folgende Resolution fand Annahme:„Die ec. Versammlungerklärt sich mit den Beschlüssen der Berliner Arbeiterschaft betreffsdes Bierboykotts solidarisch und verpflichtet sich, soweit ihr Ein-fluß reicht, auf den Baustellen, in Familien, sowie in Lokalen.wo Bauarbeiter verkehren, mit aller Kraft für strikte Durch-führung des Boykotts einzutreten."— Zum Schluß wurdebekannt gegeben, daß am nächsten Sonntag Vormittag im Lokalvon Richter(früher Gründer) Schwerinstraße 13 eine öffent-liche Versammlung für die Maurer des Potsdamer Viertels,Schönebergs und Ilmgegend stattfindet.Arb»it«r.KUdnns«kch»>t». Freitag, Abend» vcm alj— 10); Uhr: Nord-Schule, Mullerslrabe n»a und Eudost-Schule, Waldemarstr. 14,Deutsch(Cogil und Rethortt). Bei allen Unterrichtsfächern werden neueThcilnehmer, Tamen und Herren, jeder Zeit aufgenommen.Sef«- niw£li«hutirliluli«. Freitag. Karl Marx, Abend» B'i Uhr.bei«ruber, Mariendvrferstr. s.- W e st e n. bei H. Werner. Bülowstr.«».