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Nr. 228 1�17

Unterhaltungsblatt des vorwärts

dlenstag, 21. August

Die Katheürale von St.<!)uentin. Sie haben es erreicht: das HauS des heiligen Quentin stirbt den Flammentod. Was Blitz und Sturm, was die Wut so vieler Äriege und der Fanatismus wilder Kirchenräuber nicht vermocht aar die französischen Granaten haben es vollendet. Welch ein Stijck Geschichte, welch eine Welt von Schönheit fällt ihnen da zum Opfer I Unlöslich verwachsen mit den niederen Massen der Häuser von St. Ouentin hebt sich die Kathedrale hoch und breit, einem Gebirge gleich, aus ihnen und über sie empor, um daS ganze Bild der Stadt weithin majestätisch zu beherrschen. Steht sie doch auf ihrem höchsten Hügel, auf dem sich schon zur Heidenzeit ein Römer« tempel erhob. Der lag bereits in Trümmern, als um die Mitte des «. Jahrhunderts die Ueberreste des heiligen OuentinuS an dieser Stelle hergesetzt wurden; und diese Gebeine find es gewesen, aus denen der ganze Wunderbau der Kathedrale aufgewachsen ist. Schon im S. Jahrhundert bereitete ein Sohn Karls des Großen ihnen in einer Krypte eine dauerhafte und feierliche Unterkunft. Darüber aber erhob sich bereits in karolingifchen Tagen ein stattlicher Kirchen» bau. ES kamen die Zeiten, wo die christliche Frömmigkeit hoch auf- stammte und sich ihr Denkmäler setzte in den zum Himmel empor« lodernden Flammenbauten der Gotik. Da faßte auch die Dom- Herren vom Hause des heiligen Ouentin der Ehrgeiz, es den Städten der näheren und ferneren Nachbarschaft gleich- oder gar zuvorzulun, und so entstand wohl schon im 12. Jahrhundert der Plan zu dem großen Neubau. Bon 1200 bis 1S00 um in runden Zahlen zu sprechen ist dann an der Kathedrale gebaut worden; und noch war sie nicht vollendet, als im 16. Jahrhundert die letzten Werk- leute von den Gerüsten herabstiegen. Zur Pracht einer reichen Schauseite hat es nicht mehr gelangt, und man hat sich damit be- gnügen müssen, den Glockenturm der alten Kirche, ein schwere«, dumpfes Baustück, mit der neuen Masse zu verbinden. So steht nun das HauS des heiligen Ouentin als daS Bau- denkmal langer Jahrhunderte da, darin sich der Stil verschiedener Zeiten ausprägt und doch zu einem wundersamen, organisch ein- deitlichen Ganzen verwoben hat. Wie die Kathedrale von St. Ouentin heut ist oder, wie man nun leider sagen muß: war bildet sie neben der von Amiens das hervorragendste Denk­mol der Gotik in der ganzen Picardie. Zwar ihr äußeres Bild aufzunehmen, ist schwer, wenn nicht unmöglich, weil sich, wie bereits angedeutet, auf allen Seiten die Bürgerhäuser eng an die heilige Mutter anschmiegen, und man muß sich da- mit begnügen, bei der Umwandlung der mächtigen Baumasse eine Fülle mannigfaltiger, charaktervoller Einzelformen in sich aufzunehmen. Aber nun trittst du durch den Turm St. Michel in das Gotteshaus ein und alle Einzelheiten tauchen unter in dem mächtigen geschlossenen Gesamteindruck, in der majestätischen Raumsymphonie, die der gotische Formensinn hier geschaffen hat. Wahrhast großartig sind die Abmessungen der Kirche, originell ist die Gestaltung ihres Grundrisses. Denn es durch- schneiden sie zwei Ouerschiffe, davon das reichere den Chor ungefähr ist der Mitte durchbricht. Seitenschiffe, die unabsehbar scheinen, schreiten bis zum Chorabschlusse durch, und diese ganze rhythmisch gegliederte Bewegung nimmt dann der Chor ruhevoll abschließend auf. Und überall, wenn man diesen Raum durchschreitet, stößt das Äuge auf ehrwürdige Denkmäler und schöne Kunstwerke. Herrliche GlaSfenster glühen in mystischem Glänze auf; an den Chorschranken entfaltet sich in derben Reliefs die Wundergeschichte des Heiligen, dem die Stadt Namen und Ruhm verdankt. Seinen Namen ver- dankte ihm auch der bekannteste Sohn St. OuentinS, der große Maler Ouentin La Tour, und auch sein Grabmal findet der Besucher in den Wunderhallen der Kathedrale. Aber ein Verhängnis hat von je sie verfolgt, als ob ihr, kaum vollsydet. schon.der Untergang auf der Ferse tpgr» Dir Spanier kamen, sie belagerten die Stadt, der fromme Philipp hatte freilich di« Schonung der Basilika angeordnet,.aber sie. die siegreichen Er- oberer, plünderten und nahmen an Werten mit, was ihre Hände an sich zu reißen vermochten. Doch sind eS im ganzen bisher die Kriege nicht gewesen, die dem Hause des heiligen Ouentin am ge- fährlichsten wurden, deun auch die Deutschen haben im Jahre 1870 dir Kathedrale sorgsam geschont. Gefährlicher wurden ihr schwere Naturkatastrophen, wie Blitze und Stürme; am gefährlichsten aber ist ihr die Blindheit, der Fanatismus und die Gleichgültigkeit ihrer Landsleute geworden. Ja, die Franzosen sind große Sünder an der Kathedrale von St. Ouentin. Erst kamen die Aufklärer des 18. Jahrhunderts, denen die Kirche im Farbenlichte ihrer Glas- fensterpracht und in der Blüte ihrer farbigen Innenausstattung nicht hell genug schien. Das Innere ließen sie übertünchen und die

bunten Fenster durch hübsch klare Scheiben ersetzen. Ein paar Jahrzehnte später folgten ihnen dann die Bilderstürmer der Revolution, die der Basilika unheilbare Wunden geschlagen, eine Fülle von Schätzen für immer vernichtet, köstliche Bau- teile entstellt oder ganz zerstört haben. Damals diente sie als Tempel der Vernunft, als Futtermagazin, als Pferde- stall, und übel verletzt ging sie so ins 19. Jahrhundert ein. Und da wieder war es die Gleichgültigkeit des französischen Volkes, das schon in langen Friedensjahren den Tod des herrlichen Bau- Werkes vorbereitete und beförderte. Zwar ist die Basilika 1876 amtlich in die Liste der geschichtlichen Denkmäler aufgenommen worden, aber wenig ist für ihre Pflege und Erhaltung geschehen, und die« Wenige wohl schon zu spät. Wind und Wetter hat man an der mächtigen Masse rütteln, zerren, nagen lasten;«ine üppige Pflanzenwelt hat sich in ihre Mauern, in ihre Pfeiler gedrängt, m langsam stiller Arbeit das Gestein zermürbend, die Fugen lockernd. Ganze Geschlechter von Vögeln haben sich in Luken, Nischen, Waster« speiern usw. niedergelasten und dort ihr Familienleben etabliert. So zeigt die Kathedrale auf Schritt und Tritt Spuren schwersten Verfalle«, und ergreifend hat der Franzikaner Pater Prof. Dreiling in seinem während des Krieges veröffentlichten Buche über das HauS des heiligen Ouentin geschildert, welch beklagenswertes Bild der Verwüstung sich besonders vom Dache der Kathedrale auS bot. Was in kurzen Jahren zum Schutze diese? majestätischen Denkmal« geschehen konnte, das haben die Deutschen redlich getan, aber gegen die französischen Granaten haben auch sie di« Basilika nicht schützen können, und so geht.die große Verlastene", wie der Volksmund schon seit Jahrzehnten das HauS des heiligen Ouentin wehmutsvoll nennt, nun dahin._ LebenSes Licht üie Lösung eines alten Rätsels. Seit alters haben die Leuchterscheinungen bei manchen Tieren den Forschern zu denken gegeben; warum Tiere leuchten und wie dies geschieht, konnte die Wistenschaft aber bisher nicht angeben. Ein Zoologe und ein Chemiker, der Prager Forscher E. Trojan und der Chemiker R. Heller, sind nun gleichzeitig, ober unabhängig von einander, dieser Frage nachgegangen und sind dabei zu Ergebnissen gelangt, die miteinander in Einklang stehen. Trojan berichtet darüber in der.Naturwissenschaftliche» Wochenschrift'. Frühere Forscher hatten zunächst nach dem Sitz« deS Leuchten? bei den verschiedenen Tieren gesucht, die Licht auszusenden imstande sind, und dabei auch besondere Leuchtorgane gefunden; bei der Suche na'ch besonderen Leuchtstoffen aber hatten sich Unstimmig« keiten herausgestellt. Trojan hat nun den tierischen Leuchtvorgang unter dem Gesichtspunkte des allgemeinen Stoffwechselgetriebes be- trachtet und herausgefunden, daß da« Leuchten den Endstoffen de? Stoffwechsels zukommt. Bei Tieren, die zur genaueren Unter- suchung nicht besonders geeignet waren, hatte er sich mit der An- nahnie begnügt, daß das Leuchten eine zufällige Begleiterscheinung des Stoffwechsels sei; da er bei niederen Wesen aber die Licht- erscheinung stets an eine Ausscheidung geknüpft sah, kam ihm der Gedanke, ob sich nicht etwa der Organismus bei dieser Gelegenheit eines Ballastes entledigte. Die alte Beobachtung, daß menschlicher Harn leuchten kann, sowie daS Leuchten mensch- lichen Schweißes konnte diesem Gedanken nur förderlich sein, eben- so der Umstand, daß in der Nähe der Leuchtdrüsen mitunter harn- saures Ammoniak, harnsaures Kali, harnsaurer Kalk oder Guanin vorhanden ist. So war Trojan bei den Purinsubstanzen angelangt, die er in Verbindung mit dem Leuchten brachte. Heller hat in Laboratoriumsversuchen rein chemischer Art herausgefunden, daß das lebende Licht an die Jmidazolverbindungen als allgemeine End- Produkte deS Abbaues stickstoffhaltiger Verbindungen in Organismen geknüpft ist, mutmaßlich an �die letzte Phase de« Abbaues, die zur Ausscheidung von Purinkörpetn führt. In. welcher Phase de« Abbaues da« Licht austritt, ist freilich im einzelnen noch nicht geklärt. Soweit«» sich um die biologffche Seite der Erscheinung handelt, ist Trojan' auff den Farbstoffen der Tiere gekommen, die ebenfall« auf der Ablagerung gewister Ab- bauprodukte de» Abbauprozesses beruhen. Zuweilen führen! sie zur Ausbildung sekundärer Geschlechtsmerkmale, als welche die Leucht- erscheinungen vieler Tiere sich ebenfalls deuten lasten. Demnach spricht viele» dafür, daß das Leuchten der Tiere wenigsten« in vielen Fällen ein Seitenstück zum Hochzeitskleide sesn kann und das ist tatsächlich die Vermutung, die Trojan ausspricht. wie kann man Strümpfe sparen! Nicht von dem bekannten Rezept des seligen Pfarrers Kneipp soll hier die Rede sein, sondern von den Möglichkeiten, die Ab-

nutzung der Strümpfe zu strecken, indem man ihr zunächst vor- beugt, dann durch Ausbessern abhilft. Die alten Stopfmethoden genügen dazu freilich im Zeitalter der Bezugscheine nicht mehr. Zu ihrer Ergänzung erfinden rührige Hände neue Kunstgriffe und be- weisen daran, daß man früher mit dem kostbaren Rohstoff recht leicht- sinnig gewirtschaftet hat. Strümpfe, die sonst schon lange dazu ver- urteilt worden wären, als Plätteisenbezug oder Putzlappen den Rest ihres Daseins zu fristen, können jetzt noch ihrer ursprünglichen Bestimmung erhalten bleiben, wenn man die Anregungen beherzigt, die ein in einer kleinen norddeutschen Stadt wirkender HauSfrauenverein in seinem StopskursuS gibt. Um die Abnutzung soweit wie möglich zu verzögern, wird daS Tragen von Hacken- und Zehenschonern unter dem Strumpfe emp> fohlen. Erstere werden aus feinem Trikotstoff oder alten Strümpfen hergestellt, letztere aus Filz oder anderem dicken Stoff, auch kann man sie häkeln. Gehäkelte oder gestrickt« Hacken lasten sich auch sehr gut in einen schadhaften Strumpf im ganzen einsetzen; dünne Stellen an Hacken und Zehen sollen fein übermascht, solche an der Sohle mit dem Trikotstoff eine? anderen Strumpfe« übernäht werden. Aus alten Beinlingen lasten sich ganze Füßlinge herstellen, welche einen: noch tadellosen Beinling anzufügen sind. Fängt die Sohle«ine« sonst noch guten Strumpfes an, dünn zu werden, so kann man sie auch kehren, indem man den Fuß da abmascht, wo das Ab- nehmen über dem Hacken aushört und ihn so wieder anmascht, daß die Sohle nach oben kommt. Will man gewebte Strümpfe an- stricken, so schlägt man sie am abgeschnittenen Rande um und über- häkelt diesen. Die Hükelmaschen kann man dann aufnehmen und daran weiterstricken. Eingelaufene Strümpfe verlängert man nach Bedarf, indem man die Spitze abschneidet, ein Stück anstrickt und die Spitze wieder anfügt, die man bei dieser Gelegenheit gleich wendet. Der durch Strumpfhalter verursachten Beschädigung der Strümpfe kann man dadurch vorbeugen, daß man sie mit weißen Leinenknöpfen versieht, dir von unten durch Band gesichert sind. und an diesen die Halter befestigt. Zerrisseue Knie von Kinder- strümpfen, bei denen da« Einstrickeu nicht mehr lohnt, kann man nach hinten ummaschen, indem man den Fuß über dem Hacken ab- schneidet und ihn so wieder anmascht, daß die vordere Seite nach hinten kommt. Die gestopfte Stelle wird alsdann unter dem Knie verschwinden._ Notizen. Eine A u! st e l l u n g d« s D« u t s ch e n W e.rkbu n- d e S wurde in B c r n auf die Tauer von sechs Wvchvn unter rejier Anbei lnahm« des�ublikums eröffnet. AuSkuwstS stelle für Speisepilze, lim die Be- kanntschaft mit den in unseren Wäldern so zahlreichen Speisepilzen zu verallgemeinern, ist auch in diesen, Jahre in K ö n i g« b e r g i. Pr. eine städtische P i l z b e st i mm una? stelle in Tätigkeit. Jeder Königsberger kann dort Pilze kostenlos bestiimnen lassen. Auch Auswärtige können Pilze zur Bestimmung einsenden(Anschrift: Stöbt. Pilz-Beiiimmungsstelle), haben jedoch für jede Pilzart eine Gebühr von 50 Pf. beizulegen. Geier in N o r t> d>e u t s ch l a n d. In Poinmorn und Mecklenburg sind in den letzten Wochen, wie derFrankf. Ztg." be- richtet wird, über Waldungen streifende yroße Raubvögel beobachte,. in Pommern auch zwei erlegt worden, die man für Adler hielt. Es handelt sich aber nicht um Adler, sondern um Mönchs- und Gänse- geier, die nach Westen ziehen und in letzter Zeit mich in Schleswig- Holstein und im Hamburger Gebiet geselhen ivorden sind. Seit vielen Jahrzehnten sind Raubvögel dieser Art in Deutschland nicht beoibachtet worden. Die Geier müssen durch das Kriegsgeiöse nach Deutschland verschlagen worden fein; man nimmt mit ziemlicher Sicherheit an, daß ihr Weg sie aus den südlichen Balkanländern etwa über SicbenbÜMN»der Ungarn nach Norden geführt hat. E in Patriarch unter den Bäumen. Mexiko rühmt sich, den ältesten Baum der Welt zu besitzen. Es ist da« eine Zypresse in dem kleinen Städtchen Santa Maria de Tula, da« zwischen Mexiko und Oueretaro liegt. Zum ersten Male geschieht deS Baumes durch Alexander v. Humboldt Erwähnung, der ihn im Jahre 1803 sah und seinen Durchmesser auf 36 Meter angibi. Es ist schwer. daS Alter des Baume« festzustellen. Die Schätzung schwankt zwischen 4000 und 6000 Jahren. Aber die Jahre baden der Zypresse nicht« anhaben können. Sie zeigt nicht da« geringste Zeichen des Niederganges. Vielleicht ist diese Zypresse jener Baum, von dem Ferdinand Cortez in seinen Memoiren spricht, und unter dem der Eroberer nebst seiner europäischen Armee eine« TageS Platz fand, wobei man freilich nicht vergessen darf, daß diese.Armee" nur eine Handvoll Menschen zählte.

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/lnöers hjarmfteü. Von Jakob Knudsen .

Na-- ich denke, eS ist daher gekommen, daß Ihr Vater mit so vielen Prozesse hatte", hörte er Proprietär Faurholt zu Airstine sagen.Ja, aber dann ist es ja gut. daß Sie herübergekommen sind, denn hier können Sie doch nun Freundinnen bekommen, wenn Sie bloß wollen,* hier sind Gjatrid und Sara und die Mädchen des Schullehrers und viele noch; und Freunde können Sie meiner See! auch mit Leichtigkeit finden, die beiden Jungens hier Niels wird Sie gewiß auch nicht hassen--" Es entstand eine kleine Sttlle nach diesen Worten, die vielleicht ein bißchen verlegen, aber doch gar nicht drückend war, trotzdem war eS für Auders, wie wenn ihn die augenblickliche Situation dazu brächte, zu sagen:Ich wollte Sie. doch freundlichst fragen, Faurholt, wie das kommen kann, daß Sie Gerste im Pajmoor gesät haben, denn äh eS ist doch gemeinsamer Besitz von ganz Harreby und äh" .Und was noch?" fragte Faurholt. Nein, das ist wohl genug." sagte AnderS. DaS geschieht darum, weil ich nun mal mein Anteils- recht auf die Art am liebsten verwerten will." Ja, aber daS ist ja die einzige Art, wie Sie es nicht verwerten dürfen," antwortete Anders und hatte das Gefühl, etwas zu sagen, das' gleichsam über sein Atter hinausging. Wenn daS Pajmoor ausgeteilt würde, fo könnte Stavn ja viel mehr zufallen, als ich gepflügt habe." Was dann sein könnte, weiß ich nicht. Aber nun ist es doch nicht ausgeteilt." Ja, aber daS Anteilsrecht kann auf so viele Arten verwertet werden. Und es gibt etwas, das Verjährung heißt." Gewiß, aber Sie müssen eS 20 Jahre unterm' Pfluge gehabt haben, um ein Vcrjährungsrecht darauf zu be- kommen." Ich glaube, Ihr Bruder will eS so einrichten, daß Sie auch hier keine Freundinnen gewinnen, liebe Äirstinc," sagte der Proprietär zu dieser gewendet und lachte.Ja, ja, ich begreife ja, daß der alte Jerrik Sie vorgenommen und Ihnen eine ganze Menge eingetrichtert hat; aber was von dieser Seite kommt, soll man.nicht so hinnehmen--". Gewiß, ich habe gedacht,. eS ebenso zu machen wie er

und meine Rinder inS Korn zu laffen, damit Sie nicht zuletzt ein Verjährungsrecht über den Boden bekommen." Ja. ja, so was läßt sich ja ganz schön sagen, aber tun sollten Sie eS nicht. Den Rat will ich Ihnen geben.-- Hör mal, Jens, hol mir doch meine Pfeife; ich glaube, ich habe sie drüben in die Ecke gestellt." Nun fing der Proprietär an, von ganz andern Dingen zu reden, und da es Anders ganz unmöglich war, in dieser Komödie mitzuspielen, so wurde er schweigsam und verfiel in Schwermut. Jetzt hatte er sich diesem seltsamen Trieb gefügt, den er selber nicht verstand. Und jetzt kam nun alles das in ihm auf. was ihn dafür tadeln wollte. Bald danach sagten er und Kirstine Gutenacht und gingen. Niemand von den jungen Leuten von Stavn ge- leitete sie; und obwohl alle gewiß im klaren über den Grund dazu waren, und man auch nicht an der gegenseitigen Lllst zur Begleitung zweifelte, so sagte doch keiner ein Wort darüber. Auch die beiden Geschwister sprachen auf dem Heimweg nicht zusammen. Aber Kirsttne hatte eine seltsame Empfindung Anders gegenüber: als könnte er ihr eigener Vater sein. Auf Stavn diente ein Häusler, der für gewöhnlich Mads Horsens genannt wurde, freilich nicht, wenn man mit ihm selber sprach. Den Beinamen hatte er wegen seines fünf- jährigen Aufenthalts im Zuchthause von HorscnS bekommen. Er war ein uneheliches Kind, im Kirchspiel auferzogen, und hatte in der Trunkenheit einen Hausierer erschlagen. Er nahm bei Kristen Faurholt eine rechte Vertrauensstellung ein, denn er war enger als irgend einer von den anderen Knechten an den Hof und seinen Herrn geknüpft, da eS sehr zweifelhast war, ob er anderswo Dienst bekommen konnte. Außerdem hatte er seinen Herrn auf eine Art gern, weil dieser klug genug war, Mads nicht als wesentlich verschieden von den meisten andern anzusehen, die keine Leute erschlagen hatten oder nicht im Zuchthause gewesen waren. Und dann meinte Kristen Faurholt wohl, das Gewissen dieses Mannes zu sein. was sich bequem ordnen ließ, da Mads von Natur keins besaß. Niels beobachtete, daß Mads sich in der folgenden Zeit nach dem Besuch der beiden Geschwister auf Stavn mehrmals ein weites Stück einwärts auf dem Wiesenweg nach dem Bjerrehof hin aufhielt, wo er keine gewöhnliche Arbeit zu verrichten haben konnte. Weil eS gleichfalls ausgeschlossen war, daß Mads Horsens spazieren ging, so konnte es nur geschehen, um den Zustand des Pajmoors auszukundschaften, das sich gerade von der Stelle aus, wo Mads umkehrte, sehr wohl beobachten ließ.

Niels war auch ein paarmal an dem gleichen Ausgucks- punkte drüben, aber eS war kein Vieh auf dem Gerstcnstück zu sehen. Trotzdem vermochte es Niels von Tag zu Tag nicht dem Vater oder der Mutter zu melden, daß er und Gjatrid zum Bjerrehof hinübcrwollten, um den Besuch zu er« Widern und ohne etwas zu sagen, dennoch zu gehen, würde ganz unmöglich sein nach Sitte und Ordnung auf Stavn. Aber an einem Sonntagnachmitag mitten im Juli sagte Kristen Faurholt selbst zu Niels, daß er meine, die Beiden, Gjatrid und Niels, sollten jetzt hinüber gehen, ehe die Ernte richtig begönne. Niels sagte bloß, daß sie das gewiß gerne tun würden. doch vermutlich hat er zugleich seinen Vater etwas verwundert angesehen, denn dieser fuhr fort: Ach ja. er ist ja ein bißchen albern mit seinem Bellen, aber er ist eben auch noch recht jung. Wenn er das Beißen sein lassen kann, so macht es nichts. Und eS steht doch so aus, als ginge es ganz gut damit."-- Dann waren Niels und Gjatrid am Sonntag nachmittags und abends auf dem Bjerrehof. Die beiden jungen Mädchen schloffen Duzfreundschaft miteinander und die beiden jungen Männer gleichfalls. Weiter kam man freilich nicht. Geschwatzt wurde sonst ungeheuer viel; und alles, was sie sagten, ging so selbstverständlich wie einen grünen Abhang hinunter, es ging so leicht und hatte doch eine merkwürdige Schwere, hatte Gewicht, war so wertvoll für sie; alles, was sie sagten und taten.-- Anders und Kirstine begleiteten ihre Gäste im herrlichsten Sommerwetter über die Wiesen nach Hause.! daS heißt: sie gingen mit ihnen auf dem Wege hin und her, bis es sehr spät geworden war. Als sie vom Bjerrehof fort- gingen, senkte sich gerade die Sonne drüben hinterm Walde auf den Höhen unter den Horizont. Und sie sahen den sommerbleichen Fjord und gerade vor dem Lande eine Scha- luppe, einen Holländer mit langem Achtersteven, der ganz stillstand, und dessen Großsegel schlaff von der Rahe herab- hing. Landeinwärts nach Stavn zu, landeinwärts unter den Hügeln lag-die meilenwcitc Wicsenfläche, goldgrün,- wie eine große, flache Schale mit ganz niedrigen Rändern.' Es war vollkommen still: die Frösche hatten für dieses Jähr aufgehört, und die Seevögel waren alle verstummt, und von Menschen konnte man gar nichts hören. Es war auch für sie, als gäbe es keine Menschen.--- Ehe sie sich trennten, trafen Niels und Anders die Ver- abredung. daß die zwei am nächsten Sonntag hinauswollten, um zusammen aus dem Fjord Flunderit zu stechen.--- ........... i(Forts, folgt.)