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Die auswärtige IPoliti In unserem gestrigen Bericht ist die vom Genossen Ebert abgegebene Erklärung der Mehrbeit vcrsebenllich vor die zweite Erklärung des Reichskanzlers gestellt. Tatsächlich aber ist sie in- folge eines zuvor gefaßten Beschlusses der interfraktionellen Kam- Mission nach der zweiten Kanzlererklärung abgegeben worden. Am Donnerstag wurde in der Aussprache über die auswärtige Politik fortgefahren. Abg. Haußmonn(Bp.) erklärte im Namen derjenigen Parteien, in deren Auftrag am Mitt- woch Abg. Ebert die Erklärung abgegeben hat, folgendes: Die Erklärung des Reichskanzlers sei nicht richtig verstanden worden und infolgedessen hätte Ebert die Erklärung abgegeben. Wäre die Erklärung des Reichskanzlers richtig verstanden worden, dann hätte kein Anlaß vorgelegen, den ersten Teil der Erklärung vorzutragen. Der Redner gmg dann auf die Ausfuhrungen ein, die der Staatssekretär des Aeutzeren in der Sitzung am Mitt- woch gemacht hat. Auch er begrüßt die Erklärung des Staats- sekretärs. daß die Reichspolitik gegründet werden müsse nicht nur auf die Macht, sondern auch auf das Recht. Er und seine Partei- genossen schließen sich dieser Auffassung durchaus an. Der Friedens- beschluß des Reichstags vom lS. Juli habe sich in jeder Beziehung als richtig erwiesen, trotzdem die Alldeutschen alles versucht haben, um die Bedeutung dieses Beschlusses herabzusetzen. Auch er wandte sich dagegen, daß die Heeresleitung die alldeutsche Presse begünstige und die Presse, welche auf dem Boden des ReichStagSbeichiusscs steht, benachteilige. Er geht insbesondere auf die Maßregelung derFrankfurter Zeitung " ein. Für ihn sei ganz besonders erfreulich, daß die Arbeiter in England von neuem beschlossen haben, die Stockholmer Besprechung zu beschicken. Er steht darin ein Zeichen, daß das FriedcnsbedürfniS auch im englischen Volke immer mehr und mehr um sich greift. Die päpstliche Note sei, soweit er es beurteilen könne, sicherlich nicht von irgendeiner Seite in Deutsch - land veranlaßt: ober für sie sei der Boden, auf dem sie eine gute Wirkung ausüben könne, vorbereitet worden gerade durch den Reichstagsbeschluß. Er bedauerte, daß der Reichskanzler nicht die Behauptungen der Alldeutschen von sich abgeschüttelt habe, als ob er in der Politik ein falsches Spiel zu treiben gedenke. Graf v. Dchwcrin-Löwitz habe es so dargestellt, als ob er er- warte, daß der Reichskanzler die Aenderung des Wahlrechts in Preußen bis nach dem Kriege verschieben und dadurch den Kon­servativen Gelegenheit geben werde, die ganze Aenderung zu Fall zu bringen. Gegen derartige Behauptungen wären andere Worte nötig gewesen, als sie der Kanzler gesprochen habe. Auch die Rücksicht auf die ungeheuren Leistungen und Opfer unseres Heeres erfordere es. daß vor aller Welt darüber Klarheit geschaffen werde, daß alles geschieht, um im Sinne des Reichstagsbeschlusses so schnell wie möglich zum Frieden zu gelangen. Der Herr Reichskanzler habe auch am Mittwoch wieder für sich Spielraum für die Friedens- Verhandlungen verlangt. An dem Tage aber, an dem der Reichs- kanzler in sein Amt eingetreten sei, hätten die Vertreter der Par- teien, die den Reichstagsbeschluß vom 19. Juli beantragt hatten, mit dem Herrn Reichskanzler über diese Dinge gesprochen und ihm ausdrücklich erklärt, daß von einem solchen Spielraum nicht mehr die Rede sein könne und der Friede auf der Grundlage abgeschlossen werden müsse, die durch den Reichstagsbeschluß festgelegt werden sollte. Daher müßte sich der Reichskanzler klar darüber sein, was der Reichßtaasbcschluh in dieser Beziehung zu bedeuten habe. Die Zukunft werde zoigeii, ob es möglich sein werde, zwischen der jetzigen Reichslcitung und dem Reichstage diejenige Einhettlichkcit und Klarheit- in Auf- rassung und Handeln zu erreichen, die der Reichstag am. 10. Juli unbedingt verlangt hat. Oberst Waldt: In den Fällen, in welchen Beschwerden der Frankfurter Zeitung " zur Kenntnis des Kriegs- Ministeriums gekommen seien, sei«ingeschritten und die verhängte Vorzensur ausgehoben worden. Äbg. Dr. Stresemann(natl.) wandte sich auch dagegen, daß sich die Heeresleitung amtlich mit der Verbreitung von Schriften befasse; das gehör« nicht zu ihren Auflgaben. Ferner bedauert er, daß der fozlaidemokratifche Abg. Wendel im..Vorwärts" seine Artikel über die bulgarisch !. Frage veröffentlicht habe. Davon höhe ihn der politische Taki Äbhaltcn müssen; aber auch die Leitung der sozial- demokratischen Partei hätte verhindern müssen, daß ein derartiger Artikel iniVorwärts" er- schien. Redner ging dann auf die Frirdensentschlicßung de» Reichstags eiu, der er eine solche Wirkung nicht zuerkennen könne, wie das die andern Redner getan Höben. Auch dürfe das Deutsche Reich nicht auf eine Kriegsentschädigung verzichten. Der Grundsatz des Staatssekretärs, daß die Politik nicht nur auf Macht, sondern auch auf Recht aufgebaut werden müsse, passe nicht zu den Lehren der Geschichte; habe doch England seine Politik einzig und allem auf di« Macht aufgebaut und damit eine Weltherrschaft errichtet, die so lange Kraft und Dauer habe. Staatssekretär des Auswärtigen v. Kühlmann gmg in vcrtoauliöhen Ausführungen auf eine ganze Reche Fragen "er auswärtigen Politik ein, die im Laufe der Aussprache vor. gebracht waren. Dann besprach er im einzelnen die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu unfern Bundesgenossen und zu den neutralen Staaten, machte Mitteilungen über den Stand der handelspolitischen Besprechungen mit Oester. reich-Ungarn und verschiedenen neutralen Staaten und ging schließlich auf die Verhandlungen ein, die mit Argentinien wegen der!°-chiffsversenkung geführt werden.' In Beantwortung einer Frage des Abg. Stresemann teilte er mit, daß die Schädigungen, die deutschem Eigentum und Wirtschaftsleben von den feindlicheir Staaten zugefügt worden sind, sorgfältig gebucht würden. Di». Rechnung werde seinerzeit den feindlichen Regieuungen vorgelegt werden. Staatssekretär des Reichsmarineamts v. Capelle: Di« Jßrma Lehmann habe einen großen Posten von politischen«chriften den Flottenkommandos zur Verfügung ge- stellt. Leider hätten einzelne Flottenkommandos davon Ge- brauch gemacht und die Schriften amtlich verteilt. Das Reichs- marineamt habe den Flottenkennmandos mitgeteilt, daß ein der. artiges Verfahren durchaus unzulässig sei. Er hoffe, daß solche Fälle nicht wieder vorkommen. Dann kam der Staatssekre- tär auf den U-Boot-Krieg zu sprechen. Heute sei der Stand unserer fertigen U-Boote um Ist Prozent höher als beim Beginn des verschärften U-Boot-Krieges. Der Verlust betrage durchschnittlich drei im Monat; im Bau be- finden sich dagegen beträchtlich mehr Schifte. Alles, was sonst zu Unserm U-Boot-Krieg gehöre, sei reichlich vorhanden und für ab- sehibare Zeit sichergestellt, so daß wir den ferneren Ereignissen mit Vertrauen entgegensehen können. Versenkt würden monallich durchschnittlich OOOOOst Brutto-Regiftertonnen. Allerdings seien Schwankungen in dieser Ziffer zu erwarten, dos liege in der Natur des U-Boot-Krieges. Redner verbreitete sich dann ausführlich illber die Wirkungen des U-Boot-Kricges. stellte fest, daß er durch- aus den Erwartungen entspreche und sich auch in der gewünschten Weise in den feindlichen Staaten bemerkbar mache. Dann trai die Mittagspause ein In der Naebmittagssitzung machte der Vorsitzende den Vorschlag, daß der Ausschuß in seiner jetzigen Tagung noch fol- gendc Gegenstände beraten solle: 1. die Veränderung in der Reichs-

K im Hauptausschuk. leitung; 2. Kohlen- und Rohstofs-Fragen; 8. Politische Zensur; 1. VersammlungSderbote; S. Besetzte Gebiete. Nach längerer Geschäftsordnungsdebatte wurde dieser Vor- schlag angenommen. Abg. Erzberger(Z.) stellte fest, daß noch der Erklärung, welche der Kanzler am Mitt- wochnachmittag abgegeben hat, die Differenzen zwischen dem Reichskanzler und de« RmchStisss- mehrheit für Gegenwart und Aulunft erledigt seien(?). Klarheit sei dar- über geschaffen, daß für die Friedensverhandlungen der Reichs. togsbeschluß maßgebend sei. Er wendete sich dagegen, daß ihm vorgeworfen werde, er Hab« durch seine Rede vom Mitt» woch die unliebsamen Auseinandersetzungen mit dem Reichs lanzler herbeigeführt. Daran sei kein wahres Wori. Dies sei nur er. funden von jener Clique, die mit allen Mitteln gegen den von der Reichstagsmehrheit erstrebten Frieden kämpfe. Seine Partei werde gegen diese Clique den Kampf in allen Punkten aufnehmen. Diese Clique habe nur einen ganz kleinen Teil des deutscher, Volkes hinter sich, wenn sich auch auf ihrer Seite das größer«- Portemonnaie befände. Dem Abg. Stresemann erwiderte er, daß sich das Deutsche Reich vor dem Kriege wirtschaftlich glänzend ent- wickelt habe. Es bedarf also keiner Vergewaltigung anderer Völker, um seine wirtschaftliche Zukunft zu sichern. WaS er in Zürich gesagt habe, sei in dar alldeutschen Presse ent- stellt worden. Dem Grafen Westarp aber sei er keine Rechenschaft darüber schuldig. Wenn er mit Lloyd George über den Frieden verhandeln könnte, dann würde er dem englische» Minister sagen, er täusch« sich sehr, wenn er glaube, daß Graf Westarp in Deutsch - land irgendein« maßgebende Bedeutung habe. Di« Frage des Grafen Westarp, was mit der Ankündigung gemeint sei, die Mehr- heitsparteien würden mit allem Nachdruck auf der Bahn vorgehen, auf die sie sich durch den Reichstagsbeschlutz gestellt haben, beant- wort« er, daß sie planmäßig auch fernerhin alle diejenigen Hinder- nisse beseitigen werden, di« einem dem ReichStcrgSbcschluß ent- sprechenden Frieden entgegenstehen. Stiraitssekretar Dr. Helffvrich knüpft« an eine Bemerkung des Vorredners an, di« dahin ging, im Jahr« 1017 hätte der deutsche Welthandel voraussichtlich den englischen erreicht, wenn nicht der Ausbruch des Krieges da­zwischen gekommen wäre. Dr. Helfferich sieht aber in dieser Ent- Wicklung den wesentlichen Grund dafür, daß England in den Krieg eingetreien sei. Englands Politik sei stets die stärkste Macht auf dem Kontinent und gegen jeden ernsthaft auf- kommenden Wettbewerber in seiner Stellung im Welthandel g«. richtet gewesen. Ter Krieg sei das Ergebnis einer Spannung, die dadurch entstanden sei, daß England ein immer größeres Miß- Verhältnis zwischen seiner überlegenen See- und Weltmacht auf der einen Seite und der wirtschaftlichen Kräfte nt- faltung Deutschlands auf der andern Seite empfunden bade. Man müsse sich unbedingt darüber klar sein, baß in diesem Kriege Englands Ziele unsere wirftchaftliche Unterdrückung sei. Sich hierüber Täuschungen hinzugeben, wäre verhängnisvoll. Schließlich wies Dr. Helfferich den Vorwurf als unberechtigt zurück, jemals bezüglich der Wirksamkeit des U-Boot-KriegeS sich auf irgendwelche Prophezeiungen eingelassen zu haben. Das Prophezeien babc er' stets den Engländern überlassen. Lkoyd Georges Statistiken in seiner letzten Red« seien Spiegelfechtereier, und beweisen durch ihre Unklarheiten die UnHaltbarkeit seiner Behauptungen. Wenn Lloyd George im Gegensatz zu seinen Aus- führungen im April jetzt die Lage günstig darstelle, obwohl sie doch sicher nicht günstiger geworden sei, so beweise das einmal, baß die Stimmung in England dringend der Beruhigung bedürft, und außerdem, daß Lloyd George es für nötig halte, auf die Stim- mung in Deutschland einzuwirken. Dieser Eindruck werde de. stätigt durch die naheliegend« Erwägung, daß nur das Gefühl einer unmittelbaren schweren Bedrohung trotz der Aussicht auf die amerikanische Hilf« im nächsten Frühjahr den ungeheuren Ansturm an der Westfront mit seinem Mafftneinsatz an Material und Men- scheu genügend erklären könne. Diese Bedrohung liege wohl nicht so so sehr auf dem Lande oder in der Luft, als vielmehr auf dem Wasser. Abg. Scheidemann(Soz.) wandte sich zunächst gegen die Ausführungen Dr. Helfterichs. Auch die jetzigen Darlegungen seien nicht geeignet, ihn und seine Freunde in chrer Ucberzeugung über den verschärften U-Boot-Krieg wankend zu machen. Er habe viel« mehr das Gefühl, das aus jenen bekannten Worten spricht: Weiß doch keiner, was der glaubt. Nach seiner Kenntnis der Dinge sieht Herr Dr. Helfferich die Verhältnisse bei uns im Vergleich mit den Verhältnissen zu England zu rosig an. Er würde es sehr be- dauern, wenn die Auffassung des Herrn Dr. Helfferich auch von den andern Herren der Reichsleitung geteilt würden. In dezug auf den Vorwurf, die Parteileitung hätte verhindern sollen, daß im Vorwärts" der Artikel des Abg. Wendel über dft bulgarischen Forderungen erscheine, müsse er feststellen, daß dem Parteivorstand gar nicht daS Recht zusteht, in solcher Weise in die Leitung des Vorwärts" einzugreifen. Richtigzustellen sei aber, daß imVor- wärtS" eine Aussprache über die Frage stattgeftlnden habe, und daß neben dem Abg. Wendel mehrere andere Herren zu Worte ge, kommen seien, die sich im entgegengesetzten Sinne ausgesprochen haben. Die Borgänge von gestern seien bedauerlich. In der kurzen Zeit der neuen Regierung seien bereits zuviel Mißverständnisse und Unzulänglichkeiten vor- gekommen, sodaß es die höchste Zeit sei, daß darin endlich ein Ende eintrete. Gegen die Ausführungen früherer Redner weist Abg. Scheidemann eingehend nach, daß der Recchstagsbeschlutz vorn 19. Juli im In- und Auslande günstig gewirkt und die Friedensbewegung gestärkt habe. Auch das ab- sprechende Urteil des Grafen Westarp über die Stockholmer Ber- Handlungen sei durchaus unzutreffend. Freilich werde gegen daS Zustandekommen der Stockholmer Verhandlungen mit allen Kräften gearbeitet. Seine Partei aber werde dagegen ihre ganze Kraft einsetzen und alles tun, was nur irgend möglich ist, damit das be. absichtigt gute Werk in Stockholm auch vollendet werde. Er hoffe auch, daß die geplante Zusammenkunft in Stockholm er- reicht werde. Von der Reichsleitung müßte verlangt werden, daß sie alles vermeide, was die Friedensarbeit erschwere; sie müsse auch dafür sorgen, daß die Heeresleitung sich hiernach richte. Ebenso sollte bei den Ansprachen an die Soldaten auf die jetzige Lage der Dinge die nötige Rücksicht genommen wer» den. Die Zeit de» Schwankens und der Unklarheiten müsse jetzt vorüber sein. Die Reichsleitung müsse sich klipp und klar und ohne jeden Rückhalt auf den Badendes ReichstagSbeschlus- s e s vom 10. Juli stellen, müsse mitarbeiten, den Frieden der Ver- ständigung und ohne Vergewaltigung zu erreichen und müsse die Versprechungen der inneren Reformen des preußischen Wahl- rechts usw. ungesäumt durchführen. Eine andere Regierung sei im Deutschen Reiche unhaltbar. Staatssekretär Dr. Helfferich versicherte, daß er seine Dar­legungen auf Grund gründlicher Untersuchungen gemacht habe. Er sei zu der hier vorgetragenen Ueberzeugung gekommen und sei auch überzeugt, daß die Zukunft sie als richtig verweisen werde. Abg. Röfike wendete sich eingehend gegen den Beschluß des Reichstags vom 10. Juli. Hierauf wurden die Verhandlungen ver- tagt und sollen heute fortgesetzt werden. Zuvor die Kohlen- und Rohstofftage, Zensur und Pcrsammlungsvcrbotc.

Beratungen über Elsaß -llothringen. Auf dem Wege zum freien Bundesstaat. Amtlich wird gemeldet: Ein Berliner Blatt veröffentlicht eine Mitteilung, nach der über die künftige Staats- und Verwaltungsreform Clfaß-LothringenS bestimmt« Beschlüsse gefaßt seien und auch der Reichskanzler sich für eine bestimmte Lösung dieser Frage festgelegt habe. Diese Nachricht ist unzutreffend. Der Reichs- kanzler hat in seinen Gesprächen mit den Parteiführern diese Frage zwar erörtert, aber sich nicht in bestimmter Rich- tung festgelegt, sondern auf bevorstehende Verhandlungen zwischen den Bundesregierungen verwiesen." Als Ergebnis dieser Verhandlungen muh erwartet werden. daß in ihnen Elsaß -Lothringens vollständig« Freiheit und Selbständigkeit im Rahmen des Reiches sichergestellt wird. Wie es sich dann im Innern einrichten will, ist Sache des elsaß -lothringischen Volkes selbst.

Tie sozialdemokratische Neichstagsfraktiou tritt heute abend 6 Uhr zu einer Sitzung zusammen.

Die Losung bleibt: vorwärts! Der Reichskanzler hat als Antwort auf die ihm übermittelte Entschließung einer Versammlung des U n a b> hängigen Ausschusses für einen deutschen Frieden und desKönigstreuen WahlvereinS" in Reichenbach an den Vorsitzenden jener Versammlung Landrat a. D. v. Seidlitz auf Habendorf folgendes Telegramm gesandt! Für Ihre freundliche Mitteilung der in der Versammlung einmütig gefaßten Entschließung, die von der vaterländischen Ge< sinnung der Teilnehmer ein beredte« Zeugnis ablegt, danke ich Ihnen bestens. Durch alle Mühen und Opfer hindurch bleibt unftre Losung jetzi und immer: Vorwärts!" Womit Herr Michaelis wohl nicht auf seine neuliche Zitierung desVorwärts" anspielen wollte. Dies würde nämlich vomUnabhängigen Ausschuß" nebst königstreuem Wahlverein als eine Unfreundlichkeit empfunden worden sein. Der falsche Zungenschlag. Aus den gestrigen Verhandlungen des Hauptausschusses berichtet noch dieGermania ": Die Verhandlungen im Hauptausschuß des Reichstages wurden am Donnerstag mit einer Geschäftsordnungsdebatw über die indiskreten und unzaitreffenden Mitteilun­gen eines Teiles der Berliner Presse von der gestrigen S t e l- lungnahme des Reichskanzlers zur Friedens- Resolution des Recchstages eingeleitet. Während ein konservativer Redner ankündigte, seine Freunde würden derartige Mitteilungen im Ausschutz in Zukunft auch verwerten, stellten die Redner der Mehrheitsparteien fest, daß es sich bei derartigen Indiskretionen und Sensationen regelmäßig um dieselben Zei- tungen handle. Der erste Teil der von den Mehrheitsparteien abgegebenen Erklärung beruhe ans einer Bemerkung des Reichskanzlers, die mißverständlich aufgefaßt werden mutzte. Wäre sie nicht erfolgt, dann wäre die Gegenerklärung der Mehrheitsparteien überflüssig gewesen. Wir bedauern, in diesem Fall anderer Meinung sein zu müssen als die Redner der Mehrheitsparteien. Wenn im Ausschuß Mitteilungen über militärische Geheimnisse gemacht wenden, ist jedermann verpflichtet, den Mund zu halten. Wenn aber dem Reichskanzler ein rednerisches Malheur passiert, so ist das keine Sache, deren Enthüllung das Vater- land in Gefahr bringt. Man hätte also statt des frisierten Wolff-BerichtS ruhig den wirklichen Wortlaut der ver- unglückten Erklärung veröffentlichen sollen! Die Lage in Zinnlanü. Kopenhagen , 23. August..Politiken " meldet auS HelstngforS: Während der ganzen letzten Woche wurden von starken Pöbethaufen Unruhen veranstaltel und die Stadtbehörden auf das gröblichste beleidigt. Die Unruhen sind nun unterdrückr, da eine Bürger- wehr gebildet wurde, die 2000 Mann zählt. Auch in anderen finnischen Städten haben Unruhen staltgefunden, auch dort sind Bürgerwehren errichtet worden. Bei den Unruhen in HelsingforS sind mehrere Personen verwundet worden.

Letzte Nachrichten. Ein üeutfches Lustschiff verloren. Berlin , 23. August. Amtlich. Am 2t. Auguist, vormittag?, wurde eineS'unserer Marinelufischifft westlich ber jütischen Küste. nördlich von Hornsriff, beim Angriff auf englische Seestreitkräfte abgeschossen. Der Chef des Admiralstabes der Marine. Einigung in üer Textilindustrie des Eulengebirges. i Reichenbach i Schlesien , 23. August. In der Textilindustrie des Eulengebirges ist es nach langen Verhandlungen zu einer Einigung zwischen dem Verband schlesifcher Textilindustrieller, Ortsgruppe Reichcwbach, den freien Gewerkschaften und dem katholischen Arbeiterverein gekommen. Danach werden die bereits im Mai erhülsten Löhne unter Beibehaltung der Familien- Unterstützung am 3. September um zwanzig Prozent und die wöchentliche Arbeitszeit auf 05 Stunden erhöht, von denen die fünf Arbeitsstunden am Sonnabend freiwillig sind und um zehn Pro- zent höher bezahlt werden. Ein gefälschter russischer amtlicher Heeresbericht. Berlin , 23. August. Der Funkspruch Carnarvon vom 23. August, 2 Uhr vormittags, verbreitet folgenden russischen Be- richt:In Richtung Tukkum ergriffen dft Deutschen die Offen- sive und vertrieben unsere Kavallerftvorhuten, die sich nach dem Bahnhof Kemmer zurückzogen. Am 8. August, morgens, unter- nahm der Feind Angrifft zwischen dem Tiroul und der Aa. Um 8 Uhr gelang es ihm, in unsere erste Stellung einzudringen; wir mußten uns ungefähr 2 bis 3 Werst in nördlicher Richtung zurück- zfthen. Ter Feind unterhält ein lebhaftes Artilleriefeuer auf unsere Stellungen im Abschnitt Leding östlich des Aa-Flusses." Dieser Bericht ist gefälscht. In Wirklichkeit haben dft Russen ihre Stellungen westlich der Aa bis zur Linie Oding Bizgun freiwillig nach dem Niederbrennen der Ortschaften geräumt. Unsere Truppen haben hierauf das aufgegebene Gebiet kampflos besetzt. Dft Gründe, die die russische Regierung zu dieser Fälschung ber- anlaßten, sind allzu durchsichtig. Feindlicher Fliegerangriff auf Metz . Berlin , 23. August. Bei feindlichen Bombenabwürfen in der Nacht vom 21. zum 22. August wurde in Metz «in elftährigeS Mädchen getötet. In Ensisheim , Freiburg und S ch l e t t- stadt entstand kein militärischer Schaden, dagegen wurden eine Frau und fünf Kinder verletzt,