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Nr. 237

1917

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Die Zeit steht still

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Der erste Tag der Ferien. Aus der brängenden Haft des Be­rufes in das gartenumgürtete Haus, to mir die Mutter wohnt. Ich strede mich behaglich ins Bett, die Zeit steht still...

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Heute mittag schlenderte ich durch die alte Stadt, wo ich heran­wuchs. Jm flirrenden Sonnenschein ging ich über den Marktplaz zum altbekannten Uhrmacher, eine geringfügige Reparatur machen zu lassen. Eine blasse, stille Frau antwortete: Es ist nicht mög­lich, mein Mann ist schon lange im Felde, der Gehilfe auch." Darf die Zeit nicht weitergehen? Es ist Krieg, mein Herr!" Als ich heraustrat, fiel mein Blid auf die große, über der Haustür hängende Uhr, das sonst nimmer rastende Wahrzeichen des fleißigen Mannes. Auf sie warf ich einst ängstlich den Blid, wenn ich morgens zu spät zur Schule eilte. Sie steht stiα, der Meister, der sie aufzog, ist weit fort, draußen in Flandern ...

Die alte, lebenserfahrene Frau, die mir in mancher bangen Rot Teise und sanft flugen Rat gab, fie geht in tiefem Schwarz, gebüdt, fie, die sonst so stolz einherschritt. Der einzige Sohn, dem sie ganz lebte, fiel. Das Leben hat keinen Inhalt mehr für sie. Ihr ver­sant die Zeit.

dröhnend die alte wohlbekannte Glode von St. Marien die Mitter Und während sich Gedanken und Träume verschlingen, schlägt nachtsstunde vergangenheitsschwer, zukunftssicher.

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Goethe- Abend im Schauspielhaus.

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Zu Goethes Geburtstag brachte das Königliche Schauspielhaus am Dienstag die in Berlin sehr lange nicht mehr aufgeführte " Stella " und das hier überhaupt noch nicht gespielte Prometheus" Fragment. Gegen Mitte der zwanziger Lebensjahre entstanden, in jener Beit, als Goethes unvergleichliches Genie im Werther und im Urfauft sich strablend ankündigte, fönnen beide Werke( die gran diofen Verse des Prometheusgedichts find später erst hinzugefügt) doch nur ein literai- historisches Interesse beanspruchen.

Donnerstag, 30. August

Hirn nicht, neuen Gedanken nachzuhängen und an neuen Formen nehmen, aber die Angaben darüber schwanken zwischen 300 unb mitzuschaffen, straffen sich nicht deine Arme nach furzem Urlaub 400 Milliarden Tonnen. Sechzig Brozent unseres Koblenbedaris Steine wieder heranzutragen zum Bau der Zukunft? liefert uns das oberschlesische Kohlenbecken, dessen gesamte Kohlen bis zu einer Tiefe von 2000 Metern reicht. Dies würde einen menge auf 93%, Milliarden Tonnen veranschlagt wird, wenn fie mur Koblenwürfel von 4500 Meter Stantenlänge entsprechen und das oberschlesische Kohlenbecken allein könnte unser Baterland 2000 Jahre lang mit Koblen vollständig verforgen. An zweiter Stelle steht das niederrheinisch- westfälische Wohlenbeden. das etwa 30 Proz. unseres läßt sich nicht mit Sicherheit fagen, ganz gewig aber 1500 Meter und gesamten Vorrates an Sohle birgt. Wie weit es in die Tiefe reicht. bis dorthin birgt es 54,3 Milliarden Tonnen Kohle, während ganz England nur etwa 22 Milliarden Tonnen befißt. Der Rest unieres Kohlenborrates, also die noch fehlenden 10 Proz., verteilen sich in erster Linie auf das Saargebiet und das Aachener Veden, denen fich dann die andern kleineren Kohlengruben in den verschiedensten Teilen Deutschlands anschließen. Wenn wir zeitiveife Schwierigs War es nicht gestern auch so, als du noch durch das nimmer rastende Berlin , selbst ein Unruhiger, hastetest? Schauten dich da In den Worten Fernandos, dessen rasch entflammte und rasch wir im Vergleich zu normalen Beiten ungeheure Mengen von Kohlen feiten mit unierer Kohlenberforgung haben, fo liegt dies daran, daß nicht, wo du auch gingest und wo du auch fubrft, diese großen berlöschende Leidenschaft zwischen zwei von ihm in tiefstes Leid ge- verbrauchen, haben wir doch alle die hohen Anforderungen des schwarzen Uhren mit den weißen, leichenblaffen Bifferblätten an, sie stürzten Frauen hin und herschwankt, flingt etwas von der Neue stehen still, wie gebrochene Augen lang Verstorbener sehen sie auf nach, bie dabei handelt es sich um Transport- und industrielle Heeres der jugendliche Dichter über die eigene Un­die eilenden Menschen herab. beständigkeit so schmerzlich oft empfunden. Aber der Wankelmut Berbündeten und teilweise die neutralen Länder zu versorgen, wäh Zwede zu erfüllen und nicht nur Deutschland , sondern auch unfere Der Freund der Jugend stebt mir vor Augen, mit ihm schwärmericheint hier losgelöst von jeder Art Beziehung zu tieferen Unter- rend die Arbeitskräfte in den Bergiverken bedeutend eingeschränkt test Du, mit ihm strebtest Du. Er trat ins Leben hinaus, ward ein strömungen. Es fehlt der Hintergrund einer von dämonischer Unruhe find durch militärische Einberufung. Außerdem fällt noch das weg. Vorlämpfer der Menschheit. Der Krieg fam. Als der ersten einer umbergetriebenen, im dunklen Freiheitsdrange gärenden Genialität was uns England im Frieden jährlich lieferte, nämlich etwa 10 eilte er hinaus, um mit der verhaßten Waffe aus Stahl, statt mit und so alles im engeren eigentlicheren Sinn Jung- Goetheiche. Millionen Tonnen. Frankreich und Italien erhielten aus England dem Geist die Freiheit dem Volte zu erringen. Im ersten Gefecht Fernando bleibt eine farblos gleichgültige Figur. traf ihn die Kugel. Die Zeit, der er ein Führer sein wollte, stand denn die Schwärmerei, mit der die verlassene Gattin und die ver- Schweden und Rußland etwa 4, Dänemart 3 und Norwegen Und so scheint in Friedenszeiten jeder ebenfalls etwa 10 Millionen Tonnen, für ihn still. lassene Geliebte an ihm hängen, nur seinem hübschen Aussehen und seiner 2 Millionen. angenehm chevaleresken Art zu gelten. Nach Jahren ins Haus der Geliebten endlich zurückgekehrt, trifft er bei ihr die Gattin, die er Jm ganzen bat England 1913 an Koblen für fich und für das verließ. Die Liebe wie zu Stella so zu Cäcilie flammt wieder Ausland 292 Millionen Tonnen gefördert, Deutschland nur mächtig auf. Er will mit seiner Frau, die ältere Rechte an ihn 280 Millionen Tonnen. Für England ist das Raubbau. denn bei hat, fliehen. Stella erfährt davon und ein Wettstreit des Opfer- einer derartigen Ausbeutung sind seine Koblenvorräte in 250 Jahren mutes enspinnt sich. Steine will der andern ihr Teuerstes rauben. aufgebraucht. Was es heute feinen Vafallen liefert, wissen wir Ursprünglich endete das Drama damit, daß alle drei in nicht, aber jedenfalls muß es seine Kräfte aufs höchste anfpannen, einem Bund zusammenleben wollen. Die Aufführung hielt sich an um ihnen gerecht zu werden. Frankreich ist in sehr übler Lage da­den vom alten Goethe veränderten Schluß, der Fernando und Stella durch, daß wir seine Kohlengebiete sowie die Belgiens in Händen durch Selbstmord enden läßt. Eine Lösung, die pihchologisch nicht haben, Rußland , das im Frieden etwa 30 Millionen Tonnen viel überzeugender wirkt wie jene frühere mit ihren zweifelhaften förderte, hat durch den Verlust des Dombrowa - Beckens in Bolen Zukunftsaussichten. eine Jahreseinbuße von 6 Millionen erlitten, die uns, ebenso wie nung und weichen Wohllaut des Organs mit. Helene Thimig eine jährliche Kohlengewinnung im eigenen Laude 40 Millionen Für den Fernando brachte Herr Ehrle sympathische Erschei- in Belgien 23 Millionen Tonnen jährlich, zugute fommen. Wieviel Frankreich jetzt fördern kann, wissen wir nicht, im Frieden betrug gab der Stella herzliche Wärme des Gefühls, die aber auch eine Impulfivität, die hier und da, wohl kaum im Sinne des Dichters, Tonnen, Italien dagegen hat so gut wie gar keine eigenen Kohlen. ans Aufgeregt- Nervöse streifte. Die stärkste, künstlerisch vollkommen Es wurde ja bis zu seiner Kriegserklärung von uns versorgt, wie abgerundete Leistung bot Frl. Sussin in der Rolle der verlaffenen wir heute noch nach Skandinavien , nach Holland und der Schweiz vornehm blassen Frau. liefern müssen, denen England nichts oder nicht viel geben fann Jener Bug großartiger Symbolit, der das später geschriebene, und will. Man sieht also leicht, wie die Kohlenfrage bei unseren als Abschluß dem Fragment hinzugefügte Prometheusgedicht erfüllt, Feinden eine viel schwierigere iſt als bei uns, denn wenn auch tritt in den dramatischen, das Mythologische ausmalenden Szenen ichließlich Nordamerita schon im Frieden über 500 Millionen Tounen bei weitem nicht so wuchtig- start hervor. Goethe zeigt den Titanen, jährlich förderte und noch mehr liefern fönnte, so forgen unsere der, den Göttern grollend, auf einjamem Berg menschliche Gestalten Boote dafür, daß dies der Entente nicht viel müßt und an eine aus totem Gestein schafft. Athene erfüllt ihm seine Sehnsucht, haucht Hilfe auch nur für Rußland durch Japan ist deshalb nicht zu Leben in die Gebilde seiner Künstlerband. Huldigend feiert das benken, weil dieses Inselreich mit einem Gesamtvorrat von etwa junge Menschengeschlecht in Prometheus den Vater. Weise spricht er 7 Milliarden Tonnen Braunkohle zu den fohlenärmsten Ländern der zu Pandora( Frl. Thimig), die, von erster Liebesregung gestreift, Erde gehört. ihm vertrauensvoll ihr Herz eröffnet, und auch seinen anderen Ge­Da, durch die Stille der Nacht dringt zu mir aus der Ferne schöpfen steht er mit flügem Rate bei. Wie sich Goethe den Fort­das Bochen und Hämmern der Fabrik, die sonst nicht da war. Auf gang feines Dramas dachte, läßt dieser Anfang nicht erkennen. der Fahrt heute in die Heimat kam ich vorbei an den hohen, hinter dem Bilde des gewaltigen Titanen, wie ihn Phantasie sich aus- 81%, Uhr im Humbjer- Bräu, Tauenzienstr. 7 I, Dr. M. H. Baege - Borträge. Jm Monist en bund spricht Freitagabend schlanken Türmen der Funkenstation, an den mächtig sich wölbenden malt, blieb die Bühnenverkörperung( Herrn Mühlhofer war die über die Entstehung der Dentformen. Bauten, wo Kunst des Menschen den Stidstoff der Luft seinen Aufgabe zugefallen) in schmerzlich weitem Abstande zurüd. Stim Werken dienstbar macht. Heute Stätten friegerischer Zerstörungs- mungsvoll umrahmte Beethovenfche Wufit das Ganze. tunst, morgen vielleicht schon friedlicher Arbeit.

Und du, liebe Freundin! Mit heißem Herzen stürztest du dich in die Arbeit, darbenden, ratlosen Frauen Hilfe zu bringen, du sahst zu viel der Not, des Elends in der Heimat. Zu schwer trugst du daran, dein Geist versank in Nacht. Nun harrst du in welt­abgeschiedener Einsamkeit des Friedens und der Heilung. Dir gilt teine Zeit mehr.

Drei Briefe kommen mir in den Sinn.

Der eine vom Bruder aus der Front im Westen, dort wo schon lange der Stampf ſtill ſteht. Er schreibt: Immer dasselbe Bild. Stellungstrieg. Wir liegen in Schlamm und Schmutz, schlagen uns mit den Ratten um das bißchen Brot, hin und wieder ein bereinzelter Schuß, ein Tag wie der andere, ich möchte in die Heimat, arbeiten für Frau und Kind. Wo bleibt Die Zeit?"

Zeit dahin

Ein Kollege aus dem Lazarett: Nun liege ich schon seit Jahres­frist bier, immer wieder bricht die alte Wunde auf, stößt Eiter und Knochensplitter aus, meine arbeitsreichen Hände möchten dir helfen, mit dir zusammen schaffen, wie lange noch? Wir geht die Der dritte von der Insel Man:" Drei Jahre fige ich als Ge­fangener nun schon hier in tatenlosem Müßiggang, der Geist wird müde, die Muskel erschlaffen. Jeden Abend schaue ich der Sonne nach, hoffend, daß sie morgen beim Aufgang die Botschaft der Bes freiung brächte, doch immer vergebens, die Zeit sinkt mir dahin

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führen. Die Zeit steht nicht ſtill, die Arbeit geht weiter ihren Gang, noch schneller, tatkräftiger als früher. Der Geist des Forschers finnt, neue Möglichkeiten des Lebens der Zeit abzutrogen, das Volk kämpft seinen Stampf um sein gutes Recht und glücklichere Zukunft weiter auch fern der blutigen Wahlstatt.

Die Kohle.

dt

Auf den Aedern und Wiesen ernteten fräftige Frauen den Ertrag ihres Fleißes, auf den Straßen und Bahnen gingen Frauen, die ihren Mann verloren, ungewohnter Tätigkeit nach. Unter den mancherlei Schwierigkeiten, die sich infolge der augen. Mit festgeschlossenen Lippen dem Schidial trogend, arbeiten blicklichen Kriegsverhältnisse einstellen mußten, ſteht gegenwärtig fie, für ihre Kinder eine neue, glückliche Beit herbeigu die Frage der Sohlenversorgung im Vordergrund der allgemeinen Aufmerksamkeit. Mit Spannung folgt nicht nur der Industrielle, sondern jede Hausfrau den Anordnungen der maßgebenden Be börden, und wir dürfen wohl hoffen, daß diese so getroffen werden, daß wir trotz gebotener Einschränkung auch im kommenden Winter der warmen Stube ebensowenig werden entbehren müssen wie der genügenden Menge von Nahrungsmitteln. Bei genauerem Bufeben merken wir rasch, daß die Kohle unter allen Produkten der deutschen Erde am allerwenigsten ausgehen kann. Deutschland ist das kohlenreichste Land der Erde, die Schäßung unserer Roblenvorräte läßt sich natürlich nur ganz annähernd bor­

Die Zeit steht nicht still, fie wird den Frieden bringen. Die Meister werden zurückkehren und die Uhren wieder in Gang fezzen. Und fühlt dein pochendes Herz nicht auch ein ungestümes Drängen, mitzuwirken an der Erneuerung der Zeit, sehnt sich dein

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Anders Hjarmsted.

Von Jakob Knudsen .

Kristen Faurholt lächelte und sah nach Niels hin, der eben aus der Wohnstube fam. Er war zur Besper da­

heim.

Nein, das sind meine Leute nicht. Solche Personen mit Rücken!" sagte Madame Faurholt scharf. Was sagen doch die Leute", warf Paul Vinding ein: daß er Gjatrid haben soll, und Niels da soll die Schwester

haben?"

" So so, sind die Leute schon so weit damit gekommen!" fagte Madam Faurholt. Das wäre nicht gut, wenn es richtig wäre. Dann täten, glaub' ich, Kresten und ich am besten dran, anderswohin zu ziehn, sobald wir könnten."

Nein, ich konnte mir ja ungefähr denken, daß es nicht stimmte. Ja, dann sind das natürlich auch nicht anderes als Lügen", fuhr Paul mit dem ernstesten Gesicht von der Welt fort, daß die Knechte hier auf dem Hof gedroht haben zu fündigen, weil sie nichts anderes als Aal zu Mittag be­fämen in den letzten Wochen."

Was sollte das für eine Art Aal sein?" fragte Kristen Faurholt.

" Ja, es sollte ja von dem sein, den Niels fängt, wenn er des Nachts mit Fackeln auf dem Fjord draußen ist." Soviel fang ich nun nicht, daß die Leute es satt kriegen könnten," sagte Niels, ohne aufzublicken.

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" Satt triegen!" lachte Paul Vinding. Es gehört nicht viel dazu, damit die Leute es satt kriegen. Das muß ja übrigens ein langer Weg für Dich sein, wenn Du hier von Stavn aus das Pech und die Sachen schleppen sollst, womit Du Brand machen willst. Aber mag ja sein, daß Du drüben auf dem Bjerrehof Feuer betonimen tannst!"

" Ja, wir können ja wohl davon reden", sagte Madam Faurholt, aber gespaßt soll damit nicht werden; denn soviel müssen Niels und Gjatrid wissen, wenn das geschieht,- so werden sich Dinge ereignen, die sie sich nie haben denken fönnen!"

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,, Soviel ist doch geschehn, daß Gjatrid den abgewiesen hat, mit dem Du und ich sie verheiratet wünschen." " Ja, sie verheiratet wünschen," sagte Kristen Faur­holt, hielt jedoch ein. Gjatrid war aufgestanden, ganz von Tränen überwältigt und lief nun aus der Stube, ohne ein Wort zu sagen. Am Abend aber wurde zum Adjunkten Fischer geschickt, und dann wurde sie mit ihm verlobt.

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Es wäre wohl, troß allem, nicht geschehen, wenn nicht

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ihr Vater, ohne daß seine Frau es hörte, der Tochter zu­geflüstert hätte:" Ja, liebe Gjatrid, ich finde, Du solltest Dich jegt mit dem Adjunkt verloben, wird es dann zu streng für Dich, so kannst Du's ja doch später mit ihm rückgängig machen. Ihr sollt für die nächsten zwei Jahre nicht heiraten, das will ich Dir versprechen!"

*

Am 20. Oktober begab sich Anders Hjarmsted wieder auf den Thinghof, um es in seinem Prozeß zum Spruch tommen zu lassen. Aber Kristen Faurholts Anwalt, der dicht neben dem Hardeskontor wohnte, war auch beim Gericht er­schienen und begehrte einen Aufschub von drei Monaten, aus demselben Grunde wie vorher". Der wurde ihm sofort bewilligt.

Anders war im ersten Augenblick am meisten zornig auf seinen Vater, und das war gut so, denn sonst wäre er faum aus den Gerichtslokal hinausgelangt, ohne dies oder jenes getan zu haben, was lieber ungetan blieb.

Nun ging er gleich hinüber und spannte die Pferde vor den Wagen, Doch als er fofort darauf an Anwalt Böllings Tür vorbeifuhr-, konnte er es nicht lassen, die Pferde an­zubalten und hineinzugehen, um mit dem Manne zu reden. Bölling kam in den Flur hinaus.

,, Kann Kristen Faurholt beweisen, daß er getan hat, was er konnte, während der letzten zwei Monate, um sich Zeugen verschaffen?" fragte Anders.

zu

st nicht nötig."

it ihm denn deshalb kein Beweis abverlangt worden?" ,, Von wem?"

,, Wohl vom Hardesvogt oder vom Adjunkten?" Der Rechtsanwalt schüttelte ungeduldig den Kopf. ,, Wie oft kann Faurholt in dem Prozeß Aufschub be­tommen?"

Es wurde ganz still nach diesen Worten. Sie waren auf ganz ungewöhnliche Art gesagt worden. Endlich be­gann Kristen Faurholt doch:" Ja, ja, liebe Jnger, es lohnt sich doch nicht, so hart davon zu reden, bis etwas geschehen es angemessen findet."

ift

,, So oft der Hardesbogt oder der bevollmächtigte Adjunkt

, aber dann kann man doch in der Sache appellieren,

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Notizen.

- Das Drama Frieben des alten Aristophanes, das mit den Mitteln der Komödie das ernsteste Problem von heute und damals behandelte, ist von Lion Feuchtwanger neu für die Bühne be­arbeitet worden. Man hofft es in München herauszubringen.

Eine Boden Ausstellung, die die Erfahrungen der letzten Bodenattade den Arzten und dem Bublifum vor Augen führt, soll im September im Kaiſerin- Friedrich- Haus( Luiſenplay)

stattfinden.

Die Kristianiaer Börse fließt a u s Spionenfurcht. Das Börsen- und Handelskomitee zu Seristiania bat, wie von dort gemeldet wird, die aufiehenerweckende Maßnahme getroffen, die Fondsbörse für die Allgemeinheit zu schließen. Nur die notierungsberechtigten Makler haben noch Zu tritt. Die Veranlassung ist, daß man Grund zu haben glaubt, daß sich in dem großen Zustrom von Spetulanten zur Börse auch aus­ländische Spione versteckt balten.

wenn man meint, daß es auf die Art zu lange fortgeht, und man sonst Lust dazu hat?"

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,, Näh!" lachte Anwalt Bölling. Sie können, der Teufel hol mich, doch nicht in einer Sache appellieren, bevor das Urteil gefallen ist. Aber Sie können ja beim Amtmann flagen oder in den Zeitungen Aber, junger Mann, ich finde es sonderbar, daß Sie sich bei dem Anwalt Ihres Gegners Rat holen."

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Anders sah das ein und wurde rot." Entschuldigen Sie!"

sagte er und ging nach der Tür.

Aber Sie könnten ja Adjunft Fischer bitten, etwas näher zu untersuchen, wie der Proprietär den vorigen Aufschub be­nußt hat. Das würde ich Ihnen raten. Jetzt ist er ja Schwiegersohn auf Savn und kommt oft auf den Hof."

Er ist Schwiegersohn?" rief Anders in ziemlich unbes herrschtem Ton und fühlte, daß er blaß wurde. " Ja, verlobt mit der Tochter." Anders sah einen legten Schimmer von dem grinsenden Gesicht des Anwalts durch die Türöffnung.

*

Als Anders nach Hause kam, fragte er seine Schwester, ob sie etwas davon gehört habe, daß Giatrid mit dem Ad­juntten verlobt sein solle.

Kirstine wurde sehr rot und sagte, sie hätte von Niels einen Brief darüber bekommen, aber sie hätte es nicht geivagt, es ihm zu sagen.

Anders fand, daß es ihn nicht so traurig machte, wie er eigentlich erwartet hatte. Doch er merkte mit Verwunde­rung, daß alles ihm plötzlich gleichgültig geworden war. Er hatte sofort gemerkt, als er wieder auf dem Wagen stand, nachdem er mit Bölling gesprochen hatte, daß es beinahe war, wie wenn der der Pajmoor- Prozeß oder der neue Aufschub von 3 Monaten ihn gar nichts anginge. Und doch war er darüber so erbittert gewesen, als er aus dem Thinghof fort­ging, wie er es felten über etwas gewesen war.

Er wollte nun ganz damit warten, etwas in dieser Sache zu tun, bis fein Vater in etwa 8 Tagen herüberzöge. Aber auch die Bewirtschaftung des Hofes war ihm jezt so gleichgültig geworden, daß er seine Gedanken kaum dabei festhalten fonnte. Und dann fühlte er oft etwas, das er für Hunger hielt, aber es half troßdem nicht, wenn er aẞ; er hatte überdies keinen sonderlichen Appetit. Aber wenn er diese Empfindung hatte, so war es ganz gewiß fürchterlich, ja, fast unerträglich, wie er in Gedanken dann immer auf Gjatrid Faurholt verfiel. ( Forts. folgt.)