theidiger und Angeklagte, daS Bismarck sofort dem neu gewählten Kartell-Reichstag vorlegen ließ, und von diesem angenommen wurde, nur geschaffen worden ist, um gegebenen Falles dunkeln Ehrenmännern ä In Ehrenberg und Trautner die Möglichkeit zu geben, als Kronzeugen wider Personen aufzutreten, die die Unklugheit begingen, sich mit ihnen irgendwie einzulassen, um sie zu Grunde zu richten. Gerichtsverhandlungen, die unter Anwendung dieses Gesetzes stattfinden gegen Personen, gegen die zuvor die öffentliche Meinung gehörig aufgehetzt wurde, und gegen die dunkle Ehrenmänner den Zeugeneid hinter verschlossenen Thören leisten, sind zu solchen Zwecken wie geschaffen. Auch die Verschärfung des Sozialistengesetzes, die in der Session von 1887—1888 dem Reichstag zuging mit dem berüchtigten Expatriirungsparagraphen, stand mit den geschilderten Vorgängen in engster Berührung. Zwar konnte man diese nicht zu Gunsten der Vorlage verwenden, da sie versagt hätten, aher vielleicht fand sich anderes. Da gelang es wiederum der Partei, in der Person Schröder's in Zürich und Haupt's in Genf zwei.Agsiits provocateurs der politischen Polizei dingfest zu machen und vor der ganzen Welt zu entlarven. Herr v. Puttkamer trat mit leeren Händen vor den Reichstag , um die plumpen Verschärfungen des Sozialistengesetzes zu begründen. Die Waffen waren ihm und seinen Hintermännern aus der Hand geschlagen worden, noch ehe sie damit zum Schlage ausholen konnten. Man weiß wie verlegen damals Herr v. Puttkamer war. Aber die Enthüllungen schlugen dem Faß den Boden aus. Jetzt stellte sich für Alle sichtbar heraus, vaß nicht die Polizei, wohl aber die Agenten der Polizei das thaten, was man der Partei zuzuschreiben �versuchte. Eine Verschärfung des. Gesetzes war nicht nur unmöglich, das Gesetz selbst und seine Vertheidiger waren gerichtet. Glauben nun ein Hans Blum und Konsorten serner noch mit Mittelchen gegen uns arbeiten zu können, wie sie unter dem Sozialistengesetz gang und gäbe waren, aber damals schon versagten, so wird sie die Plauener Wahl be- lehrt haben, daß sie heute erst recht ihren Zweck verfehlen und daß die arbeitende Klasse mehr gesunden Verstand in den Fingern hat, als ihre gesammten Ankläger im Kopse. Volikisrho AelrerNölit. Berlin , den 9. Juni. Neue agrarsozialistische Pläne. Nach Ablehnung des Antrages auf Monopolisirung des Getreidehandels zu gunsten der Agrarier kommen der Bund der Landwirthe und Herr von Diest -Daber mit dem Vorschlage der Ein- sührung des Branntweinmonopols. An Unverschämtheit und Dreistigkeit wie Gottesfurcht sind beide An- träge gleichwerthig. Für den heute 13 Mark werthen Hektoliter Branntwein soll das Reich den Junkern 50 M. zahlen. Und da sind vi« verelendeten Arbeiter, die ein Paar Mark Lohn im Jahr mehr haben wollen, begehrlich! Gesetzesvorlagen. Ueber den augenblicklichen Stand der gesetzgeberischen Arbeiten in den Ministerien schreibt die„Magdeburger Zeitung": Ueberall wird gegenwärtig fleißig gearbeitet... Im Reichs- amt des Innern wird, nachdem dort eben erst die drei auf die Unfallversicherung bezüglichen Gesetzentwürfe zum vorläufige» Abschluß gebracht worden sind/ zunächst der Entwurf zur Be- kämpsung des unlauteren Wettbewerbs ausgearbeitet. Auch sind dort die voraussichtlich sehr umfangreichen und zeitraubenden Borbereitungen zur Umgestaltung der Alters- und Jnvaliditäts- Versicherung in Angriff genommen worden. An den Grundlagen des Reichsgesetzes vom 22. Juni 1883 soll zwar nichts geändert werden. Aber die zu Tage getretenen Mißstände, deren Abstellung erforderlich erscheint, sind so mannigfaltig, daß es zuvor erst sorgfältiger Erhebungen bedarf, in wie weit ein allein von der Reichsgesetzgebung zu berücksichtigendes allgemeines Bedürfniß oder nur ein zufälliges Zusammentreffen örtlicher Umstände vorliegt. Im Reichsschatz - amte sind die Arbeiten zur Umgestaltung der Tabaksteuer- Borlage im vollen Gange. An eine Abänderung des Brannt- weinsteuer-Gesetzes, von der letzthin in der Presse viel die Rede gewesen, ist man im Reichsschatzamte noch nicht herangetreten. Eine besonders rege Thätigkeit herrscht gegenwärtig im prenßi- schen Handelsministerium, wo zwei wichtige Reichsangelegen- heiten vorbereitet werden. Erstens wird dort ein neuer Lirganisationsplan für das deutsche Handwerk ausgearbeitet, nachdem der vorjährige Entwurf in allen zu Meinungs- äußerungen aufgeforderten Fachkreisen die abfälligste Beur- theilung gefunden hatte. Es bestätigt sich, daß nachdem man im vorigen Jahre vergebens versucht hatte, die einander schroff gegenüberstehenden Anschauungen der Jnnungs- und Nichtinnungskreise zu vereinigen, nunmehr der Versuch ge- man ihn zu vermögen gedachte, zwischen Margarethen und Wallraden niederzusitzen, erstand wieder die vorige Furcht- samkeit in ihm, und er suchte abermals in Margarethens Schoß Zuflucht, wie vor einer Gefahr.—„Man hat dem Buben ohne Zweifel angenehme Tinge von mir berichtet," begann Wallrade mit beleidigtem Stolze:„wenn ihm die Schwester als ein Schreckgespenst geschildert wurde, so muß er sie freilich fliehen, wie die Sünde."—„Ei," erwiderte Diether:„das hat meine Hausfrau sicherlich nicht gethan, daraus wollte ich schwören."—„Mein werther Herr durfte es auch," bekräftigte Margarethe mit gesteigerter Empfind- lichkeit:„Der Knabe hörte kaum des Fräuleins Namen nennen. Ich wollte wetten, er hat vergessen, daß er eine Schwester hat. Unerwartet kam ihm daher deren Anblick; wenn wir nicht annehmen wollten,"— setzte sie wie im Scherz hinzu, obgleich der Ernst hinter ihrem Lächeln lauerte,—„daß Kinder eine richtigere Ahnung haben, denn die Erwachsenen, ob man sie von Herzen liebt, oder ihnen fiut des Herkommens wegen Liebkosungen erweist." „Das letztere möchte sein," entgegnete Wallrade rasch und kalt:„Ich muß bekennen, daß ich Kinder dieses Alters nicht liebe, wären sie auch die Söhne meiner werthen Stief- mutter. Die Tölpelhaftigkeit der Buben ist mir in der Seele zuwider, und ich werde es als ein Zeichen Eurer aufrichtigen Freundschaft ansehen, ehrsame Frau, wenn Ihr mir, so oft ich des Vaters Haus besuche, den Anblick des ungebertigen Stiefbrüderleins erspart."— „Soll gerne geschehen, verlaßt Euch daraus," versetzte Margarethe gekränkt, und beschäftigte sich damit, die Haare des kleinen Hans unter dem Sonuenhütlein zu ordnen, das sie ihm aufsetzte,— damit ein Zeichen zum Aufbruch gebend. „Das wird ja alles werden," sprach Diether be- gütigend.„Was läßt mich aber Deine Rede muthmaßen, liebe Wallrade? Du gedenkst nicht zu wohnen in meinem Hause?" „Nein, mein Vater," antwortete das Fraulein bestimmt. „Ich bin seit langem gewöhnt, sin meiner Behausung Herr macht werden soll, eine völlig von einander getrennte Organisation für Jnnungs- und Nichtinnungs-Handwerker zu schaffen. Doch ist Näheres hierüber anscheinend noch nicht beschlossen. Gerade die Ausführung dieses Grundgedankens dürfte zuletzt sehr bedeutende Schwierigkeiten verursachen. Zweitens sind im Handelsministerium die Vorarbeiten zu dem in Aussicht gestellten Gesetzentwurf über die Umgestaltung des Börsenwesens begonnen worden. Das sehr wichtige und theilweife werthvolle Material, das die Börsen- Enquetekommisston zu dieser Angelegenheit geliefert hat, wird einer eingehenden Prüfung und Sichtung unter- zogen. DaS Finanzministerium und das Reichs-Schatzamt werden sich dann später an diesen Vorarbeiten betheiligen. Es besteht die Absicht, den Entwurf bis zum Herbst so weit fertig zu stellen, daß er dem Reichstage bald nach dessen Wieder- zulammentritt vorgelegt werden kann. Ob es aber möglich sein wird, dies Borhaben auszuführen, erscheint im Hinblick auf den gegenwärtigen Rückstand der Vorarbeiten und die große Schwierigkeit des zu bewältigenden umfangreichen Stoffes sehr fraglich. Vom Zentrumsthurm. Der Zentrumsführer und verunglückte Windthorst- Nachahmer Dr. Lieber soll sich wieder mit dem Gedanken tragen, von der politischen Schaubühne abzutreten; er hat seinen Austritt aus dem Kreisausschusse des Kreises Limburg erklärt und soll beabsichtigen, seine Mandate als Reichstags- und Landtags- Abgeordneter niederzulegen.— General von Falkenstein als intellektueller Urheber einer Beleidigung der Armee. Das ist das Neueste vom deutschen Preß-Kriegsschauplatze. Sein geflügeltes Wort über die Ferienkolonien verschafft nun sozialdemokratischen Preßsündern Zusatzstrafen. Wer's nicht glaubt, der lese in der„Leipziger Zeitung", dem amtlichen Organe der sächsischen Regierung, das folgende nach: „Plauen , 6. Juni. Der sozialdemokratische Redakteur Johann Künzel aus Falkenstein, aus der Landes- strafanstalt Zwickau vorgeführt, wo er gegenwärtig eine ihm wegen Beleidigung zuerkannte Freiheitsstrafe verbüßt, wurde heute vom hiesigen Landgericht wegen Beleidigung der Offiziere und Unteroffiziere des Fußartillerie- Regiments Nr. 12 zu Metz abermals zu einem Monat Gefängniß und zur Bezahlung der Kosten verurtheilt. Diese Beleidigung hat er dadurch begangen, daß er am 11. Januar 1894 in die von ihm redigirte„Vogtländische Volkszeitung" zu Falkenstein einen Artikel aufnahm, in welchem von dem Regiment als von einer„Ferienkolonie" die Rede ist— ein Ausdruck, der geeignet erschien, die Offiziere und Unteroffiziere des Regie- ments in der öffentlichen Meinung herabzu- würdigen, da er nicht anders zu verstehen war, als wenn bei dem Regiment Müßig- fang herrsche und der Müßiggang noch ge- ördert werde." Religiöser Zwang. Die Frage der Ertheilung des Fortbildungsschul-Unterrichts an Sonntagen hat natürlich unsere Bässchenträger zu neuer Anmaßung veranlaßt. Der Berliner Ober-Kirchenrath verlangt nun eine Meinungs- äußerung der Kreissynoden über die Einrichtung eines F r ü h- G o t t e s d i e n st e s für Fortbildungsschüler be- Hufs Ermöglichung wenigstens des Zeichenunterrichts, an Sonntagen. Vorbedingung sei, daß die Schüler zum pünktlichen regelmäßigen Besuch dieser Gottesdienste angehalten werden. Wir glauben nicht, daß sich dies mit dem Grundsatze der Religionsfreiheit recht zusammenstimmen läßt. Leider giebt es aber mehr als genug Beispiele, daß diese Sorge unseren Behörden gar keine Kopfschmerzen macht.— An Zölle» und gemeinschaftlichen Verbrauchs- steuern, sowie anderer Einnahmen im Deutschen Reich für das Etatsjahr 1893/94 sind nach dem„Reichs-Anzeiger" den Reichskassen zugefloffen: Zölle 364 430 353 M.(gegen denselben Zeitraum des Vor- jahres— 13 486 775 M.), Tabnksteuer 11 788650 M.(-3639M.). Zuckermaterialslener— 1687 958 M.(+ 55 558 049 M.), Zuckersteuer 79 567 692 M.(+ 5 606 908 M.), Salzsteuer 44 305 789 M.(+ 899 996 M.), Maischbottich- und Brannt- weinmaterialsteuer 24 650 769 M.(+ 352 824 M.), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 117 310 858 M.(+ 3 912 567 M.). Brausteuer 26 648 065 M. (-4- 848 224 M.), UebergangSabgabe von Bier 3 678 434 M. (-1- 88 084 M.); Summe 671 192 652 M.(-4- 53 776 233 M.). — Spielkartenstempel 1377 094 M.(+ 1 1 257 3J1.), Wechselstempelsteuer 3 174 920 M.(+ 259 311 M), Stempelsteuer für: a. Werthpapiere 4166 208 M.(+ 515 290 M.), b. Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 8 164 790 M.(- 1 155 477 M.), c) Loose zu: Privatlotterien 1 479 417 M.(— 296 090 M), Staatslotlerien 7 856 613 M.(+ 540 550 M). Post- und Telegraphen-Verwaltung 256 466 743 M.(+- 9 880 307 M.), Reichs-Eisenbahn-Verwaltung 62 352 578 M.(+ 3 151 098 M.). zu sein; und meine Gewohnheiten könnten Eurer Ehefrau lästig sein, so wie mir vielleicht ihre Hausordnung. Daher habe ich's für gut erachtet, in der Herberge zum Einhorn abzutreten. Dadurch erspare ich uns allen manche Unan- nehmlichkcit, die um so überflüssiger ist, als mein Ausent- halt zu Frankfurt nur von kurzer Dauer sein kann."— Diether wollte sein Bedauern nicht verhehlen, und der Tochter zureden, aber Margarethe unterbrach ihn schnell.« „Es sei fern von uns," sagte sie hitzig:„des Fräuleins Willen beschränken zu wollen, und darum geschehe nach ihrem Wunsche, faber die Freude, Euch an unserm Tische zu bewirthen, werdet Ihr dem Vater doch nicht versagen? — Der arme, kleine, ungeberdige und tölpelhafte Johann soll nie durch seine Gegenwart stören."—„Ihr verbindet mich immer mehr, gute Frau," erwiderte Wallrade in gleichem Tone:„und damit Ihr von meiner Bereitwillig- keit überzeugt werdet, so fordere ich Euch selbst ans, nach der Stadt zu kehren. An meines Vaters Seite sitzend, will ich ihm vom Ohm erzählen, der ihn zärtlich grüßen läßt."—„Gruß ersetzt wohl bei Taselfreuden die Einkehr," entgegnete Diether seufzend, und, zum Weggehen fertig, sich aus Wallraden's Arm stützend:„aber wehe thut mir's doch, daß er nicht selber kam, und daß Dagobert ausbleibt, auf dessen treuen Kindessinn ich Felsen gebaut hätte."— „Von Dagobert laßt mich schweigen," äußerte Wallrade mit geheuchelter Bekümmerniß, und war aber im Augen- blicke, auf die Aufforderung der värerlichen Besorgniß, be- reit, dies Schweigen zu brechen. Mit dem alten Diether vorausgehend, entwarf sie dem ängstlich Zuhörenden ein mit hämischer Bemühung ausgemaltes Truggemälde von Dagoberts Lebenswandel in Costnitz, und führte den Pinsel so gut, daß der Vater in dem Verleumdeten bald den ver- lorenen Sohn beweinte.— Während dieser Einflüsterungen ging in beträchtlicher Entfernung hinter Vater und Tochter Frau Margarethe, den Knaben an der Hand, nachdem sie Elsen voraus zur Stadt geschickt, um zu einem erweiterten Mittagsmahl Anstalten zu treffen. Die Art und Weise, Die zur ReichSkasse gelangte Ist-Einnahme abzüglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten beträgt bei den nachbezeichneten Einnahmen für das Etatsjahr 1893/94: Zölle 336 627 292 M.(— 23 387 880 M.), Tabaksteuer 10 918 425 M. (— 377 583 M), Zucker- Materialsteuer— 1630 744 M. (— 14 917 846 M.). Zuckersteuer 72 745 856 M., darunter Verbrauchsabgabe nach dem Gesetz vom 9. Juli 1387 gleich 1 499 585 M.(-1- 20 519 726 M.), Salzsteuer 43 672 045 M. (+- 1 076 823 M.), Maischbottich- und Branntwein-Material- steuer 19 207 292 M.(— 594 214 M), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 100123 206 M. (-1- 4 352 550 M.), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 25 751 498 M.(-4- 794 242 M.): Summe 607 369 870 M. (— 12 534182 M.)— Spielkarten-Stempel 1301223 M, (- 7006 M.).— TaS Kohlensyndikat bleibt Sieger. Der preußische Elsenbahnminister hat den Preis von 85 M. für den Doppellader Kohlen akzeptirt. Die Großindustriellen sind eben die Herren im Deutschen Reiche.•— Der beleidigte Brausewetter. Die„National- Zeitung" schreibt: „Am 11. Mai veröffentlichten wir anläßlich des„Gummi- schlauch-Prozesses" und seiner Leitung durch Herrn Landgerichts- direktor Brausewetter eine Zuschrift eines— wie dazu bemerkt wurde—„der namhaftesten deutschen Juristen, früheren Mit- gliedes höchster Gerichtshöfe", der das Verfahren des Herrn Brausewetter bei der Bereivigung eines Zeugen rügte. Dieser Zeuge bestritt aus verschiedene Fragen des Vorsitzenden, daß er wegen Diebstahls rc. bestraft sei, und nahm dies auf seinen vorher geleisteten Eid; er wurde alsbald wegen Meineids in Haft genommen, da ein anwesender Kriminalkommissar ein an- gebliches Strafregister des Zeugen vorlas, wonach dieser die Vorstrafen, nach denen Herr Brausewetter ihn gefragt hatte, in der That erlitten haben soll. Nach dem Bericht mußte Jeder- mann, vermöge der Uebereinstimmung der sofortigen Bekundung des Kriminalkommissars mit den unmittelbar vorhergegangenen Fragen des Vorsitzenden, den Eindruck haben, daß Herr Brause- weiter die Strafen des Zeugen gekannt hatte; demgemäß hatte der Verfasser unseres Artikels, nachdem er ausdrücklich hervor» gehoben, daß er nur auf grund des vorliegenden Berichtes— des gemeinsamen aller Zeitungen— urtheile, das Verfahren des Herrn Brausewetter getadelt, da durch dasselbe der Zeuge eventuell zu einem Meineid„veranlaßt" worden. Natürlich ist es dem Verfasser des Artikels nicht in den Sinn ge- kommen, Herrn Brausewetter zu beschuldigen, daß dieser zu einem Meineid habe den Anlaß geben wollen, sondern er hat ausgesprochen, daß das Verfahren des Herrn Brausewetter verfehlt war, weil es thatsächlich die Wirrung haben konnte, einen Meineid herbeizuführen. Herr Brausewetter aber, der bestreitet, von den Bestrafungen des Zeugen Kenntniß gehabt zu haben, da derselbe von der Vertheidigung geladen worden, sieht in dem bedingten Urtheil des Verfassers jenes Artikels — die wissentliche Verbreitung einer falschen, ehrverletzenden Thatsache und hat deshalb, statt jene Voraussetzung einfach durch eine Berichtigung als irrthümlich zu bezeichnen, wegen „verleumderischer Beleidigung" Strafantrag gegen den Ver- fasser des Artikels und den Chefredakteur der„National- Zeitung" gestellt. Der letztere wurde deshalb gestern �ver- nommen; er lehnte die Nennung des Verfassers ab und über- nahm selbst die Verantwortlichkeit für den Artikel. — Dieser ist s.Z. von einer großen Anzahl Zeitungen abgedruckt worden; gegen eine derselben, den sozialdemokratischen„Vorwärts", hat Herr Brausewetter gleichzeitig Strafantrag wegen des Abdrucks des Artikels gestellt' Unsere Genossen Eichhorn, Findeisen und Gradnauer befinden sich nun schon seit einer Woche in Untersuchungshaft, und noch wissen wir nicht das Geringste über ihr Schicksal; niemand, selbst nicht die Frauen der Verhafteten, darf mit ihnen sprechen. Ueber den Grund der Verhaftung, über die strafbare Handlung, deren man sie bezichtigt, ist uns noch nichts bekannt. Eine anonyme Mit- theilung, die den Eindruck macht, als ob sie von einem Wissenden ausginge, sagt zwar, die Anklage laute aus Er- preffung, doch das erscheint völlig unglaublich, wennschon in Sachsen kein Ding unmöglich ist. Erpressung ist es, wenn jemand, um für sich oder einen dritten einen rechts- widrsgen Vermögensvortheil zu erlangen, einen anderen durch Gewalt oder Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nöthigt. Wo aber hier die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvortheiles zu finden sein soll, das verstehen wir nicht. Wir können nur wiederholt versichern, daß wir für den Grund der Verhaftung nicht die geringste Erklärung finden und daß wir in derselben eine Handlung erblicken, die uns mit den Gesetzen keineswegs in Einklang zu stehen scheint.— Als polizeiliche Hilfstrnppe gegen die sozialdemokra. tischen Boykotter scheinen sich die die jüdischen Geschäfte boykottircnden, sich Reformer nennenden Dresdener Anti- wie die ungeliebte Wallrade trotz ihrer Schroffheit sich im ersten Augenblicke des Vertrauens des Vaters bemächtigte, mit geringschätzender Hintansetzung der Gattin desselben, — die Kränkungen, die Wallrade mit freigebiger Hand an die Stiefmutter und den Knaben gespendet, griffen hart und böse an das reizbare Herz der stolzen Leueubergerin. Wie aber oft daS menschliche Gemüth,— ein weibliches insbesondere,— aus Dingen Trost gewinnen kann, die an sich geringfügig sind, so beruhigte sich auch hier Margarethe mit dem Gedanken, daß nicht allein sie selbst der Wider- sacherin Mermuth zu kosten gegeben, sondern daß der Knabe sogar durch seine deutlich ausgesprochene Abneigung der Gegnerin Stolz verletzt habe. Von dieser kleinen Ver- geltung erfreut, bückte sie sich mit größerer Freundlichkeit, als sie sonst wohl dem Knaben zuwendete— zu demselben hinab, und streichelte seine Wangen.„Du bist ein wackerer Bube," sprach sie belobend zu ihm:„ich habe Dich lieb vor allen, wenn Du gegen Wallraden ferner Dich beträgst, wie heute. Willst Du?"—„Was Du befiehlst, Mutler," er. widerte der Knabe freundlich. „Recht so, mein guter Hans!" fuhr Margarethe fort: „Gehe nicht zu der falschen Frau. Sie wird Dir vielleicht Honigkuchen und Semmelringe bieten, um Dich kirre zu machen. Nimm aber nichts von ihr, hörst Du? Sie meint es böse mit Dir und mir, und mit dem Vater."—„Ach Mütterlein!" raunte ihr der Knabe ins Ohr:„Ich fürchte mich vor ihr."—„Thue das immer, mein Söhnlein!" versetzte Margarethe:„Zieh' ihr immer ein finster Gesicht, und iß nicht, was sie Dir bietet. Für jeden Leckerbissen, den Du aus ihrer Hond nicht nimmst, gebe ich Dir deren zwei."—„O ja, Mütterlein!" entgegnete der Knabe hüpfend,„Du bist ein gut und anmuthig Mütterlein, bei dem ich bleiben will. Zu der schwarzen Mutter will ich nicht mehr."—„Was schwatzest Du wieder von dem schwarzen Weibe?" schalt Margarethe,„Du weißt, daß Du nur von ihm geträumt hast, Biibe. Vergiß doch endlich den bösen Traum!"'(Fortsetzung folgt.)
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