Einzelbild herunterladen
 

Nr. 249. 34. Jahrg.

Bezugspreis:

Bierteljahrl 8,90 ML, monatl. 1,30 BL wöchentlich 30 Bfg. frei ins Haus, borauszahlbar. Einzelne Wochentags. nummern 5 Pfg. Sonntagsnummer mit illustrierter Beilage Die Neue Welt" 10 Bfg. Bostbezug: Monatlich 1.30 M. Unter Areuzband für Deutschland   und Desterreich- Ungarn  2.50 ML., für das übrige Ausland 4 Mr. monatlich. Vostbestellungen nehmen an Dänemark  , Holland  , Luxemburg  , Schweden   u. die Schweiz  . Eingetragen in die Poſt- Zeitungs- Preisliste. Erscheint täglich. Telegramm- Adresse:

.Sozialdemokrat Berlin  ".

Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

5 Pfennig

Der Anzeigenpreis beträgt f. die ftebengespaltene Rolonel. geile 60 Bfg. Kleine Anzeigen", bas fettgebrudte Wort 20 Bfg.( zu Iuffig 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Bort 10 Pfg. Stellengesuche und Schlafftellenanzeigen das erite Wort 10 Bfg., jedes weitere Wort 5 Pig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Leuerungszuschlag 20%- Familien Anzeigen 50 Pfg.. politische u. gewerkschaftliche Bereins Anzeigen 40 Bfg die Zeile. Anzeigen für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmitt. im Hauptgeschäft, Berlin   SW.68, Lindenstraße 3, abs gegeben werden. Geöffnet bon 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.

Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.

Dienstag, den 11. September 1917.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.

Bruch zwischen Kerenski   und Kornilow  

Proklamation Kerenskis  .

Stockholm  , 9. September.  ( Meldung der Petersburger Telegraphen- Agentur.) Ministerpräsident Kerenski   hat folgende Proklamation erlassen:

hängig zu machen. Dian mußte fich wundern, mit welcher Endgültige Demision Ribots.

gestellt, die Regierung habe sich von diesen Organen unab­und es war klar, daß diese Kreise alles aufbieten würden, Erbitterung hier von den Revolutionären gesprochen wurde, Von den Sozialisten gestürzt! um den Ereignissen die Richtung nach ihrem Wunsch zu geben. Der Versuch Ribots, sein Ministerium zu galvanisieren, Die inzwischen in Moskau   abgehaltene Staatskonferenz einige Ministerpöstchen hin und her z uschieben und sonst ,, Am 8. September kam das Dumamitglied& wow nach hat die Konzentration dieser gegen die Revolution arbeitenden alles beim alten zu lassen, ist kläglich gescheitert. Malvy Petersburg und forderte mich im Namen des Generals Kor.   Elemente zweifellos gefördert und ihnen geholfen, Ueberein- zieht das ganze Ministerium nach sich. Havas" meldet: uilow auf, die gesamte Zivil- und Militär- ftimmung ihrer Wünsche und Hoffnungen herzustellen. Ministerpräsident Ribot hatte die für die Neubildung des Der Kongreß der Arbeiter- und Soldatenräte ganz Ruß- Kabinetts in Aussicht genommenen Politiker am Sonntagnachmittag gewalt dem Generalissimus zu übergeben, lands, der im Juni in der Hauptstadt tagte, sah diese Ent- versammelt, als Vertreter der parlamentarischen Sozialisten. der nach seinem Gntdünken eine neue Regierung bilden werde. wicklung voraus, und er verlangte von der provisorischen gruppe eintrafen, um zu erklären, daß sie glaubten, die Ver­Die Richtigkeit dieser Aufforderung Lwows wurde mir dann Regierung die formelle Auflösung der Duma. Dieselbe antwortung ihrer Gruppe für die Kabinettsbildung nicht auf fich durch General Kornilow selbst in einer Mitteilung durch den Forderung wurde wiederholt auch vom Zentralkomitee der nehmen zu können. Minifter Thomas teilte Ribot mit, daß es direkten Telegravhendraht zwischen Petersburg   und dem Arbeiter- und Soldatenräte ganz Rußlands  , dem aus 250 Mit- ihm unmöglich sei, ihm die Unterstüßung zu gewähren, die er ihm leisten zu können geglaubt hatte. Trozdem war Ribot Generalstab bestätigt. Da ich diese an die Vorläufige gliedern bestehenden Erekutivorgan des ebengenannten Kon- entschloffen, das Kabinett zu bilden, aber vor der im Laufe des Regierung zu Händen meiner Person gerichtete Aufforderung gresses, aufgestellt. Indessen die Regierung zögerte. Sie Abends zur endgültigen Bildung des Kabinetts abgehaltenen Ver­als Versuch gewisser Bevölkerungskreise betrachte, die schwierige wagte es nicht, das Parlament zu sprengen, dessen Vor- fammlung erklärte der Kriegsminister Painlevé  , daß er es handensein in so hervorragender Weise zum Gelingen der für unmöglich halte, auf die Mitwirkung der Sozialistengruppe zu Lage des Landes zu benutzen, um dort einen Zustand her- Revolution beigetragen, dessen Ja- Wort die Autorität der verzichten. Angesichts dieser Erklärung legte Ribot in Neberein­zustellen, der den Eroberungen der Revolution Revolution bei den Massen der Armee und der Bauernschaft ftimmung mit allen Teilnehmern an der Versammlung den ihm widerspricht, hielt es die Vorläufige Regierung für gerettet hatte. Aber gerade dadurch stieg das Selbstbewußt- erteilten Auftrag in die Hände Poincarés zurüd. notwendig für das Wohl des Vaterlandes und die Freiheit sein und die Angriffskraft der führenden Persönlichkeiten der In den Gängen der Kammer gaben die sozialistischen des republikanischen Regierungssystems mich damit zu betrauen, Duma. Es war für jedermann klar, daß auf diese Weise die Deputierten für ihren Entschluß, sich an der Kabinettsbildung dringende und unabweisliche Maßnahmen zu ergreifen, um Duma zum Mittelpunkt der bürgerlichen Gegenrevolution nicht zu beteiligen, folgende Gründe an: Als Ribot seine alle Anschläge gegen die höchste Gewalt und heranwächst. Daß dagegen nichts unternommen werden konnte, Absicht ankündigte, das Kabinett umzugestalten, glaubte die gegen die von der Revolution eroberten Bürgerrechte an der oder wenigstens nichts unternommen worden ist, trok der Gruppe der geeinigten Sozialisten, daß es sich darum handle, Wurzel abzuschneiden. Daher ergreife ich für die Aufrecht überragenden Stellung der Organisationen der revolutio das Kabinett auf bo II ständig neuen Grundlagen um­erhaltung der Freiheit und der öffentlichen Ordnung im Lande wirkungen diese zu rechnen hatten, und unter diese Gegen der neuen Regierung ihre Mitarbeit auch weiterhin zu ge erhaltung der Freiheit und der öffentlichen Ordnung im Lande nären Demokratie, zeigt, mit welch gewaltigen Gegen- zubilden. Unter dieser Bedingung willigte die Gruppe ein, alle Maßnahmen, die ich der Bevölkerung zu gelegener Zeit wirkungen gehört mit an erster Stelle der Krieg. währen. Nach den verschiedenen Mißgeschicken aber, die die ankündigen werde.: Die Ereignisse an der. Front waren der letzte Tropfen, Bildung des Kabinetts erfuhr, gaben sich die Sozialisten da­Gleichzeitig befehle ich, erstens: General Kornilow der den Steld zum Ueberlaufen brachte. Kornilow  , der von Rechenschaft, daß nur eine beschränkte Anzahl von Mi­hat sein Amt dem General Klembowsky, dem aus der österreichischen Gefangenschaft über Rumänien   im nisterien neu besetzt werden würde, während die Mehrzahl Oberbefehlshaber der den Zugang nach vorigen Jahre entronnene Führer des in den Karpathen der früheren Minister ihre Aemter behalten würden. Unter Petersburg   sperrenden Armeen der Nord- während des Mai- Rückzuges in Galizien   dezimierten Armee- dieser Bedingung änderte die Gruppe ihre Absicht und be­front zu übergeben. General Klembowsky soll vor- forps, war zum ersten revolutionären Oberfommandierenden schloß auf eine Zeilnahme am Ministerium zu verzichten, in läufig die Befugnisse als Generalissimus übernehmen, jedoch in von Petersburg   ernannt. Er gehört zu denjenigen russischen der Erwägung, daß das neue Kabinett nicht die nötigen läufig die Befugnisse als Generalissimus übernehmen, jedoch in Generälen, die in den ersten Monaten der Revolution ob ihres Bürgschaften biete, sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Bskow bleiben. Zweitens: ich verhänge den Kriegs- Revolutionarismus" so start gefeiert wurden. Später nahm fräftigeren Anstoßes für die nationale Verteidigung als unter zustand über Stadt und Bezirk Petersburg  . er seinen Abschied, als eines der Petersburger Regimenter dem der demokratischen Aktion. Ich fordere alle Bürger auf, zur Aufrechterhaltung der not- ihm Gehorsam verweigerte, indem es auf Beschluß seines ge­wendigen Ordnung für das Heil des Vaterlandes mitzuwirken, wählten Regimentsausschusses einem Inspektionsappell fern­und die Armee und Flotte fordere ich auf, ruhig und getreu blieb. Er kam an die Front, wurde Armeebefehlshaber, und ihre Pflicht zur Verteidigung des Vaterlandes gegen den es war ihm beschieden, an der Spike der galizischen Offensive äußeren Feind zu erfüllen. vom Juli dieses Jahres zu stehen..

.

-

Die Pariser Presse berichtet, daß die Sibung der parla­mentarischen Sozialistengruppe, in der über die Beteiligung der Sozialisten an der neuen Regierung beraten wurde, sehr erregt verlaufen ist. Mehrere Vertreter der Minderheit sprachen sich offen gegen die Beteiligung aus. Schließlich wurde eine Tagesordnung Renaudel, der die Politik des Kabinetts Ribot scharf kritisierte, ange­nommen, in der sich die Partei bereit erklärt, mit der Re­gierung an der Landesverteidigung zu arbeiten,

Ein Vorstoß der Gegenrevolution foenig kann bezweifelt werden, daß Kerensti und die der wenn die öffentlichen Freiheiten und die der Arbeiterſchaft

Von A. Grigorianz. In ihrem stürmischen Lauf weist die russische   Revolution wiederum den Abschluß einer Etappe auf und die Prokla­mations Kerenskis vom 9. September stellt das äußere Kenn­zeichen dieses Ereignisses dar.

Wenn mithin Kornilow   nunmehr mit der Forderung auf tritt, die ganze Zivil- und Militärgewalt in seinen Händen vereinigen zu wollen, so unterliegt es beinahe feinem Zweifel, daß hinter dieser Forderung die Duma selbst steht. Eben­zeitige Regierung unter dem Druck der revolutionären De- gewahrt, die Methoden der Geheimdiplomatie mög­mokratie, verkörpert in den Arbeiter-, Soldaten- und lichst ausgeschaltet und die Kriegsziele der Alliierten Bauern- Delegiertenräten, die Forderung Kornilows ab- innerhalb der Grenzen rechtmäßiger Forderun gelehnt und ihn abgesetzt hat. Die Proklamation Ste- gen gehalten würden. Drei weitere Tagesordnungen, die renstis sagt in ihren weiteren Ausführungen, daß gegen eine Beteiligung waren, wurden verworfen. dringende Maßnahmen ergriffen werden sollen, um alle An- Ohne daß es ausgesprochen wird, darf doch schlankweg Das Dumamitglied N. Lwow( nicht zu verwechseln mit schläge gegen die Eroberungen der Revolution zu unterdrücken. behauptet werden, daß die Verweigerung der Pässe für die dem Fürsten   G. Lwow  , dem ersten Ministerpräsidenten der Wir werden sehen ,, welche Maßnahmen hiermit gemeint sind. Reise nach Stockholm   von entscheidendem Einfluß gewesen Provisorischen Regierung, ebensowenig mit dem Abgeordneten Voraussehen können wir sie nicht, denn solange der Krieg ist und die Sozialisten abhielt, Ribot die Bügel zu halten. W. Lwow, dem Oberprokurator des Heiligen Synods, eben- dauert und mit ihm der Zustand der wirtschaftlichen Anarchie Die Ministerkrise, die mit dem Sturz Ribots ausge­falls Mitglied der Provisorischen Regierung in ihrer ersten weiter wirkt, bestehen all die Faktoren in ihrer ganzen Straft brochen ist, stellt an Frankreich   Fragen von höchster politischer und zweiten Gestaltung) überbrachte Sterenski die Aufforde- fort, die die gegenrevolutionäre Bewegung möglich machen Bedeutung. rung des Generals Kornilow  , ihm die gesamte Staatsgewalt und sie erstarken lassen. zu übertragen. Das bedeutet mit anderen Worten, daß General Kornilow für sich die Diktaturgewalt beansprucht, um eine neue Regierung nach seiner Wahl einzusetzen und auf die Entwicklung der Revolution entscheidenden Einfluß zu ge­minnen.

Ribot stand zwischen links und rechts. In dieser Stellung war es nicht schwer, zwischen die sprichwörtlichen beiden Stühle" zu kommen. Clemenceau  , der Chauvinist, griff Malvy an und triumphierte über seinen Sturz. Aber sein

-

Das schwarze Hundert" an der Arbeit. Sieg war nicht ein Ausdruck seiner Macht, sondern konnte Beru, 10. September." Temps" meldet aus Peters- den. Sobald die Lösung der Krise die Parteien selbst auf die Es fällt vor allem auf, daß ein Dumamitglted als Ueber­" Temps" meldet aus Peters- nur errungen werden, weil die Sozialisten abseits stan­bringer der Aufforderung Kornilows auftritt, und zwar ein burg: Die militärische Niederlage verursacht in Bühne rief, mußte sofort der Eindruck schwinden, daß Cle­Anhänger der Partei, der auch der Dumapräsident Rodsjanko der Hauptstadt eine immer tiefergehende Beunruht- menceau der allmächtige Mann Frankreichs   sei, ein Ein­angehört, der Partei der Semstwo- Oktobristen( gemäßigt- gung, die zweifelhafte Elemente auszunüßen versuchen. In druck, der noch durch den Umstand verstärkt wurde, daß die liberal). Man geht nicht fehl, wenn man dieses Auftreten oskau beriefen die Kadettenpartei und die Sozial- große Presse in Frankreich   wie in England- in den des Großgrundbesizers Lwow, der vor kurzem zum Präsi- Revolutionäre in der Stadtduma Versammlungen, um dring- Händen von Kriegshekern und Rückschrittlern ist und durch denten des neugegründeten allrussischen Grund- liche Maßnahmen gegen den extremistischen Feldzug ihr homerisches Schlachtgeschrei leicht das wahre Frank­besizer- Verbandes gewählt wurde, in Verbindung zu treffen, der zu Gewalttätigkeiten gegen die Juden aufreizt reich übertönen kann. Der Sturz Ribots bedeutet offenen bringt mit der Stellungnahme der Duma gegenüber der und eine ernsthafte Gefährdung der öffentlichen. Ordnung Kampf zwischen der Rechten und der Linken, die sich stark Revolution in ihrer neuesten Entwicklung. Die Opposition darstellt. In Petersburg   gelang es Agitatoren anfangs der Duma gegen die durch den Arbeiter- und Soldatenrat Pogrome herbeizuführen, ein israelitischer Kaufmann, der genug fühlte, den hingeworfenen Fehdehandschuh aufzuheben. Die Entschließung RenaudelIs fehrt mit ihrer scharfen in Gemeinschaft mit dem Bauern- Delegiertenrat verkörperte auf Urlaub von der Front zu Hause war, wurde getötet und Wendung gegen die, Geheimdiplomatie ihre Spike gegen revolutionäre Gewalt trat immer schärfer zutage. In den mehrere jüdische Geschäfte wurden geplündert. Poincaré  , dessen geheime Abmachungen mit der zaristi­privaten Zusammenfünften" der Abgeordneteu wurde immer Es zeigt sich immer mehr, daß die Anhänger des zaristischen schen Regierung noch in schlechter Erinnerung sind. schärfer die Abhängigkeit der Regierung von den genannten Regiments sehr geschickt der ultrarevolutionären Lofungsworte fich zu Männer der Rechten sind zwar nach dem Sinn des Präfi­bedienen verstehen. Die unzufriedenen Massen suchen fie zu Ge­Störperschaften der revolutionären Demokratie gegeißelt, und von walttätigkeiten gegen die Revolutionäre hinzureißen, indem sie die denten. Aber einmal trennt ihn von Clemenceau   eine töd­allen Sprechern der bürgerlichen Parteien( die sozialdemokratische antisemitische Saite aufziehen. Sie hoffen dadurch, noch mehr Ber  - liche persönliche Feindschaft und dann sind einem solchen Ver­Dumafraftion sowie die Arbeitsgruppe die Trudowiki­wirrung bineinzutragen, bis es ihnen gelingt, der Revolution Herr such die Parteiverhältnisse in der Kammer und, was noch halten sich diesen Besprechungen fern) wurde die Forderung auf- zu werden. wichtiger ist, die Stimmung des Landes entgegen.

-

Die