Nr. 252. 34. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.
Freitag, den 14. September 1917.
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tabelt und bestimmt, daß alle ausgewiesenen Bersonen während der Durchfahrt durch Finnland angehalten werden müssen. Der Arbeiter- und Soldatenrat hat einen Sonderausschuß zur Durchführung der beschlossenen Maßnahmen ernannt.
Rotterdam , 13. September." Daily Mail" erfährt aus Petersvertagt. burg vom 11. September, daß die aus den verschiedenen russischen Petersburg, 12. September. ( Reutermeldung.) In der Gouvernements vorliegenden Nachrichten nach wie vor befrieHauptstadt, in Moskau und in der Provinz herrscht nach wie vor digend seien. Die Vorläufige Regierung sei stärker, als sie vollkommene Ruhe. Der Gouverneur von Petersburg Sawinkow selbst erwartet habe, die große Mehrheit des Volkes stehe hinter ihr. hat die Veröffentlichung von Kornilows Aufruf verboten. Der Noch nie seit Beginn der Revolution habe die Vorläufige Regierung Brozeß Suchomlinow wurde vorläufig vertagt. In den Arbeiter über größere Macht verfügt als jetzt.(!) Was das Land brauche, vierteln von Petersburg werden Arbeiterabteilun- seien Ordnung und Lebensmittel. Diejenige Partei, die imstande gen zur Verteidigung gegen Kornilow aufgeist, für beides zu sorgen, könne auf Unterstüßung rechnen.„ Manstellt und in aller Stille im Schießen ausgebildet. Die Ver- chester Guardian" spricht in einem Leitartikel die Vermutung aus, haftungen dauern fort, besonders unter Unteroffizieren daß Kornilow von deutscher Seite unterstützt werde.(!!) und Offizieren. Unter anderem wurde der Vorsitzende der Kommission für Militärzenfur verhaftet. Der Militärgouverneur hat alle Soldatenversammlungen untersagt. General Klembowsky, Kornilows Nachfolger, ist vom Oberbefehl wieder enthoben und durch General Berutsche= witsch ersetzt worden.
Stodholm, 13. September.„ Svenska Dagblad" meldet: Kerenski hat sich an die Spitze der Truppen Petersburgs gestellt und ist Kornilow entgegengezogen. Man erwartet einen Zusammenstoß zwischen den beiden Heeren außerhalb der Hauptstadt.
Petersburg, 12. September. ( Reutermeldung.) Man hält folgende Kombination für möglich: Kerenski wird zeitweiliger Generalissimus und Alexejew Chef des Generalstabs.
Wie der Konflikt Kornilow- Kerenski
ausbrach.
Die Luxburg- Depeschen.
Die Depeschen, die Graf Lurburg, der deutsche Gesandte in Argentinien , durch schwedische Vermittlung nach Berlin gefandt hat, liegen jezt im Wortlaut vor. Nach Kenntnisnahme des Inhalts wundert es uns nicht mehr, daß die Entente hier ein vorzügliches Fressen gefunden zu haben glaubt und mit böhnischem Jubel diese Telegramme in die Welt depeschiert. Sier ist ihr Wortlaut:
Mai 1917, Nr. 32.„ Die Regierung hat jetzt die deutschen und österreichischen Schiffe, auf die bisher eine Wache gestellt war, freigelassen. Infolge der Beilegung des Monte- Protogilo"- Falles ist eine große Veränderung in der öffentlichen Meinung eingetreten. Die Regierung will in Zukunft die argentinischen Schiffe nur bis Las Palmas ausklarieren. Bitte, den kleinen Dampfer Drankuasa", 31. Januar( Washingtoner Zusak: d. h. der Dampfer ist am 31. Januar ausgefahren), 300 Tonnen, der sich nun Bordeaux nähert, mit der Absicht, seine Flagge zu verändern, entweder zu schonen oder spurlos verschwinden zut laffen. gez. Lugburg."
3. Juli 1917, Nr. 95.„ Ich höre mit Sicherheit, daß der gegenwärtige Auslandsminister, der ein Esel von Ruf und Englandfreund ist, in einer Geheimsißung des Senats gesagt hat, daß Argentinien in Berlin ein Versprechen fordern soll, keine argentinischen Schiffe mehr in den Grund zu bohren, und im Weigerungsfalle folle man die Beziehungen abbrechen. Ich rate, das abzulehnen, eventuell spanische Vermittlung zu erbitten. Lugburg." 9. Juli 1917, Nr. 64. Bitte die Antwort an Argentinien ohne irgendwelche Neigung zu Sugeständnissen zu zeigen, hinaus zuschieben bis zum Empfang weiterer Berichte. Ein Ministeriumswechsel ist wahrscheinlich. Bezüglich der argentinischen Dampfer rate ich, sie zur Umkehr zu zwingen oder sie ohne Hinterlassung von Spuren zu versenken oder ihnen freie Durchfahrt zu geben. Sie find alle sehr klein. Luxburg."
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Stockholm , 13. September:" Birschewija Bjedomosti" geben ausführlich die Unterredung zwischen Kerenski und dem früheren Oberprokurator 2wow wieder. Danach sagte Fürst Lwow, Kornilow tonne angesichts der drohenden Lage nicht länger ruhig der Verwirrung und dem Zerfall zusehen, die Situation sei nur durch eine Militärdiktatur zu retten, er be= anspruche daher Nebergabe der Zivil- und Militärmacht, die. Interimsregierung habe zurüdzutreten, Kornilow selbst, werde eine neue Interimsregierung bilden. wow fügte dem hinzu, in dem neuen Ministerium werde Kerenski Justiz- und Siawintow Kriegsminister werden. Lwow fagte ferner, Kornilow werde, falls die Interimsregierung sich seiner Forderung nicht fügte, mit den ihm anvertrauten Truppen gegen Petersburg marschieren und die Regierung gefangen sehen. Als Lwow erklärte, er würde die ihm von Kerenski nach Besprechung mit einigen Mitgliedern der Regierung mitgeteilte ablehnenge Antwort im Haupt- Diplomatie uns während des Weltkrieges bereitet hat, werden quartier überbringen, erwiderte Kerenski , dies sei nicht möglich, da er ihn verhaften lassen würde.
Die schlimmen, Enttäuschungen, die unsere auswärtige durch diese neueste Sensation noch erheblich übertroffen. Kein Wort des Tadels und der Verurteilung ist scharf genug, für einen Mann, der auf verantwortlichstem Posten stehend derartig unverantwortliche Telegramme an seine Regierung fendet. Wenn wir das Moralische zunächst einmal ganz beifeite lassen, so hat Graf v. Lurburg allein schon gegen die elementarsten Gebote der Klugheit und Vorsicht verstoßen. Denn nach dem Diebstahl der merikanischen Depeschen mußte Graf v. Lurburg auf jeden Fall mit der Möglichkeit rechnen, daß auch seine Meldungen von der Entente aufgefangen würden, wie das tatsächlich geschehen ist. Man hat uns so ungeheuer viel über die Notwendigkeit schärfster Siebung unseres diplomatischen Korps erzählt. Man hat große tatkräftige, energische und kluge Schichten des Volfes von der auswärtigen Bertretung Deutschlands ausgeschlossen, weil man ihnen nicht die notwendigen gesellschaftlichen Waland an fremden Höfen vertreten zu können. In einer eben erschienenen Schrift„ Die deutsche Diplomatie, wie sie ist und wie sie sein sollte" schreibt der ehemalige Reichskonsul in Bel grad Dr. H. Schlieben über die Besetzung der Auslands
Ließen die bisherigen Meldungen aus Rußland die Möglichkeit offen, daß es doch noch im letzten Augenblick durch Vermittlung der Verbündeten zu einem Ausgleich zwischen Korni Iom und Kerenski kommen würde, oder daß die Macht eines Petersburger Gemeindewahlen. der beiden Diktaturprätendenten sich von selber soweit auflösen Niederlage der Menschewiki. würde, daß der Konflikt ohne größeres Blutvergießen beendet werden könnte, so scheint nach den letzten Nachrichtien der Stockholm , 13. September. ( Eig. Drahtber. d.„ Vorw.".) Die offene Bürgerkrieg unvermeidlich zu sein. Ke- Wahl zur Petersburger Stadtduma ergab eine völlige Niederlage renski sekt sich an die Spitze der Petersburger Truppen und der Menschewiti. Gewählt wurden 42 Kadetten, 67 Bolschewiti, zieht Kornilow entgegen. Das Bild erscheint fast grotest, und 75 Sozialrevolutionäre, 2 Trudowiti, 8 Anhänger Martowe. Die es gehört ein hohes Selbstvertrauen Kerenskis dazu, wenn er, Partei Beretelli ging böllig leer aus. der zivilistische Nur- Politiker sich mit dem erfahrenen General auf dessen eigenstem Gebiet messen will. Immerhin dürfte wohl auch Kerenski einige militärisch geschulte Kräfte zu seiner Seite haben, andernfalls könnte man ihm nicht viel Erfolg für seine friegerische Expedition prophezeien. Ueber Korni- Stockholm , 13. September. ( Eigener Drahtbericht des lows Vorgehen und Absichten wird derweil folgendes berichtet:„ Vorwärts".) Hier treffen zahlreiche Ausländer ein, die Amsterdam , 13. September. Nach einem hiesigen Blatte Rußland eilig verlassen haben und auf der Durchreise Stock- ieren, nicht genügend Taft und Schliff zutraute, um Deutschmeldet der Petersburger„ Times"-Bertreter, daß die Vorposten holm passieren. Unter den Flüchtigen befinden sich besonders Kornilows schon über Luga und Pawlowsk hinaus zahlreiche Engländer. borgedrungen sind. Kornilow erklärt in einem Aufruf, sein
einziger Wunsch sei, sein Land aus der jetzigen unmöglichen
Lage zu befreien und glücklich zu machen. Er schwört, daß er die Leitung behalten werte, bis die Verfassunggebende Versammlung zusammengetreten sei. Auf Befehl der Einstweiligen Regierung wurden die Eisenbahnschienen aufgerissen, um Kornilow den weiteren Vormarsch zu erschweren.
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Zwischenfalls.
Stocholm, 13. September. ( Eig. Drahtbericht des Vorwärts". Der amerikanische Gesandte Morris hatte heute eine lange Unterredung mit dem Minister des Auswärtigen Lindman. Es gelang, im Laufe des Gesprächs eine Einigung zu erzielen, durch die der schwedisch - amerikanische Zwischenfall als beigelegt erscheint.
Die nächsten Leidtragenden des Zwistes werden danach die Einwohner von Petersburg sein. Die schlechte Verproviantierung Petersburgs wurde gerade in den letzten Tagen als besorgniserregend geschildert. Wenn jetzt vor den Toren der Stadt Schlachten geschlagen werden, und die Barteien gar die Eisenbahn zerstören, dürfte die Zufuhr böllig ins Stoden geraten und bald eine ungeheure Hungers not in der großen Stadt ausbrechen. Weiter ist bemerkenswert, daß sich der Zusammenstoß, der abzuhalten. Truppen Kerenskis und Kornilows direkt im Rücken jener
posten:„ Heute erfolgen diese Ernennungen oft weniger nach rein sachlichen Gesichtspunkten, als vielmehr nach Familien, Korps- und Regimentsbeziehungen." Man hat dieses Verfahren mit den guten gesellschaftlichen Umgangsformen dieser Kreise gerechtfertigt. Und nun geht einer von diesen zehnmal gesiebten Gesellschaftsmenschen, ein Adeliger, ein Graf, hin und schimpft den Außenminister der Macht, bei der er akkreditiert ist, einen Esell-
Front abspielen muß, die eben erst durch ihre Niederlage die Hunger- und Friedensdemonstration Die deutsche Regierung hat die Pflicht, mit der größten
bei Riga schwererschüttert worden ist. Die Situation ist also derart, daß auch der Sieger des Kampfes sich vor eine Katastrophe gestellt sehen wird.
Aber dieser„ Esel" ist ja eigentlich noch das Harmloseste in den Zurburgschen Depeschen, da zweifellos jeder einsichtige Leser für den Esel eine weit passendere Beziehung finden Parteitag der französischen Sozialisten. wird, als sie SHerr v. Lurburg gefunden hat. Viel schlimmer Der sozialistische Verwaltungsausschuß beschloß, den dies.nud viel bedenklicher ist es, wenn der deutsche Gesandte der Regierung den Rat erteilt, Schiffe einer neutralen Machi jährigen Parteitag vom 6. bis zum 9. Oktober in Bordeaux ohne Hinterlassung von Spuren zu versenken", bzw.„ spurlos verschwinden zu lassen". Der Sinn dieser Redewendungen ist so eindeutig, daß es daran kein Drehen und Deuteln gibt. Schleunigkeit und Deutlichkeit zu erklären, daß ihr Pläne, wie sie ihr hier von Graf Lugburg angesonnen sind, vollkommen fernliegen und daß sie nicht daran denkt, gegen Feind oder Neutrale eine unmenschliche Striegführung eintreten zu lassen, bei der versenkte Schiffe„ spurlos verschwinden". Leider ist das Wichtigste schon versäumt worden, nämlich einen Gesandten, der derartige Vorschläge zu unterbreiten wagte, sofort von seinem Posten ab. zuberufen. Was hier noch irgendwie nachgeholt werden kann, hat sofort zu geschehen. Die Person des Grafen v. Lugburg kann nach diesem Vorkommnis wohl für erledigt und abgetan gelten. Leider nicht das System, das diesen völlig ungeeigneten Mann auf einen so verantwor
Stockholm, 13. September. ( Eigener Drahtbericht des Petersburg, 12. September. ( Meldung des Reuterschen Vorwärts".) Das hier erscheinende Nachrichtenblatt des Bureaus.) Ueber Moskau wurde der Belagerungszustand ver- Bimmerwalder Komitees berichtet aus italienischer Parteihängt. Die Regierung hat gegen Kornilow und andere Generale quelle über den gewaltigen Umfang der Turin er eine Strafverfolgung wegen Rebellion eingeleitet. Protest bewegung, die über 50 Verwundete forderte Die Verhaftungen dauern fort. Auch der frühere Kriegs- und über 2000 Verhaftungen nach sich zog, darunter die aller minister Gutschkow wurde in haft genommen. Gewerkschafts- und Parteiführer. Um die Sache zu verheimBern, 12. September. Temps" meldet aus Petersburg : Der lichen, wurde der Versand des Avanti" ins Ausland über Arbeiter und Soldatenrat in Helsingfors hat eine Tagesordnung eine Woche lang verboten. Die Kundgebung richtete fich nicht angenommen, die die Ausweisung der Anhänger der 3aren nur gegen den Brotmangel, sondern demonstrierte auch regierung durch die Vorläufige Regierung in Petersburg für schleunigen Frieden