Mr. 255. 34. Jahrs.
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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutfchlands.
Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.
Montag, den 17. September 1917.
Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplan, Nr. 151 90-151 97.
Bildung
des neuen Kriegskabinetts.
Petersburg, 16. September. ( Meldung der Petersburger Telegraphen- Agentur.) Durch eine Bekannt machung der Vorläufigen Regierung wird in Rußland die Republik erklärt.
Amsterdam , 16. September. Das Reutersche Bureau meldet aus Petersburg , es verlaute, daß nach langen Verhandlungen ein Kriegskabinett mit folgenden fünf Ministern gebildet worden sei: Ministerpräsident Kerenski , Kriegsminister General Werhowski, Marineminister Admiral Werderewski, Minister des Aeußern Terestschenko und Minister für Post und Telegraphen Nikitin.
Petersburg, 16. September. ( Meldung der Petersburger Telegraphen- Agentur.) Wie von amtlicher Stelle mitgeteilt wird, ist beschlossen worden, für die Fragen der Regierung und der Verteidigung die Macht zeitweilig in den Händen einiger Personen zu vereinigen, die zur Vorläufigen Regierung gehören.
Die Revolte Kornilows hat eine doppelte Wirkung auf die innerrussischen Verhältnisse ausgeübt: Sie hat die Provisorische Regierung veranlaßt, endlich offiziell die Republik in Rußland zu verkünden und gleichzeitig die Zügel der Dittatur noch straffer anzuziehen. Das neue Kriegsfabinett bedeutet einen diktatorischen Ausschuß ausgeprägtester Art, in dem Kerensfi mit zwei hohen Militärs, dem bürgerlich imperialistischen Kadetten Tereſtschenko und dem ziemlich unbedeutenden Nikitin unumschränkt herrscht, während die sozialistischen Elemente von ihm ausgeschlossen sind weder Zeretelli noch Tscheidse noch Skobelem noch sonst einer der bekannten Arbeiterführer gehören dem Kriegskabinett an. Gleichzeitig hat Rerensti in seiner Person die höcyste zivile mit der höchsten militärischen Gewalt vereinigt, er hat Kornilows erledigte Stelle als Oberbefehlshaber der Armee- obwohl militärischer Laie mit übernommen. So ist seine Diftatur jetzt formell vollkommen. Wie der Sowjet diese Wendung der Dinge hinnehmen wird, bleibt abzuwarten. Zwar hat das Scheitern des Kornilowschen Putsches für einen Moment die Bedeutung des Arbeiter- uend Soldatenrats in den Vordergrund gestellt, aber die innere Uneinigkeit der Marimalisten und Minimalisten scheint jede Aktionsfähigkeit dieser Körperschaft stark zu beeinträchtigen. So hat der Sowjet in verschiedener Befeßung erst die magimali stische Entschließung angenommen, welche den Kompromiß mit jeder bürgerlichen Partei verwirft und die Diktatur des Proletariats fordert, um sie gleich darauf zugunsten der minimalistischen Entschließung wieder umzustoßen, in der bloß Kompromisse mit den fonterrevolutionären bürgerlichen Parteien verworfen werden und im übrigen die Unterstützung der jezigen Regierung gefordert wird.
Petersburg, 15. September. ( Meldung der Petersburger Telegraphen- Agentur.) Der Oberbefehlshaber Ke renski hat einen Tagesbefehl an Heer und Flotte erlassen, in dem er darauf hinweist, daß der Aufruhr Kornilows das normale Leben an der Front des organisiert habe, und u. a. bestimmt:
1. Jeder politische Kampf in der Armee joll aufhören und durch alle Mittel soll die Wiederher stellung ihrer Kampffähigkeit erstrebt werden.
2. Die Truppentransporte sollen nach dem Befehl des Oberkommandos wieder aufgenommen werden.
Englische Angriffe an der Straße MeninYpern und südöstlich Arras.- Im Osten Ruhe Neue italienische Offensive auf der Hochfläche von Bainfizza.
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Amtlich. Großes Hauptquartier, den 16. September 1917. W. T. B.
Westlicher Kriegsschauplatz. eeresgruppe Aronprinz Rupprecht.
An der flandrischen Front wechselte die Feuertätigkeit in Ausdehnung und Stärke. Vornehmlich an der Straße MeninOpern lagen heftige Feuerwellen auf unserer Kampfzone. Dort griffen mehrere englische Bataillone an, deren Ansturm fast durchweg verluftreich zusammenbrach. Nördlich der Straße drang der Feind in unseren vordersten Graben in Kompagnie. breite ein.
Südöstlich von Arras steigerte sich nachmittags das feindliche Feuer schlagartig zu stärkster Wirkung. In künstlichem Nebel brachen kurz darauf die Engländer in 1500 Meter Breite bei Cherish vor. Flammenwerfer und Panzerwagen sollten den Sturmtruppen den Weg bahnen. Unsere kräftig einfegende Abwehr durch Artillerie. und Maschinengewehre brachte den feindlichen Stoß zum Scheitern. Wo der Gegner in unsere Gräben gelangte, wurde er durch die Infanterie im Nahkampf zurückgeworfen.
An der gleichen Stelle wiederholte der Feind feinen, Angriff kurz vor Dunkelheit; auch diesmal schlug sein Stuem verluftreich fehl.
Heeresgruppe Deutscher Kronpring. Außer Erkundungsgefechten und zeitweilig lebhaftem Störungsfeuer in einigen Abschnitten war die Kampftätigkeit gering. Auf dem
und an der
Deftlichen Kriegsschauplak
Mazedonischen Front teine größeren Rampfhandlungen.
Der Erste Generales Ludendorff.
Abendbericht.
rti
meifter.
Amtlich. Berlin , 16. September 1917, abends. In Flandern an und abschwellende Feuertätigkeit mit vereinzelten Infanteriekämpfen. Sonst nichts Wesentliches.
Der österreichische Bericht. Wien , 16. September. Amtlich wird verlautbart: Deftlicher Kriegsschauplatz und Albanien . Nichts Besonderes zu melden.
Italienischer Kriegsschauplah. Südlich von Selo am Isonzo wurden italienische Borstöße bereitelt.
Im Südabschnitt der Hochfläche von Bainsizza- Heiligengeist nahm der Feind seine Versuche, unsere Stellungen zu durchbrechen, erneuert auf. Unsere Truppen, behielten in er= bitterten Nahkämpfen die Oberhand. Die Italiener wurden geworfen.
Bei Görz und auf der Karfthochfläche Artilleriekampf.
Der Chef des Generalstabes.
Borläufigen Regierung, und ihre Aufgabe ist die Befestigung der Zucht in der Armee auf demokratischer und revolutionärer Grundlage. Es wird ein oberster Kommissar für alle Armeen mit dem Siz im Hauptquartier und besondere Kommiffare für die verschiedenen militärischen Einheiten eingesetzt. Was die militärischen Organisationen betrifft, die das ganze politische Leben 4. Kommandanten dürfen nicht abgesezt werden. ihrer militärischen Einheiten leiten werden, so wird auf sie der Der Tagesbefehl schließt mit dem Ausdruck der Zuver- Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts Anwendung finden.
3. Die Verhaftungen der Führer sollen unter bleiben, zu denen nur Gericht und Staatsanwaltschaft ein Recht hätten.
ficht, daß die Armee, die in den Tagen der Unruhen Treue und volles Vertrauen zur Vorläufigen Regierung befundet habe, dessen eingedenf sein werde, daß das Vaterland nur durch Wiederherstellung der Disziplin in der Armee und durch eine Vereinigung aller seiner Glieder gerettet werden fönne.
Petersburg, 15. September. Birschewija Wjedomosti", schreibt,
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für die Vereinigung des höchsten Oberbefehls und der
höchsten Staatsleitung in einer Person sei die Erwägung maßgebend gewesen, daß das Vertrauen der Soldaten zum Oberbefeht wiedergewonnen und eine Wiederholung des Falles Kornilomein für alle Mal unmöglich gemacht werden müsse.
Petersburg, 15. September. ( Meldung der Petersburger Tele graphen- Agentur.) Die politische Abteilung des Kriegsministeriums Nach den linkestehenden Zeitungen, z. B. Nowoja Shiên", fieht hat eine Berordnung betreffend die militärischen Rom - es aus, als ob die Radetten lebhaft wünschten, in der Regierung missare und Organisationen in der Armee ver- bertreten zu sein, hierbei aber auf bestimmten Widerstand von links öffentlicht. Danach sind die militärischen Kommissare Organe der stießen.
Wer die Entente nach den bei ihren Festmalen ausgetauschten Trinfsprüchen beurteilt, muß sie für eine festgefügte Ginheit halten, aber den Wurm in ihrem Holz entdeckt, wer sich statt an die glatten Nedensarten an die rauhen Tatsachen hält. Gleiche Kappen decken hier wahrhaftig nicht gleiche Brüder. Die Vereinigten Staaten unterscheiden sich in ihren Kriegszielen nicht unerheblich von ihren europäischen Bundesgenossen; zwischen dem revolutionären Rußland und den Westmächten flafft ein nur schlecht verhüllter Zwiespalt; England und Frankreich vertragen sich viel schlechter als der äußere Schein verrät. Nirgends aber ziehen zwei Entenbestaaten so sehr an den entgegengesetzten Enden ein und desselben Seiles wie Serbien und Italien .
Um Länder und Völker handelt es sich dabei von sehr verschiedener wirtschaftlicher und politischer Entwicklungsstufe. Die Italiener haben ungefähr zur selben Zeit wie die Deut schen ihren Kampf um die nationale Einheit mit Erfolg abgeschlossen, denn was im Trentino und in Triest noch an Volksgenossen im Rahmen der österreichisch - ungarischen Monarchie lebt, sind abgesprengte Splitterchen, die für ein Vierzigmillionenvolf ernstlich nicht in Betracht kommen fönnen. Außerdem hätte Italien fie fich im Vorfrühling 1915, als es mit Desterreich um den Preis seiner fürderen Neutralität marftete, in ihrer überwiegenden Mehrheit durch friedliche Vereinbarung angliedern fönnen. Ihretwegen hat Italien wahrhaftig nicht das Schwert gezogen, sondern im Busen dieser lateinischen Schwester" Franfreichs brennt seit langem schon das verzehrende Feuer eines schrankenlosen Imperialismus. Nicht als ob der italienische Rapitalismus so entwidelt wäre, daß ihm der innere Markt zu eng würde und er in der Fremde nach Abjabgelegenheiten für seine Waren suchen müßte, ganz im Gegenteil!, sondern es ist mehr ein ideologischer, ein reiner Machtimperialismus, der die Nachkommen der römischen Welteroberer heßt, für ihren Teil Welteroberungspolitik zu treiben. Tunesien , Abessynien, Albanien so hießen drei Sehnsuchtsziele des italienischen Imperialismus, aber Cäsar und sein Glück war nicht bei diesen Plänen. In Tunesien schlug Frankreich den Italienern die Türe vor der Nase zu, in Abessynien besorgten die Landeseinwohner selbst den Hinausmurf, über Albanien konnte man sich mit Desterreich- Ungarn nicht verständigen. So schluckte man 1911 als Notbehelf Tripolitanien .
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Aber jetzt ist große Versteigerung angesagt auf Erden, und da will der italienische Imperialismus ganz gewiß nicht zu furz fommen: Krain, Gradiska, Istrien , Dalmatien , Kroa tien , Albanien , den Epirus und die griechische Injelwelt- nicht weniger denkt der Heißhunger der italienischen Imperialisten zu verspeisen, und es fommt ihnen gar nicht darauf an, die Mittelmeerherrschaft als Vorstufe zur Weltherrschaft zu betrachten und ihr Auge vorderhand auf Anatolien und Yemen zu werfen; das weitere kommt von selber nach. Wenn aber gleichwohl auch die italienischen Blätter die Schlagworte von den Rechten und Freiheiten der kleinen Völker nachplappern, gleichen sie darin wenigstens den alten Römern, von deren Eroberungsdrang einer, der es wissen muß, Guglielmo Ferrero in Größe und Niedergang Noms" sagt:„ Schöne Worte suchten dieser Politik bald den Anschein eines hoch herzigen Idealismus zu geben: Rom fämpfte nicht für sich, sondern um den unterdrückten Völkern die Freiheit zu geben." Damals wie heute! Hochherziger Idealismus in schönen Worten, kaltblütiger Egoismus in Werken und Taten!
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Davon fann Serbien ein Lied singen. Den Serben ist das tragische Los zugefallen, daß sie zu spät auf die Welt gekommen oder vielmehr zu spät aus dem Schlummer der ge schichtslosen Nationen" erwacht sind, um ihre nationale Einheit, auf die jedes Volf ein Recht hat, ohne gewaltige Widerstände und ungeheure Opfer zu erreichen. So wenig wir den auf Zerschmetterung Desterreich- Ungarns ausgehenden Plänen Geschmad abgewinnen fönnen, so sehr müssen wir Deutschen das Freiheits- und Einheitsstreben der Serben aus unserer Geschichte verstehen lernen. Unsere eigene Vergangenheit spiegelt sich in der serbischen Geschichte der letzten Jahrzehnte: reitende Arbeit des Liberalismis und der Demokratie, Blut und Eisen als Mittel der Ginigung, all das findet sich auch bet den Serben wieder, nur daß ihr Mühen weniger von Erfolg gefrönt war als das der Deutschen . Sie haben in Belgrad recht, wenn sie, was an Südslawen jenseits der Donau , Drina und Save lebt, als ihre Brüder bezeichnen: die Bewohner des Königreichs Serbien und die der österreichisch - ungarischen Gebiete Bosnien, Herzegowina, Kroatien , Slawonien , Dalma tien und Banat sind ein und dasselbe Bolk, durch die gleiche
alles, die unflare Schwärmerei der Burschenschaft , die vorbe