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Nr. 256 Z4. Jahrgang

Seilage öes vorwärts

Dienstag, 16. September 1917

GroMerün

Auw bevorstehenden(�uartalswechfel.

Im Kampf um Frieden und Freiheit hat der

�Vorwärts" Zehntausende neuer Freunde gewonnen. Das wilde Toben gegen ihn. von dem jede Spalte der alldeutsch -konservativen Presse Zeugnis ablegt, hat ihm nicht geschadet, sondern genützt. Das Volk hungert nach Wahrheit und ist dankbar für jedes offene herzhafte Wort. Das be­weisen unzählige Briefe, die aus dem Felde und von daheim an uns gerichtet wurden, das beweist die ständig steigende Auslage unseres Blattes. Der Kampf, den wir führen, fordert aber immer st ä r k e r e Waffen, die nur gewonnen werden können durch die Unterstützung breitester Volkskreise. Die Werbearbeit für denVorwärts darf nicht erlahmen, sie muß vielmehr gerade jetzt aufs stärkste einsetzen, wo so viele Zeitungsleser sich fragen, welches Blatt sie vom 1. Oktober ab halten sollen. Die Aufklärungsarbeit unserer Freunde darf nicht in die letzten Tage des Monats verlegt werden, sie muß. um wirklich wirksam zu sein, jetzt schon mit aller Macht aufgenommen werden. Gemächliches Treibenlassen ist heute mehr denn je ein Unrecht an der Volksgesamtheit. Jeder Leser desVorwärts� sei ein Kämpfer für die SachS der Demokratie und des Sozialismus, ein unermüdlicher Werber für sein Blatt!

Der Verbandsausschuß Groß-Berlin, der Montag vormittag 10 llbr im Berliner Rathaus zu einer Sitzung zusammentrat, erteilte dem Bau und Bettieb der neuen Straßen- bahnverbindung Jungfernheide- Siemensstadt Spandau, die von der Spandauer städtischen Straßenbahn im Anschlußbetrieb mit der Großen Berliner Straßenbahn durchgeführt werden soll, seine Zu­stimmung. Mit dem Bau der erforderlichen Anlagen, insbesondere einer neuen Endhaltestelle in der Nähe des Bahnhofs Jungfern- beide, ist bereits begonnen worden. Ferner wurde außer wichtigen Bauordnungen eine Reihe von Bebauungsplänen verabschiedet. darunter der Generalbebauungsplan für Friedrichshagen , durch den das Gartenstadtgepräge dieses Vorortes dauernd festgelegt werden soll. Während im inneren Ortsteil das dreigeschossige Miethaus in geschlossener Randbebauung unter Fortfall aller Hinterwohnungen und mit sehr tiefen Hausgärten vorherrscht, soll auf dem neu zu- erschließenden Außenland das Kleinhaus mit Hausgarten gepflegt werden. Der dem Verbandsausschuß ferner vorgelegte General- bebauungSplan von Woltersdorf bei Erkner weist in Verkehrs- technischer und künstlerischer Hinsicht eine Reihe von Mängeln auf; er konnte daher nur bedingungsweise verabschiedet werden.

Regelung des Verkehrs mit Papier, Karton und Pappe. Der Verkehr mit Papier, Karton und Pappe wird jetzt nach einem Beschluß des Bundesrats ebenfalls geregelt. Der Reichs- kanzler ist ermächtigt. Erhebungen über die Vorräte, die Lieferung, den Bezug und den Verbrauch von diesen Dingen jeder Art anzu- ordnen. Er kann serner vorschreiben, daß über Lieferung, Bezug und Verbrauch Buch zu führen und Anzeige an eine von ihm zu bestimmende Stelle zu erstatten ist. Er ist ermächtigt, Anordnungen über Herstellung. Lieferung. Bezug und Verbrauch zu treffen. Zur Deckung der entstehenden Verwaltungskosten können den Beteiligten Beiträge auferlegt werden. Der Reichskanzler kann anordnen, daß Zuwiderhandlungen gegen die zu erlassenden Bestimmungen mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldsttafe bis zu zehn- tausend Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft werden sowie daß daneben auf Einziehung der Gegenstände erkannt werden kann, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, ohne Unterschied, ob sie dem Täter gehören oder nicht._

Milchkutscher als Kriegswucherer. Dem Kriegswucheramt wurde bekannt, daß viele Berliner Milch- kutscher durch schlechtes Zumessen täglich größere Milchmengen erübrigen und diese dann zu Wucherpreisen ohne Milchkarten an das Publikum abgeben. Nach längerer Beobachtung ist es gelungen, den Milchkutscher Walter R e i m a n n, Berlin , Waldstr. 50, der einen Wagen der Bolle-Aktiengesellschaft fährt, der Untreue und des Wuchers zu überführen. Er verkaufte Vollmilch ohne Milchkarten mit 1,30 M. das Liter und auch Magermilch ohne Milchkarten unter Ueberschreitung der Höchstpreise an Personen, die nicht in der Kundenliste ausgeführt waren. Für seinen eigenen Gebrauch entnahm er täglich 2 Liter, für seine Schwester täglich 1'/, Liter, für seine Mitfahrerm täglich 2 Liter. Als Beamte des Kriegs- wucheramtes ihn festnahmen, fehlten bei semer Abrechnung 31 Milch- karten. Reimann wurde in das Untersuchungsgefängnis eingeliefert. Weitere Verhaftungen von Milchkutschern stehen bevor. Das Publi­kum wird gut tun, auf betrügerische Milchkutscher zu achten. Die Milchkutscher erhalten so viel Milch zugeteilt, daß auch nach Abzug des beim Ausmessen entstehenden Verlustes auf jeden m der Kundenliste eingetragenen Bezugsberechtigten das volle Maß entfällt.

Berliner Lebensmittel.

Der Magistrat Berlin eröffnet durch eine heute veröffentlichte Bekanntmachung den Berliner Einwohnern die Möglichkeit, ihre Kartoffelration der nächsten Woche von 7 Pfund schon in dieser Woche nach Maßgabe der bei ihrem Kleinhändler vorhandenen Vorräte ein- zukaufen, jedoch soll der Kleinhändler erst dann berechtigt sein, die Nation für die kommende Woche abzugeben, wenn er seine sich bei ihm meldenden Kunden für die laufende Woche versorgt hat. Der Magistrat empfiehlt auch, von dieser Möglichkeit der Voraus- eindeckung nach Kräften Gebrauch zu machen, da in dieser Woche die Zufuhren recht reichlich sind, während in den nächsten Wochen voraussichtlich mit dem Beginn der vollen Kartoffelernte auf dem Lande ein Nachlassen der Zufuhren Hand in Hand zu gehen pflegt und überdies in den folgenden Wochen die Transportmöglichkeiten in Berlin , soweit dies angängig erscheint, für die Bergung der Wintervorräte herangezogen werden sollen.

Die Ankunft der Berliner Kinder aus Siebenbürgen erfolgt am Donnerstag, den 20. September, nachmittags 1 Uhr 30 Min. auf dem Schlesischen Bahnhof . Die Eltern werden von den Schul­behörden nicht mehr besonders benachrichtigt. Angehörige dürfen den Bahnsteig nicht betreten, um den Verkehr nicht zu stören, sondern müssen die Kinder vor dem Bahnhof an den Militärbaracken erwarten.

Die Deutsche Gasglühlicht Aktiengesellschaft fAuergrsellschafts zu Berlin hat unter dem Namen.Krie�sfürsorgestiftung der Deutschen Gasglühlicht Aktiengesellschaft sAuergesellschaflj zu Berlin " eine Stiftung mit einem Stiftungskapital von 1 Million Mark errichtet, die den Zweck hat. durch den Krieg unterstützungsbedürftig gewordene, im Gewerbeaussichtsbezirk Berlin -Ost tälige gewerbliche oder kauf- männische Angestellte und deren Hinterbliebene zu unterstützen. Dem Stiftungsvorstand gehören außer dem Direktor Romano von der Auergesellschaft, der den Borfitz führt, dem Pastor und dem Ge- werbeausfichtsbeamten de« Bezirk» und zwei Angestellten der Ge- sellschaft satzungsgemäß als Vertreter deS Magistrats Stadtrat Maas und Stadtmedizinalrat Geheunrat Dr. Weber au. Unter-

stützungSgesuche sind an Direktor Romanä, Berlin 0 17 (Auergesellschastj zu richten, auch Stadtrat Maas und Stadtmedizinab rat Dr. Weber find zur Entgegennahme von Unterstützungsgesuchen bereit.

Eine Pilz-AuSstellnng findet im Königlichen Botani» schen Museum, Bcrlin-Dahlem, Königin-Luise-Str. 6/8, vom Mittwoch, 19., bis einschließlich Sonntag, 23. September, täglich von 10 ö Uhr statt. Eintritt unentgeltlich. Erläuternde Vorträge hält Dr. Ulbrich Mittwoch v Uhr, Donnerstag und Frei tag 12 Uhr, Sonnabend S Uhr.

TurnvereinFichte" Berlin . DaS Abturnen hatte folgende Resultate: Männer: Kugelstoßen Fahle 6. Abt. 12.55 Meter, Voigt 2. Abt. 12.00 Meter. Weilspringen Jupe 14. Abt. 5,70 Meter, Grell 6. Abt. 5,60 Meter. Stabhochspringen Fahle 2,80 Meter, Jupe 2,70 Meter. Diskuswerfen Fahle 26,65 Meter. Bortz 7. Abt. 25,90 Meter, Stahe 16. Abt. 25,90 Meter. 100-Meter-Lauf Fahle, Jupe, Noack 7. Abt. je 12,1 Sek. 1000- Meter- Lauf Kohl 10. Abt. 3 Min. 13,4 Sek Müller 8. Abt. 2 Meter zurück. Jugendliche, 16 18 Jahre: Kugelstoßen , Zeuse 2. Abt. Leuthold 4. Abt. 9,80 Meter. Weitspringen Bittroff 3. Abt. 4,80 Meter, Henneberg 9. Abt. 4,70 Meter. Hoch sprung Zeuse, Bittroff, Leuthold, Dormer 6. Abt. je 1,35 Meter. Speerwerfen Henneberg 33 Meter, Bolz 3. Abt. 34 Meter. 100-Meter-Laufen Btttroff, Bolz 12,4 Sek. Jugendliche, 1416 Jahre: Kugelstoßen Wriedt 2. Schaebethal 4, Dumke 9. Abt. 8,45 Meter. Weitspringen Schaebethal, Dumke 4.50 Meter. Hochsprung Schaebethal 1,30 Meter, Frttsche 1. Abt. 1,25 Meter. Speerwerfen Schaebethal 32,00 Meter, Fcitsche 31 Meter. 100-Meter-Lailfen Schaebethal 13,4 Sek. Stafettenläufe für Jugendliche von 14 18 Jahren: 4X100 Meter 3. Abt. 55,5 Sek., 2. und 9. Abt. dichtauf. Bezirksstafette 10X100 Meter Süd-Ost 2 Min. 23,2 Sek.. Norden 2 Min. 25 Sek.- 1000-Meter-Lauf Wolgast 2. Abt. 3 Min. 11 Sek., Stoltenburg 6. Abt. 3 Min. 18 Sek.

ZirkuS Busch hat die neue Spielzeit mit einem Programm er- öffnet, das ein volles Haus machen wird. In der Reibe der zirkuS- üblichen Darbietungen, der Pferdedressuren, Akrobatenkunststücke und Spaßmacherzutaten(.Spaßmacher" nennt man jetzt, was man früher.Clown' hieß), fallen einige auserlesene Nummern auf. Sensation erregt Assad der.Dünnemacher', der seinen geschmei- digen Körper durch enge Oeffnungen zwängt und nebenbei die er- stauuliche Kraft seines Gebisses zeigt. Ein Terzett anmutiger Seil' künstlerinnen, die.drei Medis", arbeitet auf dem DrahP seil mit bewundernswürdiger Sicherheit; der Barfußtanz auf dem Drahtseil riß am Eröffnungsabend die Zuschauer zu stürmischem Beifall hin. Vier Mitglieder der Familie Blumenfeld sind mit vortrefflichen Pferde- und Hunde> dressuren vertreten. Auch Halsgefährliches gibt es zu sehen; Equilibrisien und Akrobaten wetteifern miteinander auf diesem Gebiet, Geschwister Ballot, Jean und Emmy Reinsch, De Wyne und Jerome. Die lustigen Scherenschleifer.drei Borkums ' amüsieren durch musikalische Genüsse. Den zweiten Teil des Abends füllt die Pantomime.Die drei Pierrots', ein heiteres Spiel, das durch Farbenpracht der Gruppen und Balletts fesselt. Eine zeitgemäße Beigabe war der.Hamsterzug'. Was eines Hamsters Herz begehrt, führt er vorüber: ein zur heimlichen Schlachtung bestimmtes Schwein, .hintenherum erworbene Lebensmittel", durch ihren Preis berechtigte .Auslandsware', ohne Bezugschein gekaufte Kleidung usw. Der Galgenhumor machte die Zuschauer lachen.

Unfall im Treptower Sprretunnel. Im Treptower Spreetunnel hat sich gestern vormittag ein Unfall ereignet, der zu übertriebenen Gerüchten Veranlassung gab. Als ein Wagen der Berliner Ost- bahnen in den Tunnel eingefahren war, fiel plötzlich von der Tunneldecke ein Isolator herab, wodurch das Licht ausgeschaltet wurde. Unter den Fahrgästen entstand eine Panik, es gelang aber den Beamten bald, die Leute zu beruhigen und sie aus dem Wagen heraus nach der Stralauer Seite zu führen. Auf Meldung von dem Unfall wurde der nächstfolgende Wagen angewiesen, den stecken« gebliebenen Wagen aus dem Tunnel hinauszuschieben. In der herrschenden Dunkelheit stieß nun der Rettungswagen gegen den defekten, so daß einige Scheiben zersprangen. Dabei erlitten Fahr- gäste leichte Verletzungen, brauchten jedoch ärztliche Hilfe nicht in Anspruch zu nehmen. Die Störungsursache wurde bald beseitigt und der Betrieb wieder aufgenommen.

Mutter und Kind durch Gas vergiftet. Die im Hause Cöpe- nicker Straße 190 wohnende 26jährige Therese D. war vor zehn Tagen von einem Kinde entbunden worden und lag krank zu Bett. Als Verwandte die Wöchnerin Sonntag abend besuchten, fanden sie die Stube vollständig mit Gas angefüllt und Mutter und Kind leb- los rm Bette liegend vor. Der hinzugerusene Arzt stellte Wiedev belebungsversuche an. die aber leider erfolglos blieben. Wie sich herausgestellt hat, war die Gasleitung undicht geworden.

Charlotteudurg. Lebensmittel. In dieser Woche werden auf die 10 Abschnitte der Kartoffelkarte 6 Pfund und auf Abschnitt 137 der Lebensmittelkarte noch 2 Pfund Kartoffeln abgegeben. Auf Abschnitt 23 der Nährmiltelzusatzkarte für Jugendliche werden 125 Gramm Weizengrieß zum Pfundpreise von 28 Pf. aus­gegeben. Die Entnahme kann in dem Kolonialwarengeschäft er­folgen, in dem der Haushalt der Jugendlichen in die Kundenliste für Grieß, Graupen usw. eingetragen ist. Vom Donnerstag bis Sonnabend findet eine allgemeine Verteilung von Weizengrieß und Suppen statt. ES werden verabfolgt: 100 Gramm Weizengrieß auf Abschnitt 135 der roten Nahrungsmittelkarte und 100 Gramm Suppen, lose, zum Preise von 13 Pf. oder 2 Würfel bzw. Beutel a 10 oder 15 Pf. auf Ab- schnitt 136._

Neukölln. Lebensmittel. Die Gültigkeit des Eierabschnittes 32 ist bis Sonntag verlängert worden. Auf Abschnitt T der Neuköllner Hanshaltungskarten werden in den städtischen Berkaufsstellen an die Inhaber der Haushaltungskarten(für 1 und 2 Personen) 1 Päckchen Puddingpulver oder 50 Gramm loses Puddingpulver, an die In- haber der Haushaltungen mit 3 und mehr Personen 2 Päckchen Puddingpulver oder 100 Gramm loseS Puddingpulver abgegeben. Der Verkauf erfolgt für 1 Person mit den Anfangsbuchstaben A L heute, M Z morgen, für 2 Personen A H am Donnerstag, F R am Freitag, S Z am Sonnabend, für 3 Personen mit den An- fangsbuchstaben A H uächsten Montag, I M Dienstag, den 25., N Z Mittwoch, den 26., für 4 Personen mit den Anfangsbuchstaben A L Donnerstag, den 27. M Z Freitag, den 28., für 5 Personen Sonnabend, den 29., für 6 und mehr Personen Montag, den 1. Ok- tober. Der Verkaufspreis beträgt. für ein Päckchen Puddingpulver oder 50 Gramm lose Ware 14 Pf.

Lichtenberg . Lebensmittel. In der laufenden Woche werden auf die 10 Abschnitte der Kartoffelkarte 7 Pfund Kartoffeln ver- ausgabt. Ferner an die Einwohner, die in Lichlenberger Geschäften in die Butterkundenliste eingetragen sind, 125 Gramm Käse für 0,65 M. auf Speisesetlkarte ohne die Abtrennung eines Abschnittes. Auf Abschnitt 103 125 Gramm Haferfabrikate zum Preise von 0,11 M.. gegen Vorzeigung der Lebensmittelkarten, soweit noch nicht abgeholt, für jede Haushaltung 1 Kastenkuchen, 1,35 M. Gegen Vorlegung der Lebensmittelkarten wird Südfruchtmarmelade bis zu 2 Pfd., a 0,90 M., verteilt. In den städtischen Fischhallen werden abgegeben: Auf Abschnitt 104 A Sardinen in Brühe Dose 1,15 M. Frische Fluß- und Seefische bis zu Vo Pfund. Abschnitt 107 K Rollmops bis zu Vr Pfund. Abschnitt 108 P Bornholmer Heringe bis zu V* Pfund. Ohne Marken: Heringe in Gelee, Dose 1,75 M

eingemachte Gurken, Stück 0,150,20 M. Der Verkauf der Gurken wird voraussichtlich nicht allein in den städtischen Fischhallen, sondern in allen Räucherwarengeschäften erfolgen können.

Hroß-Serllner parteknachrichten.

Tempelhof . Morgen, abends 8>/z Uhr, im Lokal von Pfeiffer. Dorfftraße, Ecke Berliner Straße : Mitgliederversammlung. Genosse LandtagSabg. Konrad H a e n i s ch spricht über:.Das neue Deutschland .' Außer den Parteigenossen sind auch die .Vorwärts'-Leser eingeladen.

FriedrichShage«. Heute abend 8 Uhr findet bei Lerche, Friedrich- straße 112, eine Versammlung statt, die sich mit der GaS- und Kohlenversorgung beschäfttgt. Ref.: Stadtv. Adolf Ritter.

Gerichtszeitung.

Die Weißenscer Bank vor Gericht. Werdegang und Zusammenbruch der Weiße nseer Bank sollen in einem umfangreichen Strafprozeß verhandelt werden, der. gestern vor der zu diesem Zweck gebildeten Strafkammer des Land­ gerichts III unter Vorsitz des Landgerichtsdirekwrs Dr. W e x seinen Anfang nahm. Die Anklage richtet sich gegen folgende 9 Personen, die sämtlich ans Weitzensee sind: 1. Kaufmann Walter Kiesel, der aus der Haft vorgeführt wurde; 2. Bücherrevisor Walter F ri ck; 3. Kaufmann Hermann Henkel; 4. Bauunternehmer Eduard Ulrich: 5. Rechtsanwalt und Notar Josef Appelrath; 6. Kauf- mann Max S t e i n k e; 7. Tischlermeister Karl B a sch i n; 8. Ge- meindeobersekretär Max Mchlhose und 9. Telegraphensekvetär a. D. Karl Mewes. Die Anklage wird durch die Staatsanwälte G o l l n i ck und Horn vertreten, acht Rechtsanwälte haben die Perteidigung der Angeklagten übernommen. Als Sachverständige sind geladen der Anwalt des allgemeinen deutschen Genossenschafts- Verbandes Prof. Dr. C r ü g e r, der Verbandsrevisor Sörrensen, Bankdirektor P l o n z, Bücherrevisor Schade und Gutsbesitzer Fuhrmann aus Eberswalde . Durch den Eröffnungsbeschluß werden die ersten sieben Angeklagten beschuldigt, als Mitglieder des Vorstandes oder des Auffichtsrats absichtlich zum Nachteil der Weißenseer Bank, Eingetr. Genossenschaft gehandelt zu haben, indem sie statutenwidrig Kredit gewährten, teilweise auch mit Mitteln der Bank spekulierten. Ferner sollen sie in ihren Darstellungen und Uebersichten über den Vermögensstand der Genossenschaft und in den in der Generalversammlung gehaltenen Vorträgen über den Stand der Verhältnisse der Genossenschast wissentlich unwahre Dar- stellungen gemacht haben. Letzteres wird auch dem Angeklagten Mewes in seiner Eigenschaft als Mitglied des Aufsichtsrats borge- warfen. Ein Teil der Angeklagten wird ferner beschuldigt, als Vor- standsmitglieder der Genossenschaft den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens unterlassen zu haben. Den Angeklagten Kiesel, Henkel und Appelrath wird außerdem in einem Falle Be­trug, den Angeklagten Kiesel und Henkel Untreue und schließ- lich noch dem Angeklagten Kiesel Perfälschung eines Depositen- buches und Betrug vorgeworfen. Die Sachverstandigen Prof. Dr. Erüger und Vetbandsrevisor Sörrensen find nicht erschienen; ersterer hat rechtliche Gründe gegen seine Vernehmung als©ach- verständiger geltend gemacht, letzterer befindet sich auf einer unauf- schiebbaren Revisionsreise. Der Gerichtshof beschloß, die Ablehnung des Prof. Dr. Crüger als begründet anzusehen und als Sachver- ständigen den Berbandsdirektor W e i l zu laden. Die Zahl der geladenen Zeugen beträgt 63. Da eS sich um außerordentlich ver- wickelte Geschäfte handelt, die im einzelnen durchzusprechen find, wird mit einer Verhandln ngsdau er von etwa zwei Monaten gerechnet., Vor Eintritt in die materielle VethandluTtg beantragte Rechts­anwalt Dr. Alexander, den Angeklagten Kiesel auf seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen. Das Gericht hielt eine Unter- suchung nicht für erforderlich, da sich aus der Verhandlung selbst ergeben wird, ob der Angeklagte Perhandlungsfähig ist. Dagegen entsprach das Gericht einem weiteren Antrage des Verteidigers durch Aufhebung des Haftbefehls. Die Weißenseer Bank, die vor 17 Jahren alS Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung begründet worden war, wurde im Jahre 1912 in eine Genossenschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt. Die Leiter haben sich nach und nach in die gewccgtesten Geschäfte und Spekulationen eingelassen und die Bank damit langsam dem Ruin entgegengeführt. Am 10. November 1913 mußte die Bank ihre Kasse schließen und am 12. Januar 1914 ist das Konkursverfahren eröffnet worden, wobei sich eine riesige Schuldenlast ergab. Bei dem Zusammenbruch haben zahlreiche kleine Leute ihr Vermögen ein- gebüßt. Der Angeklagte Kiesel war 1905 in die Weißenseer Bank als Vorstandsmitglied eingetreten. Außer ihm bestand der Vorstand noch aus den Angeklagten Ulrich und Frick. Letzterer schied 1911 aus und für ihn trat Henkel ein. Kiesel und Ulrich stbieden im Juli 1913 aus, an ihre Stelle wurden die Angeklagten Mewes und Mehlhose gewählt. Aus den vorläufigen Befragungen der An-. geklagten zu ihrer Person und ihrem Lebenslauf ergibt sich u. a daß der Angeklagte Ulrich, der früher Maurer , dann Bauunter- nehmer und Auffichtsratsmitglied der Bank war, behauptet, 100 000 Mark an der Bank verloren zu haben. Rechtsanwalt A p pel- ra t h war VA Jahr« Aufsichtsratsmitglied und dann Vorsitzender des Aufsichtsrats, bis 1913 der Ruin kam. Er hat sich moralisch für

verpflichtet gehalten, zu retten, was noch zu retten, und auch mit Sanierungsversuchen sich beschäftigt. Er hat schließlich sein Amt

niedergelegt. Der Angeklagte S t e i n k e hat nur Dorfschulcnbildung mußte sich in der Jugend schon frühzeitig selbst nähren, teilweise als einfacher Landarbeiter, ist. dann in verschiedenen Stellungen in den kaufmännischen Beruf hineingekommen und hat sich in Weißensee selbständig gemacht. Er wurde im Jahre 1906 Genosse, und 1907 in den Auffichtsrat gewählt, welchen Posten er bis Juli 1913 bekleidete. Auch er will erhebliche Gelder an der Bank verloren haben. Der Tischlermeister B a s ch i n wurde, nachdem er längere Zeit Genosse war, 1908 Vorsitzender des Aufsichtsrats. Ihm ist über die ungebener großen Kredite, welche diese Handwerkerbank gewährte, angst und bange geworden. Er ist deshalb zum Prof. Dr. Crüger gelaufen und hat ihm die Sachlage mit der Bitte vorgc- tragen, sein sachverständiges Urteil gbzugeben. Dieses ging dahin. daß der Verband nicht lebensfähig sei. Ueber diese Ratsholung beim Prof. Dr. Crüger ist es in einer Generalversammlung zu außer- ordentlich stürmischen Szenen gekommen, die den Angeklagten Baschin veranlaßten, aus dem Aufsichtsrat auszuscheiden. Der An- geklagte M e h l h o s e ist seinerzeit aus seinem Gemeindeamt beur- laubt worden, ist aber nach Eintritt der Katastrophe wieder in den Gemeindedienst zurückgekehrt. Ueber die vorläufigen Persönlichen Vernehmungen der Ange­klagten kam die gestrige Verhandlung nickt hinaus. Der Gericht?- Hof beschloß noch, an Stelle des Direktors Weil einen anderen Herrn aus der Dresdener Bank als Sachverständigen zu laden.

Sriefkasten üer Reüaktion.

Punkt Sieben. Ein Recht aus Beförderung haben Sie nicht. Damit erledigen sich auch die übrigen Fragen. K. 196. Sie sind zur Zahlung der sogenannten SechSwochenkoitcn vervsiichtet. A. 24. 1. An Ihrem festen Wohnsitz. 2. Je zur Hälfte an beiden Orlen. 3. Um 3 Sinsen. 4. Bei der Veranlogungsstelle. 5. Nein. G. G. 26. Wenden Sie sich mit einem dringenden Gesuch nochmals au da» Unterstützungsbureau.

Oencransilrbten fflr da? mittlere Slorddentlebland bt« Mittwoch mittag. Mäßig warm und zeitweise heiter, jedoch vorwiegend wolkig, im Norden an vielen Orten leichte Regcnsälle, strichweise Ge- witter.