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Hr. 264 1917

Unterhaltungsblatt des vorwärts

Mittwoch, 26. September

Nach vier Monaten. Eine wahre Begebenheit, erzählt von O t t o P a s s a r g e(im Felde). (Schlich) Die Dunkelheit hatte unsere drei aber doch noch auf ihrem Slreifzuge überrascht und der Mond blinzelte schon durch den dunklen Wald, als sie in dem Dorfe ankamen. Sofort suchten sie die Nommandantur auf. Von ihrem Rittmeister hatten sie aber auch ein Schriftstück mitbekommen, datz sie überall, wo sie sich meldeten. aufgenommen werden mutzten, und wenn sie etwas benötigten, ihnen in jeder Weise Beistand geleistet werden müsse. Sie satzen ab, klopften an und ein aller Feldwebel Uetz sie ein. Liedke liebte es nicht, von seiner Arbeit viel Redens zu machen, und bald satzen sie der alte Feldwebel in der Mitte um einen Tisch herum und schmiedeten Pläne. Drautzen in der Küche wurde schnell etwas Schmackhaftes zusammengekocht und der Magen kam nach langen Hungerqualen zu seinem Recht, denn ihr Etzvorrat war längst alle. Vor allem wollten fie nun erst einmal ausschlafen. Wenn sie auch inzwischen dann und wann ein Nickerchen gemacht hatten, so war es doch keine richtige Ruhe. Kaum hatten sie sich hingelegt, so waren sie auch schon im tiefsten Schlaf versunken. Am anderen Morgen ging die Reise weiter. Der alte Feld- webel begleitete sie bis zur Türe, wünschte noch guten Erfolg und legte ihnen noch ans Herz, wenn sie etwas brauchten, sollte ihnen alles, was man hätte, zur Verfügung stehen. Sie standen noch eine Weile so zusammen, als quer über den Weg ein junge? Weib direkt auf sie zugelaufen kam. »Donnerwetter/ dachte Liedke,.wenn man da noch ein junger Bursche wäre, könnte man wahrhastig bald auf andere Gedanken kommen. Solche Schönheit war ihm auch nur selten zu Gesicht gekommen. Kohlenschwarzes Haar, ein paar stechende Augen und dazu eine Hallung. wie sie der beste Maler nicht besser auf die Leinwand bringen konnte. Seine Amtseigenschaft wäre bald mit ihm durchgegangen. Da muhte ihm der Feldwebel Näheres sagen. Ja, meinte der Alte, das ist unsere Hauswirtin. Drüben im Walde hat sie noch eine Villa stehen und da ihr Monsieur mit in den Krieg gegangen ist. so pilgert sie von Zeit zu Zeit herüber und hinüber, um nach dem Rechten zu sehen; denn die Leute haben doch immer Angst, dah fie eines schönen Tages ihr Hab' und Gut nicht mehr wiederfinden werden. Trotzdem sie einen Richtweg einschlägt, mutz sie doch einige Stunden daran wenden, aber im Laufen ist sie einfach unermüdlich. Na, und warum sollte man ihr da? Vergnügen nicht gönnen, denn sie ist immer freundlich zu uns, und' untere Soldaten verdanken ihr schon manch' gutes Gericht. In Liedke wurde eS lebhaft. Wo liegt denn so ungefähr die Villa? fragte er. Der alte Feldwebel zeigte mit dem Arm nach Norden. Unsere drei Sucher sahen sich flüchtig an und einigten sich in dem Gedanken, datz es das HauS sein müsse, in welchem sie ihren Durst gestillt hatten. Da« Zusammentreffen war doch wirNich merkwürdig.»Wann ist sie denn zuletzt näch dort rüber gegangen/ forschte Liedke nach. Der alte Feldwebel entgegnete, es möchte so gegen Mittag gewesen sein. Sonst ist sie auch immer schon früher zurück, aber diesmal hätte sie noch allerlei gearbeitet. Liedke gab ihm den Rat, sie doch e>waS im Auge zu behalten, denn da schien etwas nicht zu stimmen. Die drei verabschiedeten sich und zogen wieder in den Wald und Liedke machte noch seine Notizen. Zwei Stunden waren sie wohl schon wieder unterwegs, da war es ihnen, alS ob sie ein Brummen vernahmen. Ein Auto- mobil konnte es eigentlich kaum sein, denn hier waren durchweg ja nur Futzwege. Das Brummen kam immer näher. Er lieh die Pferde halten. Da er traute seinen Augen nicht war daS nicht da oben unter den Wolken ein feindliches Flugzeug? Er legte seinen Feldstecher an. jetzt sah er es genau.Blau-weitz-rot* als Abzeichen. Was sollte das heitzen? Der Apparat beschrieb einen Bogen, kehrte wieder um und sauste fast steil nach unten. Schnell ritt Liedke einen kleinen Erdhügel hinan und sah noch, wie es sich ganz fallen lietz. Er schätzte die Richtung ein und meinte behaupten zu können, datz der Apparat auf dem grotzen freien Gelände gelandet wäre, über das sie gester» geritten waren. Ohne sich lange zu besinnen, gaben die drei ihren Pferden die Spore » und sausten auf einem schmalen Pfade im Galopp durch den Wald, denn sie waren nun sicher, datz eS jetzt eine Lösung des Rätsels, dem sie nun schon tagelang nachjagten, geben müsse. Sie glaubten sich in ungefährer Nähe des grotzen Platze», als daS Brummen auch schon wieder los ging und sie sahen auch schon das Flugzeug wieder hochsteigen. Plötzlich griff Liedke in die Zügel, datz daS Pferd sich hoch aufbäumte und sich fast überschlug. Alle drei satzen ab»nd ohne ein Wort zu sagen der Atem stand ihnen fast still zeigte Liedke mit der Hand nach einem Punkt

und deutlich sahen sie in der Ferne eine grötzere Anzahl Menschen sich bewegen und nun meinte man auch etwas Rotes zu sehen. Das mutzten sicher französische Soldaten sein. Was nun? Zweifellos war- die Lage recht kritisch. Was waren sie gegen so eine» Knäuel Menschen? Einen Kampf zu wagen, war unmöglich. Auf Verbindung mit den anderen Patrouillen war nicht zu rechnen. Aber geschehen mutzte etwas. Liedke zog seine Karte, suchte das nächste Dorf und im schnellsten Tempo ging es wieder davon, denn eS hietz keine Zeit zu verlieren. Die wunderlichsten Dinge gingen ihnen jetzt durch den Kopf. Die unsicheren Geister, die sie zuerst angetroffen hatten, dann das schöne Hau« mit den merkwürdigen Einwohnern und der geheimniS» vollen Glocke, daS zufällige Zusammentreffen mit der hübschen Frau. den Flieger und nun daS Menschenknäuel mit dem verdächtigen Rot sollte da nicht ein Zusammenhang sein? Im Torfe angekommen, lietz Liedke sich von der Kommandantur telephonisch mit seinem Rittmeister verbinden und machte ihm Mel­dung von den Ereignissen und erhielt Befehl, auf näher« Anweisungen zu warten. Der Rittmeister gab die Meldung sofort weiter und auf der Intendantur herrschte nun reges Leben. Ein halbe Stunde später fuhr auch schon ein Automobil und am Abend war bereit? die schöne Villenbesitzerin festgenommen und in ein Kreuzverhör genommen. Liedke wurde unterdeffen fast von Ungeduld verzehrt. Er fürchtete, dah schlietzlich der Erfolg noch ausbleiben würde. Aber er brauchte nicht mehr lange zu warten. Da kam schon ein Offizier mit ungefähr achtzig Landstiirmern anmarschiert und nachdem Liedke alles erklärt hatte, ging es in den Wald hinein. Die Landstürmer schwärmten au«, stundenlanges Bordringen, nichts war zu sehen und zu hören. Ueber daS grotze freie Feld waren sie schon hinweg. AlleS still. Liedke, der sich in der Nähe dss OtfizierS aufhielt, behauptete, datz eS hier gewesen wäre, wo er die vielen Menschen gesehen und seine beiden Begleiter be- stätigten dies. Hier war die bucklige Buche, dort der kleine Busch und hier nein er wutzte es ganz genau hier war es gewesen. Da auf einmal fielen Schüsse und der eine Landstürmer warf sich ganz nach rechts rüber. Die Kugel war ihm dicht am Kopse vorbei gegangen. Und nun kamen mehrere. Der Offizier Uetz eine ganze Salve abfeuern. DaS Echo des WaldcS lietz es als die eines Regiments ertönen. Spannende Augenblicke. Von ferne hörte man ein dumpfes Läuten und Liedke erkannte es auch gleich wieder. Es war derselbe Ton wie damals in deni Garten vor dem schönen Hause, wo der Mann mit den vielen Sommersprossen die Glocke gezogen hatte. Drüben wurde eS lebendig. Hinter einem dicken Baum kamen zwei Männer dahergeschritten und man sah, dah der eine mit einem Tuche lebhafte Bewegungen machte. Die Landstürmer legten an, aber der Offizier befahl, nicht zu schietzen. Die Männer kamen immer näher»nd deutlich lietz sich schon die Uniform erkennen, datz der eine ein Offizier war. Die Landstürmer deckten sich so gut eS ging und Leutnant Müller so hietz ihr Führer ging den beiden ein Stück entgegen, denn fie hielten ein Blatt Papier in der Hand und gaben Zeichen, datz man nicht schietzen solle. Ein kurzer Grutz, Leutnant Müller nahm daS Schriftstück, das in deutscher Sprache abgefatzt war. und las, datz die Franzosen , wenn sie als Kriegsgefangene behandelt würden, sich ergeben wollten, andernfalls �eS jedoch auf einen Kampf ankommen lassen würden, denn sie wären in grotzer Zahl. Ohne grotze Bedenken lietz Leutnant Müller sich darauf ein und befahl, datz sie ihre Waffen ablegen mühten und geschlossen auf den grotzen freien Platz kommen sollten, widrigenfalls er andere Matz« nahmen treffen würde. Die Landstürmer zogen sich nun zurück, legten stch m unmittel- barer Nähe nieder und warteten nun was da kommen würde. Da hinten wurde es nun ungemein lebhaft. Schlietzlich kamen sie im Trupp an, und die Landstürmer waren nicht wenig erstaunt, als sie zweihundertfünfzig Franzosen zählten und noch einige Eng- länder, die sich dazu gesellt hatte». Allen voran gingen vier Offiziere. Dahinter kamen noch eine Anzahl prächtige Pferde. Wagen, Fahr- räder und was sonst noch alles. An der verlassenen Stätte aber brannte ein helles Feuer, da hatten die Franzosen ihre Gewehre zusammengeworfen und verbrannt. Leutnant Müller lieh sich die Kolonne nach preuhischem Muster rangieren und stolz zogen die Landstürmer mit ihrem Fang aus dem Wald hinaus. Später wurden die Offiziere vernommen und da stellten sich die wundersamsten Dinge heraus. Sie waren vor vier Monaten von ihrer Truppe abgekommen und es war ihnen nichts anderes übrig geblieben, als sich in dem für Deckung sorgenden Wald zu verschanzen. Lebensmittel hatten sie noch reichlich mit stch geführt, aber die reichten ja bei weitem nicht aus. So hatten sie mit den, wenn auch weit abliegenden

Dörfern Verbindung aufgenommen und sich auf solche Weise durch- geschlagen. In dem schönen Hause hatten die Offiziere quartiert und der Führer dieser Kolonne war der Besitzer und die hübsche Frau seine Gemahlin. Die grotze Glocke hatte die Zeichen zur Bereitschaft gegeben und Flieger hatten die Verbindung mit der Heimat ausrecht erhalten, die ihnen immer noch die Hoffnung brachten, bald durch einen Gegenstotz befreit zu werden. Deutsche Soldaten hatten einen Strich durch diese Rechnung gemacht.____(z) Der MasientoS üer Lliegen. Sobald der Herbst naht, beginnt unter den Fliegen, den argen Quälgeistern, die uns so manche schöne Stund« im Sommer ver- leidet haben, ein Massensterben. Es ist längst durch die Wissen- schaft festgestellt worden, datz der Massentod der Fliegen durch schmarotzende Pilze herbeigeführt wird, jene unendlich winzigen Organismen, die durch ihr plötzliches und überaus zahlreiches Aus- treten gewaltig unter den Fliegen aufräumen. Weniger bekannt aber dürfte es sein, datz kein Geringerer als Goethe zuerst die Beobachtung gemacht hat, wonach die Fliegen in, Herbst erstarren, nach dem Absterben aber vier bis fünf Tage hindurch aus dem aufgeschwollenen Hinterleibe iveitzen Staub um stch sprühen, der einen halben Zoll weil nach jeder Seite auSgestotzen wird. Diese Beobachtung Goethes über das Verstäuben der Fliegen hat der Breslauer Botaniker Cohn zu- erst im Jahre 1853 wissenschaftlich ins Klare gestellt und auf die Entwicklung eines parasitischen PilzeS im Innern des Fliegenleibes zurückgeführt, dem er den Namen Empusa Nusleis gegeben hat. Die Fäden deS Pilzes verzehren die Eingeweide des Tierchens, so datz der Leib ganz und gar von ihnen ausgestopft wird; alsdann bohren sie sich durch die weiche Haut der Hinterleibsringe nach autzen und schleudern ihre glockenförmigen Sporen weit umher, so datz die durch den Pilz getötet« Fliege von einem weiten Slaubhof von Sporen rings umgeben ist. Auf den Forschungen Cohns futzend, hat dann Brefeld 1883 beobachtet, datz, wenn die abgeschleuderten Sporen auf lebende Fliegen fallen, ihre Keimschläuche durch die Haut in das Innere des Leibe? eindringen. Auch auf anderen Gebieten der Jnsektenwelt ist eiir derartiges Maffensterben, dem dieselben Ursachen zugrunde liegen, festgestellt worden. So bricht, wenn gewisse Insekten sich übermätzig verniehren, wie dieS besonders bei der gefrätzigen, wälderzerstörenden Raupe der Nonne und anderen Forstschädlingen der Fall ist, unter ihnen früher oder später eine Epidemie aus, die der verderblichen Uebervölkerung ein Ziel setzt. Auch hier bilden die staubfreien Sporen des Jnsektenpilzes Enipnsa sowie eines ihm verwandten Pilzes Jsaria, die von autzen auf die Haut der Raupen anfliegen, die Ursache. Das Tier.erstarrt" gleichsam im Pilz , wird trocken und hart, gleich einer Mumie. Dann erst wendet sich der Pilz , nachdem aller Nahrungsstoff seine? Opfers er- schöpft ist, zur Fortpflanzung; seine Fäden durchbohren von neuem die Haut der getöteten Raiipe und wenden sich nach autzen, um in Luft und Licht Sporen zu erzeugen, die vom Winde ausgestreut neue Opfer suchen. Man hat beobachtet, datz die insektentölenden Empnsen ihre Sporen mit elastischem Stahe auf weite Entfernungen umherschleudern... Notizen. Eine neue Hoch Wassertalsperre. Die Zahl der grotzen oberschlesischen Talsperren ist nach.Wasser und Gas" un, eine vermehrt worden, die das Weistritztal mit der Stadt Schweidniiz schützen soll und an einer der allerschönsten Stellen Schlesiens er- baut wurde. ES ist die Weistritztalsperre bei Breitenhain inr söge- nannten Schlesiertal, in dessen waldige Gründe die Khnsburg, eine der prächtigsten schlesischen Burgruinen, hinabschaut. Diese neue, im Eulengebirge errichtete Talsperre hat eine Staumöglichkeit von 8 Millionen Kubikmeter. Die Sperrmauer ist 44 Meter hoch, ihre Mauerlänge in der Krone 230 Meter, am Futz 81 Meter und ihre Mauerstärke am Futz 29 Meter, an der Krone 3,ö9 Meter. Im Vergleich zu der gewaltigen Bobertalsperre ist die Weistritzsperre verhältnismätzig klein, aber ihr Grundbau war besonders schwierig herzustellen. Es ist die dritte grotze Hochwassertalsperre Schlesiens. Eine Petroleumleitung von Rumänien nach Oderberg . Um da? rumänische Petroleum schnell und wohlseil nach Deutschland befördern zu können, wird der Bau einer Petrolenm-Röhrenleitung von Ploesti bis Oderberg geplant. Der Motorwagen " gibt an, datz die Besörderungskosten jetzt den Preis von 19 Tonnen Petroleum von 999 M. auf 3999 M. erhöhen. Die Leitung würde eine Länge von etwa 1209 Kilometer erhalten und könnte in wenigen Monaten vollendet iverden. Die Kosten der An- läge werden auf etwa 15 Mill. Mark veranschlagt. Da die Be- förderung von 19 Tonnen Petroleum sich auf höchstens 59 M. stellen würde. Uetze sich jene Summe sehr bald amortisieren.

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/lnöers hjarmsteö.

Bon Jakob Knudsen . »Nein, doch das können wir selber' tun/ sagte Anders. Ach, was ist das?" sagte der Pfarrer plötzlich und horchte.Das ist gewiß Madam Balling. Denn sie ist doch tvach geworden." Einen Augenblick darauf kam die Haushälterin richtig durch die Tür vorn Gartenzimmer herein. Sie sagte verletzt Gnten- abend und setzte sich mit ihrem Strickzeug auf daS Sofa. Bon den andern sagte niemand etwas. Der Pfarrer ging unruhig im Zimmer unihcr. Anders nahm ein Hängeschloß mit Schlüssel, das vor ihm auf den Tisch lag, und trommelte ungeduldig damit gegen die Tischplatte. Madam Balling sah ein paarmal nach ihm hin, dann er- hob sie sich, streckte"die Hand nach dem Schlosse aus und sagte:Das ist draußen zum Gartenhaus; es ist durch Ver- geßlichkeit da auf den Tisch zu liegen gekommen." Anders zog seine Hand mit dem Schloß an sich. Hören Sie mal, Pastor Steffensen". sagte er.können Sie denn wirklich die Frauensperson nicht ihrer Wege gehen hcißeil Der Pfarrer wurde nervös, so daß sein Gesicht sich in Grimassen verzog:,,.--" war das einzige, was er sagen konnte. ES ist übrigens auch viel bcffcr, wenn ich es tue. Denn sonst rennt sie doch sofort in die Stadt und klatscht." Anders wandte sich an Madam Balling:Sinn sollen Sie hinauStransporttert werden und heute nacht unter Schloß und Riegel im Gartenhaus sitzen, dann richten Sie keinen Schaden an." Ich schreie, wenn Sie mich anrühren", rief Madam Balling.daß die ganze Stadt es hören soll!" Anders erhob sich, ging in den Flur hinaus und kam sofort wieder mit dem Hammer zurück:Können Sie hier den Hammer sehen, Madam Balling? Mit dem Hab ich so- eben den Adjunkt erschlagen. Mit dem werd ich nun auch zu Ihnen kommen, wenn Sie sich heut nacht draußen im.Garten- Hans auch nur mucksen. Kommen Sie jetzt!" Madam Balling, die sonst Brust und Leib ziemlich vor­

geschoben trug, sank Plötzlich zusamnien; es war, wie wenn sich mit einmal alles an ihr einwärts bog. Ist das wahr. Pastor Steffensen?" ächzte sie. Ach, Herrgott,' Herrgott I Ja, es ist wahr--/ Anders ergriff sie am Arm. Sie dürfen--- Sie dürfen mir nichts tun!" winselte sie. Nein, wenn Sie Ihren Mund halten wollen, soll Ihnen kein Leids angetan werden." Er öffnete die Tür und führte sie hinaus. Kurz danach kam er wieder hinein und legte den Schlüssel auf den Tisch. Da Hab ich mir doch das Vergnügen mitverschafft: diesem falschen Weibsbild die Flausen ausgetrieben zu haben." Anders wanderte einen Augenblick im Zimmer umher. Dann ging er hin. schlang die Arme um Gjatrid und sagte: Na, Pastor Steffensen! dann fangen Sie an:.und so frage ich dich. Anders Hjarmsted--' denn Sie machen sich doch keine Gedanken darüber, daß Sie genötigt wären, mich um Ihres Gewissens willen sofort anzuzeigen?" Nein nein, das kann ich nicht. Ich hoffe auch, als Ihr Pfarrer habe ich das Recht und die Pflicht, eS nicht zu tun.--- Ist eS auch Ihr bestimmter Vorsatz. Gjatrid daß Sie dem Anders jetzt angehören wollen,

nun traue oder nicht?"

ob ich Sie

Ja," sagte Gjatrid kurz und fest, jedoch ohne ihn an-

zusehen. Ja, dann---" seufzte er und machte ein Zeichen mit der Hand. Gjatrid erhob sich. Anders stellte sich neben sie und er- griff ihre Rechte. Der Pfarrer legte seine Hand auf ihre vereinten Hände und sprach die Trauungserklärung ohne alle Zusätze. Einen Augenblick stand er verlegen vor ihnen. Plötzlich brach er in Schluchzen aus, faßte Gjatrid mit seinen beiden Händen um den Kopf und sagte:Darf ich Sie in diesem Äugenblick küssen und an Cecile denken!"-- Dann ging er taumelnd zur Tür:Ach ja, Gutenacht! --- lebt wohl, ihr Beiden!" sagte er.-- Sobald er fort war, warfen sie sich einander in die Arme. Anders lachte laut vor jubelnder Freude. Pastor Steffensen saß die ganze Nacht über in sewer Schlafkammer an einem der Fenster zum Hof hinaus. Sein

ängstlicher Sinn litt sehr stark. War es recht, was er getan hatte? war es recht, daß er hier saß, ohne etwas zu unter nehmen? was würde nun morgen geschehn? was sollte aus all dem werden? In der Morgenstunde begannen seine Gedanken in den- selben Bahnen rundzulaufen, ohne das mindeste Neue mit sich zu führen: sie fingen auch an, unklar zu werden. In einem einzelnen Augenblick ertappte er stch dabei, sich von allen Gedanken völlig entfernt zu haben, das schien jedoch nicht der Fall zu sein in dem Augenblick, wo er plötzlich von starkem Lärm über­rascht wurde. Es waren Menschen auf dem Hof, jetzt stol- tertc es gegen die Gangtür. Er mußte doch geschlafen habe». Jetzt kam der Kirchspielvogt an das Schlafkammcr- fenster gelaufen, an dem er sich nicht befand, legte Hände und Gesicht gegen die Scheibe und rief. Der Pfarrer antivortete nicht; er wutzte nicht, was er sagen sollte. Der Kirchspiel- Vogt hatte ihn gewiß auch nicht gesehen. Der Pfarrer erhob sich mit einem plötzlichen Gedanken, lief hinaus in die Küche, die Brauerei, und durch eine Hintertür in den Garten. Er eilte nach dem Gartenhaus und schloß der Madam Balling auf. Es wunderte ihn selber, daß er sich darair erinnert hatte.-- Sie schwatzte eifrig»nd fragte ihn aus. Aber er hörte nicht zu. Er stand und horchte auf den Lärm vom Hof und jetzt drinnen vom Hause her, aus der Garten- stube. Plötzlich hörte er ein entsetzliches Brüllen oder Heulen, stürzte zur Gartentür hin, riß sie auf und trat ein. Auf dem Fußboden lag der Gefangenwärter niit zcr- schmettertem Kopfe, mit den Armen noch in die Luft tappend. Anders stand ohne Rock, sonst jedoch in voller Kleidung drüben an der Tür zur Stube des Pfarrers mit dem Hammer in der Hand. Er sah strahlend froh aus und wandte das Gesicht den entsetzten Menschen zu, die durch die Gangtür vom Hof hereingedrungcn waren. Hinter ihm stand Gjatrid. Ihr Haar fiel herab, und ihre Augen waren voller Tränen. Das ganze Gesicht war sehr bewegt; wie sie Cecilie glich! dachte der Pfarrer. Sie beugte sich von hinten zu Ander? hinauf und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er neigte sich zurück, faßte sie mit deni linken Arm um den HalS, lächelte und sagte etwas zu ihr; aber doc Pfarrer konnte nicht hören, was es war. Schluß folgt.)