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Nr. 282. gent mi sést annomid on ne me to

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.Sozialdemokrat Berlin  ".

Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

34. Jahrg.

A9Der Anzeigenpreis beträgt f. die stebengespaltene Rolonel. geile 60 Big Kleine Anzeigen". bas fettgedruckte Bort 20 Big( au laffig 2 fettgedruckte Worte), tedes weitere Wort 10 Bfg. Stellengesuche und Schlafstellenanzeigen das erite Sort 10 Big., jedes weitere Wort 5 Big. Worte über 16 Buchstaben zählen, für zwei Borte. Leuerungszuschlag 20% Familien Anzeigen 50 Pfs., politische u. gewerkschaftliche Bereins. Anzeigen 40 Pig die Zeile. Anzeigen für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmitt. im Hauptgeschäft, Berlin   2.68, Lindenstraße 8, abs gegeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.

Feruivrecher: Amt Morisplag, Nr. 151 90-151 97.

Sonntag, den 14. Oftober 1917.

Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Am: Morisplag, Nr. 151 90-151 97.

Landung auf Oefel und Dagoe.

Rücktrittsgefuch des Staatsfekretärs v. Capelle.

Der geopferte Untergebene.

3wei Tage lang haben die Sangler- Offiziösen die Presse mit Nachrichten bearbeitet, daß Herrn v. Capelles   Auf­treten im Reichstage nicht den Absichten des Reichskanzlers entsprochen habe, daß Herr v. Capelle in seinen Anklagen gegen die Unabhängigen weitergegangen sei, als verabredet mar, daß er sich von seinem Temperament habe hinreißen Lassen usw. Was sich nach diesen Bräludien jedermann an den fünf Fingern abzählen konnte, ist nunmehr eingetreten: Der Staatssekretär des Reichsmarineamts wird geopfert, um die Kanzlerschaft des Herrn Dr. Michaelis zu retten. Der Berliner Lokal- Anzeiger" bringt in seiner Sonnabend­Abendantsgabe folgende Meldung:

Der Staatssekretär des Reichsmarineamts von Capelle hat sein Abschiedsgesuch unter Darlegung der Gründe eingereicht. Die von anderer Seite gebrachte Behauptung, daß er in seinen Erklärungen im Reichstag über die mit dem Reichskanzler ge­troffene Vereinbarung hinausgegangen sei, ist unrichtig. Eine offizielle Bestätigung dieser Meldung liegt zur Stunde noch nicht vor, aber ihre Richtigkeit ist in höchstem Maße wahrscheinlich, da auch die oftmals offiziöse Kölnische Beitung" in ihrer Sonnabendnummer von einem wahrschein­lichen Rücktritt des Reichsmarinesekretärs und von einer ,, Capelle- Krisis" redet.

lichkeit.

Abendbericht.

Berlin  , 13. Oftober 1917, abends. Amtlich. In Flandern   wechselnd starke Feuertätigkeit, keine Jufanteriekämpfe.

An den übrigen Landfronten nichts von Bedeutung.

In gemeinsamer Unternehmung von Teilen des Heeres und der Flotte haben wir auf der Insel Desel( Rigaischer Meerbusen  ) Fuß gefaßt.

Die Landung auf Oesel und Dagoe.

Zum Parteitag.

Von Friedrich Stampfer  .

Aus dem Protokoll des legten Friedensparteitags der einigen deutschen   Sozialdemokratie( Jena   1913), das 591 Seiten start vor mir liegt, ersieht man, daß es damals zwei Fragen waren, die Herz und Hirn der Partei aufs stärkste bewegten: der Kampf gegen die Kriegshehe und der Kampf um die deutsche Demokratie, d. h vor allemi um das preußische Wahlrecht. Wir lesen in dem Bericht des Parteivorstandes von den gewaltigen Anstrengungen des internationalen Proletariats, die Ausbreitung des damaligen Balkankrieges zu einem Weltbrande zu verhindern, von dem Eifer, mit dem sich die französischen   Genossen an diesem Berke beteiligten, von den Berner internationalen Konferenzen und Petersburg  , 13. Oktober. Meldung der Petersburger der großen Friedenskundgebung im ehrwürdigen Dom zu Telegraphen- Agentur. Unter dem Schutz von Seestreitkräften, die Basel  . Die vollkommene Einmütigkeit des klassenbewußten unseren Verteidigungsanlagen weit überlegen waren, führten Proletariats Deutschlands   und Frankreichs   in der Bekämpfung die Deutschen   am 12. Oftober ein Landung in der Bucht von des Militarismus ivar übrigens schon vorher eindrucksvoll Tagelacht im Nerden der Juse! Defel und an den dokumentiert worden durch ein von den sozialdemokrati chen benachbarten Usern aus. Andere Kräfte landeten bei dem Dorfe Fraktionen der französischen   Deputiertenfammer und des Serree im Südwesten der Jusel Dagoe  . Unsere Küsten- Reichstags gemeinsam unterzeichneten Manifest gegen den batterien wurden durch das mächtige Feuer der feindlichen Groß- Rüstungswahnsinn. Das Manifest wurde in beiden Ländern fampfschiffe zum Schweigen gebracht. Die Unternehmung des Feindes in deutscher   und französischer Sprache gedruckt und wurde durch dichten Nebel und schlechte Sicht begünstigt. Die 1. März 1918 verbreitet.". Auf anderen Seiten dieses Protokolls erleben wir noch Garnison der Insel Desel hat den Kampf gegen die Landungstruppen aufgenommen. Alle möglichen Maßnahmen sind ergriffen, um die einmal den Kampf der Geister um den Massenstreit als Mittel des Wahlrechtskampfes. Frank, der ein Jahr später Landung zurückzuschlagen. nicht mehr unter den Lebenden weilte, spricht: Ich verstehe ganz gut, daß die Genossen vom Parteivorstand und von der

Die Inseln Defel und Dagoe liegen vor dem Eingang des Rigaischen Meerbusens  , den sie bis auf zwei schmale Einfahrten

ant

Wir sind der kanzler- offiziösen Darstellung der Vorgänge in der Dienstagsibung des Reichstages schon mehrfach ener­gisch entgegengetreten. Einmal, weil sie nach unserer festen Ueberzeugung, die sich auf persönliche Wahrnehmungen von Augen- und Ohrenzeugen stüßt, nicht den Tatsachen versperren. entspricht. Sodann, weil es uns als eine moralische und Generalkommission von einem starten Verantwortlichkeitsgefühl politische Unmöglich feit erscheint, daß in einer politi­beseelt sind und geneigt sind zu bremsen. Aber es müssen auch Kräfte da sein, die vorwärts treiben. Wenn alle schen Krise der Untergebene für den Vorgesetzten die Berant­wortung übernehmen soll. Die Bemerkung des Lokal- An- Reichstagsmehrheit wie seiner Zeit im Hauptausschuß, dann bremsen, dann kommt keine Bewegung heraus, die vorwärts zeiger", daß das Abschiedsgesuch Capelles   mit jenen Dienstag in der Sonnabend-, zuletzt in der Dienstagfißung ein Ende führt. Wir müssen darüber Klarheit schaffen, es bleibt dabei: vorgängen nicht zusammenhänge, fann ohne weiteres ad acta haben werden? in Preußen tommt entweder eine Wahlreform oder es kommt gelegt werden. An Herrn v. Capelles Person liegt uns nichts. Wir glauben es nicht, wir haben gewichtige Anzeichen ein Maffenstreit." Man hat uns in einer früheren Phase des Weltkriegs Wir kennen keine Handlung dieses Herrn, die ein besonderes für das Gegenteil. Ueber der sensationellen Wilhelms­Vertrauen der Sozialdemokratie zu ihm rechtfertigen würde. havener Angelegenheit ist viel zu wenig beachtet worden, daß geraten, diese alten Bücher zu verbrennen, und einzelne Aber wir wenden uns energisch gegen eine nicht den Verhält die Dienstagsigung unweigerlich mit einem Konflikt schienen zeitweilig sogar geneigt, diesen Rat zu befolgen. nissen entsprechende Verschiebung der Verantwort hätte schließen müssen, auch wenn man sich die ganze Rede des aber heute lesen viele gern in ihnen, die vordem unsere Sprache nicht verstanden hatten. Manche haben geglaubt, Herrn v. Capelle aus den Verhandlungen gestrichen denkt. Nach der Verfassung ist der Reichskanzler der Es war nicht Herr v. Capelle, es war der Reichs.vir müßten uns schämen, daß wir vor dem Strieg an einem Vorgesetzte der Staatssekretäre. Man mag dieses Ver- Fanzler, der den Ausnahmezustand gegen und andere wohlgemeinte Utopien predigten, und heute wissen Wolkentuckucksheim des Friedens bauten, Völkerversöhnung hältnis als fachlich unangebracht bekämpfen und die eine Partei proklamierte und damit glücklich wieder und andere wohlgemeinte Utopien predigten, und heute wissen Schaffung von Reichsministerien fordern, aber jedenfalls be- unsere politischen Verhältnisse auf das traurige Niveau hin- wir erst, wie stolz wir darauf sein können, vorausschauende ſteht es zurzeit. Niemand anders als die Reichsregierung hat abstieß, auf dem sie vor dem Kriege gestanden hatten. Wegbereiter jener Gedanken gewesen zu sein, die sich in diesem mit größter Bähigkeit jeden Versuch abgewehrt, das Verhält. Nachdem eben erst von der erdrückenden Mehrheit des Reichs. Völfersturm blutig Bahn brechen. Wir haben zeitweilig die nis zwischen Reichskanzler und Staatssekretären umzuge- tags auf das entschiedenste verurteilt worden war, daß die Meinung vernommen, die Demokratie fei jegt gleichgültig, stalten. Die Stellung eines Borgesetzten hat aber ihre zwei neugegründete Baterlandspartei den gehässigen Gegensatz von jetzt gebe es nur eines: Siegen! Heute sind Millionen, die Seiten. Sie bedeutet nicht nur, daß der Wille des Vorge- nationalen und nicht nationalen Barteien wieder in die vor vier Jahren bei einem Massenstreit im feindlichen Lager setzten dem des Untergebenen vorangehe, sondern auch, daß Politik hineinschleudern will, stellte sich der Reichskanzler hin gestanden hätten, davon überzeugt, daß die Demokratie ein unentbehrliches Mittel der nationalen Selbstbehauptung ist. der Vorgesetzte die Verantwortung für den Untergebe- und tat desgleichen. Unsere gesamte Neuorientierung hat außer Versprechun- Jm Sturm tanzen kleine Boote auf den Wellenkämmen, nen trägt. Dieser Verantwortung, scheint es, will sich jetzt Herr Dr. Michaelis entziehen, indem er in einer für ihn gen und Reformen minderen Grades bisher nur ein einziges während das große Schiff, stampfend und keuchend, feinen Kurs und von ihm verfahrenen politischen Situation den Staats- bedeutendes Resultat aufzuweisen: daß die Regierung seit durch die kochende See nimmt. Taue fnarren, Stetten Mirren, fekretär preisgibt. Selbst alldeutsche Blätter haben in Vor dem 4. August 1914 aufgehört hat, die Parteien unterschied- Regenböen waschen über Dec, es scheint verschwunden, aber ahnung des Rommenden Herrn Dr. Michaelis bestätigt, daß lich zu behandeln und ihr unangenehme Strömungen mit da ist es wieder, ächzend, kämpfend und es hält sturs. eine solche Handlungsweise für die Beurteilung feines Cha- dem großen Bannfluch zu belegen. Und dies Ergebnis hat Das Schiff der deutschen   Sozialdemokratie steuert 1917 den rafters nicht günstig wirfen würde. Herr Dr. Michaelis in schroffiter Weise wieder zunichte ge­macht, er hat sich offen als Mann des Ausnahmezustandes und der Ausnahmebehandlung bekannt. Das allein muß ge­nügen, um ihn als Leiter der deutschen   Regierung für alle Zeit unmöglich zu machen.

Sturs von 1913!

Aber für uns handelt es sich nicht um den Charakter des Herrn Dr. Michaelis. Für uns handelt es sich um die Frage, Meinungsverschiedenheiten hatten wir schon ob durch die Ausschiffung eines mit seinem Vorgesetzten fom­damals. Aber es war nicht mehr der alte Gegensatz zwischen promittierten Staatssekretärs nun endlich eine Klarheit der Radikalen" und" Revisionisten  ". Der Streit zwischen Radi­politischen Situation eintritt, ob ein unmöglich gewordener Als bibelfester Mann wird ja Herr Dr. Michaelis giveifel- talen und Revisionisten war ein Streit um die Lehre. Ob Leiter unserer politischen Geschicke dadurch möglicher wird. los die Geschchte vom Propheten Jonas fennen, der im die Entwicklung zur Revolution oder zur Evolution führe, Seit der Kanzlerschaft des Herrn Dr. Michaelis ist die Sturme übers Meer fuhr. Alles, was die Seeleute zur Er wollte man aus Gewerbestatistiken gelehrt ergründen. Auf Arise zwischen Regierung und Barlament chronisch geworden. leichterung ihres Schiffes über Bord warfen, nüßte nichts, die verschiedenen Theorien baute man dann eine verschiedene Wir lassen es zunächst dahingestellt, ob die ständig hervor- das Unwetter beruhigte sich erst, als der Schuldige, der Praris: Abwarten und Kräfte sammeln, bis die Zeit reif war, brechenden anflikte eine Folge der grundsätzlichen Prophet Jonas selber, sich entschloß, den Sprung zu tun. Wir oder die Hoffnung auf das große Ereignis fahren lassen und Politik des Reichskanzlers oder einer hervorragen fönnen Herrn Dr. Michaelis allerdings nicht versprechen, daß mit Kleinen Mitteln kleine Erfolge suchen. Das waren die den ungeschicklichkeit feines Auftretens find. In sein Abgang ohne weiteres ähnliche magische Wirkungen zei- alten Richtungen". Ziemlich klar hob sich schon vor und Beiten wie den jetzigen gilt eins so schwer wie das andere. tigen wird. Das wird davon abhängen, ob man sich bei der zwischen ihnen eine Bewegung ab, die dem" radikalen" Quietis­Ein Reichskanzler, der sich in ständigem Konflikt mit der Auswahl seines Nachfolgers vorher davon vergewiffert, ob mus, der Politit des ewigen Uebermorgens ebensowenig hul Mehrheit der Volksvertretung befindet, sollte schon zu nor- dieser das Vertrauen der Mehrheit des Parla digte, wie sie in einer illusionslosen politischen Tageskleinkrämerei malen Zeiten eine Unmöglichkeit sein, er wird es vollends mentes genießt. Das sollte jetzt jedermann in Deutschland   Geschmack fand. Die Partei bekam einen Schuß Aktivität, in einem Bande, das im Stampfe gegen die Ueber ma chi erkannt haben, daß es nur den schwersten Schaden für die Ge- wie sie ihn vordem nicht gekannt hatte, als sie sich noch im der gesamten Welt steht. Saben wir irgendeine famtheit bedeutet, wenn man aufs Ungewisse mit neuen wesentlichen auf die Propaganda und die politische Defensive Garantie dafür, daß nach dem Ausscheiden des Herrn Männern vor dem Parlamente experimentiert, anstatt fie ngegen Militärvorlagen, gegen Steuern, gegen Zoll­b. Capelle die Strife zwischen Kanzler und Parlament gemil- Uebereinstimmung mit dem Parlament in ihr Amt ein- tarife usw. beschränkte. Sie wollte nicht nur Abwehr üben, dert sein wird, daß solche unverhofften Provokationen der zusezen. bie praktisch meist fruchtlos blieb und im prinzipiellen

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