Nr. 283. 34. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Ferniprecher: Amt Moritblas, Nr. 151 90-151 97.
Montag, den 15. Oftober 1917.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Feruiprecher: Amt Morisplat, Nr. 151 90-151 97.
Die Eröffnung des Würzburger Parteitages.
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Keine Angriffe in Flandern. - Artilleriefeuer am Chemin- des- Dames. Die glückliche Landung auf der Insel Desel. Gebrochener russischer Widerstand. Amtlich. Großes Hauptquartier, 14. Oftober 1917.( 2. 2. B.)
Westlicher Kriegsschauplah.
Heeresgruppe Kronprins Rupprecht. Auf dem Kampffelde in Flandern find dem Trommelfeuer zwischen Lys und Deule am geftrigen Morgen Angriffe nicht gefolgt.
Tagsüber blieb die Feuertätigkeit an der Küste und vom Houthoulster Walde bis Gheluvelt lebhaft und war vornehm lich am Abend gesteigert.
Starke französische und englische Erkundungsabteilungen stießen an einigen Stellen gegen unsere Linien vor; fie wurden abgewiesen.-
Im Artois und nördlich von St. Quentin lebte das beiderseitige Feuer in Verbindung mit Aufklärungsgefechten vorübergehend auf.
Heeresgruppe Deutscher Kronprins
Im westlichen Teil des Chemin- des- Dames zeitweilig starker Artilleriekampf an der Straße Laon - Soiffons.
Gegen die von uns nördlich der Mühle von Vauclere genommenen Gräben führten die Franzosen gestern 5 starke Gegenangriffe, die sämtlich ergebnislos und verlustreich scheiterten.
Oeftlicher Kriegsschauplak.
Nach wohldurchdachter Borbereitung hat in borzüglichem Zusammenwirken von Armee und Marine ein gemeinsames Unternehmen gegen die dem Rigaischen Meerbusen vorgelagerte als Stügpunkt stark ausgebaute russische Insel Desel begonnen.
Rach umfangreichen Minenräumarbeiten in den Küften. gewässern wurden am 12. 10. morgens die Befestigungen auf
der Halbinsel Sworbe, bei Kielkond, an der Tagga- Bucht und
am Spels- Sund unter Heuer genommen; nach Niederkämpfung Diktatur oder parlamentarisches
der russischen Batterien wurden Truppen gelandet.
Hierbei wie bei dem Geleit der Transportflotte burch die russischen Minensperren haben die beteiligten Seeftreitkräfte den frischen Unternehmungsgeist und das Können der Flotte trefflich bewährt; ohne jeden Schiffsverluft ist dieser erste Teil der Operation voll gelungen.
Die in der Tagga- Bucht an der Nordostküste der Insel ausgeschifften Truppen haben in frischem Draufgehen Widerftand der Ruffen schnell gebrochen und find im weiteren Bora bringen nach Südoften.
Berel, an der Südspite der Halbinsel Sworbe, und Arensburg, die Hauptstadt der Insel Desel, brennen.
Zwischen Oftsee und Schwarzem Meer ist die Lage unver
ändert.
Mazedonische Front.
Bei heftigen Regengüffen nur bei Monaftir und im GernaBogen lebhafte Artillerietätigkeit.
Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.
Abendbericht.
Berlin , 14. Oftober 1917, abends. Amtlich. Im Besten wechselnd marker Feuerkampf in Flan dern und nordöstlich von Soissons .
Die Operationen auf der Insel Desel verlaufen plangemäß.
Der österreichische Bericht. 28ien, ben 14. Oktober 1917.( W. Z. B.) Amtlich wird verlautbart:
Im Bereiche unserer Streitkräfte nichts von Belang zu melden. Der Chef des General#tabe 8.
System?
Der Reichskanzler Dr. Michaelis steht allein auf weiter Flur. Rechts und links ist man sich darüber klar, daß es so wie jest nicht weitergeht. Nur die Konjequenzen, die man zieht, sind verschieden. Während die Sozialdemokratie und mit ihr ein großer Teil der bürgerlichen Linken verlangt, daß nun endlich in sicherm Einklang mit der Barlamentsmehrheit regiert werde, erhebt sich aus dem alldeutschen Lager der Verzweiflungsschrei nach der Diktatur.
Schon am Sonnabend fanden wir einen Teil der alldeutschen Presse in verdächtiger Uebereinstimmung damit be schäftigt, die Regierung gegen die Reichstagsmehrheit aufzuputschen. Die Deutsche Tageszeitung" schrieb:
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Die Beruhigung wird von selber tommen, wenn die Re= gierung faltblütig bleibt und innere Sicher heit und Festigkeit zeigt. Diese Sicherheit und Festigfeit freilich muß vorhanden sein, und nicht nur das, sie muß auch in einer Haltung der Regierung äußerlich zum Ausdruck kommen, die dem ganzen Lande zeigt, daß die Regierung wirklich die Führung in der Hand hat.
Aehnlich drückte die freikonservative" Post" auf die Regierung:
Die Demokratie gebt aufs ganze. Die ParIaments herrschaft so I jest fest begründet wer= den. Diese Gefahr wird von Kaiser und Reich immer ein Kanzler abwenden können, der die Fähigkeit und Kraft besitzt, das Stener fest und sicher zu führen, wo es gilt, auch gegen den Willen der Demokratic.
Das war immerhin noch diplomatisch behutsam ausgedrückt. Am Sonntag aber läßt ein alldeutsches in Berlin erscheinendes Organ, dasselbe, das seinerzeit von schwerindustriellen Kriegsgewinnler- Geldern aufgekauft wurde, jede Maske fallen und schreibt den lapidaren Satz:
Das Chaos, das Herr Michaelis infolge mangelnden Willens zur Führung verschuldet hat, kann nur durch diktatorische Gewalt entwirrt werden.
Und zur Unterstüßung dieser Forderung erscheint noch ein besonderer Artikel unter der Ueberschrift Diktatur", der diese mit dem faulen Gerede zu beschönigen sucht, daß Deutsch
Sozialdemokratie, Verständigungsfriede, nehmen laffen will. Serr v. Capelle soll jetzt in die Wüste land jetzt unter der Reichstagsdiftatur" stände, wobei der
Vaterlandspartei.
Es fehlt der Steuermann, der sich die Führung nicht aus der Hand geschiďt werden. Gin in seinem Fache tüchtiger Mann, dem Reichstagsmehrheit noch der geschmackvolle Vorwurf angehängt aber jedes politische Gefühl fehlt, wie er dadurch ge- wird, sie sei von den Dickwänsten" gewählt worden( die vier zeigt hat, daß er gegen Reichstagsabgeordnete einen Vorwurf er Millionen sozialdemokratischer Wähler gegenüber GroßagraAm heutigen Sonntag vormittag sprach Scheidemann im hob, der bereits von den Reichstagsparteien als hinfällig a briern und Schwerindustriellen als Dickwänste!). Parteitagslokale, dem Saale des Huttenschen Gartens, vor einer gelehnt war. Capelle wird gehen, aber wann geht Michaelis? Man mag zunächst über die ungeheure Dreiftigkeit des ungeheuer start besuchten, mindestens 2009 Köpfe starten VolksverDie Waterlandspartei spielt va banque. Ihre Politik alldeutschen Verlangens staunen, eine gewisse Konsequenz ist sammlung über„ Sozialdemokratie, Verständigungsfriede, Vater- würde zu einer Statastrophe führen. Die deutsche Sozial- ihm gleichwohl nicht abzusprechen. Der Zustand, daß eine ohne landspartei". Er begann mit einer Darstellung der Haltung der demokratie wird ihre Pflicht und Schuldigkeit bun, um dem deut- jeden Zusammenhang mit der Volksvertretung stehende Redeutschen Sozialdemokratie im Kriege, wies auf die im Frühjahr schen Volke ben gebührenden Einfluß zu verschaffen. Fort mit gierung alle vier Wochen drijenhochspannung und Gewitter1914 bereits weit gediehene deutsch - französische Annäherungsarbeit iedem Klaffenregiment, Beseitigung aller Vorrechte! Darum sollten entladungen herbeiführt, hat unter der Regie des Herrn Dr. hin und darauf, daß im Kriege alle Staaten sich die alte sozial- alle zu uns fommen, die für die Parole stimmen: Michaelis der ganzen Welt seine völlige unhaltbarkeit entdemokratische Forderung der Wehrhaftmachung des ganzen Voltes hüllt. Auswege gibt es rein äußerlich betrachtet nur zwei: noigedrungen zu eigen gemacht haben. Wir haben uns zur Landesentweder man schafft die Garantie eines harmonischen Zuverteidigung bekannt, aber was darüber hinausgeht, lehnen wir ab. jammenarbeitens von Parlament und Regierung- parlaDer Verständigungsgedanke, wegen dessen wir beschimpft mentarisches System, oder aber man schafft das und verleumdet wurden, ist zum Mehrheitsbeschluß des deutschen Barlament ab Diktatur. Reichstags erhoben worden,
der größte parlamentarische Erfolg,
den die deutsche Sozialdemokratie bisher errungen hat. An dieses Programm ist die Regierung gebunden und sie darf von ihm nicht abweichen.( Beifall.) Für mich war es eine große Grleichterung, als der„ Scheidemann- Hungerfriede" zu einem Erzberger- Schmachfrieden“ wurde.( Heiterkeit.) Die Presse, die solche
Brot und gleiches Recht für alle, Friede und Freiheit! ( Stürmischer, lang anhaltender Beifall.)
Unaufhaltsames Vordringen auf Gesel.
Berlin , 14. Oktober. Tros der fortgefekten gewaltigen eng lisch - französischen Angriffe an der Flandernfront, in der fait die gefamte englische Armee unter Aufbietung aller Kräfte um die Entscheidung ringt, hat die deutsche Führung von neuem Sandlungsfreiheit bewahrend im Often die Initiative ergriffen. fich völlige Im Berein mit der Marine wurden auf der als Stükpunkt stark ausgebauten russischen Insel Defel Truppen gelandet.
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De Borbereitung zu diesem Unternehmen war mustergültig.
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Parlament mehr gibt, so ist auch ein Zusammenstoß der ReGewiß, auch die Dittatur ist ein Ausiveg. Wenn es kein gierung mit ihm ausgeschlossen. Die Regierung, welche nach sprengte, fönnte sich auf das biblische Wort berufen: Wenn alldeutschem Ratschlag die Volksvertretung auseinanderdich dein rechtes Auge ärgert, so reiß es aus, und wenn deine rechte Hand dich ärgert, so hacke sie ab. Ob freilich ein Volf ohne Auge und Hand nun besser in der Lage wäre, sich gegen sechsfache Feindesübermacht zu verteidigen, bliebe eine bejondere Frage.
Heßereien bringt, vermehrt sich von Tag zu Tag, weil die Kriegs- In schwieriger Harter Arbeit gelang die Räumung des Minenfeldes, gewinnler Millionen über Millionen in die deutsche Preffe hinein- und sofort nachdem diese Arbeit beendet war, feste am 12. Oktober stecken, um sie nach ganz amerikanischem Muster zu benutzen. Wir unser Konzentriertes Feuer gegen die Befestigungen auf der Halbverzichten durch den Berständigungsfrieden auf nichts, was uns insel Sworbe, bei Kiel - Kond, an der Tagga- Bucht und am Sölesund dert, der muß sich über die Konsequenz im Klaren sein. In der Tat, wer heute die Aufrichtung der Diftatur forgehört, auf keine Quadratmeter deutschen Bodens( Beifall); wir ein. Die Wucht unseres Feuers kämpfte in kurzer Zeit die feind: Die Selbstbehauptung des deutschen Volkes gegen das Aufverzichten nur auf das, was uns nicht gehört und was den anderen lichen Batterien der Befestigungsanlagen nieder. Nach vollendeter ebenso heilig ist wie uns das Unserige.( Sehr wahr!) Ausbootung warfen sich unsere Landungstruppen im frischen Angebot der gesamten Welt ist legten Endes eine seelische Bethmann fannt, aber er hatte nicht den Mut, daraus die nötigen Kon- Widerstand und find in unaufhaltfamem Vordringen in füdöstlicher Tiefert Deutschland an den Feind aus. Die AllHollweg hatte die Zeichen der Zeit er- sturm den feindlichen Besagungstruppen entgegen, brach deren Leistung. Wer die Diktatur einführt, der zerbricht die psychologischen Voraussetzungen unseres Widerstandes, der fequenzen zu ziehen. Daß er die Wahlrechtsproflama- Richtung. tion durchgefeht hat, das wollen wir ihm banken.( Beifall.) Die
Umstände seine Abganges führten flat unfere veralteten politischen Holländische Kritik englischer Prahlerei.
Zustände vor Augen. Sein Nachfolger heißt Michaelis ( Heiterkeit). Er war eine Ueberraschung. Niemand war nach ihm gefragt worden vielleicht doch jemand, man weiß nur nicht wer.
Heute ist wohl aller Welt klar,
deutschen, die in der Einführung der Diktatur eine Voraussetzung für den Sieg Deutschlands sehen, beweisen nur, daß ihnen die Seele des eigenen Volkes genau so fremd ist, wie sie vordem die, Psychologie der fremden Völker gründlichst verkannt haben. Diese Herren, deren aus Menschenuntenntnis und Gewaltüberschäßung gemischte Politik dem deutschen Volk unverdientermaßen den Haß der ganzen zibilisierten Welt auf den Hals gezogen hat, lassen sich nicht
Algemeen Handelsblad" bemerkt zu einer Meldung des Neuterschen Berichterstatters an der britischen Front, der wieder einmal von Munitionsmangel und der immer schlechter werdenden Moral der deutschen Truppen spricht, wenn der Reutersche BerichtHerr Michaelis ist eine Unmöglichkeit. erstatter so etwas sage, sei das immer ein Zeichen dafür, daß es Gewiß ein achtbarer Mann, aber auf einem falschen Posten. Wo den Engländern nicht nach Wunsch gehe. Aus den ge- belehren. Sie träumen im Ernst von einem starken Mann", es fich jedoch um das Schicksal eines Siebzig Mil- ringen Ergebniffen des gewaltigen Kampfes bei ypern sei anzu- der gleichzeitig nach außen gegen sechs Großmächte lionen Volkes handelt, darf niemand auf einen falschen nehmen, daß die Widerstandstraft der deutschen Armeen nicht ab- nebst Gefolgschaft Krieg führen und nach innen gegen Bosten gestellt werden. Sieht er ein, daß es der Fall ist, so muß genommen habe. Die neue deutsche Verteidigungsmethode sebe die große Masse des deutschen Volkes re er selber gehen, wenn nicht, bann muß es ihm gesagt werden. im Gegenteil eine sehr hohe Moral der Truppen voraus, Igieren soll.
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