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(»et, den Lohnwucher und die ganze Kapitalmißwitthschaft im Gefolge hat, wovon die homöopathischen Aerzte, das Personal und die Konsumenten ein Lied zu singen wissen. Daß die Apotheken zu Grunde gehen werden, daß die Kon- zessiouen wenig eintrSglich sind, daß infolge der Realkonzession die Apotheken außerordentlich hoch entwickelt dastehen, eine Re« gierungskontrolle daher eigentlich überflüssig wäre und daß das Publikum ganz besonders zufrieden sei, glaubt wohl dieApotheker- Zeitung" selbst nicht, und wir können daher den Gesetzentwurf Uimpnlhisch betrachten, wenn er zwar die von uns gewünschte Lösung nicht bringt, aber doch ein Unrecht mindert. Ein Un- recht war unzweifelhaft die unverhältnißmäßig hohe Bevor- zugung eines Einzelnen auf Kosten der Arbeiter und der Kon- fninenten. Neber die Petition der famosen 42 durfte bekanntlich bei ihrem Bekanntwerden nicht und darf auch heute noch nicht gesprochen werden. Genosse Gradnauer, der ebenfalls in einer Versammlung durch den Polizeibeamten verhindert wurde, über die Petition zu sprechen, hatte dagegen den Beschwerdeweg beschritten. Er war mit seiner Beschwerde von der Kreishauptmannschaft abgewiesen worden und ist jetzt auch, wie ja zu erwarten war, vom Ministerium ab- gewiesen worden. Die Begründung der Maßregel und ihrer Billigung durch das Ministerium ist aberdings sehr einfach. Polizei- Direktion und Kreishauptmannschaft erklärten, es hätte die Befürchtung vorgelegen, daß Verhandlungen über das frag- liche Thema leicht zu einer Störung der öffent- liehen Ruhe und Ordnung führen könnten. Da das natürlich eine bloße Annahme ist, die man ganz nach Belieben bei jeder Gelegenheit machen kann, so verlangte Genosse Gradnauer die Angabe von Gründen, auf die die Be- Hörden ihre Befürchtungen stützen und gründete darauf seine Nichtigkeitsbeschwerde. Das Ministerium aber erklärte, die crforderliche und geforderte Begründung der polizeilichen Maßregel sei gegeben in der Erklärung, daß eine Störung der öffentlichen Ruhe befürchtet worden sei. Die Polizei sei berechtigt, die Erörterung eines solchen Themas zu ver- bindern, wenn sie eine Störung der öffentlichen Ruhe be- fürchtet, und wenn sie sagt, sie befürchtet, so hat sie ihre Maßregel auch begründet, daher ist die Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen. Das heißt also einfach, die Polizei hat ihre Maßregeln ausreichend begründet, wenn sie erklärt, sie habe recht. Etwas einfacheres kann es allerdings nicht geben. Das schweizer   Asylrecht wird bald nur noch als Märchen erscheinen. Ein Wolff'sches Telegramm meldet wieder eine politische Ausweisung aus der Schweiz  . Das Telegramm lautet: Der Bundesrath hat den Schuhmacher Franz Kühnel aus Settenz bei Teplitz  (Böhmen  ), der sich in Zürich   als Vorstands- Mitglied des Vereins der unabhängigen Sozialisten in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise bemerkbar gemacht hatte, ausgewiesen. Wahsniederkage der Londoner Progressisten. Unser englischer Korrespondent schreibt: Vorigen Sonnabend hat in dem Vorort Rotherhithe, südlich der Themse  , eine Nachwahl zum Grafschastsrath stattgefunden. Es kandidirte ein von den Progressisten akzeptirter Arbeiter, der Docker-Organisator Frank Foster, und ein sichGemäßigter" nennender Konservativer. Letzterer wurde gewählt und damit den Progressisten, trotz Zusammengehens mit den Sozialisten, ein Sitz entrissen. Zwar sind die Stimmen, die Foster erhielt, gegen die des bisherigen progressistischen Vertreters etwas gestiegen, aber dieGemäßigten" trieben ihrerseits von Geschäftsleuten re., die sich über die arbeiterfreundliche Politik des Grasschaftsraths erbosten, so viel neue Stimmen auf, daß sie mit über soo Stimme» Sieger blieben. Und dies in einem Distrikt, der einer der ärmsten Londons   ist. Das ist auch ein ziemlich schlechtes Anzeichen für die nächsten Wahlen, wenn--- das Stimmrecht nicht bedeutend erweitert wird. TaS Kabinet Crispi wird sich erst morgen der Kammer vorstellen. Crispi als Tozialpolitiker oder der Wolf als Friedens- stiftcr, so könnte man die Fabel bezeichnen, wenn es leider nicht traurige Wahrheit wäre, daß die italienische Regie- rung den Bclagerungsznstandgeneral Morra als außer- ordentlichen Kommissär in die Schwefelgruben-Bezirke ent- sendet hat, damit er die Ursachen desNothstandes der sizilianischen Schwefelgruben-Arbeiter kennen lernen und ermitteln sollte, wie der Roth abzuhelfen sei. DieVossische �Zeitung" berichtet hierüber:Der General bereist gegenwärtig die Provinz Caltanisetta. Tort sind etwa 3000 Arbeiter aus- ständig und nun beginnen sich auch in der Provinz Girgenti  die Arbeitseinstellungen auszudehnen. Ein großer Theil der Besitzer und Pächter von Schweselgruben erklärt, daß sie in Folge des großen Preisfalles des Schwefels in ihren Gruben mehrere Monate lang nicht arbeiten lassen werden, die Arbeiter aber wollen zn dem jetzigen niedrigen Lohn überhaupt nicht arbeiten. Die Roth nimmt in den Schwefel- gruben-Gegenden in bedenklicher Weise zu." Die Agenzia Stefani, eine von der italienischen Rc- gierung ganz abhängige Depeschenagentur will natürlich die Vorgänge in Sizilien   als ganz harmlos erscheinen lassen. Sie meldet: Die in den Blättern verbreiteten beunruhigenden Nach- richten über die Verhältnisse in Sizilien   entbehren der Bs- gründung. Die Ausstünde in den Schwefeldistrikten, welche niemals den Charakter eines Generalstreiks hatten, hängen mit dem Sinken des Schwefelpreises zusammen und sind im Abnehmen begriffen. In Racalumto nahmen die Streikenden die Arbeit wieder auf; i» Grotte bewilligten die Grubenbesitzer die Forderung der Ausständigen; in Palma di Montechinro sperrten die Grubenpächter die Gruben wegen der zu hohen Pachtzinse angesichts des Sinkens der Schwefelpreise. Die Grnbeneigenthümer seien geneigt, in dieser Beziehung Kon- Zessionen zu machen. Von den anderen Gruben ist nichts Neues zu berichten. Ueberall herrscht vollständige Ruhe. Ein Privattelegramm desBerliner Tageblatts" steht dieser von Crispi bezahlten Tarstellung schnurstracks ent- gegen; es weiß von einer großen revolutionären Demon- stration in Ragusa  , einer Stadt der sizilianischen Provinz Syrakus  , zu melden. Das Blatt schreibt weiter:DaS Militär mußte ein- schreiten und die drohende Menge zerstreuen, wobei eine Anzahl Verhaftungen vorgenommen wurde. Die sozialistische Propaganda mache trotz des verhängten Belagerungszustandes ans der Insel Fortschritte". Die Ruffenfreundlichkeit der neuen bulgarischen Negicrnng zeigt sich in der den früher ausgewiesenen russischen Zeitungsberichterstattern gestatteten Rückkehr nach Bulgarien.   Reaktionäre Presipolizek in Ohio  (Vereinigte Staaten  ). Auch in Amerika   wird nun die Freiheit der Presse eingeschränkt. Die gesetzgebenden Körperschaften von Ohio   haben, wie wir derFranks. Ztg." entnehmen, zu dem Gesetze gegen die Verbreitung oder den Besitz obsköner Schriften einen Zusatz gemacht, welcher den Zeitungen die Berichterstattung über sensationelle Kriminalfälle, Polizeifälle, Sittlichkeits- verbrechen rc. verbietet. Gelangt eine Zeitung, welche der- artige Neuigkeiten enthält, in die Hände von Minderjährigen, so wird der Herausgeber strafbar. Auf der Uebertretung des Gesetzes steht für jeden einzelnen Punkt eine Maximal- strafe von fünf Jahren Zuchthaus oder 200 bis zu 8000 M. Geldstrafe, oder beides. Eine geglückte Revolution in Ostasien  . Der König von Korea   mußte vor den seine Hauptstadt besetzenden Re- bellen nach Japan   flüchten. Afrikanische Verbrechen. Der Boden des dunkele» Erdtheils ist der Nährboden dunkeler Thaten. Engländer, Franzosen, Deutsche, Italiener  , Belgier   alleKultur- Völker" wetteisern dort mit einander, der Nachwelt den Beweis zu liefern, wie weit die zivilisirte Menschheit es in der Kultur der Rohheit, Habsucht und Niederträchtig- keit jeder Art gebracht hat. In Brüssel   spielt sich seit vorgestern vor den Schranken des Gerichts ein interessanter Prozeß ab, der unsereZivilisation" an der Arbeit in Afrika   zeigt. Ueber den Sachverhalt schreibt derHamburger Korrespondent": Am 22. Januar d. Js. brachte dieLibre Parole" des Herrn Drumont einen ArtikelI-s Congo beige aux Juifs, ein neues kleines Panama  ", der die heftigsten Angriffe und Anschuldigungen gegen die e belgischen Kongo-Handelsgesell- schaften, deren Verivaltungsräthe, gegen die Kongo-Eisenbahn und ihren Generaldirektor und Adjutanten des Königs Major Thys enthielt. U. a. wurde Nachstehendes behauptet: Major Thys bezieht ein Jahrgehalt von 43 200 Franks von den Gesellschaften, 25 000 Franks von der Kongobahn und macht sich insgesammt jährlich 100 000 Franks. Major Thys und Kapitän Laurent kaufen jährlich ohne Kontrolle für 7 Millionen Franks Maaren, Laurent auch für 25 000 Franks Arzneien ein, während andere Berwaltungsräthe andere Lieferungen ohne jede Prüfung ausführen. Der Entwurf der Kongo  -Eisenbahn hat 300 000 Franks gekostet und wurde für 2 Millionen Franks verkauft. Alle diese Gesellschaften betreiben Negerhandel und sind Feinde der Antisklaverei-Bewegung. Die Kongo  -Eisenbahn betreibt ausgedehnten Negerhandel besonders in Dahomeh. Die Handelsgesellschaften betreiben nicht nur mit den arabischen Sklavenhändlern einen ausgedehnten Handel in Luxuswaaren, sondern kaufen auch von den Arabern Sklaven, die sie als solche behalten, sie bezahlen ihre farbigen Arbeiter mit Schnaps: überdies werden die Gelder am 5kongo ver- schleudert. Major Thys läßt, um noch mehr Gewinn zu er- zielen, sogar den Koran   durch seine Agenten verkaufen. Dieser Artikel wurde bisher in Brüssel   nicht verbreitet, weil seitens der Congo- Handelsgesellschaften angekündigt wurde, es sei so- fort die gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden. Major Thys entdeckte, daß der in Brüssel   wohnhafte frühere Beamte der Handelsgesellschaften van Sulper den Artikel verfaßt hat; er allein verklagte ihn aus Verleumdung und auf Zahlung von 20 000 Fr. Schadenersatz. Van Sulper bekannte sich als Ver- faffer und erklärte vor dem Gerichtshofe, daß er alle Anschul- digungen aufrecht erhalten und wie es sein Recht ist, den vollen Wahrheilsbeweis antreten werde. Erstaunlicher Weise trat der Vertreter des Majors Thys, Advokat Janson, gegen die Zulassung des Wahrheitsbeweises ein, da es sich nur um eine Verleumdung des Majors handele und alle Anschuldi- gunaen nur die Aktionäre angingen. Major Thys habe reine Hände. Das Gericht wird selbstredend den Wahrheitsbeweis zulassen, und so wird man ja sehen, was an der Sache ist. Nun,erstaunlich" ist es nicht, daß der Vertreter des Klägers und Beschuldigten gegen den Antritt des Wahrheits- beweises sich sträubt. Stimmen die dem Herrn Major zur Last gelegten Thatsachen doch mit bekannten und nicht ab- geleugneten Thatsachen und Praktiken so genau überein, daß es wunderbar zugehen müßte, wenn sie nicht wahr wären. PavfetnatfivtdFrfen. Polizeiliches, Gerichtliches tc. Weitere Auswei su u g e n. DieSächsische Arbeiter- Zeitung" schreibt: Schon wieder können wir von zwei Aus- Weisungen österreichischer Staatsangehöriger melden. Ein Schneider und ein Blättermaler, die nichts gethan haben, als daß sie ihren Gewerkschaftsorganisationen angehören; dem einen wird auch zur Last gelegt, sich an der Maifeier betheiligt zu haben. Das sächsische Gastrecht scheint nur noch für Lohndrücker vorhanden zu sein, dagegen wird jeder Arbeiter, der nach einem menschen- würdigen Dasein strebt, rücksichtslos abgeschoben. Das Schwurgericht zu Feldkirch  (Vorarlberg  ) verurtheilte nach zweitägiger Verhandlung den Genossen Zoufal, Redakteur derVolkszeitung" in Dornbirn  , wegen versuchter Ruhestörung und Aufreizung, begangen durch einen Artikel derVolkszeitung", zu drei Monaten schweren Kerkers. Soztsle Dlebevftrlzk. Zlchtung, Branerei-Arbeiter! Sollten die Herren Brauerei  - besitzet resp. Leiter die am 15. Juni beabsichtig« Aussperrung von weiteren 25 pCt. Brauerei- Arbeitern zur Durchführung bringen, so werden die davon Betroffenen ersucht, sich sofort nach dem Bureau der Kommission zu bemühen. Ausgesperrte Brauerei-Arbeiter, welche dieser Aufforderung nicht nachkommen, verlieren den Anspruch aus Unterstützung. Die Kommission. Der Streik der Stettiner Steinsetzer offenbart sich von Tag zu Tag immer mehr als ein Kampf, in dem es sich nicht mehr um die Abwehr einer zwanzigprozentigen Lohnherabsetzung allein, sondern um einen Kamps des JnnungSverbandes gegen die Organisation der Arbeiter handelt. Verschiedentlich haben es die Herren schon verrathen, dab es auf einen Borstoß gegen den Verband abgesehen ist: unsere Organisation wird ihnen immer unangenehmer. Der Vorsitzende des JnnungSverbandes,Ober- meister" Kuhlbrodt, hat an die Mitglieder desselben wiederholt die Aufforderung ergehen lassen, alleentbehrlichen" Gesellen nach Stettin   zu schicken; auch Geldsammlungen für die Stettiner Meister werden in Szene gesetzt. Die Stettiner Meister ihrerseits annonciren Tag für Tag in bürgerlichen Zeitungen um Gesellen bei hohem Lohn und dauernder Beschäftigung". Außerdem schreiben dieselben täglich an diejenigen auswärtigen Unter- nehmer, welche von den abgereisten Stettiner Steinsetzern welche beschästigen, daß sie die letzteren entlassen sollen. Daß dies bis jetzt schon geschehen ist. haben wir nicht in Erfahrung bringen können; ebensowenig haben den Herren bis jetzt ihre Annoncen genützt, denn die 1214 Mann, welche bis- her denselben Folge geleistet haben, sind allesammt wieder abge- schobm worden. Wir appelliren nunmehr wiederholt a» das Solidaritätsgesühl der Arbeiterschaft, uns in diesem hartnäckigen Kampfe, der jetzt nahezu ein Vierteljahr währt, wenn möglich materiell zu unterstützen. Vor allen Dingen ersuchen wir jedoch die Vorsitzenden der Gewerkschaftskartelle oder die Bevollmächtigten der Gewerk- schaften in solchen Orten, wo keine Organisation der Steinsetzer besteht, ihr Augenmerk auf die bürgerlichen Blätter zu richten und wenn in denselben Gesellen nach Stettin   verlangt werden, sofort geeignete Gegenmaßregeln zu treffen, damit der Zuzug fern gehalten wird. Die Unkosten werden durch den unterzeich- neten Zentralvorstand ersetzt. Sendungen sind zu adresstren an C. Ortmann, Stettin  , Deutsche Straße 36, oder an den Ver- bandsvorsitzenden A. Knoll, Berlin   dl IV., Emdenerstraße 42. KB. Alle arbeiterfreundlichen Blätter werden un» Abdruck gebeten. Zum Braunschweiger Branereivohkott schreibt der Braunschweiger Volksfreund": Tiefes Bedauern empfinden hiesige Blätter über die Mindener Brauerei Feldschlößchen, welche sich trotz aller Vorstellungen nicht hat bewegen lasten, die hiesigen Brauereien in ihrem brutalen Vor» gehen durch Einstellung der Bierlieferung nach hier zu unter- stützen. Selbst die Intervention der Mindener   Handelskammer ist resultatlos geblieben. Das Jammern und die Entrüstung der Kapitalistenblätter erscheint uns recht unangebracht. Wir haben noch nie bemerkt, daß diese in Entrüstung gerathen wären, wenn indifferente Arbeiter ihren im Kampfe mit den Unternehmern liegenden ArbeUsbrüdern in den Rücken fielen. Im Gegentheil, solche Streikbrecher wurden stets als gute brave und einsichtige Arbeiter belobigt und erfreuten sich ebenso des Wohlwollens der Kapitalisten wie der Behörde». Warum nun auf einmal diese veränderte Anschauung über die Streikbrecher? Amüsant ist übrigens der Tadel derLandes-Zeitung" gegen die Mindener  Brauerei Feldschlößchen. Das Blatl schreibt u. A.:Natur- gemäß steht die öffentliche Meinung ganz überwiegend hinter den hiesigen Brauereibesitzern, weil diese eine g e- rechte Sache vertreten. Wer diese letztrre zu Fall zu bringen versucht, lediglich aus Trachten nach Geldgewinn. also um seines eigenen Geldbeutels willen, der wird sich gefallen lassen müssen, daß man höhere Gesichtspunkte bei ihm vermißt und ihn danach beurtheilt. An den Nürnberger Magistrat wurde eine das Ar- beitersekretariat betreffende Eingabe eingereicht In derselben wird unter ausführlicher Motivirung die Roth- wendigkeit der Errichtung eines Arbeitersekretariats nachgewiesen und von der Stadt eine jährliche Subvention verlangt. Man darf gespannt sein, ob die Arbeiterfreundlichkeit desfreisinnigen" Magistrats, wie sie bei Wahlgelegenheiten in den schönsten Tönen gesungen wird, mehr alsgraue Theorie" ist und auch in die Praxis übersetzt wird. DaS Gesuch eines Lehrers in Ostpreuße  «, sein Stellen. einkommen von 540 auf 650 M. zu erhöhen, hat der geistliche Kreis- und Orts-Schulinspektor, nach derPreuß. Lehrer-Ztg." ungefähr folgendermaßenwarm befürwortet":Obgleich ich der festen Meinung bin, daß ein junger Lehrer mit 540 M. jährlich gut" auskommen kann, so bitte ich doch für diesen Fall, weil der Bittsteller eine sehr hohe Pension von 1 M. pro Tag be- zahlen muß, sich gut gefiihrt und treu und fleißig im Amte ge- wesen ist, das Unterstützungsgesuch berücksichtigen zu wollen." Wie human! Bourgeoishochzeit und Arbeiterentkassnng. Bor wenigen Tagen heirathete die Tochter des Färbereibesitzers H. in Reichen- dach. Die Fabrikbeamten hatten dabei nichts Eiligeres zu thun, als die Arbeiter abzuklopfen: 50 Pf. ä Person. Einige gaben mit Rücksicht auf ihre Lage nicht, und die Auseinandersetzungen führten zur Entlassung eines Arbeiters. Nun wird der eheliche Segen wohl auf dem Paare ruhen, wenn solche große Opfer ge- fordert werden. Der entlaffene Arbeiter hat wohl das Meiste dazu hergegeben, denn bei der letzigen Zeit bringt ein Arbeits- Wechsel selten Nutzen. KartellirnngSvestrebungen in der deutschen Zucker- industrie. Aus Halberstadt   schreibt man derFrankfurter Zeitung  ": Da die neue Zuckergesetzgebung die Zuckerfabriken dazu zwingt, sparsamer zu arbeiten, vollzieht sich in der Zucker. fabrikation eine bemerkenswerthe Kapitalassoziation. Innerhalb eines Jahres stellten bezw. stellen im Bezirk der hiesigen Handels- kammer neun Zuckerfabriken ihren Betrieb ein. Bei den meisten dieser Fabriken liegt aber nicht eine Preisgabe der Produktion vor, sondern eS wird eine Verbilligung derselben Mit der Zu» sammenlegung mehrerer Fabriken angestrebt. In einer Leipziger   Schneiderversammlung wurde auch ein Vortrag in czechischer Sprache gehalten. Hierüber wundern sich bürgerliche Blätter, während dies doch bei uns als selbstverständlich gilt, daß man sich denjenigen gegenüber, die man zu belehren sucht, der Sprache bedient, die sie verstehen. Ziegelarbeiter- Streik in Belgien  . Eine Antwerpener Depesche meldet: In Rokelmonde und Stenort dauert der Ziegelarbeiter-Streik noch fort. Die Ausständigen durchzogen gestern die Straßen in beiden Ortschaften, rothe Fahnen voraus- tragend. Die Arbeitgeber haben erklärt, eher den Betrieb ganz einstellen zu wollen, als daß sie den Arbeitern Konzessionen machten. Der schweizerische Branereiboykott hat schon nach wenigen Tagen mit einem vollständigen Siege der Arbeiter geendet. Schweizerischen Blättern entnehmen wir die folgende Nachricht: Das Bnndeskomitee d'es schweizerischen Gewerkschaftsbundes hat den Boykott über die Brauereien Halden- gut in Winterthur  , Bavaria in St. Gallen   und Tivoli in Genf  aufgehoben, nachdem die Leitung derselben das Vereinsrecht ihrer Arbeiter ausdrücklich anerkannt hat. Der Londoner   Droschkenrutscher-Streik ist am 12. ds. zu Ende gegangen, und mit einem für die Kutscher höchst befriedigendem Resultate. Unser Londoner Korrespondent schreibt hierüber: Die Kutscher   haben ihre Forderungen nicht bis auf den Punkt bewilligt erhalten, aber soviel davon, daß sie zufrieden sein können, und auch zufrieden sind. Ich war heute im Hyde- Park, wo auf einem von über 5000 Kutschern besuchten Meeting der von deren Vertretern besiegelter Kompromiß unter riesigem Jubel gutgeheißen wurde. Der von ein paar Leuten gemachte Versuch, die Führer zu desavouiren, weil dieselben beim Abschluß des Kompromisses sich nachgiebiger gezeigt, als sie nach ihrem Mandat durften, wurde mit tausendstimmigem Zurus zurück- gewiesen, und es kostete alle Mühe, ihnen überhaupt Gehör zu verschaffen. Der Kompromiß wurde durch Minister Asquith   zustande gebracht, der das Vermittleramt übernommen. Aber wenn die Leute nicht vier Wochen stramm ausgehalten und den festen Ent- schluß gezeigt, auch serner zu ihrer Sache zu stehen, wären die Fuhrherren nie auf den ihnen keineswegs günstigen Schieds- spruch des Ministers eingegangen. Der Gewinn der Kutscher wird im Durchschnitt auf mehr als 8 Shilling die Woche be- rechnet. was die Opfer des Streiks wohl lohnte, und die Be- gcisterung über dessen Ausgang genügend erklärt. Unter Anderen hatte sich auch John Burns, und zwar mit der ihm eigenen Energie, der Streikenden angenommen, und diese haben ihm heut im Hyde-Parl eine Ovation bereitet, wie man sie nicht alle Tage hört. Es bleibt»un abzuwarten, ob die Kutscher   im stände sein werden, die Früchte des Sieges festzuhalten.