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Unglück zu berichten. Wie dieKöln . Ztg.* aus St. Johann a. d. Saar meldet, hat heute aus GrubeReden" eme Ex- plosion schlagender Wetter stattgefunden, bei welcher eine Anzahl Bergleute verletzt wurden. Trotz des ungeheuren Risikos der Arbeit in den Berg- werken versagt man den Arbeitern nicht nur einen auch nur halbwegs genügenden Arbeiterschutz, man hindert sie auch in Oesterreich wie in Deutschland an der Wahrnehmung des Koalitionsrechtes. Ter Kolonialkoller hat auch in O e st e r r e i ch- Ungarn, das sich bisher von der Epidemie freigehalten, Opfer gefordert. Ein Telegramm meldet uns: Wien , 15. Juni. Nach einer Meldung der hiesigen Blätter hat sich Hierselbst ein vorbereitendes Komitee gebildet, welches eine österreichisch- ungarische Kolon ial-Gesell- s ch a f t gründen will behufs Regelung des Auswanderungs- wesens und der zielbewußten Inangriffnahme österreichisch- ungarischer Kolonisationsarbeit in fremden Welttheilen. Es ist merkwürdig: der Mensch nennt sich ein ver- nünftiges Wesen er zieht aber niemals die Lehre aus den Erfahrungen Anderer. Er muß sich, ehe er die nöthige Feuerscheu bekommt, erst selber die Finger verbrennen. Daß wir D e u t s ch e sie uns so arg im Kolonialbrei ver- brüht und obendrein beschmutzt haben, das ist für den Bruder Oesterreicher nicht vorhanden. Nun des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Aus der Schweiz wird uns geschrieben: Das Zentralkomitee des schweizerischen G r ü t l i v e r e i» s hat an die Bundesversammlung eine wohlbegründete Eingabe um Einführung des Zündholz- Monopols gerichtet. Als interessanten Nachtrag zum Berner Justiz- m o r d an Dr. W a s s i l i e s f, der bekanntlich von den acht bäuerlichen Geschworenen verurtheilt wurde, während ihn die vier städtischen Geschworenen sür nichtschuldig erklärten, berichtet dieBerner Tagwacht", daß einer der Justizmörder an die Redaktion 10 Fr. für die Familien der Jnhaftirten sandte und eine Zuschrift, in der es heißt:Wenn doch nur um Gottes willen das Kassationsgesuch vom Kassationsgericht begründet erklärt würde, damit ich wieder ruhig schlafen könnte!" Der Mann, der so denkt und handelt, ist nicht schlecht, aber es läßt sich aus der Thatsache, daß er dennoch für schuldig stimmte, ermessen, wie groß und teuflisch die Verhetzung der Landbevölkerung gegen die Sozialdemokratie, speziell aber gegen Dr. Wasstlieff, seitens derguten Bürger" betrieben worden sein muß. Das Kassationsgesuch soll am 20. Juni behandelt werden. Gallifet, der infame Kommuneschlächter, ist von der Nemesis ereilt. Zwar hat die Regierung ihn bis jetzt vor der Anklagebank bewahrt, aber die Akten über sein Vor- leben sind veröffentlicht worden, und da hat sich denn herausgestellt, daß dieser verworfene Bursche als junger Offizier während des Krimkrieges nur durch einen Macht- spruch aus den Armen einer Dirne aus den Kampfplatz gebracht werden konnte, und daß er vor dem Sturm aus den Mala kos sich unter irgend einem Vorwand davon ge- schlichen hat. Später verheirathet mit einer anderen Dirne, die sich am lüderlichen Hof des Kaisers und Gcsellschafts- retters Napoleon III. prostituirte, stieg er als Mann seiner Frau zu hohen Ehrenstellcn. Während des Krieges von 1870/71 leistete er nichts einige angebliche Helden- thaten haben sich als Reklamelügen erwiesen und als die Kommune erlag, da machte er, zum Theil eigen- händig, den Henker. Das alles ist jetzt vor aller Welt blos gelegt, und gebrandmarkt steht er da. Seine Rolle ist ausgespielt. In der italienischen Kammer hat das neugeflickte Ministerium C r i s p l gestern Erklärungen abgegeben(S. den heutigen Leitartikel), die Alles und Nichts besagen. Ter italienische Bismarck windet sich wie ein Wurm, um an der Regierung bleiben zu können. Die Kammer nahm seineProgrammrede"sehr kühl" auf. Mit diesem Leim läßt in Italien sich Niemand mehr sangen. Ein ver- hungerndes Volk wird von Worten und Phrasen nicht satt. Politische Verfolgungen in Rußland . Aus War- schau wird telegraphirt: Neuerdings fanden wieder zahlreiche Haussuchungen statt: unter anderem auch in den Redaktionen desZorza" und des Glos". Zwei Personen wurden verhaftet. Die Gründe der Haussuchung sind nicht bekannt. es Euern Ohren klingen mag, so wahr ist's doch. Ein wackerer Sohn, der tagelang in derselben Stadt athmet, in der sein Vater wohnt, und des Vaters Angesicht scheut! Vielleicht fürchtet er auch nur meine Gegenwart; vielleicht bewegt ihn auch ein wichtigerer Grund, Euer Auge zu meiden."Ich weiß kaum, was Du sprichst", betheuerte Diether:«Mir wirbelt's vor den Sinnen. Dagobert kommt, da Du gehst?" Er thut sehr wohl daran"; lächelte das Fraulein:ich will auch als ein freundlich Schwesterlein des Bruders Vergnügen nicht hemmen. Lebt wohl, Vater, und wird es Euch zu eng in Frankfurt , so kommt auf Baldergrün. Willkommen seid Ihr da, er- scheint Ihr allein, ohne Euer zweites Weib."Unver- söhnliche[" sprach Diether mit überströmenden Augen, indem er Wallraden wehmüthig an sich drückte:Den Kindern sind doch sonst der Frauen Herzen hold; laß nicht das Brüderlein den Widerwillen theilen, den Du, ich schwöre es, ohne Grund, gegen die Mutter hegst. Willst Du das zarte Büblein nicht küssen zum Lebewohl, so sprich doch nur gegen mich ein Wort der ausgesöhnten Schwester- liebe."Schwestcrliebe?" fragte Wallrade wie ver- wundert, während sie sich mit argem Lächeln aus des Vaters Armen wand:Ihr sprecht doch von dem kleinen Johann? Ich wäre dessen Schwester? Ei, das wolle Gott nicht. Nennt mich lieber seine Muhme, guter Vater." Wie soll ich verstehen, was Du sprichst?" fragte Diether erbleichend entgegen. Wallrade zog jedoch mitleidig die Schultern in die Höhe und verneigte sich ausweichend. Erlaßt doch mir die Erklärung," sprach sie höhnisch: fragt die Stadt, und wenn Ihr auch dieser nicht glaubt, so wendet Euch an den heiligen Georg selbst, der über dem Pntztische Eures Weibes hängt. Ein feiner Rittersmann, dessen Ebenbild zu sein. Eurem Sohne dem Johann nämlich keine Schande bringen wird, so lange Euch selbst die Sache Freude macht. Leht indessen wohl, und dreimal wohl, mein Vater. Gott mit Euch!" (Fortsetzung fo'gt.) Sozials XtcbcLltrfxl. An die Thonwaaren- Fachvereine Deutschlands . Der Sekretär des Thonpfeifen macher-Fachvereins für Schottland mit dem Sitze in Glasgow hat mich den Unterzeichneten ersucht, wenn möglich über folgende Fragen Auskunft zu geben: I. Wieviel Stunden arbeiten die Thonpseifenmacher per Woche? Arbeiten dieselben auch Sonntags ev. wieviel Stunden? 2. Wird im Akkord, d. h. nach Groß oder im Tagelohn gearbeitet? 3. Was ist der Preis im Akkord per Groß? 4. Wie stehen die Lohnsätze im Akkord sür die verschiedenen Sorten? 5. Was wird im Tagelohn sür die Pfeifenmacher gezahlt? 6. Werden die Pfeifen von Frauen und Mädchen fein gemacht resp. polirt? Im Akkord oder im Tagelohn? Was bekomnien dieselben an Lohn per Groß oder Tageslohn? 7. Oder werden Männer zum Poliren verwendet und was ist der Lohn per Groß oder im Tagelohn? Begründet werden die gestellten Fragen wie folgt: Die schottischen Thonpseifenmacher" befinden sich im voll- ständigsten Dunkel über die Lohn- und Arbeitsverhältnisse dieser Branche in Deutschland . Bei jedem Versuch, den die schottischen Pfeifenmacher zur Hebung ihrer Lage machten, wurde ihnen von den Fabrikanten entgegnet:Wir bekommen die Waare besser und billiger aus Deutschland , die deutschen Fabrikanten liesern auch trotz der größeren Entfernung ihre Waaren billiger nach Amerika , als wir es können." Haben wir jedoch den Beweis in Hände», daß die Aussagen der Fabrikanten unrichtig sind und nur auf Täuschung beruhen, so werden wir bald jeden Fachverein unserer Branche auf unsere Seite holen zur Verbesserung unserer Lage." So der Sekretär der schottischen Thonpseifenmacher. Da mir leider ein Fachverein deutscher Thonpseifen- macher nicht bekannt ist, es mir auch sonst an Adressen von Arbeitern dieser Branche fehlt, so versuche ich, auf diesem Wege solche Adressen bezw. die Beantwortung der vorstehend gestellten Fragen zu erreichen und bitte alle Parteigenossen und Freunde der Arbeitersache, insbesondere die Thonwaarenarbeiter, mir hierin Beistand zu leisten. Löbtau bei Dresden , Reisewitzerstraß« 34. Georg Horn . Alle Arbeiterblätter werden um Abdruck gebeten. An die Schneider nnd Schneiderinnen Berlin?! Schon zu wiederholten Malen ist in unseren Versammlungen über den Werth und die Bedeutung der Gewerbegerichte gesprochen wor- den, trotzdem herrscht in vielen Sachen Unkenntniß bei unseren Berufsgenossen. Um so mehr ist es nun nothwendig, jetzt, wo die Ergänzungswahlen zu dem Gewerbegericht in wenigen Monaten erfolgen sollen, sich bis in alle Einzelheiten zu informiren. Zu diesem Zweck findet Montag, den 18. Juni, Abends 8>/» Uhr, bei Deigmüller, Alte Jakobstr. 48a, eine öffentliche Versammlung der Schneider und Schneiderinnen statt, wo der Kollege Pfeiffer einen Vortrag über die bevorstehenden Ergänzungswahlen zum Gewerbegericht und deren Bedeutung für das Schneidelgewerbe halten wird. Punkt 2: Aufstellung der Kandidaten zu den Gewerbe- gerichts-Beisitzern. Da außer den sieben von unserem Gewerbe aus- geloosten Beisitzern eine Anzahl von unserm Beruf hinzu gewählt werden sollen, ist es Pflicht aller Kollegen und Kolleginnen, in dieser Versammlung zu erscheinen und geeignete Borschläge zu machen, damit nur solche Personen gewählt werden, die ganz die Rechte der Arbeiter vertreten. Ferner weisen wir darauf hin, daß zur Ausstellung der Wählerlisten die Anmeldungen zu denselben vom 15. bis einschließlich den 28. Juni erfolgen muß; bei unter- lassener rechtzeitiger Anmeldung ruht das Stimmrecht. An- meldiings-Formulare sind täglich im Zentral-Arbeitsnachweis und Auskunstsbureau, Sctnitzenstr. 18/19, und in der vorerwähnten Versammlung in Empfang zu nehmen. Die Agitation skommission der Schneider und Schneiderinnen Berlins . Spanda». Arbeiter, Parteigenossen! Nachdem es uns endlich nach vieler Mühe gelungen ist. Lokale zu unseren Ver- eins- und öffentlichen Versanimlungen innerhalb Spandaus zu erhalten, tritt an uns die Verpflichtung heran, die Agitation kräftiger zu entfalten, als es uns bisher möglich war. Vor allem gilt es. unsere Organisation zu stärken. Parteigenossen, der neugegründeteArbeiter-Äildungsverein für Spandau und Umgegend" soll der Mittelpunkt des politischen Lebens, die Zentralstelle für Agitation und Organisation am Ort sein. Soll der Verein diese Aufgabe aber erfüllen, dann ist eS nothwendig und die Pflicht eines jeden Parteigenossen, demselben beizutreten. Parteigenossen! Es gilt die bisherigen Errungenschaften zusichern und für unsere Ideen neue Milstreiter zu werben. Die Vereins- Versammlungen finden statt jeden Dienstag nach dem 1. und 15. des Monats, Abends 8 Uhr bei Radtke, Neumeisterstr. 5. Der Vorstand. Ein Momentbild an? dem GegenwartSstaat. Eo recht nach dem Herzen der Röstcke und Genoffen sind die Verhältnisse unter den polnifchenRübenarbeitern. Mit sichtlichem Behagen berichtet ein Korrespondent aus Riesenburg (Westpr.) im GraudenzerGeselligen" darüber folgendes:Ein buntes Treiben entfallet sich jetzt an den Sonntagen in unserer Stadt, denn hunderte von polnischen Rübenarbeitern kommen Sonntags in die Stadt ihre Einkäufe zu machen. In Trupps gehen sie in die Läden, aber meistens wird nichts gekauft, da die Farben der Sachen ihnen nicht grell genug sind. Die hier beschäftigten Polen sind meist schwächliche Personen, die wenig zu leisten im stände sind, und deshalb ist ihr Lohn auch gering.(!) Aber trotz des geringen Lohnes machen sie doch noch Ersparnisse und an Sonntagen ist die Post von Polen , die Geld in die Heimath schicken, förmlich belagert. Sie sind aber auch sehr genügsam. In fast zerfallenen Kathen und Bretterbuden sind bis ev Arbeiter unter- gebracht. Ihre ausschließliche Nahrung be- steht aus Mehlsuppen, nur in Wasser gekochten Erbsen und Brot, und nur an Sonntagen erlaubt sich dieser und jener den Luxus eines Salzherings. Doch herrscht unter ihnen die größte Sittenlosigkeil, Schlägereien sind an der Tagesordnung. Scheinen ihnen andere Arbeitsstellen günstiger, so entläuft oft der größte Theil, um dort Arbeit zu suchen; die Besitzer suchen sich deshalb dadurch zu schützen, daß sie die Löhne von ein bis zwei Wochen dauernd stehen lassen." Also weil diese Aermsten meist nur schwächlich und wenig zu leisten im stände sind, deshalb ist ihr Lohn auch gering. Sollte das nicht eher umgekehrt zutreffen? Oder glaubt man, daß ein Mensch, dessen ausschließliche Nahrung aus Mehlsuppen und in Wasser gekochten Erbsen besteht, in der Tretmühle des Unternehmers lange widerstandsfähig bleiben kann? Diese vom Kapital ausgemergelten Leute werden in zerfallenen Bretterbuden zusammengepfercht, damit sie aber daraus nicht entspringen sollen, wird der Lohn von ein bis zwei Wochen einbehalten. Das ist Unternehmermoral! Der geringe Lohn wird mit der Kraftlosigkeit jener Sklaven begründet. Das ist Unternehmer- logik! Regelung der Hilf?-«nd PenfionSkassen der französt- schen Bergarbeiter. Aus Paris wird uns unterm 12. Juni geschrieben: Endlich werden die französischen Bergarbeiter ge- regelte Hilfs- und Pcnsionskassen besitze», ohne sich bei den Grubenbesitzern hierfür bedanken zu müssen und ohne der Gefahr ausgesetzt zu sein, entweder die Hilssgelder von der Unterneh- mung resp. deren Gläubigern verschlungen zu sehen, wie dies in Terrenoire der Fall war, oder am Vorabend ihrer Pensionirung, wie dies fast gang und gebe ist, ohne jede Entschädigung aufs Pflaster geworfen zu werde». Denn der Gesetzentwurf betreffend die Hilss- und Penstonskassen der Bergarbeiter ist, nachdem er bereits vom Senat angenommen worden war, nun auch wie den Lesern bereit? telegraphisch gemeldet von der Kammer angenommen worden und damit den Möge- leien der Bergwerksbesitzer, soweit sie diese Kassen betreffen, ein sür allemal ein Riegel vorgeschoben. Schnell ist dies freilich nicht gegangen. Denn ist auch der Entwurf, der 31 Artikel zählt. in einer Sitzung berathen und angenommen worden, so hat es doch nahezu vierzehn Jahre gebraucht, bis es dahin ge- kommen war. Der erste Entwurf datirt nämlich schon vom 11. Dezember 1880, von welcher Zeit an er sich in steter Wan- derung zwischen der Kammer und dem Senat befand. Wenn dem nun endlich ein Ziel gesetzt wurde, so ist dies das fast aus- schließliche Verdienst der sozialistischen Gruppe, die sich jedem Amendement streng entgegengestellt hat. Nicht als ob der Ent- wurf etwa nicht verbesserungsfähig oder die sozialistische Gruppe sich nicht seiner Mängel bewußt gewesen wäre. Sie wollte nur oas nutzlose Hin- und Herwandern des Entwurfes nicht aufs neue be- gönnen sehen. Das wäre aber unausbleiblich gewesen, auch wenn nur das geringste Amendement angenommen, auch wenn nur ein Jota am Entwurf geändert worden wäre. Für die sozialistische Gruppe handelte es sich einzig und allein darum, ob der Ent- wurf einen Fortschritt im Hilfskafsenwesen der Bergarbeiter be» deutet oder nicht; ob der Zustand, den er hierin schafft, dem gegenwärtigen Zustand vorzuziehen sei. Und das steht außer allem Zweifel. Gegenwärtig herrscht, insbesondere in bezug aus das Pensionswesen, die reinste Willkür. Bei einigen Bergwerken bestehen Pensionskassen, bei anderen wieder nicht; bei einigen werden diese Kassen von den Grubengesellschasten dvtirt, bei anderen die Arbeiter hierzu angehalten. Gleichgiltig aber, ob die Arbeiter hierzu beisteuern oder nicht, haben sie nicht die mindeste Garantie, daß ihnen die Pension ausgezahlt wird. Da, wo die Unternehmer allein für die Pension aufkommen, wird fie über- Haupt nur als eine freiwillige Gabe, als eine Zlrt Belohnung. betrachtet, auf die der Arbeiter keinen rechtlichen Anspruch hat. Aber auch da, wo die Löhne der Arbeiter die Haupteinnahme- quelle der Kassen bilden, ist es nicht viel besser bestellt, wie dies ganz deutlich aus den Aussagen erhellt, die der Abgeordnete Lamendin und mehrere andere Grubenarbeiter-Delegirte vor der Kommission gemacht, welcher der Entwurf zur Borberathung überwiesen worden war. So haben die Grubenarbeiter von Pas de Calais 3 pCt. ihrer Löhne zur Hilfs- und Pensionskasse beizutragen, während die Unternehmer-Äesellschaften sich nur mit 1 pCt. hieran betheiligen. Dabei sind aber, wie Lamendin sagte, die Bestimmungen von einer solchen Elastizität, daß alles aus die Auslegung ankommt, die ihnen die Unternehmer gebe». Zur Stunde hat nur der Arbeiter ein Anrecht auf Pension, der vom Grubenarzt als zu jedweder Arbeit untauglich erklärt wird. Und mögen alle sonstigen Aerzte einen Arbeiter für arbeitsunfähig erklären, sobald der Grubenarzt anderer Meinung ist, wird ihm jede Unterstützung verweigert. Aehnlich verhält es sich in den Kohlenwerken des Norddepartements, wo die Arbeiter ebenfalls 3 pCt. ihrer Löhne zu den Kassen bessu- tragen haben. Auch da wird über die Invalidität ganz will- kürlich entschieden, so daß es, wie ein Delegirter der dortige» Grubenarbeiter aussagte, Arbeiter giebt, die invalid geworden, keinen Sou erhalten und auch vor Gericht keine Anerkennung ihrer Rechte finden, wenngleich sie oft nahezu 30 Jahre in der Grube gearbeitet und ihre Kassenbeiträge geleistet haben. Ein Delegirter der von der Loire -Grubengesellschaft beschäftigten Arbeiter sagte aus, daß die Arbeiter, wenn sie einmal 45 Jahre alt geworden sind, aus den nichtigsten Gründen entlassen werden, ein Arbeiter in diesem Alter aber in keiner anderen Grube mehr aufgenommen wird, so daß im Ganzen nur 4 pCt. der Berg- arbeiter überhaupt eine Peission genießen. Ein anderer Del«, girier des Loiredepartements sagte aus, daß man in St. Etienne alte Bergleute sehen kann, die nach 27 jähriger Thätigkeit aus die Straße geworfen, nun betteln müssen und von der öffentlichen Wohlthäligkeit zu leben gezwungen sind. Unter solchen Umständen ist es allerdings leicht, den Ar» beitern, die eine Pension erhalten, eine zum Theil viel höhere zu gewähren, als dies nach dem Entwürfe der Fall ist. Dafür rst aber da jeder Arbetter sicher, nach zurückgelegtem 55. Lebensjahr seine Pension zu beziehen, gleichgiltig, ob er immer in derselben Grube beschäftigt war, oder ob er seinen Arbeitgeber gewechselt hat. Ja, selbst wenn er sich, aus welchem Grunds immer, zu einer anderen Beschäftigung wendet, erhält er nach zurück- gelegtem 65. Lebensjahr jenen Theil der Penston, der ans die Zeit entfällt, in der er als Bergmann beschäftigt war. Denn die zur Konstituirung der Penston vorgeschriebenen Einzahlungen werden jedem einzelnen Arbeiter in einem ihm speziell aus- gestellten Büchlein eingetragen, das sein Eigenthum bleibt und nnt welchem er seinerzeit die Pension beheben kann. Als Ein- zahlung sind 4 Prozent des Arbeitslohnes vorgeschrieben, sür welche zur Hälfte die Arbeiter, zur Hälfte die Unternehmer auf» zukommen haben. Die Beiträge sind allmonatlich vom Unter- nehmcr, sei es an die Landes-Pensionskasse, sei es an besonders autorisirte und unter behördlicher Aufsicht stehende Syndikats- oder Unternehmerkassen zu entrichten, in welch letzterem Falle die Gelder in Staats- bezw. Departements- oder Gemeinde» papieren anzulegen sind. Was die Höhe der Penston anlangt, ist sie je nach der Länge der zurückgelegten Arbeitszeit eine verschiedene. Der Referent, Abgeordnete Audiffred, hat auf grund der Tabellen der Landes- Pensionskasse ausgerechnet, daß sich die Pension eineS Arbeiters, der mit feinem 14. Jahre zu arbeiten beginnt, aus 400 Frks. stellt, und will derselbe in den Genuß seiner Rente anstatt nnt 55, erst mit 80 Jahren treten, auf 711 Frks. In bezug auf dieHilfs- bez. Krankenkassen bestimmt der Entwurf, daß die Arbeiter 2 pCt. ihres Lohnes, die Unternehmer die Hälfte dieses Betrages an dieselben zu entrichten haben. Diese Kassen können u. a. auch den Frauen und Kindern ihrer Mitglieder Krankenunter- stützung sowie ärztliche und pharmazeutische Hilfe angedeihen lassen. Die Verwaltung jeder dieser Kassen ist einem Komitee anvertraut, dessen Mitglieder zu einem Drittel von dem Unter» nehmer zu bezeichnen und zu zwei Dritteln von den Arbeitern zu wählen sind. So viel nun der Entwurf, insbesondere in bezug auf die Beitragsleistung der Unternehmer zu wünschen übrig läßt, so bedeutet er dennoch einen Fortschritt gegenüber dem jetzigen Zu- stände des Pensions- und Hilfskassenwesens der Bergarbeiter. Sie haben vor allem und varauf kommt es ihnen Haupt- sächlich an eine Garantte dafür, daß, wenn sie das 55. Lebens- jähr erreichen, sie in jedem Falle ihre Pension erhalten, ohne darum an eine und dieselbe Unternehmung gekettet zu sein. Und hätten die Sozialisten auch gewünscht, daß, wenn die Unter- nehmer schon nicht allein für die Altersrente ihrer Ar- beiter aufkommen, sie doch wenigstens einen höheren Beitrag als diese hierzu leisten, so wollten sie doch nicht etwas zurückweisen für etwas, das sie möglicherweise erlangen könnten. Sie wollten dies um so weniger thun, als ja die Annahme des Entwurfs nicht ausschließt, daß sie in Bälde mit Verbesserungsanträgen an die Kammer herantreten. Aus diesen Gründen hat denn auch Genosse Basly, der Präsident des Grubenarbeiter- Syndikats von Pas de Calais ist, in seinem Namen wie in dem der sozialistischen Fraktion gleich bei der Generaldebatte für die unveränderte Annahme des Entwurfs plädirl. Das gleiche hat Lamendin gethan und als trotzdem bei der Spezialdebatte Amendements gestellt wurden, Genosse Jourde eine ähnliche Erklärung abgegeben. Schließlich wurde dann auch der Entwurf mij 481 gegen 1 Stimme unverändert angenommen nnd damit zuin'Gesetz erhoben. In unserer Notiz:Abermals eine Ausweisung aus Sachsen ", ist der Name des von dieser Maßregel Betroffenen unrichtig wiedergegeben. Es muß heißen: Bildhauer Kuzelowsky.