Nr. 306. 34. Jahrg.
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Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsbrecher: Amt Morisblas, Nr. 151 90-151 97.
Mittwoch, den 7. November 1917.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Wernfprecher: Amt Moritplak, Nr. 151 90-151 97.
Die Helfferich- Krife.
Helfferich foll bleiben! Payer abgelehnt?- Friedberg verzichtet.
Wir sind noch nicht über den Berg! Graf Herfling hat mit den Parteien verhandelt, und als er feine Berufung annahm, glattbte man, daß die Berhandlungen zu einem be friedigenden Abschluß gebracht seien. Dies ist jedoch nicht der Fall, oder richtiger, es ist nicht mehr der Fall. Ueber Nacht find Schwierigkeiten aufgetaucht, die in diesem Augenblic unüberwindbar erscheinen. Graf Hertling hat infolgedessen seine geplante Reise nach München verschoben, und morgen gibt es neue Verhandlungen, deren Erfolg aber bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge recht unwahrschein. lich ist.
Die Linke hat den Grafen Hertling feinen Augenblic Darüber im Zweifel gelassen, daß der Südtritt Selfferichs, feine Ersetzung durch einen Fortschrittler, womöglich Herrn v. Paher, und die Ernennung eines Fortschrittlers zum preußischen Minister Bedingungen feien, ohne deren Erfüllung ein gutes Zusammenarbeiten zwischen der neuen Regierung und ihr nicht denkbar fei. Die ganze Mehrheit hat diesen Standpunkt der Linken zum ihrigen gemacht und in feinem Sinne mit dem Grafen Hertling unterhandelt. Jebt aber stellt sich heraus, daß Graf Hertling diese Bedingungen nicht zu erfüllen beabsichtigt. Warum? Weil er nicht will? Nein, weil er nicht kann!
Ueber Nacht ist dem Deutschen Reich ein neuer starker dann erstanden. Er heißt Dr. Helfferich, und er beabsich figt, lieber alles drüber und drunter gehen zu lassen, als daß er bon seinem Posten weicht. Daß sein bloßes Wiedererscheinen im Reichstag von der ganzen Mehrheit als eine Herausforde rung empfunden werden muß, rührt ihn nicht. Daß die mihiam beigelegte Arise dadurch wieder aufs neue qufgerollt wird, bewegt ihn nicht. Er hält sich für wichtig genug, unt feinetwillen das Reich in neue Verwirrung zu stürzen. Wahrfich, ein beneidenswertes Gelbstgefühl!
Bleibt Helfferich, so kann Bayer nicht kommen. Gegen Die Ernennung dieses Fortschrittlers zum Vizekanzler ist also Die Rechte nicht vergebens. Sturm gelaufen. Sie hat dem „ Süddeutschen" Baher die Türe zugehalten, damit er nicht herein und Helfferich drinnen bleiben kann. Dieser ist zwar auch ein„ Süddeutscher", aber die Rechte hat entschieden bessere Aussichten mit ihm zu einem festen Arrangement zu gelangen als mit Herrn v. Payer. Auf wen soll sich denn der Vizekanzler des Konflikts anders stüben als auf die Partei des Konflikts, auf die Rechte?
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Der Tagliamento auf ganzer Front überschritten Aufgeben der GebirgsfrontArtilleriekampf und englische und englische Angriffe in Flandern Anschwellende Feuertätigkeit bei St. Quentin, an Ailette und Maas , im Sundgau.
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Amtlich. Großes Hauptquartier, 6. November 1917.( 2. T. B.)
Weftlicher Kriegsschauplah.
Seeresgruppe Kronprinz Rupprecht.
In Flandern setzte nach tagsüber lebhaftem Störungsfeuer gestern abend starter Artilleriekampf ein, der zwischen dem nördlichen Teil der Pfer- Riederung und dem Kanal von Comines nach Ypern während der Nacht unvermindert anhielt und heute morgen vom Houthoulfter Walde bis Zandvoorde sich zum Trommel. feuer gegen unsere Kampfzone steigerte.
Starte englische Infanterie hat dann beiderseits von Passchenbacle und an der Straße Menin- pern angegriffen.
Bei den anderen Armeen, insbesondere bei St. Duentin, längs der Ailette, auf beiden Ufern der Maas und im Sundgan schwoll abends die Feuertätigkeit zu beträchtlicher Stärke an. Gewaltsame Erkundungen der Gegner schlugen an mehreren Stellen verluftreich feht. Auf dem und an der
öftlichen Kriegsschauplat mazedonischen Front
ift die Lage unverändert.
Italienische Front.
Die Tagliamento - Linie ist von uns gewonnen!
Die Jtaliener sind zwischen Gebirge und Meer erneut im Rüdzuge; Brände kennzeichnen ihren Weg durch die ober italienische Ebene.
Die Erkämpfung des Uferwechsels am Gebirgsrande burch angriffsfreudige deutsche und österreichisch- ungarische Divisionen trieb einen Keil in die von Natur starken Verteidigungsstellungen des Feindes am Westufer des Abschnitts; die schnelle Erweiterung des so geschaffenen Brüdenfopies durch erfolgreiche Kämpfe zwang de Gegner zur Räumung der ganzen Flußlinie bis zur Adriatischen Küfte.
Flußaufwärts bis zum Fella- Tal hielten gestern italienische Brigaden noch Stand.
Der Drud unseres Bordringens hat die Italiener auch zur Aufgabe ihrer Gebirgsfront veranlaßt: vom Fella- Tal bis zum Colbricon, nördlich des Eugana- Tales, in einer Breite von mehr als 150 Kilometeru, haben die Italiener ihre seit Jahren ausgebauten Stellungszonen aufgeben müssen und sind im Zurückgehen!
geleitet.
Die weiteren Operationen der verbündeten Armeen sind einDer Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.
Abendbericht.
Berlin , 6. November 1917, abends. Amtlich.
Die Frühangriffe der Engländer führten tagsüber zu Kämpfen um Passchendaele ; bei Gheluvelt brach der feindliche Ansturm ergebuislos und verlustreich zusammen.
Bom Osten nichts Neues.
Der Tagliamento ist auf der ganzen Front überschritten; die Verfolgung ist im Vorschreiten.
Der österreichische Bericht.
Wien , 6. November 1917.( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart:
Italienischer Kriegsschauplah.
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Der aus dem Raume von Osoppo- Binzans geführte Stoß der Berbündeten hat den italienischen Widerstand an der ganzen Tagliamento Front gebrochen. Die österreichisch ungarischen und deutschen Streitkräfte des Feld bei marschalls Erzherzog Eugen gewanuen überall Codroipo unter den Augen Seiner Majestät des Kaisers und Königs das rechte Flußufer und sind im Bordringen gegen Weften. Im Bereiche des obersten Tagliamento warfen Truppen bes Freiherrn v. Krobatin den Feind aus seinen Feld- und Gebirgsstellungen östlich des Cadore.
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Unsere neuen Erfolge konnten auf die Dolomitenfront nicht ohne entscheidenden Einfluß bleiben; vom Kreuz berg bis über den Rollepaß hinaus ist der Feind zum Rückzuge gezwungen. Feldmarschall Freiherr v. Conrad hat die Berfolgung aufgenommen. Auf dem Gipfel des Col di Lana, dessen durch Sprengung erreichte Einnahme seinerzeit ganz Jtalien in einen Siegestaumel stürzte, und auf dem Monte Piano wehen unsere Fahnen. In Cortina d'Ampezzo find unsere Truppen unter dem Jubel der Bevölkerung gestern abend eingerückt. Auch San Martino di Castrozzo im Primoer- Tale ist zurückgewonnen.
Seit Mai 1915 streckt der Italiener seine begehrliche Hand nach dem Puster- Tal aus und nach Bozen , dem Herzen Tirols. Dank der unerschütterlichen Standhaftigkeit unserer Tapferen konnte des Feiudes Hoffen nie und nimmer zur Tat werden. Die Vorteile, die er in diesem Raume in zweieinhalb Jahren des Kampfes und der Arbeit errang, lassen sich nach Schritten zählen. Nun ist auch dieses Wert in wenigen Tagen völlig zusammengebrochen.
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Herr Friedberg, der Führer der nationalliberalen Landtagsfraktion, hat unter diesen Umständen seine Berufung zum Vizepräsidenten des preußifchen Ministerrates abgelehnt. Die Nationalliberale Sorrespondenz" gibt dieser Ablehnung eine sehr eigenartige Begründung. Sie richtet sich nicht gegen diejenigen, die das Zustandekommen der ganzen verabredeten Kombination berhindert haben, sondern gegen die Linke, die sie beschuldigt, durch zu weitgehende Wünsche" den Blan zum Scheitern gebracht zu haben. Friedbergs Ablehnung ist nach ihrer Darstellung dadurch veranlaßt, daß von einzelnen Parteien weitere Wünsche in bezug auf die Berufung in die höchsten Staatsämter gehegt wurden, die keine Erfüllung finden konnten". Da aber von der Befriedigung diefer Wünsche die Schaffung einer arbeitsfähigen und zuverlässigen Mehrheit abhängig gemacht worden sei, ein Reif in der Novembernacht vom Montag auf den durch Hinzuziehung der Konservativen, und dies glaube Friedberg durch seinen Eintritt in das Ministerium Dienstag! ist auch offenbar das Ziel, auf das von einigen weitsichtigen" feinen Nußen mehr stiften zu können. Dann heißt es weiter: Die Wünsche der Parteien, die damals als durchaus be- Politikern hingearbeitet wird. Dieses Ziel bedeutet das Die Geneigtheit, die bei ihm anfänglich dazu vorhanden war, gehend" gelten, bezogen sich auf die Herstellung einer Art die Bereitelung des ganzen Programms, mit dem der neus rechtigt anerkannt wurden, heute aber schon als zu weit- Scheitern der Wahlreform, das Aufgeben der Friedenspolitik, beruhte ganz wie beim Grafen Hertling auf vaterländischem politischen Gleichgewichts innerhalb der Regierung. Wir haben Reichskanzler vor die Deffentlichkeit zu treten gedenkt. Pflichtgefühl, feinerseits dazu beizutragen, daß die Strijen feine Beamtenregierung mehr, die, sei es auch nur zum Die Sozialdemokratie würde sich auch gegenüber einer Re
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und Krisenstimmungen endgültig beseitigt werden. Wenn das durch jene weitgehenden Wünsche verhindert Scheine, über den Parteien steht, sondern eine mit Partei- gierung, an der Fortschrittler teilnehmen, der grundsätzlichen worden ist, so ist es Gache derjenigen, sich damit abzufinden, die politikern durdette Regierung im Reich wie in unterschiede bewußt bleiben, die sie von ihr trennen, könnte aber diese Wünsche zur Bedingung ihrer Mitarbeit ge- Breußen. Nachdem man mit der Ernennung von Sentrums- einer solchen Regierung zur Erfüllung ihres Programms ihre macht hapen. Vielleicht wird aber auch nach dem Scheitern hat, kann man vor den Fortschrittlern nicht stehenbleiben. gierung Sertling Selffer ich gegenüber mit dem äußer macht hapen. Vielleicht wird aber auch nach dem Scheitern führern und Nationalliberalen einmal den Anfang gemacht unterstützung gewähren. Daß sie sich aber einer Neder Beruhigungsattion nunmehr die Reichskanzlerschaft des Grafen Hertling manchem seiner politischen Gegner Für sie bestehen nicht, wie für die Sozialdemokratie, Er- ften Mißtrauen panzern müßte, ist gewiß. Denn diese aus den bürgerlichen Barteien tragbar erscheinen, da er wägungen grundsätzlicher Natur, lieber außerhalb der Re- Regierung gewährt die notwendigen persönlichen Garantien durch seinen Vorschlag bezüglich des Herrn Dr. Friedberg be- gierung zu bleiben, für beide aber, Sozialdemokratie und für die Einhaltung ihres Programms in feiner Weise. toiesen hat, daß er auf keinen Fall eine einseitige Bolitik Fortschritt, muß die Gleichberechtigung mit den In den heutigen Verhandlungen wird noch einmal veranderen Mehrheitsparteien anerkannt werden. Man kann nicht zwei Kategorien von Parteien schaffen, von denen die erste Minister zu stellen hat, während es für die zweite, die Periöken oder Landsafsen, Pflicht ist, ohne eigene Regierungsfähigkeit die Regierung zu unterstützen.
treiben will.
sucht werden, einen A sweg aus dieser verfahrenen Lage zu gewinnen. Es muß aber gleich gesagt werden, daß er in dem Es ist richtig, daß Graf Sertling nicht mit der Absicht Bleiben Helfferichs und in der Schaffung eines Staatssetregefommen ist, eine einseitige Politif zu treiben, aber es scheint tariats für die beseßten Gebiete, das einem Fortschrittler anschon wieder, als ob die Politik, die im Namen des Reichsvertraut werden soll, nicht zu finden ist, denn man kann es fanzlers getrieben werden soll, eben nicht die Politik des Die Vereinigung des Zentrums und der Nationallibe- ernstlich den Fortschrittletn nicht zumuten, den Prügelknaben Reichskanzlers werden sollte, und dann könnte sie allerdings ralen in der Regierung unter Ausschaltung der gesamten für die Militärgouverneure abzugeben. höchst einseitig werden. Die ursprüngliche Absicht des Grafen Binken muß auch auf die Parteiverhältnisse im Reichstag Führen die Verhandlungen zu keinem befriedigenden Hertling geht daraus hervor, daß er bei den Verhandlungen und im preußischen Abgeordnetenhaus zurückwirken. Bentrum Ergebnis, dann kann Graf Hertling sein Amt, wenn er es für mit der Mehrheit vor Uebernahme des Amtes den Wünschen und Nationalliberale bilden aber keine Mehrheit, sie können richtig hält, behalten. Aber seine Mission wird trotzdem ge< der Mehrheit durchaus geneigt zu sein schien. Indes: es fiel höchstens eine solche mit knapper Mühe und Not nur werden scheitert sein.