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Nr. 307. 34. Jahrg.

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Berliner Volksblaff.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Am: Morisvlas, Nr. 151 90-151 97.

Donnerstag, den 8. November 1917.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3.

Ferniprecher: Amt Moritvlat, Nr. 151 90-151 97.

Annexionistische Pläne.

Polen , Kurland und Litauen .

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Zur Krise..

Fortgesette Verhandlungen.

Während über die endgültige Ausgestaltung der Re- wird zurzeit niedrig eingeschätzt. Man meint, Rußland sei reichische Kaiser die polnische Krone aufs Haupt sebe, könne gierung Hertling berhandelt wurde, bereitete sich in aller groß genug, um den Verlust eines verhältnismäßig fleinen er diesen Schritt nicht wieder zurüdtun, außer nach Stille ein Umschwung der auswärtigen Politit Teils seines Gebietes verschmerzen zu können, einen Ver- einem Zusammenbruch seiner Macht. Die Liqui­vor, dessen Bedeutung, falls er zur Tatsache würde, alles luft, mit dem es fich innerlich schon abgefunden habe. Wir dation des Krieges folle auf Rußlands Soften erfolgen. In andere weit in den Schatten stellen müßte. fürchten, daß diese Annahme nicht zutrifft. Auf alle Fälle London werde man flaggen, und Polen werde der Keil sein ,. Es handelt sich um nichts mehr und nichts weniger als scheint uns ein gutes Verhältnis zu Rußland nach der die Mittelmächte auseinandertreiben werde. um den Plan, die Politik des Verständigungsfriedens zu ver- dem Kriege für die Völker so wertvoll zu sein, daß dieses laffen und zu einer Annerionspolitik der schärf- Verhältnis nicht gefährdet werden darf, um eine polnische ften Form überzugehen. Diese schärfste Form besteht darin, Königstrone und einen furländischen Herzogshut zu gewinnen. daß man annerionistische Kriegsziele nicht bloß aufstellt, son- Die Geschichte kennt verschiedene Formen von Annegionen. dern sie sofort, noch während des Krieges, zu berwirf- Ränder können am Schluß eines Krieges vom Besiegten dem Lichen sucht. Es handelt sich, kurz gesagt, um den Plan, die Sieger abgetreten werden. Der Sieger fann aber auch schon friegsbesetzten Gebiete des russischen Reiches zwischen Habs- vor dem Friedensschluß zu politischen Einverleibungen mit dem Freiherrn v. Kühlmann und Grafen Rde dern burg und Hohenzollern aufzuteilen und fie dem politischen schreiten, die dann durch den Frieden, je nachdem, bestätigt gestern abends von den Führern der Mehrheitsparteien ver­Herrschaftsbereich der Mittelmächte mit der Absicht auf ewige oder auch nicht bestätigt werden. Im ersten Fall macht der Dauer einzuverleiben. Sar II follKönig von Polen , Sieger jeine Eroberungen bom endgültigen Glück der Waffen Wilhelm II. Großfürst von Litauen und Ser- abhängig, er fann auf sie verzichten, wenn sein Erfolg nicht 80g bon Aurland werden! ausreicht, sie zu begründen. Ein solcher Verzicht ist aber nicht mehr möglich, wenn die Einverleibungen schon während des Strieges bollzogen worden sind: er fäme, würde er dennoch ausgesprochen, einer Niederlage gleich.

Daß und warum die Sozialdemokratie eine grundsäbliche Gegnerin der Eroberungspolitik ist, ist schon so oft gefagt worden, daß über ihre Stellung zu solchen Plänen gar kein Zweifel bestehen kann. Darüber hinaus sollen aber einige Fragen, die mit diesent Plan zusammenhängen, erörtert

werden.

Mit dem Grafen Hertling ist gestern vormittags,

handelt worden. Die Verhandlungen werden heute fortge­fetzt. Auch eine interfraktionelle Konferenz hat am Mittwoch stattgefunden, über die das Wolffiche Bureau berichtet.

In der heutigen Besprechung der vier Reichstags­fraktionen hat sich eine vollständige Einmütigkeit in der Be­urteilung der gegenwärtigen Lage und der Vorschläge zur Ueberwindung der Schwierigkeiten ergeben. Die Verhand­So stehen also die Dinge! Wenn die Fragen des Ostens Yungen mit dem Reichskanzler dauern fort." bis zum Kriegsschluß in Schwebe bleiben, so brauchen wir nur zu kämpfen, bis die Möglichkeit eines Berständigungs­Jm, Berliner Tageblatt" rät Theodor Wolff den Fort­Beabsichtigt ist die Bildung einer trialistischen", drei friedens gegeben ist. Wird aber Polen noch schrittlern dringend, sich bon dem Geschäft zurückzuziehen". teiligen, statt der bisher bestehenden dualistischen", zwei während des Krieges habsburgisch, ur- Die National Zeitung" führt im Gegensatz zur National­teiligen, Habsburger Monarchie. Defterreich, Ungarn und land und Litauen hohenzollersch, dann liberalen Korrespondenz" Friedbergs Verzicht nicht Bolen sollen als drei sich selbst verwaltende Staaten unter müffen wir so lange fämpfen, bis sich der auf zu weitgehende Wünsche" der Linken zurüd, sondern dem Zepter Karls I. vereinigt werden. Das Habsburgerreich ganze gewaltige Weltbund, der gegen uns darauf, daß diese Wünsche, die Friedberg mitvertreten habe, wird dann aus zwei Staaten bestehen, in denen die Deutschen it eht, mit der Tatsache dieser Einberleibung teine Erfüllung fanden. eine gan geringfügige Rolle spielen werden, während abgefunden hat. Das läuft zweifellos auf eine Ver­ihr Einfluß im dritten hart umfämpft ist. Wer vermag zu längering des Krieges zum Zwede bon Eroberungen hinaus. sagen, wie sich die auswärtige Bolitik dieses Dreistaates in Bugleich entsteht die Gefahr, daß die Mittelmächte, nachdem zwanzig oder in dreißig Jahren gestalten wird? Man be- fie sich im Often feftgerannt, in ihrer ganzen auswärtigen trachte auf der Bandkarte Schlesien unter dem Gesichtspunkt Bolitik auf eine zwangsläufige Bahn geraten, von der heute der strategischen Sicherung"! noch niemand weiß, wohin sie führt.

Dagegen wird man einwenden, auch nach der Einver­leibung Bolens werde zwischen Deutschland und Desterreich­Ungarn stets ein gutnachbarliches Verhältnis herrschen, und darum bedürfe es feiner strategischen Sicherung". Ausge­zeichnet, und wir wollen hoffen, daß das für alle Zeiten so bleiben wird. Das Ziel der Sozialdemokratie ist ja bekannt lich, nach allen Seiten hin so gutnachbarliche Beziehungen zu schaffen, daß überall gelten fann, was man für Desterreich auf alle Zeit als feststehend annimmt. Aber die geplante Lösung" führt zu diesem Ziele nicht hin, sondern sie führt weit von ihm weg.

Daß damit der Krieg seinen Charakter vollständig ändern würde, braucht ebensowenig näher ausgeführt zu werden, wie daß die Verwirklichung jener Pläne einen vollständigen Bruch mit der bisher betriebenen Politik der Mittelmächte bedeutet. Da man aber dem Reichstag , der sich am 19. Juli für eine Politik ohne Eroberungsluft" aussprach, von diesen Plänen noch nichts gesagt hat, so muß man, allen gegen­teiligen Gerüchten zum Trob, amehmen, daß sie noch recht weit in der Luft schweben. Von dort möge man sie bald möglichst herabholen und in den Orfus befördern, wohin sie gehören. Der Bresse aber fällt in diesem Augenblick die Auf­gabe zu, vor abenteuerlichen Schritten zu warnen, deren Kon­fequenzen in bezug auf die Sozialdemokratie flar, im übrigen aber unabsehbar sind!

*

Die Gerüchte, bon denen wir in den borstehenden Aus­führungen handeln, werden von der Zägl. Rundschau" in folgender Form wiedergegeben:

Die Norddeutsche Allg. Zeitung" bringt an ihrer Spike folgende Erklärung:

Wiederholt ist, so zum Beispiel in der heutigen Morgen nummer der Deutschen Tageszeitung", die Behauptung auf­gestellt worden, der Staatssekretär von Kühlmann habe Mitgliedern des Reichstags die Zuficherung erteilt, Graf von Hertling werde Herrn Dr. Helffrich entlaffen und Herrn von Bayer an seine Stelle fegen. Diese Behauptungen beruhen auf freier Erfindung.

Trotz seiner anscheinend bestimmten Form ist dieses De­menti äußerst vieldeutig. Es bezieht sich nämlich nur auf die Vermittlertätigkeit des Staatssekretärs v. Kühlmann und läßt völlig offen, was Graf Hertling selber gesagt oder zugesichert hat. Wir stellen gegenüber der Nordd. Alg­3tg." an dieser Stelle nochmals fest, daß Sozialdemokraten und Fortschrittler aus den mit der Regierung gepflogenen Verhandlungen den Eindrud gewinnen mußten, als sei die Regierung zu den jetzt in Abrede gestellten Zusicherungen bereit.

Entscheidung in Petersburg .

Bie uns von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird, ist am Mon- Die Militärgewalt gegen die Bolschewikis.

Petersburg, 7. November. Die Petersburger Tele­graphen- Agentur meldet: Gestern abend hat sich der Stonflikt zwischen dem Generalstab des Militärbezirks Petersburgs und dem militäri­schen revolutionären Ausschuß des Arbeiter und Soldatenrates beträchtlich zugespist.

Daß die Beziehungen zu Rußland durch ein­seitige Besizerklärungen der Mittelmächte während des Krie­ges für jett und später nicht verbessert werden fönnen, liegt auf der Hand. Ob ein habsburgisches Polen Deutschlands Freund sein würde, darüber kann man verschiedener Mei­nung sein. Optimismus in dieser Beziehung ist nur dann berechtigt, wenn die nationalen Ansprüche der Polen im Königreich Preußen restlos befriedigt werden. Andernfalls fann Habsburgisch- Polen für Preußen ein wenig bequemer Nachbar sein. tag ein ronrat auf Grund voraufgegangener Vereinbarungen In enger Verbindung mit dem polnischen Plan steht die zwischen dem Staatssekretär des Aeußern v. Kühlmann und Absicht, Deutschland und Desterreich- Ungarn- Bolen zu einer bem österreichisch- ungarischen Minister des Aeußern Grafen fast vollkommenen Wirtschaftsgemeinschaft v. Czernin die endgültige Lösung der polnischen Frage und im zu verschmelzen. Ob das den österreichisch- ungarisch- polnischen Busammenhang damit die Entscheidung über die Zukunft Kurlands Industriellen und den deutschen Agrariern angenehm sein und Litauens beschlossen worden. Russisch- Polen wird mit würde, kann uns zunächst gleichgültig sein. Auf feinen Fall Galizien zum selbständigen Königreich Polen aber darf die deutsche Sozialpolitik, die werdende deutsche bereinigt, bessen Krone auf den Kaiser von Oesterreich über- Die von beiden Seiten eingeleiteten Besprechungen zur Sozialwirtschaft, auf den Entwicklungspegel von Ga- geht, und bildet dann, nur durch Personalunion mit Oesterreich Beilegung des Konflikts wurden am Nachmittag abgebrochen, lizien und Ungarn herabgesenkt werden. Der ganze Plan der und Ungarn verbunden, den dritten Teil des habs. da der Ausschuß die Mitteilung erhielt, daß der Militär­Wirtschaftsgemeinschaft ist noch so unübersehbar, daß man burgerreiches. Das Gebiet des neuen Königreichs wird gouverneur von Petersburg im Laufe der Nacht fürchten muß, auch aus ihm fönnten sich neue Reibungen und durch Teile von Litauen und das geschichtlich zu Bolen gehörende die Truppen in der Umgebung der Hauptstadt, Spannungen ergeben. Auf alle Fälle ist er als Teil eines Suwalki und Grabno abgerundet. Ferner erhält Polen das besonders in Peterhof, Pawlowsk und Barstoje Sels her­annerionistischen Programms für die Sozialdemokratie un- Recht der uneingeschränkten Schiffahrt auch auf der deutschen beirief. Angesichts dieser Tatsache gab der Ausschuß seinen annehmbar. Weichsel , somit also feinen alten geschichtlichen Zugang zum Meere. Truppen Befehl, der Regierung nicht zu ge Litauen und Kurland sollen gleichfalls in den Ueber die Zukunft Litauens und Kurlands ist folgende Ver- horchen. mittelmächtlichen Wirtschaftsverband mit einbezogen werden. einbarung getroffen: Kurland wird zum Herzogtum, Litauen Eine weitere Zuspisung erfuhr die Lage dadurch, In alldeutschen Blättern wird bereits von baltischen Edlen zum Groß fürstentum erklärt. Beide Länder werden durch das Kerenski drei magimalistische und zwei Blätter der Rechten der Plan erörtert, thre bis auf einen geringen Prozentjak Bersonalunion dem preußifchen Staate angegliebert, indem der verbot. fremdsprachige Bevölkerung einzudeutschen". Sollten die Er- König von Preußen Großfürst von Litauen und Herzog von Kur- Gegen 5 Uhr abends gaben die Behörden den Befehl, fahrungen, die man mit dieser Eindeutschungs", auf deutsch land wird, und erhalten jedes einen eigenen Bandtag. Selb- die Brücken zwischen den Arbeitervierteln und Germanisierungspolitik gemacht hat, nicht schrecken? Und wie ständige Bundesstaaten des Deutschen Reiches werden sie also dem Zentrum der Hauptstadt zuzerstören und will man diefe Politik durchführen, wenn man, wie gezeigt hierdurch nicht. brachten so den Straßenbahnverkehr der ganzen Stadt zum wurde, den preußischen Polen gegenüber eine direkt entgegen- Auch die Kreuzzeitung " nimmt, aus anderen Gründen Stehen. Die Stadt wird von den der Regierung treuen gesetzte Politik treiben muß? Sönnen die nationalen Stämpfe, als wir, gegen das Projekt in scharfer Weise Stellung. Sie Truppen militärisch bewacht. die in Litauen und Kurland zu erwarten sind, sich nicht zu spricht von einer berhängnisvollen Wendung Petersburg , 6. November. ( Petersburger Telegraphen- Agentur.) einer schweren inneren und äußeren Gefahr für das Deutsche unserer östlichen Politik und erinnert an den Nach ergänzenden Meldungen hat sich ber hat sich ber Streitfall Reich auswachsen? früheren Vorbehalt, daß alles Endgültige und Abschließende amischen dem rebolutionären militärischen us. Die Wirkung der geplanten Annegionen auf Rußland dem Friedensvertrag vorbehalten bleibe. Wenn jetzt der öster- fuß, der jüngst vom Petersburger Arbeiter und Soldatenrat