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drohten Genossen und aus Angst vor den fürchterlichen Braupfannen-Cäsaren ins Mausloch kriechen, und die Sozialdemokratie würde sich nicht zu mucksen getrauen. Die Rechnung war falsch. Der überspannte Bogen ist geplatzt. Der Spieß ist umgedreht worden und die großmäuligen schlechten Rechner schreien, als ob sie am Spieß stäken. Geschieht ihnen recht! Wir haben kein Mitleid mit ihnen. Ein bischen Schreien ist gesundheitsförderlich und Fett haben sie ja zuzusetzen. Mögen sie schreien, so viel sie wollen, denunzireu so viel sie ivollen wir lassen ihnen das Vergnügen. Nur eines dulden wir nicht: d a ß s i e lügen. Wir dulden nicht, daß sie sagen, der Boykott sei von uns vorbereitet und organisirt worden. Das ist g e l og e n. Der Boykott hat weder mit deni ersten Mai noch mit der Rixdorfer Versanimlnng etwas zu thun. Er ist hervorgerufen worden einzig durch die frivole, unmenschliche Entlassung der LOpCt. Brauerei-Arbeiter. Aus dieser Thatsache ergiebt sich alle? Weitere. So lange jene durch nichts zu rechtfertigende provokatorische Maßregel nicht widerrufen ist, bedingungslos widerrufen, dauert der Boykott fort. Die Arbeiterklasse hat ihre ökonomische Macht kennen gelernt. Sie ist durch die Herren K a p i t a l i st e n dazu gebracht worden, sie zu begreifen und zu benutzen. Den ersten deutschen sozialistischen Boykott hatten wir 1880 in Sachsen unter dem Sozialistengesetz, das den Herren Bourgeois nicht genügte und dem sie noch die völlige Vernichtung des Versammlungsrechts durch Abtreiben der Säle hinzufügten. Jener erste Boykott, oder richtiger G e g e n boykott, war erfolg- reich in den Ring der Saalabtrciber wurde der erste Riß gebrochen. Und ein heiteres Vorzeichen des Sieges ist es uns in dem gegenwärtigen Kanipf, daß die Cäsaren der Braupfanne in ihrer Verzweiflung kein anderes Rettungs- mittel haben entdecken können, als den alten, rissigen Saal- abtreiber-Ring nochmals zusammenzuflicken. In der That, sie habenihr Sach auf nichts gestellt." Den Ring haben wir gesprengt, und wir werden ihn sprengen. Von wem leben dann die Wirthe in Ärbeiterstädtcn und Arbeitergegendcn? Und von wem leben dort über- Haupt die Geschäftsleute? Boykott gegen Boykott. Gegen den Boykott von oben der Boykott von unten. Militär-Boykott, gesellschaftlicher Boykott, ökotwmischer Boykott, schwarze Listen, kurz auf allen Gebieten gegen uns der Boykott bis zur Vernichtung. Und da sollen wir wie Hümmel uns ruhig abwürge» lassen? O nein, Ihr Herren. Was dem Einen recht ist, ist dem andern brllig. Habt Ihr das Recht,Euere" Arbeiter zu entlassen, wenn sie nicht Eure Sklaven sein wollen, so haben wir das Recht, denen, die von uns leben, unsere Kundschaft zu entziehen. Ja, das ist es, was Euch erschreckt, Ihr Herren Protzen: denen die von uns leben." Die Arbeiter haben entdeckt, daß die Kapitalisten und Unternehmer von ihnen leben. Und die Sozialdemokraten haben entdeckt, daß sie, entsprechend der Stimmenzahl bei den Reichstags- wählen, ein gutes Viertheil des Deutschen Volks darstellen, das heißt einenStaat im Staat" von über 12 Millionen Menschen. Welche ökono- mische Kraft in diesen zwölf Millionen! Welcher Markt! Man führt Kriege, stürzt sich toll in eine Millionen verschlingende Kolonialpolitik, um Märkte zu erobern, die winzig sind verglichen mit diesem sozial- demokratischen Zwöls-Millionen-Markt. Wir kennen unsere Macht. Wir wissen, was wir können und was wir nicht können. Zu diesem Boykott hat man uns g e n ö t h i g t er ist eine Maßregel der Abwehr gegen schnödes Unrecht und nichtswürdige Vergewaltigung. Wir haben den Kampf nicht begonnen, aber komme, was komme wir führen ihn durch bis zu erreichten, Zweck. VoNNsrhe AeberN-ckl». Berlin , den 16. Juni. Die Reaktionäre an der Arbeit. Der Justiz- auSschuß des Bundesraths hat den Gesetzentwurf, betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Gerichts-Verfassungs- gesetzes und der Strafprozeß-Ordnung, durchberathen und beantragt beim Plenum die Annahme der Vorlage mit unwesentlichen Abänderungen. Zugleich beantragt der Aus­schuß, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, die Ausarbeitung fragte Dagobert betreten, und hätte gern verneint, un- befangen lverneint. Dieser ging aber ohne Zögern auf den Grund, und drängte mit neuer strengerer Frage, so daß am Ende der Jüngling den besten Theil erwählte.So mögt Jhr's denn wissen;" sprach er:ich verstehe mich schlecht aufs Lügen, besonders wenn Ihr mir ins Auge seht, denn vor den, Manne, den ich am meisten ehre und liebe, habe ich kein Falsch. Es sei also darum. Wahr ist's; seit vor- gestern Mittag bin ich hier, und habe mich sorgfältig von Euer», Hause fern gehalten, weil Ihr mögt mir darob nicht zürnen weil Schwester Wallrade darinnen ein- und ausging. Heute sah ich sie jedoch mit Roß und bepacktem Wagen von bannen ziehen, und säumte länger nicht, hier einzusprechen. Gott segne Euch die Ostertage. Die Fladen mit Euch zn verzehren bin ich hier, und will sie m,r schmecken lassen, so der Himmel will, und Ihr mich gerne an Eurem Tische seht."Tu bringst nicht die Eintracht zu dem Feste," antwortete Diether mürrisch: der Bruder flieht den Ort, wo seine Schwester haust?" Ihr wißt ja, Vater, daß wir's von jeher also hielten," entgegnete Dagobert mit leichtem Scherz:Was Häuschen jung gewohnt, das thut es auch im Alter. Doch, weil ich eben seinen Namen nenne, was macht mein Brüderlein? Ihr sollt sehen, ob wir nicht besser zusammenhalten, als ich mit Wallraden."Wirklich?" spöttelte Diether. Man sollte es kaum glauben. Ein Stiefbruder ist ge- wöhnlich nicht der Geliebtere."Hm!" lachte Dagobert, es hat mit dem Kleinen eine besondere Bewandtniß." Dem Vater stieg eine dunkle Flamme der Beschämung bis unter die Haare. Der arme Junge war stets krank," fuhr Dagobert fröhlich fort,nun ist er aber gesund, wie ich höre. Sehl, schon dieses freut mich ungemein. Doppelt lieb muß ich aber den Burschen haben, weil..." Weil...?" unterbrach ihn Diether gespannt und heftig.Weil ich komme, um mit dem armen Schelm sein Erbe zu theilen. Seht mich nur verwundert an. So wie Ihr mich vor Euch erblickt, habe ich mich mit der eines Gesetzentwurfs in Betreff der Bestrafung unwahrer (nichteidlicher) Zengenaussagen in Erwägung zu nehmen. Bekanntlich birgt die Strafgesetznovelle unter der falschen EtiketteBerufungseinführung" eine Unmenge Vorschläge für einen Apparat, der mit wenig Geräusch Unschuldige zu Schuldigen stempeln. Lästige in Untersuchungshaft bringen kann zc. Inwieweit der Ausschuß diesem Machwerk zu- gestimmt hat, erhellt nicht. Sicher wird zu Beginn der nächsten Reichstagssession die Strafgesetznovelle demReichstag vorgelegt werden. Sie wird Gelegenheit geben, die ungeheuren Schäden der heutigen Rechtspflege im Reichstage eingehend darzulegen und mit unseren dem Progranim entsprechenden Vorschlägen hervorzutreten, die wenigstens in etwas Garantien für eine gerechte Rechtspflege bieten. Wir werden nach Veröffentlichung der Strafgesetz-Novelle deren reaktionäre Schlingen eingehend besprechen. Gegen die Plancner Wahl wollen dieOrdnungs- Männer" Protest erheben. Das Vergnügen ist den Herren zu gönnen, müssen wir doch sonst immer die Proteste er­heben. Angesichts der großen Majorität, die wir erzielt haben, ist es freilich vergebliche Mühe, die sich die Herren geben, selbst wenn ihre Gründe stichhaltig wären. Als Protestpunkte werden uns mitgetheilt: Da soll ein Nachbar das Wahlrecht für den andern mit ausgeübt haben. Das wäre also schon einer; sollte dieser etwa zu- fällig für Uebel gestimmt haben, so würde diese eine Stimme bei den Kartellbrüdern noch ab- und uns zugezählt. Sodann heißt es, daß am Tage der Stichwahl eine große Anzahl von Land- wehrleuten zu einer Uebung eingezogen worden sei; da diese längere Zeit bis zum Abgange des Zuges auf dem Bahnhose verweilen mußten, habe» sich verschiedene von ihnen auf kurze Zeit beurlauben lasse», die sie zum Wählen benutzten. Nun bestimme aber§ 2 des Wahlgesetzes: Für Personen des Soldatenstandes, des Herres und der Marine ruht die Be- rechtigung zum Wählen so lange, als dieselben sich bei der Fahne befinden. Gerisch werden sie doch nicht ans dem Reichstage hinausbringen. Höflichkeit verstehen gewisse Leute ebensowenig wie das Flunkern. Die Leistung eines hiesigen anti- semitischen Lokalblatts, das eine sozialdemokratische Vor- stands- und Vertrauensmänuer-Versammlung erfand, zu- sammenberufen, um über die Bedrohung unserer Partei durch den Antisemitismus zu berathen, wurde von uns gestern in höflicher, wenn auch nicht ernster Form, als schlechter Scherz bezeichnet. Die Höflichkeit war übel- angebracht und heute berichtigen wir uns dahin: das be- treffende Lokalblatt hat nicht harmlos geflunkert, sondern einfach gelogen. Und zivar ist seine Notiz von A bis Z erlogen. Das ist wohl deutlich! Die unglücklichen Blätter, die auf dies plumpe Lügengeflunker hineingefallen sind und in dem Aberwitz glauben konnten, der Vorstand und die Vertrauensmänner der Sozialdemokratie vertrödelten die Zeit mit Debatten über derlei Allotria, zollen wir unser aufrichtiges Mitleid. Auf Wunsch einiger Genossen theilen wir das Lügen- gewebe des Antisemitenblattes unseren Lesern auch noch mit: DieStaalsbürger-Zeituna" berichtet über eine geheime Sitzung der in Berlin anwesenden sozialdemokratischen Ab- geordneten, zu der auch Vertrauensmänner aus der Stadt mittels eingeschriebener Briefe eingeladen waren. Diese Sitzung fand am Mittwoch Abend 9 Uhr im Bureau des Parteivorstandes in der Katzbachstraße unter dem Vorsitz des Abg. Auer statt und hatte nach dem derStaatsb.-Ztg." zu- gegangenen Bericht folgenden Verlauf: Der Abgeordnete Bebel führte als erster Redner folgendes aus: Die Agitation der Antisemiten in, ganzen Reiche und besonders in Berlin habe einen Umfang angenommen, der eine direkte Ge- fahr für die Weilerentwickelung der sozialdemokratischen Partei bedeute. Aus diesem Grund sei es nothwendig ge- worden, sich endlich einmal darüber klar zu werden, welche Schritte zu thun seien, um dieser Gefahr erfolgreich entgegen- treten zu können. Die bisherige Kampsesweife gegen die anti- semitischen Bewegung habe das gerade Gegentheil von dem be- wirkt, was sie bezwecken sollte. Die ungeheuren Fort- schritte der Antisemiten, besonders in Sachsen , bewiesen dies. Am IS. Juni v. I. habe man in den weitesten Parteikreisen erwartet, daß die Zahl der Abgeordneten zum Reichstage auf mindestens 8090 steigen würde; man habe sich aber getäuscht. Für ihn(Bebel) unterliege es keinem Zweifel, daß der Grund dieser geringe» Erfolge größtentheils darin zu suchen sei, daß ein großer Theil der soziaIdemokraiische»!Wähler zu den Antisemiten übergegangen sei. Und welches.istsder Grund dieser Massenflucht, meine Herren? Ich will es Ihnen sagen. Tie Wähler werden mißtrauisch; die fortwährenden Hinweise der antisemitischen Presse auf den jüdischen Einfluß in unserer Partei bestimmen die weniger prinzipienfesten Genossen, sich Kirche abgefunden, oder sie vielmehr mit mir. Sie' kann mich nicht brauchen, und hat der Mutter Gelübde gelöst, als ob es aufs beste erfüllt worden wäre."Wie?" fragte Diether:Das ist nicht möglich. Wie solltest Du...?" Wenn Ihr Latein verstündet," fiel hinwiederum Dago- bert ein:so würde Euch dies Pergament gemig sagen, um zu glauben, was ich sage. Ich habe aber der Ursachen mehr, zu staunen ob Eucrm seltsamen Betragen, Vater. Brachte ich Euch die frohe Mär ein Jährlein früher, so lagt Ihr voll Entzücken an meinem Halse. Heute geberdet Ihr Euch just, als war' es Euch zuwider, was ich bringe, und doch habt Ihr selbst mehr denn hundert Mal mein Geschick beklagt, da es noch unabivendbar schien."Wie soll ich mich freuen," brach Diether los,wenn ich aus allem entnehmen muß, daß Dein wüster Lebenswandel allein hier den Ausschlag gegeben. Nicht würdig hat man Dich befunden, das Meßgewand zu tragen, und zu binden und zu lösen. Ich weiß, was Costnitz und des Konziliums Väter von Dir denken, wie unzählige Mal Du Deinen Ohm gekränkt, mißhandelt, daß er am Ende seine Vaterhand von Dir abgezogen."Ho!" versetzte Dagobert, sich mit dem Zeigefinger auf die Stirue tippend:Jetzt weiß ich mit einem Male, woher es blitzt. Wallradchen hat mein Bettlein ausgerüttelt, und mir's fein bequem gemacht im Vaterhause. Recht so, wo sich der Teufel anlehnte, macht sich auch der weißeste Bermel voll Ruß. WaS lieb Schwester­lein indessen gesagt haben mag,... glaubt mir, lieber Vater, es ist erlogen. Was den würdigen Ohm betrifft, so muß ich lächen, und behalte mir vor. Euch kund zu thun, wie ich meine Hand von ihm abgezogen habe. Des Papstes Breve aber, aus dem man vielleicht ein Zeugniß meiner lüderlichen Sitten machen möchte, soll Euch Pater Johannes verdeutschen. Bis dahin habt mich jedoch lieb, und laßt mich das Brüderlein küssen."Deinem Wunsche kann alsobald Genüge geschehen;" erwiderte Diether:hier kommt soeben die Mutier sammt dem Sohne." (Fortsetzung folgt.) ein wenig umzuschauen, und was stehen Sie da, datz die in der Gesammtpartei prozentual doch sehr gering vertretenen jüdischen Genossen, gleichwohl unter den Führern und sonstigen im Vordergrunde der Bewegung stehenden Genossen in unverhältnißmäßig starker Zahl vertreten sind. (Widerspruch.) Jawohl, es ist doch so, täuschen wir uns doch nicht darüber hinweg! Um also diese wankelmüthigen Elemente, und ihrer sind sehr viele, in der Partei festzuhalten, ist es nothwendig, daß sich die jüdischen Genossen möglichst von allen offiziellen Aemtern in der Partei fern halten, um auf diese Weise das Mißtrauen zu beseitigen, als ob die Sozialdemokratie sich in den Händen der Alliance Jsraelite befände, und zwar so lange(!) sich fern halten, bis es uns gelungen ist, wie eine eiserne Disziplin in die Massen zu bringen. Diese Erwägung hat uns auch geleitet, als wir in der Fraktion beschlossen, daß ein Theil der jüdi- schen Genossen ihre Mandate nach und nach niederzulegen haben unter glaubhaften Gründen. Nur einige der unentbehrlichsten Parteigenossen werden bleiben. So schwer uns dieser Schritt geworden ist, er war nöthig, wenn die Partei nicht ihren Unter- gang entgegengehen sollte. Nach Bebel nahm Packuscher (Jude, Vertrauensmann im 5. Kreise) das Wort: Der Rücktritt der jüdischen Genossen von den Parteigeschäften werde, so meinte er, verhängnißvoller sein, als alle Antisemiten der Welt. Die jüdischen Genossen seien die tüchtigsten Männer der Partei. Abgeordneter Singer: Er könne sich den Worten des Vorredners nur voll und ganz anschließen. Es müssen andere Mittel und Wege gefunden werden, die Partei vor dem Geist m schützen, der in die Massen eingerissen sei. Uebrigens sei Bebel's Schilderung von dem Einfluß der Antisemiten zu schwarz. Nachdem noch mehrere Redner gesprochen, darunter Auer und Liebknecht im Bebel'schen Sinne, dagegen Voigtherr, Tutzauer, Wurm im Sinne Singer's. nahm der ebenfalls anwesende sächsische Landtags- Abgeordnete Kaden das Wort, um zu konstatiren, daß seit den letzten Reichstagswahlen sich die sächsischen Polizeibehörden früher nicht gekannteunerhörte Uebergriffe"(?) erlaubten. Er erinnerte an die Verhaftung des Redakteurs Gradnauer und Genossen und führte das darauf zurück, daß die sächsische Polizei aufgehört habe, die Sozialdemokratie zu fürchten, seitdem sie die hoch- gekommene antisemitische Bewegung als Gegengewicht gegen die- selbe zu betrachten beginne. Im übrigen stellt sich Kaden auf den Standpunkt Singer's. Nachdem man beschlossen hatte, diese Angelegenheit kurz nach Schluß des nächsten Parteitages mit sämmtlichenDelegirten nochmals in einer geheimen Versammlung zu berathen, wurde die Sitzung geschlossen. Vom Todtenbette des Freisinns. In Sack und Asche sollten die Freisinnigen über ihren Niedergang trauern. All ihr Gebelfer über den Bierboykott täuscht niemanden darüber, daß der Frosch trotz allen Gequackes nur ein Frosch bleibt, daß Eugen Nichter, so voll er den Mund gegen die Arbeiter auch nimmt, ein Offizier ist, den die Reste einer in Auflösung begriffenen Armee sich anschicken zu verlassen. DasBerliner Tageblatt" selbst weist auf den eben nicht mehr zu läugnendcn Rückgang der freisinnigen Partei hin. Das Blatt schreibt: Betrachten wir nur die Wahlen in Meseritz -Bomst , Plauen und Pinneberg . 1893 1894 Mssereitz-Bomst 1381 33 freisinnige Stimmen Plauen 3961 1999 do. Pinneberg 6223 5052 do. Das ergiebt also für die freisinnige Volkspartei denn diese stellte in allen drei Fällen den Kandidaten einen�V er- l u st von 4431 Stimmen. Das bedeutet einen Rückgang von mehr als einem Drittel der Stimmen und mit anderen Worten ein voll- ständiges Verschwinden der freisinnigen Volkspartei vom politischen Schauplatze bei den nächsten Wahlen. Wenn eute fast alle Abgeordneten der freisinnigen Volkspartei los von der Sozialdemokratie Gnade im Reichstage sitzen, so werden sich die Gelehrten von derFreisinnigen Zeitung" wohl selbst sagen, daß auf die Hilfe unserer Partei bei Stichwahlen nicht mehr zu rechnen sein dürfte. Dann fehlt noch in den sich noch zu dieser im Abbröckeln begriffenen Partei rechnenden Kreisen das, was den Niedergang noch aufhalten könnte, die Einigkeit, der Opfermuth und die stramme Disziplin. Gerade ein Jahr nach der Spaltung der deutschfreisinnigen Partei, steht die freisinnige Volks- partei vor der Eventualität einer Spaltung in eine reine Manchesterpartei und eine die in ganz verdünnter Wassersuppen-Sozialpolitik machen will. Aber selbst den behutsam nach vorwärts strebenden Theilen der Partei fehlt die Zuversicht. DasBerliner Tageblatt" bescheinigt das den Reformerlnstigen in ganz richtiger Weise mit folgenden Ausführungen: Die Funktionen der äußerstenLinken sind auf die Sozialdemokratie übergegangen. Ihren Vormarsch hält man durch«in paar Tropfen sozialen oder sozialistischen Oelei nicht mehr auf. Man muß sozialpolitisch seine Schuldigkeit thun, natürlich, aber man darf nicht darauf rechnen, damit große Geschäfce für die Partei zu machen. Es ist zu spät. In den sechziger und>>ebziger Jahren war es Zeit, da konnte man. unser liberales Parteiwesen noch in englische Bahnen lenken. Jetzt ist die Sozialdemokratie schon zu mächtig, der Klasseninstinkt des Arbeiters zu lebendig geworden, als daß die bürgerlichen Parteien in den Zentren der Industrie das verlorene Terrain leichter Hand wieder» gewinnen könnten. Zu einer reinen Bourgeoispartei muß der Freisinn werden, sagt das Tageblatt, als ob die um Richter, wie die um Äickert nicht genau ebenso wie die um Bennigsen und Hammacher Vertreter reiner Bourgeois- interessen waren und sind. Was das Tageblatt sagen will, ist nichts anderes, als daß die beiden freisinnigen Gruppen sich mit der nationalliberalen Partei vereinigen müssen, um ihr Scheinleben noch etwas länger fristen zu können. Auch das wird nicht helfen, denn der deutsche Liberalismus ist in allen seine» Schattirungen dem baldigen Untergange geweiht. Eugen Richter freut sich auch über Boykotts, aber sie muffen vo» den Besitzenden ausgehen. In seinerFrei- sinnigen Zeitung" findet sich in seiner wohlgepflcgten Boykottrubrik die folgende Notiz: Die Mindener Brauerei, die Feldschlößchen-Branerei, die sich der Sozialdemokratie für den Bicrkrieg gegen die Braun- schiveiger Brauereien zur Verfügung stellle, Hai infolge dessen für das Osfizierkasino, die Kantinen, die verschiedenen Lokale, in welchen Beamte und Offiziere Vorzugs- weise verkehren, die Bierlieferung verloren. Dasselbe ist in bezug auf eine Anzahl Wirthschasten der Fall, in ivelchen bürgerliches Publikum verkehrt. Das hervorragendste Wirlh» schafls- Etablissement, bisTonhalle"(zugleich Sladttheater). gehört der Brauerei, und da sich auch ans dieser das Publikum theilweise zurückgezogen hat, so hat der Wirlh der Brauerei gekündigt. Herr Richter kann sich beruhigen, die Leiter»der Diindener Brauerei haben sicherlich als gewiegte Geschäfts- leute genau den Nutzen einer Bierlieferung für die Sozial- demokratcn und die von der organisirten Bourgeoisie zu