Tr. 332
- 1917
Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Dienstag, 4. Dezember Napoleon nahm den spaßigen Vorfall feineswegs von der humo- eigneten Zweige ist in der Tat bereits in wenigen Wochen ein Er
Waffenstillstände und ihre Geschichte. ristischen Seite, sondern schrieb seinem Marichall einen bitterböfen folg zu erzielen. Damit man zu dieſem gelangt, erhalten fie alle
Brief, der mit den Worten schloß:„ Sie bringen mich um die Frucht eines ganzen Feldzuges".
Es ist die Regel, daß Waffenstillstände schließlich zum Friedensschluß führen; allein wie von jeder Regel, so gibt es Ausnahmen auch von dieser. Das berühmteste Beispiel einer solchen Ausnahme bietet wohl der Waffenstilstand, der nach den Schlachten von Lügen und Baugen zwischen Napoleon und den Verbündeten geschlossen wurde. Es ist ein weltgeschichtlicher Waffenstillstand geworden. Denn in ihm entschied sich die Frage, ob Defterreich auf die Seite der Verbündeten treten würde oder nicht. Napoleon rechnete mit Sicherheit darauf, seinen Schwiegervater von den Vebündeten ab trennen zu können, und die deutschen Patrioten zitterten, daß unverhältnismäßige Zugeständnisse ant Napoleon bie Befreiung Deutschlands zunichte machen könnten. Aber Napoleon zeigte sich selbst sehr entgegenkommenden Friedensvorschlägen gegen über unzugänglich, und damit entschied er fein Schicksal. und einen luftigen Fiedelbogen hat. Als die legte Stunde des Waffenstillstandes geschlagen hatte, atmeten die Stein und Arndt, die Blücher und Gneisenau erleichtert auf, das Los des Korsen war geworfen; und es waren Augenblicke dramatischer Spannung, die das Ende dieses Waffenstillstandes begleiteten. Umgekehrt hat wohl nie ein Waffenstillstand dramatischer begonnen, als der, der 1866 den Friedensschluß zwischen Breußen und der habsburgischen Monarchie einleitete. Am 22. Juli standen Desterreicher und Preußen bei Blumenau im Gefechte, und noch tourde von beiden Seiten hart um die Entscheidung gerungen, als gegen Mittag die Nachricht von dem vereinbarten Waffenstillstande eintraf und so dem Stampfe mitten in seiner Entwicklung ein Ende machte. Da hieß es" Das Ganze halt", und bald hatte der Frieden den Krieg abgelöst.
Es pocht an eure Türe! Ueber die weiße Unendlichkeit des Schnees geht die gütige Dezemberlegende in einen Sternenmantel gewickelt. Aber wie ein greifer, graufiger Rhapsode mit wehendem, weißem Bart steht draußen der Krieg und jagt seine blutigen Balladen in das filberfunkelnde Christnachtsglück hinein.
Es geht ein großes, langes Weinen über unser Vaterland. Kleine Hände pochen an eure Türe.. Sie haben feinen Vater mehr.
Sie wissen nichts von einer Kindheit, die wie ein Märchen ist Es geht ein großes Traurigwerden über Kleine Gefichter, die ihren Vater suchen, der nicht mehr weiß in seinem falten Soldatengrabe, wie feine Kinder lachten, als fie sich an seinen Baterfnien die kleinen Nasen plattdrückten, wenn er ihnen im Feierabendlichte frohe Geschichten erzählte!
zwei Tage frisches, lauwarmes Wasser und werden täglich morgens, mittags und abends ebenfalls mit lautvarmem Wasser derart mittels des Bestäubers bespritzt, daß sie tropfen. So behandelt, stehen die Zweige der Forinthia, Mandel, Aprikose, Spiroea prunifolia, Stachelbeere, Catters und Korneliusfirsche, der Pflaume, Schlebe und des Pfirsichs und Seidelbastes bis Weihnachten unbedingt in reichem Flor. Ist das Glüd gut, so zeigen sich auch an Birnenzweigen einige Blüten. Jahren ist der finnige Brauch der Barbarazweige in verschiedenen In den letzten Gegenden unseres Vaterlandes wieder aufgelebt. Vor allem hat man immer mehr Gefallen daran gefunden, das Haus zum Weihnachtsfest mit Blumen zu schmüden, eine Sitte, die freilich jetzt, da auch die Blumen sehr teuer geworden sind, stark eingeschränkt werden muß. Dagegen verursacht es nur geringe Stoften, wenn man sich die geeigneten Zweige verschafft, um sie für das Weihnachtsfest im eigenen Simmer zum Blühen zu bringen."
Ein Arbeiter- Sänger- Konzert. Wenige Monate vor Kriegsbeginn erinnere ich mich recht Warmer Herdrauch steigt aus euren Schornsteinen, die ihr noch stellte sich der neugebildete Frauen und Mädchenchor was Liebes habt, das euch auf der Erde hält, ihr finderlosen Ehe- Norden" zum ersten Male mit Gesangproben vor. Später noch paare und ihr Junggesellen, ihr Witwen und ihr alleinstehenden einmal. Seitdem hat er sowohl an Mitgliederzahl wie an Können Frauen! erfreulich zugenommen. Diesen günstigen Eindrud gewann man Hebt in die Sterne der Christnacht ein verlassenes, frierendes anläßlich seines unter Mitwirkung des Berliner SinfoniKind, das zu euch fam wie das engelumsungene Heilandstöpfchen Dr de sters" am legten Sonntag in den Germania - Prachtfälen in der wunderiamen Dezemberlegende, wo auch so viel Armut ist gegebenen Konzerts. Herr Jan H. v. d. Dries, der jezige Chorund so viel Liebe! meister, hat die Gejangstechnik tüchtig zu entwidein und zu Macht für die verlassenen Kinder in eurem Herzen ein warmes fördern verstanden. Es läßt sich gewiß noch mehr Freiheit Neft zurecht. in der Beherrschung der stimmlichen Mittel vorstellen. Dann wird ein Eegen übers Vaterland hingehen. aber guten Ansaz, Reinheit, flare Aussprache, an- und abMacht auf! Macht auf! schwellende Gebundenheit der Töne( Legato) angeht, so darf sich der Chor schon hören lassen. Bon einigen dreistimmigen Frauenchören schien mir Stein Feuer, feine Kohle" am gelungenften.
Barbarazweige.
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Was
Auch der, Sänger Chor Wedding" ließ sich mit verschiedenen Männerchören bernehmen. In„ Robin Adair", der irischen Bollsweise, noch garter und ausgeglichener in dem Schaußschen„ Ich hört ein Böglein pfeifen... erfreute eine gewisse Kultur des Vortrages.
Gemeinschaftlich an einer größeren Aufgabe waren beide Chöre in dem Melodrama Kolumbus " für Mischchor, Orchester und Rezitation von Julius Beder beteiligt. Hier war es uns cin befonderer Genuß, Adolf Klein , dem unvergessenen bedeutenden Darsteller klassischer und moderner, zumal Ibsenscher Dramengestalten als Sprecher wieder zu begegnen. Das Werk erweckte großes Interesse und hinterließ einen starken Eindruck.
Notizen.
ek.
Bühnenchronit. Tilla Durieur will sich, wie es zurüdzieben. Sie hat ihren Kontralt mit dem fgl. Schauspielhause scheint, aus Rüdsicht auf ihren ertranften Gatten von der Bühne gekündigt. Ihre leßten Rollen( leopatra, Medea ) hatten bewiesen, daß sie in den Uebergang von der schillernden und raffigen Liebhaberin zu heroischen Nollen Kraft und Sonderart mit hinübers genommen hatte.
Die Geschichte der Waffenstillstände geht sehr tveit in der Kriegs. geschichte zurück. Oft ergab sich nach blutigen Schlachten auf beiden Eeiten das Bedürfnis, die Gefallenen zu begraben, die Verwundeten aber zu sammeln und hinter die Front zu führen. Oder handelte es sich um Städtebelagerungen, so gönnte man wohl Fremden und Mag Jungnidel. Frauen eine Frist, die Stadt zu verlassen, und ließ während dieser Anmeldungen an die Geschäftsstelle des Reichsverbandes für Zeit die Waffen ruben. Das sind sozusagen die geschichtlichen Ura Kriegspatenschaften, Berlin W 30, Münchener Straße 49, oder an formen der Waffenstillstände gewesen. Es find auch Fälle vor die örtlichen, amtlichen Fürsorgestellen. gekommen, in denen sich Waffenstilstände infolge der Erschöpfung beider Parteien gleichsam von selbst als zwingendes Bedürfnis aufgedrängt haben. So geschah es während des furchtbaren Ningens um Sebastopol, während dessen man nach jedem großen Kampfe Der Schlachtenmaler Albrecht Adam. der 1780 in Nördlingen auf eine stille Vereinbarung die Feindseligkeiten, fei es für ein paar geboren war, erzählt uns in seiner Selbstbiographie aus seiner Stunden, sei es für einen Tag oder auch einige Tage einstellte, um Jugendzeit: In Nördlingen hat man nicht den düsteren Tannendie gewaltige Menge der Toten beiseite zu schaffen und den Kämpfern baum für die Christbescherung, sondern man setzt schon monatelang einige Ruhe zu gönnen. Und während diefer halberzwungenen vorher den jungen Stamm von einem Kirsch oder Weichselbaum in Waffenstillstände fab man die Soldaten beider Heere, die sich noch einer Zimmerede in einen großen Topf. Gewöhnlich stehen diese eben wütend bekämpft hatten, friedlich miteinander verkehren. Der Bäume bis Weihnachten in boller Blüte und dehnen sich weit an ausgedehnteste und fulturgeschichtlich wichtigste aller Waffenstillstände, der Zimmerdecke hin aus, was man als eine große Bierde betrachtet die je geschlossen worden sind, war wohl die berühmte, Treuga und was auch in der Tat zur Feier des Chriftfestes sehr viel beiDei", jener Gottesfrieden des Mittelalters, durch den der durch trägt. Eine Familie wetteifert mit der anderen, und die, welche Fehden, Striege und Gewalttätigkeiten jeder Art geplagten damaligen den schönsten blühenden Baum hat, ist sehr stolz darauf." Menschheit wenigstens für die zweite Wochenhälfte eine friedliche einigen Gegenden Tirols sucht man noch heute um die Weihnachts In Schonzeit gesichert wurde, zeit einen Kirschbaum im Freien zum Blühen zu bringen. So gräbt In der Regel ist es, wie auch diesmal, der besiegte Teil, der man in Rauggen in der ersten Klöpfelnacht, dem ersten Donnerstag um einen Waffenstillstand ersucht. Doch auch davon gibt es Aus- abend in der Adventszeit, unter einem Kirschbaum Kalt ein; genahmen, und eine der berühmtesten bildet das Vorgehen Bonapartes wöhnlich blüht dann der Baum in der Christnacht. Ehedem nämim Jahre 1797. Damals war er, zum Teil auf Gefilden, die jetzt lich, als nur einzelne Gegenden unseres Waterlandes die lichterden glänzenden Sieg der verbündeten Streitkräfte gesehen haben, strahlende Tanne zu Weihnachten fannten, war die Sitte, am WeihDer Hunger nach Kunst( und auch die Sensation der durch Oberitalien bis nach Leoben vorgedrungen, von wo aus die nachtsfeste das Haus mit blühenden Bäumen zu schmücken, auch in zu erwartenden hohen Preise) nahm in und vor der Ausstellung der Straße nach Wien vor ihm lag. Da richtete er an den Erzherzog anderen Gebieten deutscher Zunge sehr verbreitet. Kaufmann- Sammlung in der Sezession bedentliche Formen an. Es Karl folgenden Brief: Herr Obergeneral! Die tapferen Soldaten Da aber das Treiben ganzer Bäumchen vielen zu umständlich herrschte ein Massenandrang, als wenn die Gans zu 2 M. das führen Krieg und wünschen Frieben. Dauert er nicht schon seit war, begnügte man sich mit einem einfacheren Schmud. Einige Pfund verkauft worden wäre. Und es handelte sich doch„ nur“ um fechs Jahren? Haben wir nicht genug Leute getötet und der Wochen vor Weihnachten brach man mit Blütentnoipen versehene alte Sunstwerke, die nächstens neuem Reichtum Glanz und Hintertraurigen Menschheit nicht genug Hebel verursacht? Sie be- Zweige verschiedener Bäume und Sträucher und stellte sie im gewiefach schuldig: sie hoben den angekündigten freien Eintritt auf grund verleihen sollen. llebrigens machten sich die Veranstalter flagt sich von allen Seiten." Dieser pathetische Brief( im Vereine heizten Zimmer in ein mit Wasser gefülltes Gefäß. Gegen Weih- und verlangten 2 M. Eintritt. Sie haben dadurch das begangen, mit Bonapartes strategischer Stellung) tat seine Wirkung: nachten blühten nun diese Zweige auf. Am meisten wurde zum er führte zum Abschlusse eines Waffenstilstandes, aus dem nach Einstellen der Zweige ins Wasser der 4. Dezember benüßt, der was der Gesetzgeber im eigentlichen Sinne des Wortes unter her Der Friede bon Campo- Formio hervorging. Bona Gedenktag der beiligen Barbara, der Schuppatronin der Artillerie, grobem Unfug" versteht. Sie sind aber auch zivilrechtlich haftbar, partes Aufforderung zum Waffenstillstande war mun jeden die nach der Legende zur Zeit des Kaisers Marimilian in Nikomedia wenn einige der vielen, die infolge unserer Hinweise auf den Gratis falls chrlich gemeint; die Geschichte tennt aber auch den lebte und dort den Märtyrertod erlitt. Nach der heiligen Barbara eintritt hingingen, flagen wollen. Baffenstilstand als Kriegslist. Es war im Jahre 1805, wenige nannte man die blühenden Zweige allgemein Barbara zweige. - Die Porzellanfarit 5. Rosenthal, die in der Tage vor der Schlacht bei Austerlig, als ein Marschall Napoleons , An manchen Orten bildeten die mit Senoipen besetzten Zweige Anfertigung hochqualifizierter und mit Stunstgeschmack durchgeführter Der feine Vorhut befehligte, sich Kutufoff gegenüber sah, und zwar von Fruchtbäumen einen regelrechten Handelsartikel; sie wurden auf Borzellane guten Ruf genießt, hat Bellevueftr. 10 eine ständige Ausfiieß er dabei auf weit größere Streitkräfte, als er vermutet hatte. dem Markte verlauft und selbst von Haufierern feilgeboten. Man stellung ihrer Seunstabteilung eröffnet. Da scheute er denn doch vor einem Gefecht zurück und ließ bei dem benugt die Barbara zweige fogar als Orakel. An manchen Orten Ein russisches Stevolutionsmuseum. Der Ruffen auf einen Waffenstilstand antragen. Der Humor der Sache befchaffte sich jedes Familienmitglied einen Kirschen-, Weichsel -, Bentralausschuß der Arbeiter und Soldatenräte ganz Rußlands lag darin, daß Kutusoff vor seinem Gegner ebenso viel Angst hatte, Apfel- oder Birnbaumzweig und versas ihn mit Mertzeichen. Alle beschloß vor Ausbruch der neuesten Ereignisse, ein Museum zu wie dieser vor ihm. Also ging er mit Eifer auf den Vorichlag ein, wurden nun in einen Topf gestellt und gemeinsam gepflegt. Nach gründen, in dem alle Dentwürdigkeiten aus der Revolutionszeit geberhandelte, zögerte, verschleppte und ließ während dessen seine etwa drei Wochen blühten sie auf, und weisen Zweig sich mit den sammelt werden sollen. Das Museum foll wissenschaftlichen Zweden Armee ganz langiam nach und nach verschwinden. Als die Wer schönsten Blüten geschmückt hatte, dem sollte auch im nächsten Jahre dienstbar gemacht werden. Daher wurde in Aussicht genommen, es Handlungen schließlich abgebrochen wurden, waren die Russen ber- das schönste Glück blühen. bei der Petersburger Akademie der Wissenschaften zu errichten. Jus duftet und den Franzosen war eine günstige Gelegenheit entgangen. zwischen ist ja der bolichetistische Aufstand ausgebrochen.
Die welsche Nachtigall.
Der Roman eines sterbenden Jahrhunderts. 53] Bon R. France.
Baronesse, Seine Durchlaucht der Herr Herzog ist natür lich unbeschränkter Herr über uns alle Lison fühlte einen Stich aber der Deserteur untersteht nicht mehr feiner, sondern der militärischen Jurisdittion. Nur der Herr Oberst Krag von Scharffenstein ist kompetent, ihn zu begnadigen, und Der tut es gewiß nicht."
Warum nicht?"
,, Der Herr Oberst ist der an sich höchst richtigen Ansicht, daß angesichts der wachsenden Unbotmäßigkeit des Bürgertums strenge militärische Zucht unbedingt nötig sei. Er hat noch nie jemand begnadigt."
„ Aber mir wird er es nicht abschlagen." Michalansky machte eine Verbeugung.
Gnädigste Frau Baronin, der Herr Oberst... ein genialer Feldherr... ein Held, oh, er hat die größten Verdienste, aber ein firenger Kriegsmann, er haßt die Frauen." Lison setzte sich ratlos hin. Also war diefer arme Mensch verloren... Das durfte nicht sein... Plöglich kam ihr eine rettende Idee! Man mußte ihm zur Flucht verhelfen. Und niemand anderer konnte dies zuverlässiger bewerkstelligen, als Solms, sein Freund. Sie sprang auf:
,, Michalansky, er muß mir einen großen Dienst erweisen. Ich kann nicht mehr warten, Er muß am besten sogleich zu dem Chevalier de Solms... Und muß ihm sehr diskret eine Botschaft bestellen."
Sie trat vertraulich an ihn heran.
Ich brauche sein Ehrenwort, ich muß mich ganz auf ihn verlassen können. Ich werde sehr, aber sehr dankbar sein."
Michalansky mißverstand das. Verflucht dachte er die geht ins Zeug. Mit plumper Vertraulichkeit flüsterte er eitel:
,, Dh, Madame, Sie machen mich glücklich."
Bison fühlte sofort die Verrückung der Grenzen. Und von diesem Augenblick an war ihr das bisher gleichgültige Subjeft widerwärtig. Doch es gab für den Augenblick keinen anderen Hoffnungsanker.
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Bei richtiger Behandlung und Auswahl der zum Treiben ge, Er soll zehn, nein zwanzig Dukaten als Douceur be-[ aber auch den Polizeiaktuar in der Hand, wenn er zu tommen, wenn er mich zufriedenstellend bedient. Sein Ehren- solchem Zun bereit war. Uebrigens war ihr jetzt kein Opfer wort ist aber verpfändet." mehr zu groß. Seit heute morgen fühlte sie einen neuen Trieb, einen unwiderstehlichen Zwang in ihrer Seele. Sühnen mußte sie, aufopfern mußte sie sich, denn sie mußte dem geliebten Mann ebenbürtig werden. Auch sie wollte jegt fämpfen für Volksrecht und Freiheit....
Michalansky fühlte die Demütigung. Er biß die Zähne zusammen und sagte trocken:
läßt."
Wenn es meine Stellung als Aktuar der Polizei zu
,, Dreißig Dukaten sogleich." Er stuzte. " Ich muß erst hören..
Also er soll Herrn von Solms zu mir führen, ich erwarte ihn heute nacht gegen zehn im Schlößchen ich werd' ihm einen Schlüssel zum Garten geben. Aber heiligste Diskretioner muß fie schwören..
,, Wenn aber Herr von Solms nicht willer ist ber lobt, er liebt seine Braut," sagte frech der Unterhändler. ,, Er wird wollen. Sag' er ihm... nein, zuerst muß er Diskretion schwören hier vor dem Kruzifir."
Michalansky dachte ein wenig nach. Dreißig Dukaten hundertfünfzig Gulden drei Monate Gehalt... feine ganzen so drückenden Schulden betrugen kaum so viel Er war entschlossen. Außerdem hatte er diese Frau von nun an in seiner Gewalt. Sein unfehlbarer Polizeiinstinkt sagte ihm genau, was sie wollte. Sie wollte Beißer befreien durch Solms , um diesem gefällig zu sein. Er warf einen lüsternen Blick auf sie. Wie raffig sie war. Seit vorhin war die Be gierde in ihm erwacht. Hatte er sie in der Hand, war es leicht, auch in ihren Besitz zu kommen... Das wäre kein übler Spaß, mit einem Herzog zu teilen
Er machte ein ernstes Gesicht und ein so treuherzig ehrliches als ihm nur möglich war! ,, Baronin, ich will chrlich reden. Ich brauche Hundert Dutaten."
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Er soll sie haber," sagte sie freudestrahlend. Und nun schwör er." Und Michalansky schwor.
Bei Gott, dem eingeborenen Sohn und bei seinem Schußpatron, er wolle es geheim halten, immer und überall. Zu Solms solle er gehen und ihm sagen, Michalansky habe seine in jener Nacht verlorenen Schriften und wolle sie ihm wiedergeben und ihm auch wichtige Nachrichten sagen wegen Preißer. Ganz deckte sie ihre Starten nicht auf vielleicht aber hatte sie doch schon zu viel gesagt.... Schließlich hatte sie
So leicht, so frei fühlte sie sich schon selbst. Zum erstenmal glücklich und wieder innerlich froh seit ihrer Seindheit.
Es war unerträglich schwül im Zimmer. Sie stand auf, um das Fenster zu öffnen. Draußen brütete der Sommertag. Weiße Wolken blickten wie Schneeberge herab auf den wieder menschenleeren Plat. Und auf ihm erkannte sie deutlich eine lange Bahn voll Blutlachen und einen großen bunkelroten Fleck am Pflaster.
Sie schauerte zusammen. Dann aber ballte sie die Hände und ihre Augen funkelfen wie im Fieber. Drittes Buch. I.
Trotz des Feiertages war die politische Polizei nicht untätig. Der Graf hatte dem Statthalter versproch, selbst die Untersuchung gegen Dr. Widmont und Genossen in die Hand zu nehmen und es durfte feine Stunde mehr versäumt werden, um den großen Schlag zu führen.
Morawigky saß an diesem unerträglich schwülen Nachmittag in der Kanzlei, in der viel Leben war, wenn auch äußerlich der ganze Statthaltereistod jene gespenstige Langeweile atmete, die über allen Staatsgebäuden an Sonntagen ruht.
Auch Besl war im Dienst und draußen wartete sogar der Schnellschreiber, um Protokolle aufzunehmen. Und mit ihm eine kleine Schar von unauffällig Vorgeladenen, denen noch am Morgen zu ihrem größten Schrecken ein Geheimbote eine sofortige Bitierung in die Statthalterei überbracht hatte.
Bebor jedoch Morawitty in die Materie einging, führte er noch ein langes Gespräch mit dem getreuen Besl- nachdem dieser furz folgende Meldung erstattet hatte: Exzellenz, Recherchen in causa Solms und Michalansty erfolgreich gewesen."
Corti, folgt.)