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Nr.357. 34. Jahrg.

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Sozialdemokrat Berlin ".

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.

ferniprecher: Ami Morigolas, Nr. 151 90-151 97.

Sonntag, den 30. Dezember 1917.

Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Nernibrecher: Amt Morigplas, Nr. 151 90-151 97.

Die Zukunft der ruffifchen Weitprovinzen.

Meinungsverfchiedenheiten in Brest- Litowsk .

Die Berhandlungen von Brest - Ritomer find an einem schwierigen Bunft angelangt. Die Russen verlangen Stäu­mung der befekten Gebiete durch die Truppen der Mittel­mächte, Wahl eigener Behörden auf Grund eines demokrati schen Wahlrechts und unter deren Zeitung eine Bolksabftim­mung über die fünftige staatliche Selbständigkeit oder Zu­gehörigkeit dieser bislang russischen Länder. Die Mittelmächte dagegen stellen sich auf den Standpunkt, daß bezüglic Bolens, Bitauens, Aurlands, Teilen von dir land und Estland bereits rechtskräftige Beschlüsse des Bolfswillens vorlägen die auf die Loslösung von Rußland abzielten. Sie verlangen von Rußland Anerkennung dieser Beschlüsse vorbehaltlich eines späteren Volfsvotums auf breiter Grundlage, das zwar nicht in Abwesenheit der Bejagungs­truppen, aber frei von jedem militärischen Drud gefällt were den foll. Demgegenüber bestand die russische Delegation auf ihrer Auffassung, dat als tatsächlicher Ausdrud des Volkswillens nur eine solche Willenserklärung be­trachtet werden kann, die als Ergebnis einer bei gänzlicher Abwesenheit fremder Truppen vorgenommenen freien Abstim mung erscheint". Die Rufsen schlugen zur Lösung dieser Frage die Einsegung einer Spezialkommission vor, und dann ber tagte man sich mit tröstlichen Aussichten auf eine Einigung bis zum 4. Januar.

Mir erwarten, daß sich die Vertreter der Mittelmächte bei näherem Nachdenken davon überzeugen werden, daß von bem Borliegen wirklicher Boltsbeschlüsse in Bolen, lich nicht gesprochen werden kann. Die eigentliche Kurland, Bitauen und Zeilen von Estland und Livland ernst Entscheidung würde daher doch erst bei dem allgemeinen Boltsvotum fallen, das die Vertreter der Mittelmächte in Aussicht gestellt haben. Daß dieses Volksvotum ein richtiges Bild von den Wünschen der Bevölkerung ergibt, liegt im Interesse aller Beteiligten. Auf dieses Voltsvotum und seine Sicherung gegenüber allen gewaltsamen Beein­flussungen wird daher das Hauptgewicht zu legen sein.

während wir uns noch mit anderen starken Mächten im Kriege befinden. Diese, Mächte zum Frieden zu bringen, ist nicht nur eine militärische, sondern auch eine politische Aufgabe, denn die Grenze, an welcher der Kriegswille in den Friedens willen umschlägt, ist keine feststehende, mechanisch bestimm­bare, sondern eine elastische, von seelischen Faktoren beein­fiußte.

In der wichtigen Frage der

nebit ben näheren Umständen und dem Beginn und Verlauf der Frist der Räumung nebst ben näheren Umständen und dem Beginn und Verlauf der Demobilisation des Heeres wird durch eine besondere militärische beiden Artikeln des zu schaffenben Präliminarvertrages nach­Stommission bestimmt." stehende Fassung zu geben:

Demgegenüber schlug Deutschland vor, den erflex

wurde von rufiifer Seite folgender Vorschlag gemacht: Behandlung der beiderseits beschten Gebiete In voller, Ucbereinstimmung mit der offenen Erklärung der beiden vertragichtichenden Teile, daß ihnen kriegerische Pläne fernliegen und daß sie einen Frieden ohne Annegionen schließen wollen, giebt Rußland feine Truppen aus den von ihnen off upierten Lei­Um diese Grenze bis ins Unendliche hinauszurüden, ten Oesterreich ungerne, der Türkei und Persien haben sich die Kriegsschürer das Bild von dem treulojen bar zurüd, und die Mächte des Vierbundes aus Bolen, Litauen , borischen Erobererstaat Deutschland zurecht gemacht. Wir Kurland, und den anderen Gebieten Rußlands . haben geschen, daß der Kriegswille der Gegner in dem Maße Entsprechend den Grundsäken der russischen Regierung, die dos findet, in dem der Glaube an die Lebensähnlichfeit dieses Recht aller in Rugland lebenden Bölter ohne Ausnahme auf Selbst­Berroilds ins Wanken gerät. Die Friedensresolution des bestimmung bis zur Absonderung verkündet hat, wird der Be­Reichstags und das jüngste Bekenntnis der Mittelmächte zu bölferung dieser Gebiete die Möglichfeit gegeben eitem annerionslosen Frieben haben nicht weniger dazu bei werden, binnen fürzester, genau bestimmter Frist vollkommen getragen, den Kriegswillen der feindlichen Völker zu erfrei über die Frage ihrer Vereinigung mit dem einen schüttern als die gewaltigen Schläge, die in Ost und West aus- oder anderen Reich oder über die Bildung eines fels. pete it worden sind. ständigen Staates zu entscheiben. Hierbei ist die Anwesen­Weil wir diese Wirkung hoch einschäßen und von ihrheit irgendwelcher Truppen in den abstimmenden Gebieten nicht zu­nicht allein oom Erfolg der Waffen Deutschlands Geil er- läffig, außer von nationalen oder örtlichen Miligen. Bis zur Ente warten, muß uns alles, was sie beeinträchtigen fann, mit tiefer fdjeibung dieser Fragen aber liegt die Verwaltung diefer Gebiete Sorge erfüllen. Darum wünschen wir eine Einigung mit in den händen von in demokratischer Weise gewählten Vertretern ußland in dem Sinne, daß von beiden Teilen überein der ärlichen Bevölkerung selbst. Die stimmend das Schicksal der Bevölferung der befepten Gebiete in deren eigene and gelegt wird und daß dies in Formen geschieht, die an der Aufrichtigkeit der Mittelmächte feinen peifel gestatten. Wenn Rußland jenen Böllern jede Frei müssen auch die Mittelmächte ihnen in gleicher Weise jede heit gewährt, felbft die, fich von, Rußland abzusondern, fo Freiheit gewähren, auch die, sich an ugland wieder an& ujhließen oder nach beiden Seiten hin ihre boII­ständige unabhängigkeit zu begründen. Dann, aber auch nur dann wird das Vorbild des russischen Friedens auf alle Bölfer eine unividerstehliche Kraft ausüben. Andern­falls fönnten wir am Tage nach dem Abschluß des Sonder­friedens Völkern gegenüberstehen, die nur noch von dem einen Die Schwierigkeit der Lage, in der sich die Mittelmächte Gedanken erfüllt sind, keinen Frieden wie Rußland schließen befinden, ist nicht zu verkennen. Als Offupationsmächte miiffen. Der allgemeine Frieden könnte dadurch weiter haben sie sich naturgemäß in den besetzten Ländern auf die hinausgerüdt werden, als die Gläubigen der absoluten jenigen Bevölkerungsteile gestützt, die dem Gedanken einer Kriegsmechanik heute wahr haben wollen. Anlehnung nach dem Westen freundlich gegenüber­fiehen. Ganz ähnlich hat das zarische Rußland gehandelt, als es fich im Besitze Ostgaliziens befand, dessen Vereinigung mit der Ukraine es anstrebte. Man hat damals in Rußland auf Grund von Zeitungsberichten ganz gelviß geglaubt, daß die Bevölkernug des vorwiegend ruthenischen Oitgaliziens in den russischen Generälen ihre Befreier begrüße. Die Mittelmächte Breft- Litest, 28. Dezember. Im Laufe der heute vormittag haben in den besetzten Gebieten Behörden gebildet, die sie abgehaltenen Besprechung zwischen den Delegationen der Verbün­felbst als Bertreter einer werdenden Staatsautorität betrach deten und Rußlands wurde die vorläufige Beratung teten. Es ist begreiflich, daß sie diese Behörden nicht ohne liener Puntte beendigt, die auch bei Abschluß bes weiteres ausschalten lassen wollen. allgemeinen Friedens zwischen Rußland einerseits und Auf der anderen Seite aber steht die Gefahr, daß in den diesen Mächten andererseits geregelt werden müssen. bejetten Gebieten Scheinbeschlüsse zustande kommen,! Diese Beratungen find im Geiste der Versöhnlichkeit und des gegen­die dem wirklichen Willen der Bevölkerung nicht entsprechen, feitigen Verständnisses geführt worden. In einer ganzen dennoch aber über ihr Schicksal und über das fünftige Ver- Reihe wichtiger unite wurde die Basis für eine Einigung hältnis zwischen Deutschland und Rußland für alle Zeit ent- gefchaffen. Außer politischen Fragen wurden auch solche recht­scheiden. Wie aber dann, wenn das Bolksvotum nicht den licher und wirtschaftlicher Natur verhandelt und vorbehalt­Wünschen der von den Mittelmächten eingesetzten Behörden lich der Prüfung durch die heimischen Behörden und der endgültigen entspricht, oder noch schlimmer- wenn ein angebliches Redaktion in befriedigender Weise geregelt. Boltsvotum zustande kommt, gegen das dann die wirkliche Zunächst wurde Boltsmehrheit Sturm läuft.

zu

Die Friedensverhandlungen.

Einigungen und Differenzen.

Sein Zweifel kann daran bestehen, daß die moralische Wir. fung der neuen von Brest - Ritowst ergangenen Aufforderung zum allgemeinen Frieden durch die deutsch russische Differena geschädigt wird. Es kann nicht ausbleiben, daß man in England und Frankreich sagen wird, die Mittelmächte auf Vertragsrechte berufen tann. Rriegsgesete sollen auf hätten sich zwar der Phraseologie des neuen Rußland, aber nicht dessen demokratischem Geift angepaßt.

Einigung über die Wiederherstellung des durch den Krieg unterbrochenen Vertragszustandes erzielt. Ferner wurde vereinbart, daß in rechtlicher wie in wirt schaftlicher Beziehung das eine Land vom anderen nicht schlechter behandelt werden sole, als irgend ein drittes Land, das sich nicht gehoben, die davon Betroffenen in ihre früheren Rechte wieder eingefeßt aber entschädigt werden. In weiteren Bestimmungen werden die für die Kriegskaften und Kriegsschäden aufge­ftellten Regeln näher ausgeführt Ramentlich einigte man sich auch über bie Behandlung ber ben Bibilangehörigen außer halb des Kriegsgebiets erwachsenen Schäden.

Demgegenüber muß es die Aufgabe der Mittelmächte sein, durch ihre Haltung zu beweisen, daß ihr Bekenntnis zum an­nerionslosen Frieden aufrichtig gemeint ist und daß sie nicht etwa beabsichtigen, ein fünstlich zustande gebrachtes Boltsvotum als Vorspann für imperialistische Pläne zu ge Heber die gegenseitige Freilassung und Geim brauchen. Ein solcher Versuch würde zu keinem anderen Er- beförderung von Kriegsgefangenen und Sivilinternierten folge führen als zu neuen Reibungen außen wie innen. wurde grundsägliche Ginigung erzielt. Das gleiche gilt Wir wünschen einen haltbaren Frieden mit Rußland . von der Müdgabe der beiderseitigen Rauffahrteischiffe End einen Frieden, der nicht nur die Bolichemikiregierung über- lich wurde die schleunige iederaufnahme ber biplo. dauert und nicht nur die Zeit, die Rußland braucht, um neue matifchen und konsularischen Beziehungen vorge räfte zu sammeln. Nichts ist leichtfertiger als die von den sehen. In wirtschaftlicher Hinsicht ergab sich völliges Einverständ­Alberlichen vertretene Auffassung, Rußland fei für vierzig nis über die fofortige Einstellung des Wirtschaftsfrieges, über die bis fünfzig Jahre fertig, ihm könne daher jeder Frieden auf- iedereröffnung des Sandelsverkehrs und über erlegt werden, und dann könne man fich getroit nach der an- bie Einrichtung eines organisierten Warenaus beren Seite wenden, um dort die gleiche Operation vorzu- tauichea. Ferner wurde in Wesentlichen Uebereinstimmung nehmen. Man soll nicht vergessen, daß wir mit Rußland über die Grundlage erzielt, auf welcher die wirtschaftlichen Ve Frieden schließen wollen und voraussichtlich schließen werden, lziehungen der beiden Länder dauernd geregelt werden sollen.

Artikel 1. Rußland und Deutschland erklären die Beendigung des Kriegszustandes. Beide Nationen sind ent fchloffen, fortan in Frieden und Freundschaft zusammen zu Teben. Deutschland würde( unter der Borausschung der zugestandenen vollen Gegenseitigkeit gegenüber seines Bundesgenossen) bereit sein, sobald der Frieden mit Rußland geschlossen und die Demobilisie. rung der russischen Streitkräfte durchge= führt ist, die jebigen Stellungen und das befekte russische Gebiet zu räumen, soweit sich nicht aus Artikel 2 ein anderes ergibt.

Artikel 2. Nachdem die russische Regierung, eni­sprechend ihren Grundsäßen, für alle im Verbande des ruffi­fchen Reiches lebenden Völker ohne Ausnahme ein bis zu ihrer völligen Absonderung gehendes Selbst bestim­mungsrecht proklamiert hat, nimmt fie Renntnis von den Beschlüssen, worin der Volkswide ausgedrückt ist, für Polen , fowie für Litauen , Kur­land, Teile von Estland und Libland die volle staatliche Selbständigkeit in Anspruch zu nehmen und aus dem russischen Reichsverbande auszuscheiden.

Die russische Regierung erkennt an, daß diese Kundgebungen unter den gegenwärtigen Verhältnissen als Ausdruck des Volfswillens anzusehen sind, und ist bereit, die hieraus sich ergebenden Folgerungen zuziehen. Da in denjenigen Gebieten, auf welche die vorstehenden Bestimmungen Anwendung finden, die Frage der Räumung nicht so liegt, daß diese gemäß den Bestimmungen des Artikels 1 borgenomen werden kann, so werden Zeitpunkt und Modalitäten der nach russischer Auffassung nötiges Bekräftigung der schon vorliegenden Lostrennungserflä­rungen durch ein Bolkevotum auf breiter Grundlage, bei der irgendein militärischer Drud in jeder Weise auszu­schalten ist, ber Beratung und Festfehung burch eine besondere Kommission vorbehalten. Eine im wesentlichen gleichlautende Formulierung wurde österreichisch - ungarischerseits vorgeschlagen.

und stellte ihre Auffassung daraufhin wie folgt feft: Die ruffische Delegation nahm diese Erklärungen zur Kenntnis Bir stehen auf dem Standpunkt, daß als tatsächlicher Ausdruck des Bolkawillens nur eine solche Willenserklärung betrachtet werden kann, die als Ergebnis einer bei gänzlicher Ab­wefenheit frember Truppen in den betreffenden Ge­bieten vorgenommenen freien Abstimmung erscheint. Daher schla gen wir vor und bestehen darauf, daß

eine flarere und genauere Formulierung diefes Bunktes erfolgt. Wir find jedoch damit einverstanden, daß zur Prüfung ber technischen Bedingungen für die Verwirt. lichung eines derartigen Referendums, desgleichen zur eftfegung einer bestimmten Räumungsfrist eine Spezia ommission eingefekt wird.

3m allgemeinen tann nach dem Verlauf der bisherigen Ver­handlungen mit Befriedigung festgestellt werden, daß dic An