Nr. 6. 35. Jahrg.
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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands.
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Sonntag, den 6. Januar 1918.
Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Feruivrecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.
Aus der Erklärung, die der Unterstaatssekretär b. d. Bussche ant Sonnabend im Hauptausschuß namens des Reichskanzlers abgegeben hat, geht fachlich zunächst hervor, daß sich der russische Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten Troßki mit der russischen Deputation auf dem Wege nach Brest- Litowsk befindet. Die Vertreter der Mittelmächte werden also nicht vergebens gewartet haben. Allerdings kündigt das Telegramm, das der russischen Abordnung vorauseilt, an, daß diese nur über den Wechsel des Verhandlungsortes verhandeln wolle und auf ihrem diesbezüg lichen Vorschlag bestehe.
pou die Rede gewesen!- daß die Regierung durch den Kampf ,, Der Standpunkt des Herrn Reichskanzlers zu dem Selbst. zweier einander widerstreitender Strömungen ins Schwanken bestimmungsrecht der Böller bleibt unverändert, aber dieser geraten ist. Ein solches Schwanfen ist nur dann zu ver- Standpunkt darf keine Deutung finden, dic lediglich von meiden, wenn die politische Eigenbewegung der den Interessen der Entente eingegeben ist. Dic Regierung stark genug ist, um entgegenwirkende Kräfte zu in der neutralen Preffe veröffentlichte Darstellung, als überwinden; dies war aber in den lezten Tagen wieder einmal ob dic russischen Delegierten den deutschen Vorschlag offensichtlich nicht der Fall. vom 28. Dezember als undiskutierbar abgelehnt hätten, ist tatsächlich
Es fragt sich, ob die Dinge wieder ins Zot gebracht werden unrichtig. Die russischen Delegierten haben zwar Bedenken können. Das wird sich wahrscheinlich aus den Verhandlungen gegen die von uns vorgeschlagene Formulierung erhoben, sich indes ergeben, die jetzt in Brest - Bitomst mit dem russischen Volts- ausdrücklich damit einverstanden erklärt, daß über diese Formulierung kommissar und seiner Delegation geführt werden. Man wird in einer Kommission weiter beraten werden sollte, um eine VerDie Frage des Verhandlungsortes fann zu Störungen über die Wahl des Verhandlungsorts reden, aber an das ständigung herbeizuführen. Zwischen unseren und den russischen und Schwierigkeiten Anlaß geben, daß aber an ihr der Selbstbestimmungsrecht der Völker denken, und es ist nur Delegierten war vereinbart, daß die Fortsetzung der Verhandlungen Frieden scheitern tönnte, ist eine geradezu lächerliche Vor- wünschenswert, daß es auch hierüber zu einem Gedankenaus- auch über die strittig verbliebenen Punkte am 5. Januar in Breststellung. Diese Frage wäre gar nicht entstanden ohne den tausch kommt, in dem dann auch die Schwierigkeiten des Ver- Litowst erfolgen sollte. Unsere Berbündeten haben unter diesen UmZwischenfall, der durch die Erklärung der Mittelmächte vom handlungsorts beseitigt werden. ständen mit uns einmütig den Vorschlag der Ruffen nach Veränderung 28. Dezember entstanden ist, und sie wird verschwinden, wenn Die sozialdemokratische Reichstagsfrat- des Verhandlungsortes abgelehnt. über das Selbst bestimmungsrecht der Völker tion tritt heute zu einer Sigung zusammen, von der gestern Inzwischen ist uns von Brest - Litowst folgendes Telegramm zu eine sachliche Einigung erzielt wird. schon gesagt wurde, daß sie pielleicht die wichtigste seit dem gegangen: Nach einer Meldung des Petersburger Telegraphen- 4. August 1914 ist. Inzwischen ist der Standpunkt unserer Am 4. Jannar , 10 Uhr abends, ist hier das in Ueberbureaus hat sich der Zentralsowjet am legten Mittwoch mit Bartei am Donnerstag vom Genossen David, am Sonnabend der Friedensfrage beschäftigt. fetung folgende Hughes- Telegramm ans Petersburg eingeDie ganzen Verhandlungen vom Genossen Scheidemann einer Weise vertreten worden. troffen: drehten sich um die Vorgänge vom 28. Dezemer die jüher nicht nur von der Fraktion, sondern auch von der und nur in dem letzten Satz wird von der geplanten Verbreitesten Maffe des deutschen Boltes gebilligt werden Au die Herren Vorsitzenden der vier verbündeten legung der Verhandlungen in einen neutralen Staat ge- wird. Wir unterstreichen den Sab Davids:„ Wir verlangen sprochen. Zuvor aber heißt es: Die russische Revolution por allen Dingen Ehrlichkeit!" und die Erklärung bleibt ihrer internationalen Politik treu.. Wir verteidigen Scheidemanns gegen die Eroberungspolitik, für das Selbstbe Bolens, Litauens und Kurlands Recht, in wirklich freier stimmungsrecht der Bölfer. In den Verhandlungen mit NußWeise über ihr Schicksal zu verfügen. Niemals werden wir land ist die Ehre des deutschen Volkes engagiert, und anerkennen, daß es gerecht ist, irgend einer anderen Nation es ist eine merkwürdige Verkehrung aller Empfindungen, wenn einen fremden Willen aufzuzwingen." gerade die sich übernational Geberdenden für diesen nationalen Ehrenstandpunkt tein Berständnis aufbringen.
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Mächte.
Die Verlegung der Verhandlungen auf neutrales Gebiet entspricht dem erreichten Stand der Verhandlungen. Ju Aubetracht der Aukunft Ihrer Delegationen am früheren Orte der Verhandlungen wird unsere Delegation zusammen mit dem Volkskommissar für answärtige Angelegenheiten
Trotzki morgen nach Brest- Litowsk fahren,
in der Ueberzeugung, daß eine Verständigung über die Verlegung der Verhandlungen auf neutralen Boden keine Schwierigkeiten machen wird.
Die russische Delegation." Inzwischen ist mit den in Brest Litowst mit Bollmacht versehenen Vertretern der Ukraine in befriedigender Weise verhandelt Weitere tatsächliche Mitteilungen können von seiten der Regierung heute nicht gemacht werden.
worden.
Vorsitzender Abg. Fehrenbach schlägt vor, die politische Debatte abzubrechen und die Frage der Kriegsgefangenen zu behandeln..
Abg. Scheidemann( Soz.):
Mit Entschiedenheit muß der Auffassung entgegengetreten werden, daß die Störung der Friedensverhandlungen auf eine Die sozialdemokratische Partei wird ihre Stellung zur englische Intrige" zurückzuführen fei. Das einzig Richtige deutschen Regierung davon abhängig machen, ob sie den Weg daran ist, daß diese Störung im englischen Interesse liegt, zu ihrer Erklärung vom 25. Dezember zurückfindet. Das Mißaber die Engländer haben sich dazu gar nicht erst anzuftrengen trauen, das auf der andern Seite geweckt worden ist, kann brauchen; was dazu notwendig war, ist in Brest - Litowst aber nur dadurch getilgt werden, daß eine große deutsche Parselbst besorgt worden. Nicht englische Intrige", sondern der tei mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln für eine auffallende Unterschied zwischen den Erklärungen vollkommen Loyale Durchführung jener Erklärung eintritt. vom 25. Dezember und jenen vom 28. Dezember hat den Diese Partei ist die Partei des deutschen Proletariats, die " Zwischenfall" herbeigeführt. deutsche Sozialdemokratie! Jegt warten wir, ob Nach der Versicherung, die Herr v. d. Bussche gestern ab- das, worauf die blutende Menschheit ihre Hoffnungen gesetzt hat, gegeben hat, bleibt der Standpunkt des Reichsfanzlers zu wirklich zu Ende sein soll, aber wir sagen: Es darf nicht dem Selbstbestimmungsrecht der Völker unverändert. Aber zu Ende sein! diesem aufrechten Gedanken folgt sofort wieder der hinkende Nachiah: Dieser Standpunkt darf teine Deutung finden, die In der gestrigen Sißung des Hauptausschusses ist es über lediglich vom Interesse der Entente eingegeben ist." Dieser die Frage, ob die politische Aussprache fortgesetzt werden solle, Nachsatz erinnert schon wieder ein wenig an das berühmte wieder zu einer Spaltung der Mehrheit gekommen, Ich kann leider dem Vorschlag des Herrn Vorsitzenden nicht „ Wie ich es auffasse" des weiland Reichskanzlers da die Sozialdemokraten mit den Unabhängigen für ihre zustimmen, widerspreche ihm vielmehr ausdrücklich. Der Dr. Michaelis. Die Frage ist ganz präzis gestellt und Fortsetzung, die bürgerlichen Barteien aber mit den Konser Zwischenfall in Brest hat ein ungeheures Aufsehen gemacht. fordert eine ganz klare Antwort. Entweder man erkennt das bativen gegen sie stimmten. Es zeigt sich bier abermals, daß 3m Inlande können wir das selbst beobachten, und daß im Ausland Selbstbestimmungsrecht der Polen , Letten und Litauer an, die Sozialdemokratie, obwohl sie den Wunsch hat, eine starke der Zwischenfall weiblich ausgenügt werden wird, kann einem Zweifel und dann müssen diese Völker in völlig freier Abstimmung Mehrheit für den Frieden zusammenzuhalten, sich von dem nicht unterliegen. Zu beachten ist, daß wir gestern nach der Erklärung über ihre zukünftige staatliche Zugehörigkeit oder Selbständig- Weg, den sie ihrer Ueberzeugung nach gehen muß, nicht ab- des Herrn Reichskanzlers unsere Berhandlungen abgebrochen haben, feit entscheiden können, oder man will unter allen Umständen bringen läßt. Eine weitere Meinungsverschiedenheit zwischen so zu sagen mitten in einer Rede des Grafen Westarp, in der er sich Personalunionen, Zollunionen, Militärkonventionen erzielen. Sozialdemokratie und bürgerlichen Parteien besteht hinsicht für weitgehende Eroberungen ausgesprochen hat. Dem und dann kann man nicht behaupten, daß man das Selbst- lich der Einberufung des Reichstags. Die Sozial- foll heute in der entschiedensten Weise entgegen bestimmungsrecht jener Völker anerkenne. Sonst liefe das demokraten sind mehr denn je davon überzeugt, daß ihr An- getreten werden. Es darf und soll kein Zweifel darüber aufnur sogenannte Selbstbestimmungsrecht der Völker auf das trag auf schleunige Einberufung des Reichskommen, daß die Reichstagsmehrheit auch heute noch zu ihrer ErSprüchlein hinaus: tags richtig war und meinen, daß der Aeltestenrat seinen flärung vom 19. Juli 1917 ficht. Zu der Erklärung, in ber übervorsichtig ablehnenden Beschluß nun erst recht ändern es hieß, daß wir einen Frieden der Verständigung und Versöhnung sollte. Von der Rechten werden die allergrößten Anstrengun wollen, In der Schule ist uns gelehrt worden: Deutsch sein heißt gen gemacht, um den Riß zu erweitern und einen antiwahr sein! Wir alle haben ein wirklich nationales Inter sozialdemokratischen Blod im Reichstag zustande esse daran, daß man deutsche Erklärungen als unbedingt wahr zu bringen. Diese Bestrebungen von sozialdemokratischer und aufrichtig annimmt, feine Hinterhältigkeiten und Ver- Seite zu unterstüßen, liegt natürlich kein Anlaß vor, und alle stecktheiten hinter ihnen suchen kann. Den Völkern ihr Selbst. Stimmungsnotizen, die ein Teil der bürgerlichen Presse auf bestimmungsrecht gewähren, das heißt, sie pollkommen freischwirren läßt, sind zum mindesten verfrüht. über ihr zukünftiges Schicksal entscheiden lassen.
Selbstbestimmung? Absolut,
Wenn sie uns den Willen tut!
es bitter
der gewaltsame Gebietserwerbungen, sowie politische und wirtschaftliche Vergewaltigungen ausschließt. Es steht doch fest, daß, wie wir Sozialdemokraten, weite Kreise des Boltes einen Widerspruch sehen werden zwischen den Erklärungen, die die deutschen Unterhändler in Brest am 25. und am 28. Dezember abgegeben heben.( Redner liest die betreffenden Stellen den von beiden
vorgeſtern noch Herr v. d. Busiche, geſtern ein abwehrendes Neue Regierungserklärung zum Soeben hat nun der Herr Reichskanzler burch den Mund des Unter
Wort gegen die Rede des Grafen estarp gefunden hat. Graf Westarp ist ein aufrichtiger Annerionist, und er ver. abscheut, von seinem Standpunkt aus mit Recht, die Erklärung! vom 25. Dezember. Die Parole der hinter ihm stehenden Gruppe lautet: 203 von dieser Erklärung!" Würde Graf Westarp heute zum Reichskanzler ernannt werden, so wäre sein erstes das sehen wir von seiner Ehrlichkeit voraus die Erklärung vom 25. Dezember zu widerrufen. Graf Sertling widerruft diese Erklärung nicht. also muß sie auch in vollkommener Aufrichtigkeit ausgeführt werden.
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Was wir jetzt erleben, ist im Grunde ja nicht neu. Seit Kriegsbeginn haben wir es erlebt und wie oft ist hier das
Frieden.
Rede Scheidemanns.
In der Sonnabendfißung des Hauptausschusses gab der Unterstaatssekretär Freiherr von dem Bussche folgende Erklärung ab:
staatssekretärs Bussche erklären lassen, daß er seinen Standpunkt zum Selbst bestimmungsrecht der Bölker unver andert beibehält, daß er also selbst nicht will, daß ein Widerspruch fonstruiert wird.
Die Stellung des Herrn Reichskanzlers wäre auch unhaltbar, wenn er von seinem Standpunktn abgehen wollte. Ich erinnere an
Der Herr Reichskanzler hat gestern die Insinuation der russischen folgende Daten: Der Reichstag hat sich, wie erwähnt, am 19. Jnli Bresse zurückgewiesen, daß wir uns in illoyaler Weise unserer 3utlar und deutlich über die Kriegsziele ausgesprochen, klar und deutfage betreffend das Selbstbestimmungsrecht der lich einen Frieden der Verständigung ohne irgend welche BerBölker entziehen wollten. Im Anschluß an diese Erklärung stelle ich gewaltigungen betont. In der Antwort auf die Bapstnote hat die Reim ausbrüdlichen Austrage des Herrn Reichskanzlers das Folgende gierung den gleichen Standpunkt eingenommen. Am 29. Nofeft: 1vember 1917 hat der Herr Reichstanzler in seiner Reichs