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Tr. 11

1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Der hamsternde Hamster.

Bon Dr. Edmund Scheibener.

gangsrohr und ein pudelnasser Hamster oder eine Alte mit den Jungen fommen heraus.

Wärmeschutz

Freitag, 11. Januar

Wärmegewinn.

Die Knechte freuen sich, gutes Samsterjahr, gutes Grofchenjahr; Es gibt zwei Mittel, ein warmes Zimmer zu haben, entweder denn für jeden alten Hamster gibt es zehn Pfennig vom Bauer und durch entsprechend starkes Heizen, oder durch sorgiamsten Schuß der für einen jungen die Hälfte, und den ganzen Sonntag sind sie mit Räume gegen Wärmeverlust. Jetzt ist selbstverständlich der zweite Wohl kein Tier des weiten Erdenrundes erfreut sich gegenwärtig dem Spaten und den Hunden auf der Stoppel. Der Großknecht versteht Weg nicht nur empfehlenswerter, sondern meist überhaupt der solch eingehender Berühmtheit wie gerade der Hamster. Wenn auch sich auf die Kunst: er nimmt zwei lange Enden dicken Draht mit, einzig gangbare. Leider ist es nicht ganz leicht, das Ent­wohl faum einer unter Taufenden dieses berüchtigte oder doch zum und die führt er in die Röhren, damit er diese beim Graben weichen der Wärme durch Wände und Decken zu verhüten, aber mindesten anrüchige Geschöpf jemals gefeßen hat, so ist doch die immer wieder findet, denn oft gehen sie im Bogen oder im Winkel, es gibt immerhin einige Mittel, die von jedermann ohne Anschauung allgemein verbreitet, daß er hamstert, d. H. Vorräte wenn der Boden steinig oder die Mergelschicht zu hart ist. Das viele Umstände angewandt werden können. Profeffor Nußbaum, fammelt, und sie irgendwie in einem Loche verbürgt, um davon in Geschäft lohnt sich allmählich: aus der Stadt fommen Teckel- und einer unferer besten Sachkenner in der Wohnungshygiene, bölen Zeitläuften, wenn andere der grimme Hunger plagt, zu zehren Terrierbefizer und Züchter, helfen im Schweiße ihres Angesichts erteilt in der Umschau" einige in dieser Richtung nügliche Nat und sich zu mästen. graben, und hinterher gibt es ein hübsches Trinkgeld von den Hundes schläge. Soweit die Fenster in Betracht kommen, ist wohl schon Trotz alledem ist der Hamster, dessen Treiben plößlich auch die befizern, die froh sind auf so bequeme Art ihre Hunde arbeiten genügend auf die Notwendigkeit ihrer forgfältigen Abdichtung, ins­Menschen erfaßte, ein schlechthin unbekanntes Tier. Seiner gefell- lassen zu können. Außerdem findet sich noch ein Naturforscher ein, besondere mit dem schlecht wärmeleitenden Papier, hingewiesen schaftlichen Stellung nach, innerhalb des großen Reiches der Vier- der von den toten Hamstern das Ungeziefer absucht und den Knechten worden. Es wäre nur noch besonders darauf aufmerk füßler, gehört er zur Klasse der Nagetiere. Als richtiger Samster erzählt, daß auf dem Hamster eine Milbe schmaroze, auf der wieder fam machen, daß sich undichtigkeiten an den Fenstern und Geizhals lebt er zumeist im Verborgenen und treibt sich nur eine andere Milbe lebe, und er ist sehr vergnügt, daß er den fefun- auch oft dort finden, wo ihr Holzrahmen an das Mauer­am frühen Morgen, am späten Abend und des Nachts mürrisch und dären Parasiten findet und gibt dem Großknecht zwei und dem weit anschließt, wo sie aber selten gesucht werden. einsam umher, um den Rest der Zeit in seinem funstvoll anderen eine Mark; die danken schön und grinsen und denken danach Eine weitere schwache Stelle pflegt die Sodelleiste zu angelegten unterirdischen Raum zu verschlafen. Dieser Bau von den Stadtleuten noch geringer als vorher. jein, die den Fußboden des Zimmers umrahmt. Auch besteht zunächst aus einer Tiefe in einer bon einem bis Der Bauer ist kein Freund von neuen Moden, aber nachdem hier sollten flaffende Migen. mit Papier verstopft werden. zei Metern befindlichen Wohnfammer mit einer sentrechten der Roggen und der Weizen herunter it, sieht er ein, daß er mit Balloniüren sind am besten ganz mit Badung zu sperren, die ja Eingangs- und einer schräg nach oben verlaufenden Ausgangsröhre. Fallen, Spaten und Wasserfaß die Hamster nicht los wird, zumal leicht durch Portieren oder andere Decken dem Auge entzogen werden Die Hauptsache der ganzen Anlage aber sind die Vorratskammern, die lange Trockenzeit den Mergel so bart gebacken hat, daß er faum fönnen. Schließlich muß man sich aber unter Umständen auch an die durch besondere Gänge mit der Wohnkammer in Verbindung mit der Spigbacke zu brechen ist. So lieft er denn dreimal und das Mauerwerf selbst machen; besonders in Fensternischen, stehen, deren Zahl fich bis auf fünf belaufen kann, und deren jede bedächtig in der landwirtschaftlichen Zeitschrift den Aufsatz über die gewöhnlich nur mit schwachen Mauern umgeben sind. im Herbste, bevor der Hamster sich zum Winterschlafe bereitet, bis Hamsterbernichtung mit Schwefeltohlenstoff, holt sich mehrere Kannen Hier dürfte es am leichtesten und zweckmäßigsten sein, zu einem Zentner angehäufter Vorräte enthalten fann: denn der von dem giftigen Zeug und geht mit seinen Leuten los. Alle alten Zeitungspapier in mehreren Schichten auf der Wand สิน Hamster ist ein äußerst tätiges Geschöpf. Kaum, daß die belebende Lumpen, die aufzutreiben sind, werden mitgenommen. Wo ein festigen, und zwar hauptsächlich über den Fenstern, zumal Sonnenwärme im Frühjahr ihn in seines Baues Tiefen zu neuem Hamsterbau ist, wird ein Lappen getränkt, mit einem dicen Draht wenit etwa der Heizkörper sich gerade darunter befindet. Da Leben erwedt, so macht er schon den benachbarten Aeckern feinen tief in den Bau geichoben; dann wird ins Ausgangs- und Eingangs- über den Fenstern ohnehin irgendein Stoffzierrat angebracht zu sein Besuch und erlabt sich an feimender Saat. Zwischendurch wenn es rohr Erde geschüttet und festgeftampft, und es geht zum nächsten pflegt, läßt sich auch dieser Wärmeschutz hinreichend bemänteln. Der erneut schneit und friert, zieht er sich wieder in seiner Wohnung Bau, wo ebenso gearbeitet wird, und als 700 Baue mit der Vorschlag der Einführung von Ventilatoren oder Gebläfen zur Be­zurück, schläft und gehrt von den Vorräten oder schläft wieder, bis Moderluft gefüllt sind, fagt der Bauer:" Dat hett battet! nu find seitigung der Temperaturgegensäge im Zimmer, die sich zwischen die höher steigende Sonne auch des Winters lette Spuren tilgte, wie dat Untüg los"! Fußboden und Decke auf 30 Grad belaufen können, ist zwar sehr und er unbehelligt von Frost und Kälte die Freuden der schönen beachtenswert, aber schwerer durchführbar. Jahreszeit genießen fann. Da ist er nun beständig auf Nahrungs­suche und nichts ist vor seiner Gefräßigkett sicher, weder die jung­zarte Lerche, noch die behende Maus; denn alles verträgt fein un­eriättlicher Magen: Käfer und harte Drahtwürmer werden ebenio­wenig geichont, wie Heuschrecken und Raupen, und selbst Eidechsen, Blindschleichen und Ringelnattern sind ihm eine ledere Speise.

Schopenhauer und das Attest der Regierung.

des

Die deutsche Zigarren- und Zigaretten- Erzeugung. Ueber dem Kriegslärm des Weltkampfes haben nur wenige Mancher Staucher wie auch mancher Nichtraucher mag sich wohl wohl darauf geachtet, daß sich gerade jetzt jene Zeit zum hundertsten schon gefragt haben, wieviel Bigarren eigentlich in Deutschland er Male jährt, in der der Philosoph Artur Schopenhauer fein grund- die Erzeugung wie folgt gestiegen ist( in Millionen Stück): 1875 zeugt werden. Nun hat der Deutsche Tabakverein ermittelt, daß Und wenn erst das Getreide reift, die Wehren ob ihrer goldenen legendes Werk Die Welt als Wille und Vorstellung " vollendete. 5234, 1903 7384, 191 8700, 1916 10 500. Da in Deutschland nur Laſt ſich neigen, wenn Slee und Luzerne grünen, die Zuckerrüben iemand hat daran gedacht, den Manen des Denkers zu danken, 34 000 Tonnen Labat erzeugt werden, im Jahre vor dem Kriege sich breiten, dann ist er so recht in seinem Elemente. Da beginnt während man doch Jahrestage viel gleichgültigerer Veranlassung der Rohtabakverbrauch Deutschlands aber etwa 114 000 Tonnen be­feine Erntezeit, und meisterhaft versteht er es, vom Besten das Beste nicht ohne bombastisches Trara vorübergehen läßt. sich zu erwählen. Abend für Abend, Nacht für Nacht, schleppt er Aber schon den lebenden Schopenhauer verfolgte bekanntlich der trug, so kann man daraus schließen, daß auch in der Kriegs­zeit noch viel Tabat nach Deutschland eingeführt worden so viel er nur immer vermag, in seine unterirdischen Scheunen. Fluch der allzu geringen offiziellen Anerkennung. Wenig verbreitet ist und daß auch schon allerlei Ersatzmittel benutt Weizen und Hafer, Gerfte und Noagen. Erbien und zerkleinerte des dürfte die Ansicht der zeitgenössischen Regierung, genauer geworden sind. Besonders auffallend ist der zunehmende Verbrauch Rüben, je mehr desto besser. Mit den Vorderpfoten biegt er die fagt, damaligen bayerischen Gesandten in Berlin , des von Zigaretten in Deutschland . Die Erzeugung befrug nämlich hoben Halme um, fchneidet mit einem einzigen Bisse die Aehre ab, Grafen von Lugburg über den Meister und dessen Persön faßt sie mit den Vorderpfoten, dreht sie einige Male hin und her lichkeit fein. Geäußert wurde diese Ansicht gelegentlich einer An-( ebenfalls in Millionen Stüd): 1875 152, 1903 8200, 1913 12 442, 1916 25 000. Während also die Zahl der erzeugten Zigarren sich und hat sie nun nicht bloß enttörnt, sondern die Körner auch gleich frage, die nach der Universität Würzburg erging und die Habili von 1875 bis 1916 bloß verdoppelt hat, ist die der Zigaretten im in den Backentaschen geborgen. Bis zum Uebermaße fünt er sie tierung Schopenhauers nach dort befürwortete. gleichen Zeitraum um das 165 fache gestiegen. Da für das Heer und schafft so auf einem einzigen Gange bis zu 50 Gramm Körner selbst hat niemals erfahren, weshalb seine und seiner Freunde Be- 75 Proz. der erzeugten Zigaretten bereitgestellt werden und auch hinweg. Am nächsten Morgen aber findet der Bauer zu seinem mübungen so durchaus erfolglos blieben, Merger die zurückgelaffenen Spreuhäuschen, indes der schlaue Misse- achten des Gesandten ist ihm begreiflicherweise nicht mit von den übrigen Mengen noch viele ins Feld geschickt werden, Erst Karl Alexander von tommt die Erzeugung zum weitaus größten Teile dem' Heere und Müller täter fich in seinem Bau von den Strapazen der Nacht erholt und geteilt worden. der Marine zugute. zu München in zufriedenen Blickes fein sich wölbendes Ränzchen und die wachsenden es im Bayerischen Geheimen Staatsarchiv Borräte betrachtet. neuerer Zeit unter Aften der bayerischen Gesandtschaft in Berlin wieder. Es ist ein eigenhändiges Dokument des Grafen von Luy­burg und stellt das Konzept einer Antwort vom 3. April 1828 also zehn Jahre, nachdem Die Welt als Wille und Vorstellung " geschaffen war auf eine Anfrage des bayerischen Staatsministe­riums auf allerhöchsten Befehl" über Schopenhauers wiffenschaft­liche Bildung. Lehrfähigkeit, Charakter und sonstige Verhältnisse dar. sein unveränderter Wortlaut ist.

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Aber alle Vorsicht, alle Schläue und selbst die gefährliche Waffe feiner Zähne schützen ihn nicht vor seinen Feinden, und es ist", schreibt alltmeister Brehm, ein wahres Glüid, daß der Samster, welcher sich zuweilen wahrhaft furchterweckend vermehrt und dann ungeheuren Schaden anrichtet, so viele Feinde hat. Bussarde, Eulen und Raben und manche andere Vögel, vor allem aber Iltis und Wiesel sind ununterbrochen auf seiner Fährte und töten, wo und wann sie lönnen. Der Jltis und das große Wiefel folgen ihm auch in seine unterirdischen Wohnungen und müssen deshalb als die schlimmsten seiner Feinde angesehen werden". Aber auch der Bauer ist nicht untätig. So wurden auf der Awölftausend Яeder umfassenden Stadtflur von Gotha in zwölf Jahren über eine Viertelmillion Hamster erbeutet und an die Stadt­behörde abgeliefert. Den Hauptgewinn aber der Jagd bilden die Borräte, welche dieses eigentümliche Wild sich eingetragen. Die Leute waschen die Körner einfach ab, trocknen sie wieder und ber­

mahlen sie dann wie anderes Getreide.

Mit den verschiedensten Mitteln zieht man gegen ihn zu Felde. Der Bauer", schreibt der feinsinnige Löns, fährt eines Nachmittags die Wassertennen über das Feld, und, wo ein Hamsterhaus ist, da wird der Kran aufgedreht, und das Wasser pladdert in das Ein­

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Töchter der Hekuba .

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Der Philosoph

denn das Gut­

fand

Notizen.

Vorträge von Dr. Bruno Wille . Montag, 14. Jan., sowohl 61%, als auch 8 Uhr, Dorotheenstr. 12 über Faust L Dienstag, 15. Jan., daselbst 8 1hr über Goethes Gedichte..

100 frohe Abende bietet der vom Berliner Goethebund begründete Ausschuß für Boltsunterhaltungen dar. Die Veranstaltungen werden vom 14. Januar ab nacheinander in Der hier privatisierende Gelehrte Dr. Schopenhauer, Sohn 10 verschiedenen Sälen der Außenviertel allabendlich stattfinden. eines Bürgermeisters und ehemals sehr reichen Banquiers von Soweit über die Eintrittstarten nicht bereits durch die Magistrate Danzig und der bekannten in Weimar lebenden Schriftstellerin der Stadtgemeinden verfügt worden ist, werden sie in den noch diefes Namens, hat teinen Ruf irgendeiner Art. näher zu bezeichnenden Verkaufsstellen ausgegeben werden. Der weder als Schriftsteller noch als Lebrer. Er foll Breis ist 25 Pf. für die Einzelperson, 50 Pf. für die Familie bis zu bier in einen unangenehmen Prozeß verwickelt fein, was feinen fünf Personen( einschließlich Garderobe). Wunsch einer Verletzung allerdings hinreichend begründet. Ich be­gnüge mich im allgemeinen zu der alleruntertänigsten Bemerkung, daß an befagtem Schoppenhauer , der sich früber einige Jahre in Dresden berumtrieb und deffen Aeußeres mir als wenig anziehend wohl bekannt ist, für die Universität zu Würz­ burg fein großer Gewinn entstehen dürfte, ich ihn folg lich dazu nicht begutachten fann."

glaubte, sie seien die Veranlassung, daß seine Frau Italien verlassen hatte?

Die, Humboldtakademie Freie Hochschule gibt soeben das Vorlesungsverzeichnis für Januar- März heraus, as trop des Strieges eine Fülle von Vorlesungen und Führungen auf allen Gebieten enthält. Es ist unentgeltlich in der Geschäfts­stelle, in Lehranstalten und Lefeballen, Buchhandlungen und im Hauptbureau Neue Friedrichstr. 53-56 II zu haben. Ermäßigte Hörerkarten u. a. für Mitglieder der Freien Volksbühnen und der Gewerkschaften( legtere bei Horich. Engelufer 15).

seins und sich heimlich verzehren bei Tag und bei Nacht in der Sorge um die draußen.

Sie stand still und rechte ihre schlanke Gestalt, trokig hob Ihr Leben hatte sich bis dahin ganz um das der Söhne sie den Kopf; sie biß sich auf die Lippe und unterdrückte ein gewunden; erst als die noch klein waren, in fleinen Ein Roman aus unserer Zeit von Clara Biebig. Schluchzen, ihre Tränen hörten auf zu rinnen: oh nein, die Sorgen, als sie größer wurden, in größeren Sorgen. Jegt Die junge Frau schloß die Augen. Sie beschwor fich waren nicht schuld. Die hatten sie nicht kommen heißen. Sie, zuletzt in der schwersten Sorge: um ihr Dasein überhaupt. sein Bild herauf: er stand wieder vor ihr, jung, hübsch, fie allein hatte es gewollt ganz von selber, es hatte sie Nun war noch eine Sorge hinzugekommen-nein, eigentlich Liebenswert, sie sah in die Tiefe seiner dunklen Augen niemand beeinflußt. Da, da ganz tief innen thre Hand keine Sorge, ihr Mann war ja außer Gefahr, aber doch warum sprach er nicht von Liebe? Nur von Krieg, Strieg. Trampfte das Kleid über der Brust zusammen da saß etwas, eine ständige Besorgnis. Wie würde es mit seinem Rheu Hatte er denn ganz vergessen, daß seine Frau Deutsche war? das hatte sie getrieben. Was sollte sie am blauen Meer matismus werden? Der plagte ihn von Zeit zu Zeit. Und Wußte er nicht, wie schwer es für sie sein mußte, schier un- unter der leuchtenden Sonne? Wenn der Himmel über dann würde es ihn nicht gelüften an die Front? Würde erträglich, ihn auf der andern Seite zu sehen? War denn Deutschland so trübe war, dann mußte auch sie unter diesem es nicht auch ihn freiben, und er es am Ende auch durch­alles, was sie damals geglaubt hatte: dein hatte: dein Volf, trüben Himmel sein. fegen, hinauszukommen? Sie überdachte die Jahre ihrer mein Bolt, mein Land, dein Land, jest nicht mehr so? War III. Che; bald würden sie silberne Hochzeit feiern, es wäre doch das geträumt gewesen? Aus grausamer Wirklichkeit baute Die Linden in den Straßen des Vororts hatten längst bitter, wenn sie die nicht feiern könnten. Nicht feiern, sich eine Mauer auf und wuchs schnell höher und höher. Hob abgeblüht. Die breiten Wipfel in dem Park, der Bertholdischen was man so seiern nennt, nein, still begehen in einent sich ein Bollwert, weit mächtiger als die Alpen , zwischen Villa gegenüber, standen in jenem tiefen Grün, das, übersatt Zurückblicken auf die Vergangenheit. Von der Liebe, mit Italien und Deutschland , zwischen ihm und ihr. Ob er das an Farbe, deutlich spricht: grüner fann ich nicht werden, nun der man sich heiratet, bröckelt freilich manches ab, die Sinne auch so fühlte? Danur ganz znlegt, ein paar Worte gilbe ich bald. werden ruhiger, die Jahre der Gewöhnung stumpfen ab, aber der Liebe. Als ob die ihm zum Schluß nur gerade noch ein- Frau Hedwig Bertholdi war ganz allein. Ihr Mann jetzt stieg ihr doch etwas wie ein warnes Not in die Wangen, fielen! Sie verletzten mehr, als daß sie wohltaten. Der Brief war auch fort. Er war zwar schon achtundvierzig, aber er wenn sie an ihren Mann dachte. Es war so schwer, sich fiel aus ihrer Hand zu Boden; sie ließ ihn liegen. hatte ein Gut besessen, das er der Erziehung seiner Söhne selber um alles fümmern zu müssen. Nun merkte sie erst,

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Langsam fingen ihre Tränen an zu rinnen und tropften wegen verkauft hatte, und dieses Leben als Landwirt hatte wie viel er ihr abgenommen, wie er ihr das Leben eigent­ihr auf die Hände, die sie wie hilflos vor sich auf dem Schoß ihn frisch erhalten. Er war wie ein um zehn Jahre lich sehr angenehm gestaltet hatte. Das äußere Leben hielt. Ach nein, sie verstand ihren Mann nicht mehr, und er Jüngerer; es hatte ihn längst gewurmt, daß er, wenigstens. Innerlich war es oft unbefriedigend gewesen; verstand sie nicht mehr. Wie durfte er ihr, gerade ihr so Reserveoffizier, Hauptmann, so völlig tatenlos drinnen saß, sie hätte ihn anders gewünscht, geistig angeregter; und an­schreiben? Evviva Italia!-Er mußte doch während sein Jüngster, als gemeiner Soldat noch dazu, regender. Freudig hatte sie den Umzug in die unmittelbare wissen, daß er sie verletzte, wenn er Italien bejubelte. Dh draußen war. Er hatte sich gemeldet. Als die große Linde Nähe der Weltstadt begrüßt, da würde vieles anders dieses heimtückische, verrätesische Land! In ihrer Erregung vorm Haus noch blühte, war der ersehnte Brief gekommen werden. Er war derselbe geblieben. Sie hatte die Söhne fonnte sie nicht genug der verdammenden Worte finden. Heeressache nun durfte er doch wenigstens Refruten gehabt; ell deren Interessen geteilt, mit ihnen gelernt, Dieses Land, das nicht wert war, daß die Natur ihm so viel drillen, in einem Winkel an der Grenze von Russisch- als fie nod) flein waren, mit ihnen gestrebt, als sie größer Schönheit gespendet hatte. Bolen. Und wenn ich denn auch keinen Pulverdampf wurden. Jeder von den beiden hatte seine eigenen Ideen,

Wie eine Verzweifelte sprang fie auf. Mit unruhigen rieche, so höre ich doch wenigstens, wenn der Wind günstig seine Ansichten, seine Ideale; sie hatte sich redlich be­Schritten ging sie im Zimmer auf und ab. Und dabei weinte steht, das dumpfe Rollen der Geschütze", schrieb er an seine müht, daran teilzunehmen. Und sie hatte doch nicht immer fie immerfort. Verstand sie denn niemand mehr? Konnte Fran. gang mitfönnen: die waren eben jung, jung und töricht

denn feiner begreifen, wie ihr zumute war? Losgelöst von Nun war er doch endlich zufrieden! Hedwig senkte den und sie?! der alten Heimat, verpflanzt in eine neue Heimat, und Kopf: wie viel besser es die Männer hatten. Sogar die an Hedwig sah sich in ihrem einsamen Zimmer in den dann wieder losgelöst von der neuen Heimat und wiederum der Front, trotz aller Strapazen, trotz der Todesgefahr. Sie Spiegel. Ihr Mann sagte immer, fie fähe noch wie cin in die alte zurückgepflanzt! Solch eine arme Pflanze hat gar seufzte. Die Frauen hatten es schwerer. Da saßen sie nun Mädchen aus. Tat sie das? Ja, wenn sie sich am Abend feine rechte Heimat, die ist nirgendwo zu Hause. alle wohin sie blickte: Frauen, Frauen, ach Gott, sie hatte ihr reiches Haar in Zöpfe flocht. Aber jetzt?! Sie sah rasch Ihr Mann schickte feinen Gruß an die Elterner er- gar nicht gewußt, daß es so viele Frauen gab und dachten weg und feufzte dann auf: man alterte rasch in dieser Zeit. wähnte sie nicht einmal in seinem Briefe war er so nichts anderes, sprachen nichts anderes als: Krieg, Krieg. Gut, wenn man miteinander altert. Miteinander nur nicht gleichgültig? Oder war er böse auf die, weil er wohl und mußten doch den Tag hinleben im Kleinkram ihres Da- allein sein! ( Forts. folgt.)