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1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Zwischen den Schmerzen.

Von Hans Bauer( Champagne).

Wälder, Dörfer, Wiesen, Städte, Berge torfeln an mir vorüber. Auf und nieder wippen die Telegraphendrähte. Das gähnende Riefenmaul der Bahnhofsballe ist längst niedergeklappt und hat die flatternden Tücher, die mir letzte Wünsche zugrüßten, verschlungen. Langsam bröckelt die Heimat von mir ab. Mit 70 Kilometer Stundengeschwindigkeit rase ich durch immer fremder werdendes

Land zu meinen Kanonen.

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Unbekannter flingen die Ortsnamen, die das gleichgültige Auge von großen bemalten Brettern ablieft und die Zunge leise nachspricht. Erstes Dunkeln mummt sich nun über das Leben. Die legten Zivilisten verlassen meinen Wagen. Wir passieren bald die Grenze. Die Schleier, die sich über die Erde werfen, werden schwärzer und schwärzer. Wir fahren nun in den Abend hinein.- Da werde ich wieder im Dunkel hocken und nicht lesen und nichts mehr sehen fönnen und nur finnen und denken dürfen; denn wir befinden uns schon im Operationsgebiet. Dort müssen die Richter verlöscht sein. Es ist nun ganz spät am Abend. Von draußen flirrt ein fran­züfticher Ortsname an die Wagenicheibe. Ich erkenne ihn schon am Rhythmus als mein Stichwort Umsteigen! Drei volle, langweilige einsame Stunden hier warten müssen! Ich holpere durch die finstere Bahusperre. Taste nach der Klinke einer Warteraumtür. Drücke sie nieder. Ein Lichtblig springt in die Dusternis. Wird schmaler und ist nun wieder verschwunden. Ich stehe in einem wenig erhellten Raum. Muß nun in dem drei Stunden vertrödeln. Schnalle meinen Mantel und meine Zeltplane vom Tor ster, falte beide zu einem Kissen und schmeiße mich dann längs­lings auf eine harte Holzbant.

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bietet Zigaretten feil. Eine Handvoll Urlauber reißt plötzlich die Ein Bahnbeamter guckt einmal rein zu mir. Ein alter Franzose Tür auf, poltert lachend herein. Einer haut die Faust schwer auf Den großen Mitteltisch: Kinder! Kinder! hat das wieder mal ge­Klappt! Bierzehn Tage hat der Alte rausgerückt! Werden die aber zu Haus guden!"

Mir scheinen fie alle so fremd. Der Bahnbeamte und der Franzose und die Urlauber.- So ganz, ganz, ganz fremd. So ganz, ganz allein fühle ich mich plöglich. Bald tausend Kilometer Schienenstrang dehnt sich zwischen denen zu Haus und mir. Und hier, hier: Gleichgültigkeit oder Lachen und Freude. Ich aber trage noch die frischen Erinnerungen ein paar feliger Urlaubstage und werde nun in drei Stunden langsam und schwer vor das Antlig des Todes gestampft, in eine endlose Folge stumpfsinniger, gräßlicher Lage hinein. So ganz entießlich verlassen und vereinfamt fühle ich mich in diesem unheimlichen Raum mit seiner matten Funiel und seinen fremden Fraßen und der Finsternis da draußen und der Ungewißheit meiner Zukunft.

Da kommt ein biisiauberes, blutjunges Franzosenmädel in das Wartezimmer. Hält einen Aufwischlumpen in der Hand und flaticht den Staub von den Bänken. Ihr Auge guckt ganz traurig drein als sei ihr ein großes Leid geschehen. Ich schau fie lange an, blicke ihr ins Gesicht, sebe, wie sie gepreßt und geschnürt ist und weiß dann: sie trägt ein Kind unterm Herzen, ihr erstes Kind.

Eben begegnen sich unsere Blide. Eine Sekunde lang blickt Auge in Auge. Dann wendet fie die Augen ab. Nicht verschämt, aber so ganz geängstet und unruhvoll flattern fie durch den Raum. Die Ahnung eines großen Wehs, das sie zu leiden baben wird, schläft in ihr.

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Da fühle ich mich ihr so verwandt. Und weiß doch gar nichts von ihr. Irgendeine ist sie. Irgend irgendeine. Draußen winfelt eine Lokomotive einen Pfiff an der verhängten Himmel. Die Urlauber huden die Tornister wieder auf und stapfen in die Nacht. Wir sind nu ganz allein. Monoton patiot ihr Lappen auf die schmucklosen Bänke. Keiner spricht ein Wort. Keiner würde vom andern auch nur ein Wort verstehen.

Erdenleid bevor:

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Und doch fließt ein heimlicher Strom von ihr zu mir. Wir ge­hören jetzt zusammen. Später später wird feiner vom andern, mehr wissen, wissen wollen. Aber eben steht uns beiden ein größtes Leben gebären und Leben vernichten! Und die Schmerzreichen stehen fich so nahe! Und das Leid preẞt enger aneinander die Gemeinschaft des Blutes oder des Vaterlandes oder des Geistes! So ganz, ganz nahe stehen wir uns eben, liebes Mädel! Nicht wahr? So ganz, ganz nahe! Draußen flutet das Leben der Fremden dahin. Das Leben zwischen den Bolen: Geburt und Tod.

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Töchter der Hekuba .

Sonnabend, 12. Januar

Mir ist, als tvären alle Erdenmenschen diesem Kleinen Raume zerstört worden sei. Aber alle an der Distusfion teilnehmenden Ges mit der düsteren Funfel und den abgeblendeten Fenstern cniquoflen lehrten waren sich darüber einig, dat die gegenwärtigen Eina und als münde. alles Leben wieder in ihn ein, als sei er aller geborenen, ein Wischvoll aus dunkleren und helleren. Elementen, Vaterhaus und ewige Heimat. mit der Urbevölkerung nichts mehr zu schaffen hat. Dr.

Das Geheimnis der Osterinsel .

Leffing- Theater: Damastus", I. Teil. Als im Jahre 1722 Roggebeen im östlichen Teile des Stillen Der Neueinstudierung des ersten Teits der Strindbergschen Ozeans die einfame Osterinsel entdeckte, da fand er auf dem drei Damaskus - Dichtung, der vor ein paar Jahren mit Stauffer in der edigen, faum 117 Quadratkilometer großen Eilande eine große An- Hauptrolle bei Varnowsky zum erstenmal auf einer deutschen Bühne zahl geheimnisvoller Steinfolosie, deren Sockel auf Terrassen längs erschien, foll noch in diesem Spieljahr die Aufführung der beiden des Meeresstrandes aufgerichtet waren. Der Vulfan an der Nord- anderen Teile des eigenartigen 28ecfes folgen. Der Dichter schuf spige der Insel, der 165 Meter hohe Rabo Raratu oder Berg der es am Ende der neunziger Jahre, nach jener Periode, als umer Statuen, bildete offenbar den Steinbruch für die 3 bis 6 Weter den Nachwirtungen einer unglücklichen the soin Berfolgungswahn hoben megalithischen Denkmäler, denn in seiner Nähe fand der Ent- hervorbrach und die Freunde fürchteten, er werde aus der Welt deder etwa 150 biefer Statuen in allen Graden der Bearbeitung verworrener Einbildungen nie mehr die Mückkehr zum produttiven und Vollendung. Jezt steht feiner diefer Zeugen grauer Vorzeit Schaffen finden. Die Kühnheit: die zerrissenen, in cinem un mehr; die letzte Etatue fcheint gegen 1835 von ihrem Sockel gestürzt bestimmten Mittelreich von Traum und Wirklichkeit vorüber worden zu sein. huschenden Szenen, denen die Phantasie des Refers kaum zu bermag. Die Osterinsel liegt noch genait so abseits vom Verkehr, wie folgen int Spiegel der Bühne. den Ginnen zur Zeit ihrer Entdeckung. Keine Dampferlinie berührt sie, nur leibhaft vorzuführen. ipar von Erfolg gefrönt. Cine in einmal im Jahre kommt von Chile , das 1888 die Sniel in Besitz die Stimmung des Ganzen fich tief einfühlende Regie: nahm, ein Schoner zu ihr hinüber. Von den wissenschaftlichen Er- und Schauspielkunst bradte die Wirkungsmöglichkeiten, die das Stück peditionen, die sich das geheimnisvolle Eiland als Forschungsgebiet enthielt, zum Klingen. Schlossen sich auch die Szenen Bei der fprin­ersehen hatten, war die neueſte die von Scoresby Routledge und genden Willfür der Erfindung niat zu einem vollen Grundafford feiner Gattin, deren Reise sich bis 1916 ausdehnte. Wie die zusammen, so tauchten im dunkel flutenden Strome bech eine Stethe Annales de Geographie" mitteilten, hielt sich dieses Forscherpaar scharf umriffener, Buichauer und Hörer in einen Vann des inneren nicht weniger als 16 Monate auf der Insel auf, um dort an den Miterlebens hineinziehender Bilder auf. Das Werf hat so auf viele noch verbliebenen 250 Einwohnern ethnographische Studien zu Laufende gewirkt. Mit dem hohen und weiten Phantasieflug. den machen. Während seines Aufenthaltes legten, wie auch sonst wohl, Strindbergs Pessimismus in seinem bald darauf entstandenen manchmal Striegsschiffe dort an, so auch das Geschwader des Ad- Traumspiel", diesem Weltgemälde menschlichen Leidens. nahm, mirats v. Epee und später der Kreuzer Eitel- Friedrich . fann sich Nach Damaskus". dieser dramatisierte Monolog dec Selbstanklage und der Neue, der, abgewandt vom Typi vergleichen. fchen, wesentlich pathologischen Artcharakter trägt, freilich nicht Dort wird die Ditung 84 einem 90­fument der allgemeinen Tragit menschlicher Natur; hier gibt sie wesentlich nur Zeugnis von ihres Schöpfers eigener Zerrissenheit. Die Sinnesänderung, die dem Verzweifelten auf seinem wunder­lichen Wege kommen soll, hat wenig menschlich leberzeugendes, und wird gelegentlich durch die Verquidung mit Trivialstem, ein Bus der ähnlich sich bei Strindberg öfter wiederholt arg entffellt. Von seiner Leidenswanderung zurückgekehrt an den Pariser Plaz,

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Außer dem Rano Raralu, dem Berge der Statuen, besitzt die westen den 318 Meter hohen Nano Kao, den heiligen Berg der Iniel noch zwei Bulfane an ihren anderen beiden Ecken: im Süd­Eingeborenen, und im Norden die höchste Erhebung mit 500 Metern. 3m übrigen bildet die Iniel eine Ebene von 15 bis 30 Metern Höhe, die durchweg mit Kräutern bestanden ist. Die spärlichen Sträucher, die früher vorhanden waren, sind dem Vieb zum Opfer gefallen, das eine chilenische Gesellschaft auf der Insel weiden läßt. Den Viehhirten ist nichte heilig; gedankenlos vernichten sie Solofie und zyklopische Terrassen, wenn sie Material zur Einfriedigung ihrer Weideplätze brauchen.

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wo wir den linbekannten" in der ersten Szene faben, findet er den Der vielfach von Gelehrten ausgesprochenen Ansicht, die Be- erichnten Geldbrief des Verlegers, deffen Ausbleiben ihn in so ge­arbeitung jedes der Kolofse babe bei den primitiven Obsidianwert waltig blasphemischen Zorn verfeste, auf dem Bostami. Der liebe zeugen lange Zeit in Anspruch nehmen müssen, tritt Mere. Routledge Gott scheint dadurch rehabilitiert, und der Beriöhnte und Beschämte entgegen. Da das Gestein ein weicher, leicht zu bearbeitender Tuff läßt sich von seiner Freundin nach einigem Widerstreben in die Stirche war und nach den unvollendeten unvollständigen Stüden stets ziehen. mehrere Arbeiter zugleich am Wert waren, schätzt sie die Herstellungs- Theodor 20 os, der jetzt an Stelle Kayilers den Helden gibt, zeit auf faum mehr als 14 Tage. Man fann sich nicht leicht vor- löfte die Aufgabe in dem durch seine persönliche Eigenart gezogenen stellen, auf welche Weise die Kolosie von dem Steinbruch an ihren Rahmen vortrefflich. Besißt er nicht die knorrige, elementare, zurüd­Standort befördert worden sind. Es ist aber jetzt gelungen, fest- gedrängte Kraft, die in dem Spiele Kayßlers doch hinter allen Tc­zustellen, daß für die Beförderung eigene Straßen angelegt waren, preffionen hervorleuchtete, so ftimante feine zitternd nervöse Empiäng­von denen man noch einige, wenn auch fast verwischte Spuren ge- lichfeit für jedes Schmerzgefühl, die dankelweiche Leidensfärbung funden hat. des Organs, die schlank vergeistigte Gestalt, ein Bild des tuhelos Umbergetriebenen, mit sich und aller Welt zerfallenen darum nicht weniger gut. Diefer mehr fünstlerisch feminine Tstpus der Figur hat in dem Stücke ebenso sein Recht wie Kayzlers düstere Männ­lichkeit. Die Mutter" der Jlla Grüning und die sympathische Gefährlin des Fräulein Lina 2ossen sind aus der Erstaufführung noch in Erinnerung. Unter der Neubelegung der Kleinen Mollen interessierte vor allem Kurt Gös als Bettler und Doppel- Ich des Unbekannten. Gs gelang ihm, bei markantester Esaratteristit ingleich den Ton des Traumhaften überraschend glücklich festzuhalten, dt.

Notizen.

Ebenso intereffant wie die steinernen Denkmäler der Vorzeit er­wiesen sich die lleberlieferungen, die auf einen alten, fast in Ver­geffenheit gefallenen Stultus schließen lassen. Gegenhand der gött lichen Verehrung war ein Vogel, der alljährlich im Frühjahr sich die Infel zum Bruiplatz auserfab. Wer das erste Ei fand, erwarb das durch eine Art Heiligkeit für seine Berion, verschiedene Vorrechte und Tabus. Es wird sogar vermutet, daß die Statuen folde Vogel­heiligen darstellten. Auf diesen Vogelfultus weifen ferner riesige, auf els grabierte Bilder von Menschen mit Vogelföpfen bin, von denen man auf der Zniel 111 Stüd fand. Wahrscheinlich beruhte die göttliche Berehrung jenes Bogels auf einer gewissen Dankbarkeit dafür, daß er der Insel durch seine Eier zu Nahrung verhalf. Man fand auch noch Holzftatuen, die einer etwas neueren Zeit angehören. Ronzertchronit. Jm Blüthner Saal findet In einer Diskussion der Royal Geogr. Soc. vertrat Forbes Sonntag, abends 82 Uhr, ein Kammermusilabend des Blüthner­die Ansicht, die Kultur der Osterinsel stehe im Zusammenhang mit orchesters statt. der Urz vilisation von Peru , vor der Zeit der Infas, weil auch dort Vorlesungen. Dr. M. H. Baege beginnt am Montag, zyklopische Terraffen, und zwar in großer Zahl vorhanden sind, den 14. Januar, in der Humboldtakademie( Georgenstr. 30/31) je mittels deren die Ureinwohner den schluchtartigen Bergabhängen ihre eine Vortragsreihe: 1. Das Seelenleben des Kindes. 2. Liebe, Che hängenden Gärten und Felder abgewannen. Nach Ansicht der anderen und Familie im Wandel der Zeiten. Gelehrten, wie Thomson und Howorth, weist aber die Stultur der Die Arbeiter hochschule veranstaltet im Januar Diterinsel nach Westen. Denn auf Zabiti und den Salomonsinseln bis März wieder eine Reihe von Vorlesungen: Führungen in Bolfs­hat man Holzstatuen von ähnlichem Typ, auch Vogelfiguren, ge- und Unterhaltungsabenden. Hörerversammlung Sonnabend 8 1hr funden, ebenso bei den Battas in Innerfumatra. Man nimmt das C, Niederwallstr. 12. Dr. Staeber spricht über: Der Wert der her an, daß die Urbevölkerung bei den großen Malaienwande- Bildung", Gustav Müller über: Ziele und Aufgaben des Vereins". rungen auf die Jufel gelangt fei, oder daß früher dort ein Vorlesungsverzeichnisse und Karten Neue Friedrichstr. 53/56 II, größeres Festland bestanden habe, das durch vulkanische Ereignisse Zimmer 88.

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nicht auf die Dauer bei den Eltern wohnen bleiben wollte.| Ein zartes weißes Kleid, in dem sie ihr Mann besonders gern Es war so viel Platz in der Villa, und wenn ihr Mann gesehen hatte, zerrte sie aus dem Koffer. Sie schleuderte es wieder im Felde war, war sie ganz allein; es war unnatür- von sich, als verbrenne das duftige Gewebe ihr die Finger. lich, daß jede von ihnen eine eigene Wohnung hatte. Ein Roman aus unserer Zeit von Clara Viebig . Die Ein wütender Schmerz durchzuckte sie: nie mehr, nie mehr Tochter hätte sich nicht zu fürchten brauchen, sie würde sie in würden seine Arme sich um dieses Kleid legen. Hier Sie warf einen scheuen Blick um sich. Das Zimmer war feiner Weise bevormunden. hier Doch sie hütete sich, einen Ein- hatte seine Hand oft geruht, war zärtlich die Falten auf und groß, in seiner Tiefe hinter den breiten geschnigten Schränken wund Iaut werden zu lassen. Es tvar Lauerten Schatten. Jeden Abend leuchtete sie die Winkel ab: auch vielleicht ab geglitten. Ach, in diesem Kleid, in diesem Kleid! Nie flüger, Lili fich einmal ganz selber zu über- war er entzückter über ihre Schönheit gewesen. da konnte sich gut jemand verstecken. Und wenn einer in die laffen. Die Liebe der Mutter fühlte den Zwiespalt in große Linde im Vorgarten Kletterte und auf dem breiten Ast, der Seele der Tochter. Sie schloß wie träumend die Augen. All die glücklichen War die nicht schlimmer daran Stunden, die sie in diesem Kleide verlebt hatte, pochten bei der sich bis zum Balkon fireckte, weiter rutschte, war es ein als all die Frauen hier, die den Mann draußen hatten? ihr an. Felsensicher hatte sie ihr Glück gewähnt, dauernd bis Leichtes, fich ins Zimmer zu schwingen. Früher war ihr nie war nicht sogar das arme Weib, die Reinemachfrau, besser zum Tode- sie zuckte zusammen. Mit starren Augen sah ein Gedanke der Furcht gekommen, da schlief ihr Mann neben baran? fie in eine Ecke, ihre Lippen erblaßten: oh, warum mußte fie ihr, jezt fuhr sie zusammen bei einem Snacken in den Möbeln Beim Fensterpußen von Frau Rossis neuer Wohnung jetzt so oft an den Tod denken, an seinen Tod? Er war dem und wagte es nicht mehr, wie sie gewohnt war, nachts ein hörte man die Dombrowski lustig singen. Sie trällerte den Tod nahe, täglich, stündlich, jede Minute. Der Tod lauerte Fenster offen zu lassen. Die Läden mußten fest geschlossen neuesten Gassenhauer so laut, daß die Leute, die vorbei ihm auf hinter den Felsenrippen der Berge, und wenn er fein werden. Und dann lag sie doch noch stundenlang mit weiten gingen, Anstoß daran nahmen und die Krüger unten aus Geschoß auf ihn abschnellte, so stürzte er ihn vielleicht hinunter Augen, die Arme hinterm Stopf verschränkt, und wachte. Gab ihrem Fenster den Kopf steckte: Sei'n Sie doch stille!" in furchtbare Schründe. es hier noch viele Frauen, denen es so ging wie ihr? Frau von Voigt hatte eigentlich schon die Absicht gehabt, Mein Gott, mein Gott!" Sie stöhnte auf. Es war auf Hedwig Bertholdi hatte sich bis dahin nicht um andere die Dombrowski nicht mehr zu nehmen die ließ in der einmal nichts mehr von dem da, was sich trennend zwischen gefümmert, sie war ganz ausgefüllt gewesen, nun mußte fie legten Zeit nach in der Arbeit aber sie fonnte es nun doch ihm und ihr aufgetürmt hatte. Was galt ihr noch Deutsch­an die Krüger denken und an deren Sohn: wie mochte es nicht übers Herz bringen. War es nicht gut, daß diese arme land, Vaterland, Vaterhaus? Er war ihr Mann, der Mann, wohl mit dem geworden sein? Ihr Mann hatte, ehe er Frau, die sich mit ihren Kindern fümmerlich genug durch den sie liebte, und er war in Gefahr. In der Angst um sein fortging, deswegen noch an das Genfer Rote Streuz ge- bringen mußte, der der Mann jeden Tag totgeschossen werden Leben vergaß sie den Zwiespalt, in dem sich ihre Seele schrieben. Ob die Krüger nun endlich etwas erfahren hatte? oder als Strüppel heimfommen fonnte, sich die Heiterkeit der quälte. Sie ließ sich gar nicht sehen. Ihr ländlicher Garten lag still, Seele bewahrt hatte? Und war es ein Wunder, daß das Die junge Frau verschenkte das weiße Kleid, sie mochte man sah jetzt nur zuweilen eine Dame darin wandeln in den Weib der täglichen Arbeit nicht auch einmal überdrüssig es nicht mehr unter ihren Sachen wissen; anziehen würde sic Abendstunden. Das war die Tochter von Exzellenz von Voigt, wurde wurde man denn nicht selber auch müde? Oh ja! es ja doch nie mehr, dachte sie in ihrer plöblichen Hoffnungs­die Jtaljänerin', wie ihr Mädchen sagte. Sie ging eigentlich Nun ging der Sommer schier zu Ende, der Herbst be losigkeit. nicht durch den Garten, sie schlich nur. Es war sehr still gann; wie reif schon die Aepfel wurden unten im Garten Aber die Dombrowski dachte gar nicht daran, threr der Witwe Krüger! Bald fing der zweite Striegswinter an. Kleinen ein Kleidchen daraus zu nähen. Viel zu schade for Und noch immer kein Ende. Würde der Krieg denn ewig das Mädel," Sie ersuchte Fräulem Hiefelhahn, es für sie Das Krügersche Haus war fein moderner und auch weiter dauern?! Frau von Voigt fand nicht den Mut, ihren Mann weiter zu machen. Aber ich zu ville, ja nic) zu ville!" fein geschmackvoller Bau; noch ein Haus aus alter dörflicher auszufragen. Ihre Bekannten drängten immer: Was sagt Sie wollte gern schlank sein. Zeit. Vor fünfzig Jahren mochte es wohl als etwas Besseres Ihr Mann? Der weiß doch gewiß Näheres. Erzählen Sie Gertrud war förmlich erschrocken: was fiel denn der gegolten haben. Es war niedrig, langgestreckt. und durch den doch, was sagt der General?" Der sagte gar nichts. Er Dombrowski ein? In dem Kleid konnte sie doch nicht aus­dichten Efeu, der es umrahmte, ein wenig düster. Aber die zuckte nur die Achseln und machte eine Gebärde wie: wer gehen, selbst Sonntags nicht. Kleinen blanfgeputzten Fenster, die mit hellgestrichenen Läden weiß. " warum denn nich?" Die Frau war beleidigt. Sie aus dem fast schwarzen Efeu heraussahen, gaben ihm etwas Wenn Du etwas Abgelegtes hast, gib es doch der Dom- denken wohl auch, wenn eine nich, von' is, darf se nich hübsch Sauberes. Der pausbäckige Junge, der früher, als der alte browsti," sagte Frau von Voigt zu ihrer Tochter. Sie hat sein? Na, das wer' ich Ihnen aber mal beweisen." Und sie Strüger noch lebte, im Buschwert des Vorgärtchens Sonntags ein kleines Mädchen, für das fann sie etwas daraus nähen." zog den Leib ein und preßte mit beiden Händen ihre starten einen Wasserstrahl geblasen hatte, saß jetzt auf dem Trockenen, und Lili, die bei der liebersiedlung in die neue Wohnung in Hüften herunter., Ros! Probieren Se mal an, aber er erinnerte an bessere Zeiten. ihren Koffern framte, gab. Sie hatte eine völlige Gleich- probieren Se mal an. Ich sag Ihnen, wie for mir ge­

drüben.

Daß Lili den Einfall haben fonnte, sich diese Wohnung zu mieten! Frau von Voigt war verlegt, daß die Tochter

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gültigkeit gegen ihre Sachen, sie wußte es nicht mehr, daß sie macht!" früher viel Wert darauf gelegt hatte, sich schön zu kleiden.

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Forts, folgt.)