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Tie Berhandlnngett der Agrar-Euquete wurden stenographisch aufgenommen und schon vor Schluß der Ver- Handlungen dem Drucke übergeben. Eigcnthttmlicher Weise kört man aber noch immer nichts von der Ver- öffcntlichung der Verhandlungen. Sollte man im preußischen Landwirthschafts-Ministcrium zu der Ueber- zengung gekommen sein, daß die Aufwärmung des ans dem Reichstage, Abgeordneten- und Herrenhause bekannten Agrarierkohls für Freund und Feind nutzlos war? Zum Rückzüge blasen die Agrarier. Herr von Puttkamer-Plauth, einer ihrer Führer, der sowohl an der Spitze des landwirthschaftlichcn als des deutsch  - konser- vativen Vereinswesens der Provinz Westprenßen steht, hat nun wiederholt Anlaß genommen, in öffent- licher Rede nachdrücklich auf die Schranken hinzu- weisen, welche der agrarischen Opposition vom Standpunkte des Gemeinsinns, wie der Zweckmäßigkeit gezogen sind. So hat er jüngst in der Versammlung des Bundes der Landwirthe zu Dirschau   angesichts der Unmöglichkeit einer agrarischen Mehrheit im Reichstage aus die Roth- wendigkeit hingewiesen, die Regierung zum BundeSgenosseu zu haben und sie demgemäß durch freie Meinungsäußerung zu überzeugen, nicht aber sie zu beschimpfen. Werden wir wieder Freunde! Diese Aufforderung der Agrarier an die Reichsregierung haben wir schon lange er- wartet. Herr von Pnttkamer- Plauth wird bald Nach- folger finden. An einen dauernden Zwiespalt zwischen Neichsregierung und Junkern haben wir nie geglaubt. Ei» Gesetzentwurf zur Erleichterung der Bildung von Familie n-Fideikommissen wurde, von wem wird nicht gesagt, dem preußischen Justiz- irnnister vorgelegt. UnfallverficherungSgesetz-Novelle. Heute veröffent­licht derReichs- Anzeiger" den Entwurf eines Gesetzes, betr. Abänderung der Unfallversicherungsgesctze mit einer Gegenüberstellung des gegenwärtigen Wortlautes der ab- znändernden Vorschriften der Gesetze vom 6. Juli 1884, 28. Mai 1385, 5. Mai 1886, 11. Juli 1887 und 13. Juli 1887. Die Gegenüberstellung umfaßt 10�/» Seiten, die Be­gründung außerdem fünf Seiten. Wir konimen in den nächsten Nummern ausführlich aus diese Veröffentlichungen desReichs-Anzeigers" zurück. Die Ffcage des Maximalarbeitstages im Bäcker- gewerbe, die jetzt von der Reichskommission verhandelt wird, beweist, wie ein Blick auf die freisinnige Presse zeigt, daß diesePartei" ebensowenig eine einheitliche Partei ist, wie die nationalliberale. Richter faßt alle auch die von den Meistern in der Reichskommission für Arbeiterstatistik längst zurückgezogenen Einwände gegen den Normalarbeitstag für das Bäckergewerbe zusammen, um gegen dessen Einführung zu plädiren, dasBerliner   Tage- blatt" empfiehlt mit Vorbehalten denselben, dieVolks- Zeitung" setzt sich für ihn ein. Und das nennt sich noch Partei! Nein, das ist ein auseinanderlaufender Hansen! Voui Rückgange der deutschen   Gewerkschaften seit dem Kölner   Parteitage faselt heute dieNational- Zeitung". Daß sie für ihre Behauptung keine andere Unterlage als den frommen Wunsch ihrer Brotgeber, der Schlotbarone, hat, verschweigt sie kluger Weise. Ihre Machtlosigkeit gestchen die Hirsch-Duncker'schen ein, indem ihr Zentralrath von einer Bctheiligung an den Eewerbegerichts-Wahlen absieht. Ueber den Pastor Göhre zieht sich das Verhängniß zusammen, das bisher noch jeden innerhalb der Bour- geoisie stehenden Mann ereilt hat, der den ehrlichen Ver- such gemacht hat, diese Kreise zu ernstgemeinter tiefgreisen- der Sozialreform zu überreden. Zunächst wird er ae- sellschaftlich geboykottet, dann wirlhschaftlich und politisch gemaßrcgclt. Göhre's Reden in Frankfurt   a. M. haben das Maß vollgemacht. Seine Vorschläge betreffs Hebung des Bauernstandes halten wir allerdings für nutzlos zur Lösung der sozialen Frage, haben aber auch keinen Anlaß, uns jetzt damit zu beschäftigen. Uns intercssirt nur, daß dieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" über den sozialresormerischen Pastor die kleine Rcichsacht verhängt. Er wird zunächst sammt Seinesgleichen der krassen Unwissenheit und des leichtfertigen Dilettantismus" beschuldigt und schließlich wird die einsichtig konservative Politik aufgefordert,jenem oberflächlichen Egalitaris- m u s entgegenzuwirken, welcher die Wurzel aller revolutionären Sünden ist". Nur weiter so geschimpft! Haben wir doch unsere Freude daran. Unsere Kolonien. Nach dem soeben erschienenen Stalisti- scheu Jahrbuch für das Deutsche Reich   umfaßt das Schutzgebiet Togo   60 000 Quadratkilometer, Kamerun   49S 000, Südwest» Afrika 835 100  , Deutsch  -Ostasrika 995 000, das Kaiser-Wilhelms» laud in Neu-Guinea   181 500, der Bismarck-Archipel   52 200, der nordöstliche Theil der Salomon-Jnselgruppe 22 200, das Schutz. gebiet der Marshall- Inseln   400 Quadratkilometer. In Togo  haben sich niedergelassen 72 Europäer, darunter 63 Deutsche  , in Kamerun   204 Europäer(127 Deutsche  ), in Südwest- Afrika 969 Europäer(614 Deutsche  ), in Deutsch  -Ostasrika rund 750 Europäer(rund 500 Deutsche  ), im Schutzgebiet der Neu-Guinea  - Kompagnie 178 Europäer(99 Deutsche  ) und auf der Marshall- Insel 67 Europäer(32 Deutsche). Reklame für Caligula   macht die Münchener   Polizei, die den Vertrieb der Guidde'schen Broschüre im Umher- ziehen verboten hat. Föderalistische Bestrebungen tauchen wieder in der Schweiz   auf und zwar setzt die Agitation dort ein, wo sie am leichtesten sich Synipathien erwerben kann, im Steuerwesen. Ein Initiativantrag, wonach von den Zolleinnahmen des Bundes den Kantonen(Einzelstaaten) je 2 M. auf den Kopf der Bevölkerung aus der Bundeskasse ausgezahlt werden sollen, wird demnächst der Volksabstimmung. vorgelegt werden. Der Nationalrath hat beschlossen, dem Volke die Ablehnung des Antrages zu empfehlen. Unsere schweizer Genossen werden auch gegen die Ein- führnng dieser Ueberweisungen stinimen. Vielleicht werden sie aber doch angenommen werden. Tie Eidfrage vor der französischen   Kammer. Man schreibt uns aus Paris   unterm 21. Juni: In der jüngsten Kamniersitzung gab es eine interessante Debatte über die Frage der Eidesleistung Auf der Tagesordnung stand nämlich ein vom Senat angenommener Gesetzesvorschlag, wonach für den- jenigen Geschworenen der vor Beginn der Gerichtsverhandlung ein schriftliches Verlangen an den Präsidenten des Gerichtshofes stellt, die gewöhnliche Eidesformel:Sie schwören vor Gott   und den Menschen" inSie schwören und versprechen' umgeändert würde. Damit wäre nun allerdings erreicht, daß die frei- denkerischen Geschworenen sich nicht mehr gezwungen sähen, ent- weder gegen ihr Gewissen zu schwören oder sich einer hohen Geldstrafe von 500 Franks bei der ersten Eides- Verweigerung, 1000 Franks bei der zweiten und 1500 Franks bei der dritten Eidesverweigerung zu unterwerfen; aber man würde dadurch deistische und atheistische Ge- schworenen schaffen. Welche Gefahren dadurch entstünden, das haben namentlich die Abgeordneten Borard und Goujon ausgeführt. Man nehme an, führte erfterer aus, es stehe ein Angeklagter religiösen Charakters vor Geschworenen, deren Mehrheit verweigert hätte, vor Gott   zu schwören; würde es da nicht im Falle einer Berurtheilung heißen, das Verdikt sei von der Irreligiosität, von der Verfolgungssucht eingegeben worden? Känie hingegen der Angeschuldigte vor Geschworenen, deren Mehrheit den Eid vor Gott   geleistet hätte, würde es da im Falle eines FreispruchS nicht wieder von der anderen Seite heißen, sie hätten ihr Gewissen ihren religiösen Gefühlen geopfert? Und wie viele würden nicht, wenn sie gezwungen wären, ihr religiöses oder philosophisches Bekenntniß abzulegen, in ihrem Fortkommen gehindert werden. Beamte können heute Geschworene werden; soll man von ihnen fordern dürfe». daß sie ihren Vorgesetzten ihre Gedankenrichtung angeben? Was aber noch viel schlimmer, der Gesetzentwurf beobachte nicht einmal die Neutralität. Er fragt die Geschworenen nicht, ob sie sich zu Gott bekennen oder nicht. Er setzt das erstere voraus und läßt das letztere nur als Ausnahme gelten. Wer sich nicht zum Theismus bekennt, muß dies erst schriftlich erklären, damit ihm die neue Eidesformel vorgelegt werde. Der Theismus wird vorausgesetzt und protegirt, der Atheismus nur geduldet. Warum aber überhaupt eine religiöse Eidesformel? fragte Ab- geordneter Berard. Da der religiöse Eid sowohl in zivil- wie in strafgerichtlichen Sachen weder den Klägern, Zeugen, Experten noch einer sonstigen zur Rechtspflege beitragenden Person auferlegt werde, sei es eine Anomalie(Abweichung von der sonst geltenden Regel), ihn für die Geschworenen aufrecht halten zu wollen. Die Justiz sei eine soziale und keine religiöse Funktion und er verlangte darum, daß dasvor Gott   und den Menschen" überhaupt aus der Eidesforniel gestrichen werde. Demgegenüber beantragte Abg. Goujon im Sinne der Gesetz- gebung der ersten Republik   den gerichtlichen Eid ganz abzu- schaffen. Der Eid, sagte er, beruhe nicht auf dem Ausdruck vor Gott   und den Menschen", sondern bestehe vielmehr in dem Aufheben der Hand, wie zur Anrufung einer höheren Macht und in der aus des Präsidenten Frage gegebenen Ant- wert:Ich schwöre eS." Darum solle, wie das vom Jahre 1795 bis 1808 der Fall gewesen erst Napoleon I. hatteZ   den Eid wieder eingeführt der Gerichtspräsident sich blos darauf beschränken, zusagen:Sie versprechen w.", während die Antwort zu lauten habe:Ich verspreche es." In diesem Sinne dürfte sich die Kammer auch schließlich aussprechen. Vor- läufig ist dieser Antrag der Jnitiativkommission überwiesen morden, während der Berard'sche abgelehnt wurde. In keinem Falle dürfte aber der Senatsentwurf angenommen werden. Ginge es nach Monsignore d'Hulst, dann wäre es allerdings noch viel schlimmer bestellt; denn ihm zufolge wäre die Gewissens- freibeit vollkommen gewahrt, wenn man diejenigen,die das Unglück haben, nicht an Gott zu glauben," von der Gesckwornen- bank ausschlösse! Die Polizei-Anarchisten wissen sehr gut, was der Zweck ihrer Thätigkeit(Propaganda der That") ist. Ihr Londoner   Zentralorgan, jetztFreedom"(früher Commönweal" jc.) sagt in seiner letzten Nummer(83): Es ist ein offenes Eehetmniß in Regierungskreisen, daß die französische   Regierung, unterstützt von ihrem Verbündeten, dem russischen Zar auf die englische Regierung diplomatischen Druck ausübt, um einem Auslieferungsvertrag gegen die Anarchisten zuzustimmen. Natürlich sind die Anarchisten nur die Sündenböcke. Der russische Zar weiß sehr wohl, daß wenn e i n ni a l ein Auslieferungsvertrag gegen die Anarchisten besteht, es auch nicht schwer fallen wird, jeden beliebigen anderen russischen Unterthan aus England herauszufische n." Und nicht blos russischen, sondern auch deutschen, französischen und sonstigenUnterthan" (subject). Man sieht, die Leute d. h. die Eingeweihten und Zielbewußten, wissen sehr wohl, was die internationale Reaktion will. Und als die einzig wahren Revolutionäre thun sie natürlich nicht das was geeignet ist, den Zweck der Reaktion zu vereiteln, sondern genau das was die Reaktion will, das heißt, sie befürworten und verüben Handlungen, die das öffentliche Gefühl empören, die Sache der Revolution als den Kultus des gemeinen Verbrechens erscheinen lassen, und die Volksmassen geneigt machen, die Aufhebung des Asylrechts für derartige Verbrecher nicht nur zu billigen, sondern sogar zu fordern. Und ist man einmal so weit, dann kann wie das anarchistische Zcntralorgan sich ebenso deutlich wie elegant ausdrückt, jeder beliebige andere Unterthan herausgefischt werden". Die italienischen Finanzvorlagen, die den Haß gegen die in Italien   herrschenden Klassen und deren Ver- treter, König, Crispi, sein Ministerium und das Parlament steigern werden und deshalb zu ein«n verhängnißvollen Pyrrhussieg für das heutige System wird, dürften Gesetz werden, wenigstens ist der das Volk am schwersten be- drückende Theil derselben angenommen worden. Die Er- höhung der die Aermsten wie die Reichsten in gleicher Weise treffenden, wie die drückendste Kopfsteuer wirkende Salz- st e u e r, wurde mit großer Majorität angenommen. Der König freilich läßt die Armen belasten, seine Zivilliste, die eine der größten in Europa   ist und im schreiendsten Widerspruche zu dem Elend des Volkes steht, wird nicht gekürzt, der König verzichtet nicht auf einen Pfennig seiner Millionen, obgleich ihm dies von verschiedener Seite nahe- gelegt wurde. Vom Panamino. Eine Reihe von Anträgen wurden in der italienischen Kammer zum Zwecke der Aufdeckung der Korruption gestellt. Die Drucklegung des gesammten Aktenmaterials wurde gefordert. Konflikte in Ostasien   stehen bevor und zwar zwischen China   und Japan  , weil Japan   in Korea  , dem Vasallen- staate China's, wegen der Unruhen Truppen ausgeschifft hat. Da englische und russische Interessen hier mitspielen, dürften diese Konflikte vielleicht auch europäische Interessen nicht unberührt lassen. Warnung. In Berlin   ist eine Person aufgetaucht, die auf den Namen Benno Schwarz lautende Ausweispapiere der Zu- geHörigkeit zur Sozialdemokratie Serbiens   besitzt. Der Be- treffende will sogar eine Vertrauensstellung bekleidet haben. Nach angestellten Ermittelungen sind die Papiere entweder ge- fälscht oder unrechtmäßig erworben. Das Erstere ist wohl das Wahrscheinlichere, da Herr Benno Schwarz in Belgrad   nicht einmal Sozialdemokrat sein soll. Darum Vorsicht. » Der norwegische Sozialistentag in Bergen hat ein- stimmig einen langen Aufruf, dem wir folgendes entnehmen, an- genommen:Arbeiter! Die norwegische Arbeiterpartei die in Bergen zum Landestage versammelt ist wendet sich hiermit an alle norwegischen Arbeiter in und außerhalb unserer Partei wegen der Stellung der Arbeiter bei der bevorstehenden Stortings- wähl. Auch wir treten für eine durchaus nationale Politik zum Schutz der Würde und des Stolzes unseres Landes ein. Der Unterschied zwischen der Linken und uns in dieser Frage (das Verlangen eigener Konsulatsvertretung und eines besonderen Ministers des Auswärtigen) ist nur der, daß wir offen eine Lösung herbeiführen wollen, während die Linke nur wünscht, eine unfruchtbare nationale Agitation nur um der Agitation willen zu entfalten. Wir wollen uns dem widersetzen, daß diese Sache unnöthiaer Weise das Interesse der Arbeiter in zu ausgedehntem Masse in Anspruch nünmt. Der Eiser der Linken in der Stimmrechls-Frage ist nie groß gewesen. Sie ist von den Arbeitern gezwungen worden, nur den kleinsten Schritt in dieser Sache zu thun. Als die Linke die nationale Politik mit Kraft und in dem Umfange, wie es geschehen ist. ausnahm, geschah es ursprünglich vorzugsweise ans Furcht vor dem Stimmrecht, damit dieses nicht zu sehr in den Vorder- grund treten sollte. Und je mehr die Männer der Linken von ihrer nationalen Politik in Anspruch genommen wurden, desto mehr kühlte sich auch ihr Stimmrechtseifer ab. Die Bestrebungen unserer Partei haben sich in den letzten Jahren mehr in dem Bestreben konzenlrirt, die Stimmrechtssrage vorwärts zu bringen. Die Stimmrechtssrage nimmt nun wieder den Ehrenplatz auf dem Programm der Linken ein und das kommunale Stimmrecht ist klar und deutlich darin aufgenommen. Aber daß all' dies geschehen, wird ausschließlich der Agitation der Arbeiterpartei verdankt. Unsere Partei hat zur Förderung der Stimmrechts« fache bei der bevorstehenden Wahl mit der Linken zusammen- arbeiten wollen. Wir haben deshalb selbstverständlich auch ver- langen müssen, daß unsere Partei im Storthing(Parlament) vertreten werde. Die Forderungen der Arbeiter entbehren im Storthing jeder Vertretung und werden darum wie nichts Anderes vernachlässigt. Wir haben auch unfern Posten für die Stimm- rechtssache im Storthing selbst haben wollen, damit es nicht wieder damit wie bei dem jetzt tagenden Storthing geht, daß nichts aus dem Stimmrecht wird, obwohl die Linke das Stimm­recht versprochen hat und obgleich sie die Majorität ziir Durch- führung desselben, in jedem Fall des kommunalen Wahlrechts, besitzt. Und während wir bereit gewesen sind, die Linke in allen Wahlkreisen zu unterstützen, wo wir überhaupt Anhänger besitzen, haben wir eigene Vertreter nur dort gefordert, wo wir sie auf grund unserer Zahl zu fordern berechtigt waren. Aber die Linke hat unser Angebot der Zusammenarbeit abgelehnt. Die Linke möchte die selbständige Arbeiterpartei aus dem Storthing fernhalten. Die Linke will lieber das Stimm- recht, die ganze Wahl und damit auch unser nationales Selb  - ständigkeitsstreben in Gefahr bringen, als den Arbeitern eine wirkliche Vertretung im Storthing einzuräumen. Für die Linke hat es sich vor allem darum gehandelt, die selbständige Arbeiter» bewegung zu demüthigen. Aber tine solche Linke, wenn sie bei den Wahlen auch die Majorität erhalten sollte, hilft den Ar- beitern nichts, eine solche Linke verschafft den Ar- beitern nicht das Stimmrecht, wenn es auch auf dem Programm steht. Eine solche Linke wird nur ein neuer Betrug gegen die Arbeiter. Der demokratische Eiser>einer Partei kann zu unserer Zeit genau nach ihrer Achtung vor den Arbeitern und deren Organisation beurtheilt werden. Die Arbeiter ringsum im Lande sind daher darauf angewiesen, eine vollständig selbständige Politik zu führen. Die Demüthigung, welche die Linke der Arbeiter- bewegung zugedacht hat, muß gegen die Linke selbst angewendet werden. Die Linke muß lernen, die Arbeiter zu respektiren. Die Arbeiter können nicht länger im Zweifel sein» daß sie auch in der Stimmrechtssache darauf angewiesen sind, sich nur auf sich selbst zu stützen. Die Arbeiter in anderen Ländern haben bereits be- wiesen, daß gegen ein kräftiges und gemeinsames Auftreten von Seiten der Arbeiter die Forderung auf allgemeines Stimmrecht auf die Dauer nicht zurückgewiesen werden kann, welche Partei dann auch die Mehrheit in der Nationalversammlung hat. Ein politisch selbständiges Auftreten ist eine Nothwendigkeit ge- worden.. Eintracht und Energie, das ist jetzt vor Allem nöthig. Eine solche selbständige Politik wird der einzig sichere Weg sein, uns die Achtung zu verschaffen, die uns balo sowohl das Stimmrecht, als die nothwendige Ver- tretung im Storthing und der Kommune erringen wird. Darum fordern wir die Arbeiter auf, bei den bevorstehenden Storthings- mahlen in allen Kreisen völlig s elbständig aufzutreten und sich keiner anderen politischen Partei anzuschließen. In den Kreisen, in denen sich die Arbeiter stark genug fühlen, müssen sie eigene Kandidaten bei den Wahlmännerwahlen aufstellen. In den Kreisen, wo sie sich weniger stark fühlen, müssen sie sich der Abstimmung enthalten. Dieser Ausruf soll in 25 000 Exemplaren im Lande verbreitet werden. »« Polizeiliches, Gerichtliches it. Genosse Max Hünig in Dresden  , von dessen in sonderbarster Form vorgenommenen Verhaftung wir gestern be- richteten, soll, soweit wir bis jetzt erfahren konnten, wegen Majestätsbeleidigung auf grund einer antisemitischen Denunziation verhaftet worden sein. Wasin Sachsen   alles strafbarist. zeigt ein in Leutersdorf   in der Oberlausitz   vorgekommener Fall, über den derV. Z." wie folgt, berichtet wird:Ein Einwohner von Leutersdorf   erhielt vor einigen Tagen einen Strafbefehl über 10 M., weil er vor kurzem am Sarge eines Freundes einen Kranz mit einigen rothen und weißen Blumen und einer weißen Schleife niedergelegt halte. In der Begründung der Strafe heißt es. der Betreffende habe durch das Niederlegen eineKund- gebung" veranstaltet, welche nicht sowohl eine Kundgebung der persönlichen Liebe und Achtung für den Ver- storbenen, als vielmehr eine Demonstration einer der Kirche und der staatlichen Ordnung feindlichen Gesinnung sei und sich über- dies insoweit als ein der Handlung und dem Orte nicht ent- sprechendes Betragen darstelle. Die kirchen- und staatsfeindliche Gesinnung aber wurde durch den(nach den Worten des Straf- befehls)aus großen Hellrothen Blumen gefertigten Kranz mit weißer Schleife dokumentirt auf welcher in Aufsehen erregender großer Schrift die Worte Du hast gewirkt bis in den Tod, Und winkt der Freiheit Morgenroth. Gewidmet von der Genoffenschaft(? soll wohl heißenvon den Genossen") zu Leutersdorf  " weithin lesbar waren." Das Strafmandat bezieht sich auf eine Verordnung des evangelischen Landeskonststoriums vom Jahre 1833, sowie eine Bekanntmachung der Amtshauptmannschast Zittau vom Jahre 1891. Thatsächlich befanden sich in dem Kranz neben zahlreichen weißen Blumen nur zwei bis drei rothe, welche nach der Ansicht der sächsischen Polizei die staatsfeindliche Gesinnung bekundeten. Hiernach ist es in Sachsen   bereits ein staatsgefährlichens Be- ginnen, einem verstorbenen Angehörigen rothe Rosen aufs Grab zu stellen. Zwickau  . Der verantwortliche Redakteur des Sächsischen Volksblattes, Genosse H. Reiher, wurde vom Crimmitschauer  Schöffengericht am vergangenen Mittwoch wegen Beleidigung zweier Crimmitschauer   Stadlverordneten, Berger und KälNprad, zu 150 Mark oder 30 Tagen Gesängniß verurtheilt.