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fle. 44-1918

Nr.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Die ersten Blüten.

Bon C. Schenkling.

Mittwoch, 13. Februar

nach den Blüten. Ihre Blattfläche fist schildartig auf dem Blatt Das mächtige, gegen den ruffischen Despotismus gerichtete Ge stiele, ist dabei aber vielfach zierlich eingeschnitten. Die viel dicht Kaukasus " wurde die Ursache zur tragischen Wendung seines größeren Laubblätter der Nieswurz dagegen haben eine Gestalt, Lebens. Mitten aus der Tätigkeit als Professor an der Stunst­die man in der botanischen Kunstsprache als fußförmig bezeichnet atademie zu Kiew wurde er herausgerissen, nach Petersburg auf die Festung geschleppt und dann in die Kirgisensteppe Sibiriens Kaum hat der warme Südwest den Schnee zum Schmelzen ge- und die sich im ganzen Pflanzenreiche nur sehr selten findet. bracht und die Sonne das feuchte Erdreich oberflächlich abgetrocknet, fenden uns jetzt schon vereinzelt Blumengrüße. Mit am schönsten ist zu malen oder auch nur zu singen Doch nicht nur die krautartigen Pflanzen, auch die Holzgewächse verbannt. Dabei wurde ihm verboten zu lesen oder zu schreiben, geistiger Tod war es, was da brechen aus dem Boden auch schon die ersten Knospen hervor, der Seidelbait, deffen Zweige dicht mit rosenroten, kleinen, sehr füß der Bar dem Dichter der Utraine zugedacht hatte. Ganz tonnie die es gar nicht erwarten können, daß der Lenz seinen Eilzug balte. duftenden Blumen besezt sind. Erlen, Haseln, Pappeln schaudeln freilich biefer quellende Liebermund trop alledem selbst in de. Es ist ein eigenartiges Völkchen, das, unbelümmert um Schnee und Eis, die fich sicher noch einstellen werden, durch die ersten wärmenden bald ihre Blütenfäßchen im Winde und streuen dabei ganze Wolfen Grabesnacht der sibirischen Berbannung nicht erstickt werden, aber Sonnenstrahlen aus dem Schoße der Erde hervorgelockt wird, der gelben Blütenstaubes aus. Auch einzelne Ahornarten und der Hartriegel erst nach einem vollen Jahrzehnt, nach der Thronbesteigung goldig glänzende Winterling, das Schneeglöckchen, die Mieswurz. blühen schon jegt. Es ist recht charakteristisch, daß die meisten dieser Alexanders II., gelang. es seinen Freunden, seine Befreiung zu er­Ein tiefes Geheimnis verhüllt ihre Lebensgeschichte. Barum, so Holzgewächse sogenannte Windblütler sind, d. 6. Pflanzen, die nicht wirfen. So fehrte der schwer Geprüfte in die alte Lebensbahn fragt man immer wieder, blühen sie gerade dann, darauf angewiesen sind, daß Insekten den Blütenstaub von einer zurüd, nur daß seine Liebe zur Ukraine nun um so mehr vertieft, Frost und milde Witterung Blume auf die andere tragen, fondern die den Wind als postillon fein Haß gegen die Herren und Herrscher um so stärker gewachsen beständig wechseln, warum d'amour benußen. Für die Dekonomie der Pflanze ist das allers war. Nur drei Jahre hatte er so noch zu leben; am 10. März 1861 gerade zu Ende und nicht anfangs des Winters? Wir fönnen leicht feststellen, daß die Blütenfnoipe des Schnee- dings nicht sehr günstig, denn es leuchtet ein, daß eine Bestäubung ereilte den riesenstarten, aber durch die Leiden der Verbannung glöckchens sehr bald, nachdem die Pflanze abgeblüht hat, angelegt der Blumen dann in viel höherem Maße vom Bufall abhängig ist. förperlich schwer erschütterten Mann ein vorzeitiger Tod. Von seinen Gedichten hat Julia Virginia eine deutsche Ueber­wird. Dann aber verharrt die junge Anlage fast dreiviertel Jahr Solange die verschiedenen Blumen noch auf derselben Pflanze in Ruhe, aus der sie plöglich erwacht. Man hat die verschieden- fiben, wie bei der Hasel, ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Blumen sepung geliefert, die vor einer Reihe von Jahren im Xenien- Verlag bestäubt werden, immer noch größer als da, wo die ver- in Leipzig erschienen ist. Ihre Melodie ist dunkel, ihr Atem heiß.... artigsten Versuche angestellt, die Knospe schon früher aus ihrer Ruhe schiedenen Blumen, nämlich Staubgefäßblüten und Stempelblüten, mit tiefer Liebe und innigem Verständnis schildert er die Natur der aufzurütteln, doch alle sind bisher gescheitert. Uebrigens feunt man Pflanzen, bei welchen die Nube der Knoipen noch länger dauert. auf verschiedenen Pflanzenindividuen figen, wie es bei den Pappeln Ukraine und das Leben ihrer unterdrückten Kinder. Ueber allen der Fall ist. Auf äußerst sinnreiche Weife find dieie Leiden aber erglänzt der Stern fünftiger Hoffnung. Freiheit! Frei­Die amerikanische Dreiblume legt ihre Knospe gar ichon zwei Jahre der Windbestäubung angepakt. Der Blütenstaub heit I das ist die Losung, die Schetotschenko dem Utrainer Volke ins früher an, ehe sie zur Ausbildung kommt Gewig hat auch jeder Pflanzen von uns an älteren Bäumen aus dem Stamm einen jungen Trieb ist loder und staubtrocken im Gegensatz zu dem nicht so leicht Herz gepflanzt hat. Die Schlußworte seines Gedichtes Vermächt hervorbrechen sehen, der einer Knospe enistammte, die vor vielen verwehbaren Blütenstaub der Insektenblütler, die Staubbeutel nis" lauten:

Das ift Sache der

bor

wenn

die systematische Botanik im weiteren Sinne, welche sich mit den

man die Blumen zu suchen hat.

Jabren angelegt, dann überwachsen war und nun, nach langen liegen frei zutage und der ganze Blütenstand ist so lose, daß der Jahren, mit einem Male neues Leben bekam und durchs Holz so klein, daß sie dem Blütenstaube keinerlei Hindernisse in den Weg leifeste Lufthanch ihn in Bewegung feßt. Die Blumenhüllen sind hindurch wuchs. Was ist die Ursache für diese merkwürdige Er­stellen. Andererseits sind die Narben, auf welche der Blütenstaub scheinung? Wir wissen es nicht. Wir können nur vermuten, daß hier gewisse demische Umwandlungen gelangen muß, wenn eine Befruchtung stattfinden soll, berhältnis­sich gehen. mäßig groß und federartig zerteilt, so daß sie wie richtige Staub­Es wäre aber müßig, sich in theoretischen Spekulationen darüber zu ergehen, welcher Art diese Umwandlungen find. fänger funktionieren. Auch hier sind die Blütenhüllen flein, fo Zellforschung, die gerade auf diefem flein, daß der Uneingeweihte die Blumen bisweilen, wie z. B. bei man bisher von spezieller Botanit sprach, so verstand man darunter Farben, welche aus den Knopen hervorragen, weisen den Weg, wo Gebiete noch sehr wenig greifbare Reiultate gezeitigt hat. Wenn der Haiel, gar nicht bemerkt. Erst die blutroten, federbartartigen äußeren Unterschieden der Formen, mit deren genetischer Entwick freunde eine Fülle von Stoff zum Nachdenken. In wenigen Wochen So bieten schon die ersten Knospen dem aufmerksamen Natur­Tung, soweit sie aus morphologischen Gefichtspunkten sich mit der geographischen Verbreitung, mit biologischen Eigentümlich- marschiert dann das große Heer der Lenzblüher auf. Möge eine leiten usw. beschäftigt. Aber noch liegt fast das ganze weite Feld günstige Bitterung ihnen beschieden sein! fpezieller Botanit brach, nur die ersten Anfänge der Beaderung diefes Feldes find gemacht. Sie bewegen sich zunächst auf phyfita­Itidem Gebiete. Sicher ist, daß sie, wenn sie auf das chemische Gebiet ausgedehnt werden, uns dereinst das größte Nätsel lösen werden, das Lebensrätiel. Diese Untersuchungen werden uns dann auch die Antwort auf die Frage geben, warum die ersten Frühlings­blumen gerade zu dieser Jahreszeit blühen.

Der Nationaldichter der Ukraine .

Jetzt, wo die Ukraine durch den Friedensvertrag mit den Mittelmächten endgültig unter die selbständigen Staaten Europas eingetreten ist, gebührt es sich wohl, des Mannes zu gedenken, der der Seele und der Sehnsucht des ukrainischen Volkes das Wort ge­lieben, fein Nationalgefühl mächtig gestärkt und den Drang nach bölfischer Unabhängigkeit in ihm geweckt hat. Das ist Taras cherotichenko, ein Dichter, dessen Lebensgang seltsam und er­schütternd war und dessen Schaffen ihm einen hohen Rang in der europäischen Litteratur anweist.,

Wenn wir uns die ersten Frühlingsblumen ansehen, so können wir mancherlei Interessantes beobachten. Die Blüten haben etwas Apartes, das von den meisten anderen Blumen abweicht. Da ist 3. B. der gelbe Winterling, der erste von allen Lenzesboten, den es nicht sonderlich stört, wenn er wiederholt hart wie Glas gefriert. Dbgleich oder vielleicht auch eben weil er eine heimische Pflanze ist, Schewtschenko wurde am 9. März 1814 im Dorfe Morynci im findet man ihn in unseren Gärten leider selten. In England fehlt| Gouvernement Kiew geboren. Er war der Sohn eines er faum in einem Garten und alljährlich berichten die englischen Leibeigenen und wurde früh Baise. Eine elende Jugend und Gartenbauzeitschriften, wo der erste Winterafonit" geblüht hat. ein Herz voller Sehnsucht nach Licht und Glück: so waren Das Pflänzchen sendet aus seiner Knolle, die man im Spät- bie Anfänge seines Lebens. Endlich wurde man auf ihn aufmerk sommer an den Rand von Gehölzgruppen wie Strotus ein fam, und zwar war es ieine bedeutende malerische Begabung, durch pflanzt, bis fingerlange fräftige Stengel, die an der Spize die er Anteil erregte. Ein Akademieprofesor brachte durch Ver­die große gelbe, sehr wohlriechende Blume tragen. Eine einzige fofung eines seiner Gemälde die Summe von 10 000 Stubel zu­Kinolle treibt bis zu einem halben Dugend Blütenstiele, und da sich sammen, dafür wurde Schewischento freigekauft und er konnte die die Pflanze schnell durch Samen, den sie ausstreut, vermehrt, so Petersburger Kunstakademie beziehen. Es begann eine glüdliche genügen verhältnismäßig wenige Knollen, um in ein paar Jahren Entwicklungszeit. Die Kunstakademie fonnte er mit der goldenen größere Flächen mit der Pflanze zu beiezen. Unter jeder Blüte fitzt Wiedaille ausgezeichnet verlassen, zugleich hatte sich ihm während eine reizend zerschligte grüne Wianschette. Die Blume selbst öffnet der Zeit in eifriger Arbeit die große reiche Welt der Bildung er­sich nur bei warmem Wetter. Regenwetter und Kälte, ja selbst öffnet. raube Winde laffen sie gefchloffen. Weiß die Blume, daß bei Sein Dichten, dessen Anfänge schon in seine Frühzeit zurüd­folchem Wetter feine Jufeften fliegen, welche sich den füßen Honig reichten, nahm nun einen mächtigen Aufschwung. Die Lieder wuchsen aus den tutenartig geformten Blumen holen und dabei die Be- aus der Seele diefes Utrainers hervor, wie die Blumen aus der stäubung ausführen sollen? Wenn es auch auf den ersten Blick Erde . Die großen geschichtlichen Erinnerungen seines Voltes, das scheint, als seien die gelben Blätter die Blumenblätter, so lehrt freie Rosalentum, seine Taten und Schicksale, das Leben am beiligen uns doch die Morphologie, daß sie die Kelchblätter find, die Dnjeprstrome, die Natur der unermeßlichen Steppe: das alles war bei anderen Pflanzen eine grüne Farbe haben. Ihre Stelconatur in diesem Sohne des ukrainischen Volkes lebendig und entströmte dokumentiert sich auch darin, daß sie nicht abfallen wie Blumen- ihm nun in feelenvollen Liedern, deren Atem der freie Steppen blätter, sondern, Wochen, allerdings erst nach wenn die wind zu sein scheint und deren Unterton die tiefe Melancholie eines Blumen befruchtet sind, langiam eintrocknen und verfchrumpfen. Volles bilbet, das in sozialer und nationaler Senechtschaft schmachtet. Ganz ähnlich verhält sich die Nieswurz, einer nahen Verwandten Leidenschaftliche Freiheitstöne stimmt Schetischento an, und vor des Winterlings. Eigenartig sind die Laubblätter der beiden allem ist es die von ihm selbst durchkostete Schmach der Leibeigen­Pflanzen. Beim Winterling erscheinen sie gleichzeitig mit oder bald ichaft, gegen die feine Verse eifern.

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Töchter der Hekuba .

Ein Roman aus unserer Zeit von Clara Biebig. Du bist eifersüchtig," sagte ihr Mann. ,, Mehr als alle Zukunftssorgen quält es dich, daß du die Liebe deines Sohnes nun teilen mußt."

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ah,

Sentt mich ein doch dann erhebt euch! Ketten sprenget, Harte! Feindes Blut, es röte eurer

Freiheit Siegsstandarte,

Und im neuen freien Bunde

In der Brüder Kreise

Denft auch meiner dann mit einem Wörtchen lieb und leise.

der Erinnerung seiner Landsleute zum Bolkshelden. Und er ist nicht vergessen worden! Der Volksdichter wurde in Sein Sterbe­wo Schewischentos Sterbliches zur legten Ruhe gebettet ist. Er hat tag wird in der Ukraine als höchster Nationalfeiertag begangen, und die Ukrainer wallfahrten dann zu dem Hügel bei Kanim am Dnjepr , die erit um 1800 zur Schriftfprache erhobene ukrainische Volksmund­art mit dem Blute der Dichtung belebt und geweiht; er hat sein Volk um seine nationalen Jdeale gesammelt, und so ist es auch feine Saat, die jetzt in der Freiheit der Ukraine aufgegangen ist.

Notizen.

Ueber die Ukraine spricht im Wissenschaftlichen Theater der Urania unter Vorführung von Lichtbildern am 18. Fe­bruar, abends 8 Uhr, Dr. Falt Schupp.

Die Geisterhand. Ein Beitrag zu der bekannten Tat­sache, daß Amputierte oft ein Gefühl in dem Glied zu empfinden glauben, das sie gar nicht mehr befizen, findet sich in dem Brief eines englischen Soldaten an den Manchester Guardian":" Ich habe meine linke Hand im Felde verloren und glaube trobdem noch immer diese Hand ganz deutlich zu fühlen. An jedem Abend habe ich das Gefühl, als ob die Finger dieser nicht mehr vorhandenen Hand offen wären, während es mir am Morgen immer scheint, daß sie fest geschlossen sind. Diese Veränderung geht stets während des Schlafes vor sich.

Nun muß ich erklären, daß ich Linkshänder war und während der Schlacht den Revolver mit der linken, jetzt verlorenen Hand hielt. Wenn nach meinem Gefühl die Finger der amputierten Hand geschlossen sind, haben sie genau die Stellung, als ob sie einen Stevolver hielten.

Ich kann mir das Ganze nur daraus erklären, daß mir die zerschmetterte Hand genau 24 Stunden nach der Verlegung ab­genommen wurde. Um 4 1hr morgens hielt die Hand mit ge­schlossenen Fingern den Revolver, und am nächsten Morgen um 4 Uhr wurde sie amputiert. Es ist also erstens, als ob die Hand sich an beide Greignisse erinnerte, und zweitens, als ob meine Nerven sich an die Hand erinnerten, die gar nicht mehr vor­handen ist." Spruchweisheit der Litauer: Mit lahmem Gaule reitest du nicht weit. Mit Artigkeit allein friegt man keinen Topf zu Rande. Bei Tisch darf man nicht blöde sein. nicht alle Jäger, die frumme Hörner tragen. Ein Huhn verrät sich schon durchs Gackern. Was das Kalb nicht lernt, lernt der Odyse schon gar nicht. Das Unkraut lacht den Flachs aus. Er nacht aus einer Nähnadel eine Wagendeichsel.

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Es sind

unruhig, ihre Augäpfel rollten: so schön, so schön, Als die Glocken feierlich um ihr Haus dröhnten, hielt sie waren die glücklich! Nur den Tag erleben, dann war's gut. sich die Dhren zu. Sie mochte die nicht hören. Das hätte Weiter wollte sie auch gar nichts: nur den Tag!

"

ihr Gustav auch haben können Kriegstrauung- tvenn man will, war die so rasch zu haben. Oh, ihr Gustav, ihr armer Junge! Immer fester preßte sie die Hände gegen die Ohren, sie hörte das festliche Läuten doch.

Die Dietrich preßte ihre Hände ineinander, es war ihr, als müffe fie laut ausschreien: so viel Glück, und sie war noch) immer allein, stand noch immer draußen vor der Pforte. Es war nicht länger mehr auszuhalten. Sie stöhnte auf. Sie stieg hinab in ihren Keller, da schaffte sie bei ihren Wenn Se nich mehr stehn tönnen, denn jehn Se doch Kartoffeln und den eingewinterten Rüben und Kohlköpfen, Sie fenfte den Kopf: war es denn nicht auch schwer? ab, sagte eine Frau. Det dauert heute. Bei die predigt daß ihr der Schweiß lief.. Der Steller war dunkel und tief, Nie, nie hätte sie ohne weiteren Kampf eingewilligt, wäre er lange." die Luke zur Straße mit Stroh verstopft, zu läuten nicht das dunkle Bild der Krüger wie ein mahnender Schatten Sie wollte sich vor die Dietrich drängen, aber diese stieß hatte es längst aufgehört, aber sie hörte es immer noch. auf ihren Weg gefallen. sie zurück. Hier, hier würde sie ihren Plaz behaupten, und Was wohl das Mädchen machen mochte, die Hieselhahn? Als sie zur Kirche fuhren, fing es an zu regnen. Es wenn sie auch unfiele. Cie war jest oft so schwach, essen Gekommen war die nie, obgleich sie sie damals aufgefordert regnete der Braut in den Stranz, das bedeutet Glück. Warum mochte sie gar nicht mehr, die Kleider hingen thr. Die hatte. Nuns dann sollte sie's bleiben lassen! sollte die auch nicht Glück haben, reid), schön, jung? Die Mutter tat was sie fonnte und pflegte sie, aber konnte ihr Nun war der Junge schon fast ein Jahr- Gustav sein Neugierigen, die sich in großer Zahl vor der Stirche an- die die Sehnsucht nehmen? Andere starben an Auszehrung, Junge! Wie sie wohl durchkommen mochte mit dem Kind? gesammelt hatten, waren begeistert. Beifälliges Gemurmel fie fühlte es selber ganz genau: sie zehrte aus an Sehnsucht. Es war jetzt alles so teuer, jezt mußte ein jeder beten: begrüßte die schöne Braut beim Aussteigen. Was die fein Drinnen schwieg die Drgel. Was der Geistliche sprach, linser täglich Brot gib uns heute', und wurde doch nicht war! In weißer Seide, mit einem Schleier, der in vielen konnte man draußen nicht hören, aber Margarete hörte doch immer salt von dem, was er, seit einem Jahr nun schon, nut duftigen Falten von dem runden Myrtenkranz niederhing, sie jedes Wort. Jetzt predigte er: Wo du hingehst, da will ich auf seine Brotkarte bekam. Fleisch gab's seit dem November ganz umhüllend. Und sie war nicht blaß, wie meist die auch hingehen das sagten sie immer bei Trauungen. Heute wenig; es ging ihr gewiß fümmerlich, der Hieselhahn! Ach, Bräute, sie hatte ein Gesicht wie eine Rose. Und wie schneidig aber fagte er noch etwas anderes: von der Liebe, die alles wenn sie's doch lieber zugegeben hätte, daß der Gustav sie er aussah! Freilich noch ein bißchen sehr jung. überwindet, von der Liebe, die über das Grab hinaus dauert geheiratet! Dann wäre er von der Mutter nicht im Trotz Det gibt sich mit jedem Dag," sagte eine Alte. von ewiger Liebe. Sie recte den Hals vor, sie richtete sich geschieben. Dann brauchte sie ihre Gedanken jetzt nicht so Die Mutter des Bräutigams hörte alle Bemerkungen, auf die Zehen, sie lauschte, lauschte angestrengt. Ein Zittern herumlaufen zu lassen in die Ferne, wie Schafe in der Irre. ihre Sinne waren unheimlich geschärft am heutigen Tag. Sie lief durch ihren Störper, ihre Züge vibrierten, ihr mageres Dh, dieses Läuten, dieses Läuten, es machte sie ganz verrückt! sah all die Blicke, neugierige, bewundernde, teilnehmende, Gesicht bekam fliegende Röte und wurde dann plöglich grün- Bis ins Innerste drang es ihr. neidische. Sie fühlte den Regen auf ihrem Haupt, empfand blaß. Ihr Atem stodte: jetzt sprach er die Trauformel- jetzt In ihrem tiefen dunklen Keller Iniete die Strüger auf ihn wie Tränen. Sie roch den Duft der Tannengirlande, die steckte er ihnen die Ringe an- jekt sagten sie: Ja! Wie ihren Kartoffeln. In der dumpfen Lichtlosigkeit streckte jie den Kircheneingang umkränzte; sie schmeckte eine Bitternis auf laut das klang! thre Hände empor und schrie zu Gott . Aber der sah nicht ihren Lippen. Sie hörte nicht nur die Orgel, die ihnen ent- Alle sahen hin nach Margarete Dietrich. Sie hatte hinab in den tiefen Steller. Nein, noch einmal zu der Hiesel­gegenbraufte aus dem offenen Portal, sie hörte quch jeben plöglich ganz laut gerufen Ja!" Und dann fiel fie um.hahn hingehen, nein, das tat sie nicht. Die mußte jetzt zu Laut hinter sich. Auch zum Haus der Krüger waren die Glocken gedrungen, ihr kommen, so gehörte fich's! Wenn der bloß wiederkommnt," sagte irgend jemand. fie wußte, was die läuteten. Bei ihren Nachbarn war ein Immer fester faltete die Strüger ihre Hände, sie kämpfte Und dann jemand anderes: Unfen Se man nich." frohes Fest, der junge Bertholdi machte Hochzeit. Sie fannte gegen das Läuten an, das sie verstörte. Sie rang mit sich Margarete Dietrich war auch unter den Zuschauern. den Rudolf schon, als er ihr vom alten Birnbaum noch die selber:" Was soll ich tim? Mein Gott, oh mein Gott!" Ganz born in der vordersten Reihe stand sie, dicht am Kirchen- Birnen herunterschlug, und ihr Gustav ihn dafür durchprügelte. Und noch eine andere im Haus wurde erregt durch das portal, und ihre Augen tranten mit einer wahrhaft ver- Wie sich alles änderte! Nun war der oben auf, und ihr Läuten. Frau Roffi wußte, daß es zur Hochzeit läutete; zehrenden Gier das Bild des schönen Paares. Bald, bald Gustav-?! Wenn sie nun auch bald etwas von ihm hören Heinz Bertholdi hatte ihr vom Bruder erzählt und von dessen würde auch sie da hineingehen durchs hekränzte Portal, im würde, es war ihr doch oft bange. Ruhelos strich sie den Glück. Fast widerwillig hatte er ihr davon gesprochen, mit Seidenkleid, in Schleier und Stranz. Ihr Atem flog, sie rückte ganzen Tag durch Haus und Garten; selbst die Frau, die ge- einer stockenden Langsamkeit, so, als hätte er's lieber nicht er­immer näher: daß ihr nur nichts entging! Sie sah das kommen war, die Wäsche waschen, hatte sie abgeschafft. Alles zählt, und doch wieder so, als ob er nur davon sprechen Lächeln im Gesicht der schönen Braut und den stolzen Aus- allein, alles allein machen, nur Arbeit, Arbeit, daß man müde könnte, weil ihn eigene ähnliche Wünsche erfüllten. druck auf dem des jungen Bräutigams. Ihre Blicke slackerten wurde wie ein Hund. ( Forts, folgt.)