Kr. 55 ♦ 35. Jahrgang
1. Seilage öes Vorwärts
Sonntag, 24. Zebruar 1 47 S
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.182. Sitzung. Sonnabend. 23. Februar. dormiSagS 11 Uhr. Am BundesrotStische: B. Paysr Graf Rae der». LUlf der Tagesordnung steht zunächst das Gesetz zur?««- derung des Kriegs st euergesetzcs. Danach soll die .Kriegsabgabe auch zur Deckung eines Fehlbetrages im ReichLhaus- halt vermendet werden können. Auf Antrag des Avg Tüdekum(Svz.) wird beschlossen, die Beratung dieses Gesetzes mit der Aussprache beim ReichShauS- ha l t Z p l a n zu verbinden. Es steht Militärisches zur Erörterung, und zwar zuerst der Bericht des Hauptausschusses für militärische Angelegen- Herten . Ein Antrag Dr. Müller- Meiningen sVp.s. F e h r e n- dach(F.), Dr. Stresemann(ndtl.) und Stücklen (Soz.) ersucht den Reichskanzler, dafür Sorg« zu tragen, daß») die Entlassung der Jahrgänge 18SS und 1870 »uS dem Heeresdienst sobald alS möglich geschieht, daß aber jeden- falls die dauernde Zurückziehung der Jahrgänge 1369 und 1870 aus der Bordersten Linie zur militärischen Dienstleistung in die Heimat mit möglich st er Beschleunigung durchge- �ühpt werde, daß b) diejenigen Mannschaften deS Landsturms, :c seit Kriegsbeginn unausgesetzt im Felde stehen, und seit m i n- bestens einem Jahre in der Front eingesetzt find, zu Ersatz. truppenteilea dauernd in das Heimatgebiet versetzt wer- den. Der Hauptausschuß fordert weiter die Beseitigung oder wenigstens die Milderung der Strafe de? streugen Arrestes. Auch sollen alle �Mannschaften ein Recht ans Nrlavb haben. Die Unab- hängigen Sozialdemokraten verlangen eine Denkschrift über die Ergebnisse der Strafrechtspflege in Heer und Marin« für die Zeit vom 1. August 1914 bis Zeptember 1917. Zu den Anträgen spricht als«rster Abg. Stückle»(Soz.): Trotz der Zusage der Regierung scheint eine ernste Absicht zur Entlassung der älteren Jahrgänge nicht zu bestehen. Wie lange sollen diese Leute, deren militärischer Wert doch nur ein zweifelhafter ist, auf Kosten des Staates die Lazarette und Ka- fernen füllen? Das Gesetz sah ursprünglich die automatische Entlassung der Landsturmleute nach der Vollendung des 45. Lebensjahres vor. Erst ein« spätere Ergänzung setzte wahrend des Kric- geS mit der Z-iterfüllung auS. ES muß aber doch berückfichtigt werden, daß bei der Annahme der Zusatzformel ein Krieg von einer solche» Dauer nicht vorausgesetzt war. Die Kommandierung von Landsturmleute» zur Jndustriearbeit ist kein Ersatz für die Entlassung. Wenn die Leute entlassen würden, so unterstehen fie der Hilfsdienstpflicht und können in bezug auf Löhne usw. von ihren Arbeiterrechten Gebrauch machen. Es ist schon viel getan worden, einen geregelten Austausch zwischen Reila- mierten und Frontsoldaten herbeizuführen. EL ist aber dagegen zu protestieren, daß man Arbeiter iufolge des Streiks massenhaft strafweise emgezoge» hat. ES kann auch behauptet werden, daß im Innendienste Land- sturmleute zu Zwecken gebraucht werden, deren Notwendigkeit ganz und gar nicht auf der Hand liegt. In Bayern und W ü r t t e m- berg ist die dauernde Beurlaubung der in dem Antrag gefaßten Jahrgang« durchgeführt. Es wird allgemein und scharf verurteilt, daß sich noch 48jährige in den Schützengräben befinden. Wohl besteht eine Verfügung, daß Landsturmleute die älter als 45 Jahre sind und länger als sechs Monat« im Felde stehen, aus der Feuerlinie zurückgezogen werden sollen. Das wird auch ?etän. Aber die zwei und drei Kilometer, die man st« zurücknimmt, ann man nicht als eine Entfernung auS der Feuerlinie bezeich-, »en. Diese Bestimmung müßte ferner auch auf die Armic- rungSsoldaten ausgedehnt werden, die sehr oft im schwer- sten Feuer ihren Dienst verrichten müssen. Auch die Väter kinderreicher Familien, ferner die letzten Söhne müssen auS der Frontlinie entfernt werden, um das AuSster- ben ganzer Familien zu verhindern. In der' Frage der UrlaubSgewährung herrscht geradezu ein ChaoS. Zweifellos müßt« der vrlanb frei- giebiger gewährt werden, alS das heute der Fall ist. Es gibt noch genug Leute, die seit 18 Monaten ununterbrochen in der Front Dienst tun, ohne auch nur einmal Nrlaub erhalten zu haben. Biel - mehr ist ein Begünstigungssystem eingerissen, gegen das heftig Ber- Wahrung eingelegt werden muß. So werden Offiziersbur- sch e n oftmals hintereinander und regelmäßig beurlaubt, um Lebensmittel für die Offiziere heranzuschlevpen. Ein neuer Er- laß sieht vor. daß möglichst im Sommer die Lerrte auS der L a n d- wirtschaft, im Winter die Städter Urlaub bekommen sollen. Praktisch bedeutet daS: im Sommer fahren die Bauern auf Nrlaub, im Winter wird der Urlaub gesperrt. Ein triftiger Grund für die Unregelmäßigkeit im Urlaubswesen ist das mangelhafte Funktionieren des Verkehrs. Die Einrichtung regelmäßiger U r- lauberzüge würde hier vieles bessern. Im höchsten Grade»m- gerecht ist es, wenn für das Vergehen einzelner strafweise ganze Kompagnie» den Urlaub aut gewisse Zeit gesperrt bekommen. Diese Maßnahme ist mir vom KricgSministerium ausdrücklich als voll- ständig zulässig bestätigt worden. Ja eö ist sogar vorgekommen, daß der Urlaub den Soldaten sogar bei Todesfällen in der Familie verweigert wurde, einem Soldaten sogar mit der Begrün- dung,„er könne seine Frau doch nicht lebendig machen". Folge dieser Mißstände ist. daß sich die Fäll« häufen, wo Soldaten ohne Genehmigung auf Urlaub fahren, und ein großer Teil Sol- baten, die jetzt in den Gefängnissen sitzen wegen Fahnenflucht oder eigenmächtiger Entfernung von der Truppe büßen damit schwer ihre Eigenmächtigkeit. Diesen Zuständen könnte begegnet werden, indem man wie in O e st e r r e i ch den Soldaten ein Recht auf Urlaub gewährt. Darum braucht nicht gesagt sein, daß zu einer bestimmten Stunde der Soldat daS Rech! hat. das Gewehr an die Wand zu stellen und wegzulaufen. Weiter wendet fich der Redner gegen den strengen Arrest. Es wird immer behauptet, daß er zur Aufrechterhaltung der Disziplin notwendig sei. Dasselbe hat man gesagt, als die Strafe des Anbindens beseitigt werden sollte. Als diese beseitigt war, konnte man doch keine Lockerung der Disziplin feststellen. Zum Schlüsse wendet sich der Redner gegen die Streichung der Zulagen an die Mannschaften.(Leb- hafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Müller-Me'mingen(Dp.) ivendet sich gegen das Kriegsministerium, das angegeben hat, cS ständen höchstens noch tausend Mann der im Antrage er- wähnten Jahrgänge an der Front. DaS könne nicht stimmen; eS handelt sich um z e b n t a u s e n d e. Die Zurückziehungen au» der Keuerlmie sind nur scheinbare. In dieser Hinsicht sind die Ver- sprechungen an den Reichstag nicht eingehalten worden. Die ArMterungStruppen verdienen besondere Derück- stchtigung Tee Drückebergerei ist besonders i» den Militärbureaus krasser denn je. An der Front macht fich besonders das Ver- hältnis der jungen Offiziere, deren militärische Tüchtigkeit nicht abgeleugnet werden soll, zu den alien Mannschaften sehr un- liebsam bemerkbar.— Die Verweigerung oder Entziehung des Urlaubs als Strafe oder Nebenstrafe müßte verboten werden. Aufs schärfste müßte auch gegen den
Solöatenfragen im Reichstag.
Mißbrauch der vrlaubsgewShrung z» Hamsterzwecke»» d. h. zum Schleichhandsl zuungunsten der Zivilbevölkerung und zugunsten der Offiziere vorgegangen werden. Auch bei der Löhnung besteht ei» arges Mißverhältnis zwtschen den hohen Gehältern junger Offizier« und der niedrigen Entlohnung alter Mannschaften,-z- Die Militärverwaltung und die Oberste Heeresleitung sind mit uns einig in dem Bestreben nach Reformen. Deshalb vertrauen wir auch darauf, daß die Militärverwaltung und die Heeresleitung unseren Wünschen entgegenkommt.(Beifall bei der BÄkLpartei.) Oberst V. Wrisberg: Ob eine Entlassung der Jahrgänge möglich ist, wie fie m dem Antrag gefordert wird, hängt von der militärischen Lage ab. Ebenso verhält es fich mtt der dauernden Zurück ziehung. Ich bebaute, daß dieser Antrag nicht im Ausschuß de- sprachen werden konnte, wo ich manche Aufklärungen hätte geben können. Entschieden zurückweisen muß ich die Aenherang de? Abg. Stückle», daß t» der Sache der Zurückziehung der Leute über 42 Jcchre nichts geschehen sei. Tausende von Leuten sind auS der vordersten Linie zurückgezogen worden, und daS Bestreben der Militärverwaltung geht dahin, auch die ein- zelnen Fälle noch zu beseitigen, in denen eS bei den Millionen von Truppen noch nicht geschehen ist. Auch über der. Urlaub kennen S?e ja die Ansicht der Heeresverwaltung und billigen sie. Als Strafe soll der Urlaub nicht verweigert werden. wenn er auch im unmittelbaren Anschluß an eine Strafe nicht wohl anzctrete« werden wird. Wenn der Abg. Stücklen von der Er. bitterung von Mannschaften sprach, die nicht au» der vordersten Linie zurückgezogen sind, so verallgemeinert er einzelne Fälle. (Lebhafter Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Jawohl, ich Sab« draußen eine ganz andere, eine freudige und begeisterte Stimmung gefunden. General ». Langermann: Eime Denkschrift über die Straf- «chlspflege im Heer und Marine vorzulegen, wie eS der Antrag Albrecht verlangt, sind wir nicht in der Lage; daS würde zu viel Arbeft gegenwärtig machen. Der strenge Arrest kann nicht ganz abgeschafft werden, er muß als äußerste Strafe vor einem gerichtlichen Einschreilen bestehen bleiben. Wohl aber hat� der Kriegsminister zugesagt, öu prüfen, ob nicht auch im allen Fällen, wo nach dem Militörstrafgesctzbuch auf strenge�, Arrest erkannt werden muß,«irre mildere Straf« zulässig sein kann. Ich hoff«, daß den gesetzgebenden Körperschaften ei» ent- sprechender Gesetzentwurf recht bald vorgelegt werden kann. Abg. Prinz z« Schönaich-Earolath(natl.) gibt semer Freude über die entgegenkommenden Erklärungen der Vertreter der Heeresverwaltung Ausdruck. Abg. v. Graefe(!.): In den K r i eg S ge feil fcha fte,n sitzen immer noch Leute, dktz sich die Finger beider Hände mft Brillanten schmücken, und denen eS recht gut täte ihre Finger einmal zu den schwierigen Arbeiten in den Schützengräben zu verwenden. Gerade da» ärgert die Urlauber und die Soldaten draußen wohl am meisten.— Wir werden für die Resolutionen stimmen, mir nicht für die Resolution, die u. a. auch die gänzliche Abschaffung des strengen Arrestes fordert. Abg Werner-Gießen wünscht bessere Berücksichtigung der ver- höftnffse des Mittelstandes bei den Beutlaubungen. Abg. Ryffel(V. Soz.): Die Klagen, daß alte Mannschafteu aus dem 69er Jahrgang nicht in die Etappe zurückgenommen werden, wollen nicht ver- stummen. Vielfach wird gesagt, die Bestimmungen könnten nicht eingehalten werden, weil es an Ersatz fehle. Man möge nur alle die auffordern, sich freiwillig zu melden, die als alldeutsche Maulheloen Gott auf den 5knien danken« daß der Krieg noch nicht zu Ende ist. Die Stimmung ist durchaus nicht so begeistert draußen, wie General v. WriSberg daS zu glauben scheint. Bei der Behandlung, die die Leute vielfach über sich ergehe» lassen müssen, ist da? nicht wunderbar.(Redner will Einzelfälle dafür vortragen, wird aber vom Vizepräsidenten Dove ersucht, nur zu den Anträgen zu sprechen) Wir werden beim Etat auf diese Fälle zurückkommen, legen aber schon hier Protest dagegen ein, daß Leute, die man hier als Helden bezeichnet, im Heer« beschimpft und geschlagen werden. Dem vor zwei Jahren gefaßten Be- schluß des Reichstags, die Entlassung dauernd Kranker und Dienstuntauglichrr zu beschleunigen, wird nicht nachgekommen. Beim I. Ersatz-Batl. des Ins.- Regts. 61 sind eine große Menge Krüppel eingezogen, ebenso beim Jnf.-Regt. 175 in Graudenz . Ein Mann, der dreimal Blutsturz gehabt hat, wurde beim Husarenregiment in Großenhain ohne Untersuchung als diensttauglich eingestellt. Ein an Brust und'Rücken Verwachsener, 1,33 Meter groß, wird weiter beim Tilsiter Infanterie Regiment behalten, obwohl er keinerlei Dienst tun kann und 20 M. Entschädigung monatlich für Tragen seiner Zivilkleioer bekommt.(Hört! Hört!) Streikende und poli- tisch Unliebsam« werden zur Strafe ins Heer gesteckt. In R ü st r i n- gen wurden 20 Leute, die am 81. Januar l9t8 unserer Partei beigetreten toaren, am 14. Februar eingezogen(HörtI Hört!) All- gemein Nagen die Soldaten ferner über u»genügen de und schlechte Kost. Wo bleiben die Nahrungsmittel, die für daS Heer geliefert werden? Die Feldwebel und Unteroffiziere, die in de« Küchen beschäftigt sind, schassen ständig Lebensmittel nach Hause So vereichcrn sich einzelne widerrechtlich an dem, was den Sol- daten zukommt. Vielfach bestehen auch noch OffizierShüchen, wo die Offiziere für 1,40 M. essen können, soviel fie wollen, während den Soldaten verdorbenes Fleisch vorgesetzt wird. Gibt eL doch HeereZteile. die direkt als Hungerkompanien bezeichnet werden. DaS Anrecht auf Urlaub nach einer bestimmten Zeit müßte den deutschen Soldaten ebenso gewährleistet sein, wie den österreichischen. Ist eS doch vorgekommen, daß einem Soldaten, der zu seiner totkranken Frau wollte, erwidert wurde: „Warten Sie bis Ihre Fra » tot isftl(Unruhe. Zuruf: Gsfühlsroh- heit!) Zum Teil ist der Urlaub käuflich; er wird an Leute gewährt, die Kriegsanleihe gezeichnet haben. Poli- tisch Mißliebig« erhalten leinen Urlaub. Soldaten, die An- Hänger der Unabhängigen Sozialdemokratie sind, werden w i e Hunde behandelt(Vizepräsident Paasch« ersucht den Redner, nur mif die Resolutionen einzugehen und in seinen Behauptungen vor- sichtiger zu lernst In einem Falle habe ich den Versuch gemacht, eine ganz detaillierte Beschwerde der Militärbehörde einzureichen. Es handelt(ich um Den H a u p t m a n n B r a st von der BesatzungS- kompagnie in Belgien , der u. a. unter Mißbrauch seiner Dienstge- Walt ständig Leute dienstlich nach Deutschland beurlaubt, die dann kistenweise Lebensmittel für den Hauptmann nach der Heimat be- fördern müssen(Hört! Hört!). Die Untersuchung het natürlich gar nicht» festgestellt! Aber wo sind denn die Lebensmittel her? Be- kommt der Hauptmann für seinen eigenen Bedarf soviel, daß er zentnerweise nach ber Heimat schicken kann? Eine Haus- s u ch u n g hei dem Hauptmann hat man abgelehnt. Man verlangt, daß ich die Namen meiner Gewährsmänner nenne. Darauf kommt eS den Herren an. Seit Jahren fast be- komme ich Briefe von der Front nur noch auf Umwegen, weil die Soldaten wissen, daß Ariefc mit M. d. R. gelesen werden. Vielfach wird berichtet, daß draußen Schweine und andere» Vieh geschlachtet wird, ohne daß die Soldaten etwas da- von bekommen, sonder»
daS Fleisch, die Schinken, Würste usw. werden sogleich von deck Offizieren nach Deutschland geschickt. Dem kann nur gesteuert werden, ivenn man gegen Vergehen der Offiziere und Feldwebel genau so rücksichtslos vorgeht, wie sonst gegen kleine Vergeben von Soldaten. Wir haben den Reichskanzler um eine Denkschrift über die Ergebnisse der StrafrechtSpslege. im Heer und in der Marine ersucht. Nach einer Erklärung deS Abg. Stücklen ist sie bereits vorhanden, nur uns noch nicht"zugänglich gemacht. Es wird notwendig fein, eine parlamentarische Kam- Mission einzusetzen, die all die Fälle nachprüft, denn es sind viel- fach drakonisch harte Urteile gefällt, die dem Volksemvfinden voll ständig zuwiderlaufen. So wurde ein Mann, der, trotzdem er als D.». bezeichnet war, in den Schützengraben geschickt wurde. und dessen Nerven daß Trommelfeuer nicht aushielten, wegen Feigheit vor dem Feinde zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt. All diese Verhältnisse hängen mft dem System deS Militarismus zusammen. Die Gleichheit aller im Schützengraben ist eine Illusion. DaS System muß dazu führen, daß die verzweifelte Masse ihre Sllavenketten schließlich sprengt.(Bravol bei 11. Soz.) General Scheuch(Chef des Kriegsamts): Aus politischen Gründen, wegen Zugehörigkeit zu einer politischen Partei, ziehen wir niemand ein.(Lachen bei den ll. Soz.) Wohl aber ziehen wir Leute ein, die sich als Hetzer herausstellen.(Hört, hört! und große Unruhe bei den U. Soz.), weil sie die Bedingung der Zu« rückstellung nicht mehr erfüllen. Die Zurückstellung erfolgt zur ÄnfrechterKnltung und Erhöhung der Produk- t i o n in der Heimat, vor allem in den Rüstungsbetrieben. Wer diese Voraussetzung aus irgendeinem Grunde nicht erfüllt, w-rd wieder eingezogen. Dazu gehören vor allem die, die m*fi andere von der Arbeit abhalten, und die ziehen wir ein.(Leb- hastes Bravol rechts.) Die Zahl der Ku.-Personen in den Militär- bureauS und Kriegsgesellschaften ist heute nur noch ganz gering. Oberstleutnant Schulz betont, daß auch �da« sächsische KriegS- ministerium ernstlich bestrebt sei, möglichst ältere Jahrgänge auS der Front zurückzuziehen. Abg. Frommer(k.): Da» Herz jede« Soldaten muß fich empör«! über solche v a te r l a n d? l o s« n Reden, wie man fie hier hören mutz.(Sehr wahr! rechts.) In WirtschastSfragen gehe ich sonst gern mit Sozialdemokraten zusammen, aber wenn man solche Reden hört, kann man von uns nicht verlangen, daß wir noch per- sönlich mit diesen Herren verkehren.(Lachen b. d. U. Soz.) Mit so geknechteten und verhungerten Soldaten, wie Abg. Ryssel ste schildert, hätten wir nicht unsere Schlachten gewinnen können.(Leb- hafte Zustimmung rechts.) Abg. Dr. Haegy(Elf.) wendet fich gegen die nnterschiedliche Be- Handlung der elsaß -lothringlschen Soldaten; bei ihnen wird vor der UrlaubSgewährung nachgeforscht, ob ihr« Verwandten nicht etwa politisch unzuverlässlg find.(Hört, hört! bei den Elf.) Abg. Wirth(Z.): Herr Kolleg« Ryssel hat uns nur ein Zerrbild der Zustände an der Front gegeben. Herr Kollege Stücklen hat auch auf Baden hingewiesen. Di« Beschwerden der badensischen Soldaten könnten in ihrer Häufung auch politisch« Konsequenzen haben. So hat der Minister v. Bodman « im badischen Landtag erklärt, er habe ein« Revidierung der MiNtärkonventton zwischen Baden und Preuße» angeregt. Dringend zu wünschen wäre einzelnen stellvertretenden Generalkommandos, daß ein verständigerer Geist bei ihnen ein« zieht. Bei der Zurückziehung der alten Leute sollte man auch big. Zivilarbeiter berücksichtigen. Generalmajor v. WriSberg: Den badischen Beschwerden abzu- helfen babon wir uns mit Erfolg bemüht und darin werden wir fortfahren.(Bravo !) Gegen den Unfttg der UrlaubSerlaufung durch Geschenke wird rücksichtslos eingeschritten wer- den; ich bitte, uns solche Fälle mitzuteilen. Die Berallgemeine- rung, die vom Abg. Ryssel behauptet worden ist, ist ein« unerhörte Beleidigung«nseres braven Offizier- und Unteroffizierkorps, dir ich auf das entschiedenste zurückweisen mutz.(Beifall rechts.)_ Der Abg. Ryssel hat den Erfolg erreicht, daß er draußen Beifall findet, aber draußen bei unseren Feinden. Unser OfsizierkorpS ist über die Anschuldigungen erhaben.(Bravo ! rechts.)_ Abg. Schöpfli»(Soz.): Leider wird auch begründeten Beschwerden nicht abgeholfen und deshalb ist es nötig, sich an die Oeffentlichft't zu wenden. DaS ' t auch in vielen Fallen schon geholfen. In den letzten zwei ':en ist der Widerstand in der Armee gegen die nsche de» Reichstags im Wachsen begriffen, trotz aller Verordnungen de« Kriegsministeriums. Daran ist schuld die««- aufhörliche Hetze der Konservativen und der alldeutsche« Presse gegen den Reichstag. Diese Presse ist dabei mitschuldig an den vielen Vorkommnissen, die hier allseitig bedauert werden. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Die Zahl der Offi» z: e r» b u r s ch e n. die der Front entzogen werden, schätzen wir mindestens auf drei kriegsstarke Armeekorps. In der Heimat we den Soldaten zu Dingen verwendet, die geradezu lächerlich sind. In Swinemünde z. B. werden 1 Gefreiter und 4 Ka« nonieve dazu verwandt, die Kohlköpfe des Herrn Major« z« bewachen. Da? heißt geradezu Schindluder treiben mit der Nollskraft-des Vaterlandes.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)— lieber Lebensmittelfahrten zugunsten von Offizieren habe ich bereits vor längerer Zeit dem KriegSmtnisterium Mitteilung gemacht; aber ich warte heute noch auf Antwort.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Der Urlaub wird tatsächlich zur Strafe enizogen und sogar ganze Truppenteil« werden rnu UrlaubSeniziehung bestraft wegen Vergehen einzelner. Gegen diesen Unfug, in dem die alten Offiziere erzogen find, ist sehr schwer anzukämpfen.— So wie General Wrisberg cd schildcrie, ist die Stimmung draußen nicht. Da? Wort des Generals v. Scheuch von den Hetzern, die am die Front geschickt werden, war ein böses Wort. Wer entscheidet darüber, wer ei« Hetzer ist. Vielleicht die Herren vom Bezirkskommando oder die Polizei? Das führt dann dazu, daß jeder, der vom Unternebnier oder sonst als Hetzer denunziert loird, eingezogen wird. All« Hetzer in Berlin haben nicht soviel Erbitterung schaffen können als der in feinem blinden Fanatismus politisch so tollpatschie< Herr v. Kessel mit seiner Verordnung während de» Streiks. Oder denken Sie an da? Wort des Herrn v. Oldenburg 1' Wir brauchen einen Kanzler, auf den geschossen wird; sonst taugt er nichts. Hat man den Mut, gegen solche Hetzer vorzugehen?(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Di« Sie als„Hetzer� bezeichnen, sind oft Leute von glühendem Empfinden für Recht und Gerecht ig- feii(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) General v. Scheuch weist den Angriff auf Generaloberst v. Kessel zurück. WaS ich unter Hetzer versteh«, habe ich klar gesagt: Leute, die vom Militär zurückgestellt sind, um zu arb-iten und statt dessen andere zur Arbeitseinstellung aushetzen. Zur Fest- stellung hoben wir die Organe unserer Kommaudo- g e w a l t und die Polizei. Die sind für unS zuverlässig genug. Einzelne Fehlgriffe dabei sind nicht so schlimm wie daS Unheil. das Hunderte solcher Hetzer anstellen könnten. DaS größere UeM auszurotten, dazu stehe ich an meiner Stelle.(Lebhaftes Bravo! recht?.) Abg. Dr. Müller-Meiirnigen(Vp.): Die Stimmung ist von Stmlde zu Stund « erbitterter gcwordeiu Möge die Mili-arv waltung die nötigen Konsequenzen daraus ziehe». Es gibt viele Stellen, die vertuschen; dies« schade« der deutschen Armee. Ich