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Der Irieöensvertrag öes vierbunöes mit Rußland .

Der politische Hauptvertrag, der am Sonntag in Brest- Litowsk unterzeichnet wurde, trägt den Titel: Friedens- vertrag zwischen Deutschland , Oesterreich- Ungarn , Bulgarien und der Türkei einerseits und Rußland andererseits. Nach dem Vermerk, daßDeutsch- land, Oesterreich-Ungarn , Bulgarien und die Türkei einer- seits und Rußland andererseits übereingekommen sind, den Kriegszustand zu beenden und die Friedensverhandlungen möglichst rasch zum Ziele zu führen", werden die zu diesem Zweck von den fünf Regierungen Bevollmächtigten namentlich aufgezählt. Dann heißt es: Die Bevollmächtigten sind in Brest-Litowsk zu den Frie densverhandlungen zusammengetreten und haben sich nach Vorlegung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten über folgende Bestimmungen ge einigt:

Art. 1. Deutschland , Oesterveich-llnigarn, Bulgarien und die it-Y-TVi« yi t im« X Ctt«.X« f«« ii».V...C----- f-liT. ,...£ f 1�. x V___

einander z u leben.

Art. 2. Di?' vertragschließenden Delle werden jede Agi- tation oder Propaganda gegen die Regierung oder die Staats- und Heereseinrichtungen des ande- ren Teiles unterlassen. Die Verpflichtung gilt, soweit sie Rußland obliegt, auch für die von den Mächten des Vierbundes besetzten Gebiete. Art. 3. Die Gebiete, ine«estlich der zwischen den vertragschließenden Teile» vereinbarte» Linie liegen und zu Rußland gehört haben,«»erde» der russischen Staatshoheit nicht mehr unterstehe»; die verein- barte Linie ergibt sich aus der diesem Friedensvertrag als wesent- lichcr Bestandteil beigefügte» Parte. Die genaue Festlegung h(t Linie wird durch eine deutsch -russische Kommission erfolge«. De » in Rede stehenden Gebieten werde« aus der ehemaligen Zugehörigkeit zu Rußland keinerlei Verpflichtungen gegenüber Rußland erwachsen. Rußland verzichtet auf jede Einmischung in die inneren Verhält- nisfe dieser Gebiete. Deutschland und Oesterreich-ttngar« beab­sichtigen, das künftige Schicksal dieser Gebiete im Benehmen mit deren Bevölkerung zu bestimmen. Art. 4. Deutschland ist bereit, sobald der allgemeine Friede geschloffen und die ruffische Demobilmachung vollkommen durch- geführt ist, das Gebiet östlich der im Art. 3 Abs. 1 be° zeichneten Linie zu räumen, soweit nicht Art. 6 anders bestimmt. Rußland wird alles in feinen Kräfte» Stehende tun,»m die alsbaldige Räumung der ostanatolifchen Provinzen und ihre ordnungsmäßige Rückgabe an die Türkei sicherzustellen. - Die Bezirke Erdeha», KarS und Batum werden gleichfalls ohne Verzug von den russischen Truppe« geräumt. Rußland wird sich in die Neuordnung der staatsrechtlichen und völkerrechtlichen Verhältnisse dieser Bezirke nicht einmischen, sondern überläßt es der Bevölkerung dieser Bezirke, die Neuordnung im Einvernehmen mit den Nachbarstaaten, namentlich der Türkei , durchzuführen. Art. 5. Rußland wird die völlige Demobilmachung seines HeereS einschließlich der von der jetzigen Regie- rung u« u gebi ldeten Heeres tei le unverzüglich durchführen. Ferner wird Rußland seine Kriegsschiffe ent- weder in russische Häfen überführen und dort bis zum allgemeinen Friedensschluß belassen, oder sofort desarmie- rem Kriegsschiffe der mit den Mächten des Wierbundes im Kriegs zkrff»nd verbleibenden Staaten werden, soweit sie sich im russischen Machtbeveich befinden, wie russische Kriegsschiffe be- handelt werden. Das Sperrgebiet im EiSmeer bleibt bis zum allge- meinen Friedensschluß bestehen. In der Ostsee und, soweit die russische Macht reicht, im Schwarzen Meer wird sofort mit der Wegräumung der Minen begonnen. Die Handels- schrffahrt in diesen�Seegebieten ist frei und wird sofort wieder auf- genommen. Zur Festlegung der näheren Bestimmungen, nament- lich zur Bekanntgabe der gefahrlosen Wege für die Handelsschiffe, wevden gemischte Kommissionen eingesetzt. Die Schiffahrtswege sind dauernd von treibende» Minen freizuhalten. Art. K. Rußland verpflichtet sich, sofort Frieden mit der ukrainischr« VolkSrepublS zu schließen und den Friedensvertrag zwischen diesem Staate und den Mächten des VierbundcZ anzuerkennen. Das ukrainische Ge- biet wird unverzüglich von den russischen Truppen und der russi- schen Roten Garde geräumt. Rußland stellt jede Agitation oder Propaganda gegen die Regierung oder die öffentlichen Einrichtun- - gen der ukrainffchen Volksrepublik ein. Estland und Livland werden gleichfalls ohne Verzug von den russischen Trup- Pen und der russischen Roten Garde geräumt. Die Ost grenze von Estland läuft im allgemeinen dem Narwa -Flusse entlang, die Ost grenze von Livland verläuft im allgemeinen durch den Peipus-See und Pstowschen See bis zn. dessen Südtue stecke? dann über den Lubanschen See in Richtung Livenhof am der Düna . Estland und Livland werden von einer deutschen Polizeimacht besetzt, bis dor tdie Sicherheit durch eigene Landeseinrichtungen gewährleistet und die staatliche Ordnung hergestellt ist. Rußland wird alle verhafte- ten oder verschleppten Bewohner Estlands und Livlands sofort frei- lassen und gewährleistet die sichere Rücksendung aller verschleppten Estländer und Livländer. Auch Finnland und dir Aalandinsel» werden alsbald von den ruffischen Truppen und der russischen Roten Garde, die finnischen Häfen von der russischen Flotte und den russi- scheu Scestveitträften geräumt. Solange das Els die Heber- führung der Kriegsschiffe in russische Häfen ausschließt, werden aus den Kriegsschiffen nur, schwache Kommandos zurückbleiben. Rußland stellt jede Ag Kation oder Propaganda gegen die Regie- rung oder die öffentlichen Einrichtungen Finnlands ein. Die auf den A a l a n d i n s e l n angelegten Befestigun- gen sind sobald als möglich zu entfernen. Heber die dauernde Richtbefestigung dieser Znseln sowie über ihre sonstige Behandlung in militärischer und schiffahrtstechnischer Hinsicht ist ein beson- deres Abkommen zwischen Deutschland , Finnland , Rußland und' Schweden zu treffen; es besteht Einverständnis darüber, daß hierzu auf Wünsch Deutschlands auch andere Anliegerstaaten der Ostsee hinzuzuziehen sein würden.* I

Art. 7. Von der Tatsache ausgehend, daß Perfien«nd Afghanistan fteie und unabhängige Staaten find, verpflichten sich dt« vertrag- schließenden Teile, die politischeund wirtschaftliche Hn- abhängigkeit und die territoriale Hnversehrtheit dieser Staaten zn achten. Art. 8. Die beiderseitigen Kriegsgefangenen werden in ihre Heimat entlassen. Di« Regelung der hiermit zu- saimneichängeltden Fragen erfolgt durch die im Art. 12 vorgesehenen Einzewcr träge. Art. 9. Die vertragschließenden Teile verzichten gegen- s e i t i g auf den Ersatz ihrer KriegSkostea, d. h. der staatlichen Aufwendung� für die Kriegführung, sowie auf den Ersatz der Kriegsschäden, d. h. derjenigen Schäden, die ihnen und ihren Angehörigen in den Kriegsgebieten durch militärische Maßnahmen mit Einschluß aller in Feindesland vorgenommenen Requisitionen entstanden find. Art. 10. Die diplomatischen und konsularischen Beziehungen zwischen den vertragschließenden Teilen werden sofort nach der Ratifikation des Friedensvertrages wieder aufge- nommen.. Wegen Zulassung der beiderseitigen Konsuln bleiben besondere Vereinbarungen vorbehalten. Art. 11. Für die wirtschaftlichen Beziehungen zwffchen den Mächten des Merbundes und Rußland sind die in den Anlagen 2 bis 5 enthaltenen Bestimmungen maßgebend, und zwar Anlage 2 für die deutsch -russischen, Anlage 3 für die öfter- reichisch-ungarisch -russischen, Anlage 4 für die bulgarisch -russischen, Anlage 5 für die türkisch - russi schen Beziehungen. Art. 12. Die Herstellung der öffentlichen und privaten Rechtsbeziehungen, der Austausch der Kriegs- gefangenen und der Zivil iniernierlen, die Amnestiefrage sowie die Frage der Behandlung der in die Gewalt des Gegners geratenen Handelsschiffe werden in Einzel Verträgen mit Rußland geregelt, welche einen wesentlichen Bestandteil des gegenwärtigen Friedensvertrages bilden und, soweit tunlich, gleichzeitig mit diesem in Kraft treten. Art. 13. Bei Jjer Auslegung dieses Vertrages sind für die Beziefmngen zwischen Deutschland und Rußland -der deutsche und der russische Text, fiir die Beziehungen zwischen Oesterreich- Ungarn und Rußland der deutsche , der ungarische und der russische Text, für die Beziehungen zwischen Bulgarien und Rußland der bulgarische und der russische Text, und für die Beziehungen zwischen der Türkei und Rußland der türkische und der russische Text maß- gebend. Art. 14. Der gegenwärtige Friedensvertrag wird r a t i f i- ziert werden; die Ratifikationsurkunden sollen tun- lich st bald in Berlin ausgetauscht wevden. Die russische Regierung verpflichtet sich, den Austausch der Ratifikationsurkun- den auf Wunsch einer der Mächte des Bierrirndes innerhalb von zwei Wochen vorzunehmen. Der Friedensvertrag tritt, soweit nicht sein« Artikel, seine Anlagen oder die Zusatzverträge anders bestimmen, mit seiner Ratifikation in Kraft. Zu Hrkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag oigenhändig unterzeichnet. Ausgefertigt in fünffacher Urschrift in Brest -LitvwSk am 3. März ISIS.(Folgen Hnterschrifien.) Anmerkung des W. T. B. Die handelspolitischen Fragen, auf die sich Art. 11 bezieht, siud nach den Forde- rnngen des deutschen Ultimatums und analog dem ukrainischen Ver/rage geordnet. Was die rechtSpoliti- schen Vereinbarungen angeht, so enffprechen sie im wesentlichen den Vorschlägen, die auf Grund des Ultimatums von deutscher Seite in der ersten Sitzung unterbreitet worden sind,

Der Friedensvertrag wird, wie dasB. T." hört, von dem Staatssekretär v. K ü h l m a n n und dem Grafen C z e r- nin in Bukarest nachträglich unterzeichnet werden.

Daß der Friedensvertrog in Rußland Widerstände wecken und wachhalten wird, ist zweifellos. Sie melden sich auch bereits. DieNorddeutsche Mlgcmeinc Zeitung" schreibt: Von russischer Seite wird behauptet, daß die russischen Unterhändler in Brest-Litowsk genötigt gewesen seien, den Friedeitsvertrag zu unterzeichnen, ohne von seinem In- halt die erforderliche Kenntnis genommen zu haben. Dies« Behauptung ist völlig unzutreffend. Was die rechtlichen Bestimmungen des Vertrages betrifft, so stimmen sie völlig mit denen über ein, die in den wochenlangen Ver- Handlungen zwischen Delegationen in Brest-Litowsk schon vor der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten festgelegt worden waren. Die politischen Bestimmungen des jetzigen Vertrages sind nach der Wiederaufiiahme der Verhandlungen zwischen den russi- schen Delegierten und dem Gesandten von Rosenberg eingehend er- örtert worden. Besondere Kommissionen einzusetzen, haben die Russen selber abgelehnt. Sie haben als» in voller Kenntnis»nd nach einer Prüfung, die sie selber als aus- reichend betrachtet haben, den Vertrag gezeichnet." Ein indirektes Petersburger Telegramm derNational- Zeitung" behauptet, der linke Flügel der sozial- revolutionären Partei habe sich im Gegnisatz zu dem Sowjet und den anderen maximali stischen Organi- sationen gegen den Friedensschluß mit Deutschland aus- gesprochen.

Die im Art. 3 des Friedensvertrages mit Ruß- land vorgesehene Linie, welche die russische>L>taatsoberhoheit im Westen begrenzt, läuft zwischen den Inseln Dagos und Worms , sowie zwischen M o o n und dem Festlande hindurch �nd erreicht in flachem Bogen, durch den Rigaischen Meerbusen gezogen, etwas nordwestlich der Mündung der Livländischen Aa das Festland, geht in der Verlängerung des Bogens um Riga herum und überschreitet östlich von Oger iÄalle die D ü n a. Sic folgt jetzt dem Laufe der Düna bis östlich D ü n a b u r g bis zu der Stelle, wo die bisherige kurländische Grenze aufhörte und geht von hier in ziemlich gerader Linie bis zur Südspitze des D r h s w j a t y- Sees, wobei der Ort Dryswjath selbst östlich dieser Linie bleibt. Von hier biegt die Linie in süd-südwcstlicher Richtung um und kreuzt die Bahnlinie Szwentzjany Lyntupy etwa in der Mitte.»Die Orte Widsh und T« er st ach bleiben östlich der Linie liegen. An den Orten M i ch a l i s ch k i und G e r w j a n y vorböi, die beide westlich der. Linie verbleiben, erreicht die Linie in mehrfachen Windungen die Bahnlinie Wilna -Szmorgon,

die sie etwas westlich des Orte? Szlobodka überschreitet, und Mt jetzt wiederum südwestliche Richtung inrie, wobei sie dem Laufe der Opita und der Gawjä bis zur Einmündung in den Nje-' m e n folgt. O sch m j a n a und D s j e w j c n i sch k i bleiben öst- lich der Linie, K l e w i z a und G j e r n o n westlich derselben. Die Linie folgt jetzt flußabwärts dem N j c m e n bis ober­halb M o ß t y und biegt hier direkt nach Süden ab in den Fluß- lauf der S j e l w j a n k a, dem sie folgt bis zum Orte R u s h a n h, welcher östlich der Linie verbleibt. Von vier aus geht sie in süd- westlicher Richtung bis zur ukrainischen Grenze, wo Prushany erreicht wird. Die Orte Szmoljenitza und Bobntschiu bleiben östlich der Linie liegen. Eine ganz genaue Festlegung der Linie wird durch eine deutsch - russische Kommission erfolgen.

' parteinachrichten. Die Münchener Parteiorganisation und der Streik. Am Freitagabend tagte eine Wahlkrciskonferenz für die zwei Münchener Reichstagswahlkreise. Gen. Auer gab einen Heber- blick über den Gang der Bewegung und den Stand der Dinge. Darauf konnte nach 1-4 stündiger Dauer die Versammlung mit folgender, einstimmig angenommen«, Entschließung geschlossen werden: Die WnhlkveiSkonferenz für die Wahlkreis« München I und II billigt vollkommen das Eingreifen und die Maßnahmen der Partei- leitung bei der letzten Streikbewegung. Ebenso ist die Konferenz vollkommen einverstanden mit der Vertretung der Foriderunge» der Arbeiter bei der Regierung und den Behörden. Die Bedenken und Behauptungen, die in der letzten Zeit er­hoben wurden, daß die Arbeiterausschüsse für politische Zwecke mißbraucht worden seien, müssen als deuunziatorische, scharf- macherische Entgleisungen zurückgewiesen loerden. Politische Hrsachen haben zum Streik geführt, der Streik war zur Tatsache geworden und es muhte ein Weg gefunden werden, der es ermöglichte, raschest geordnete Verhandlungen zwischen den zuständigen Amtsstellen- und den Arbeitern herbeizuführen. Das war nur zu erreichen durch unverzügliche Zusammen» fassung der zur Vertretung von Arbeiterfragen legitimierten Ar» beitcrauSschüsse. Verlauf und Ergebnis der Angelegenheit machen alle formalistischen Einwände hinfällig. Die Zeitderhältnisse verlangen gebieterisch Maßnahmen, durch die die Parteileitung über Vorkommsse in Betrieben raschest und sicher informiert wird, damit die Hrsachen zu Weiterungen sofort beseitigt werden können. Darum muß von den Arbeitern verlangt werde«, daß fir in steter Fühlung mit der Parteileitung bleiben und alle Vorkommnisse sofort melden sowie den Parolen nnd Aufforderunge«, die nicht von der sozialdemokratischen Partei ausgehe«, i« keiner Weise»ach- komme«. Die Arbeiter müssen jede Zersplitterung der Arbeiterbewegung zurückweisen, sie müssen gerade jetzt für eine Zusammenfassung aller Kräfte wirken. Das Bestreben der Scharfmacher von rechts und links, die Arbeiterbewegung durch Untergrabung des Ver- trauens zu ihren verantwortlichen Führern zu zerreißen, mutz ent- schieden bekämpft werden. Voraussetzung des Erfolges im Kampfe für einen Frieden der Verständigung, für die Demokratisierung des Staatswesens, für die wirtschaftliche und kulturelle Hebung des werktätigen Volkes ist feste und disziplinierte Geschlossenheit und der entschiedene, unbeugsame Wille der Arbeiterschaft. Dieser Wille kann nur wirksam zum Ausdxuck kommen durch die gewerkschaftlichen und politischen Organisationen, in denen die Arbeiter über grundsätzliche und taktische Fragen als Mitglieder entscheiden und Einfluß ausüben. Die Konferenz nimmt Kenntnis von der Erklärung der Staats- regierung und spricht die sichere Erwartung aus, daß die gegebene» Zusagen auch erfüllt werden,"