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Nr. 93.

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8. Jahrg.

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Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Mittwoch, den 22. April 1891.

Expedition: Beuth- Straße 3.

Der Achtffundentag innd Länder zu machen. Das gilt vor allem bei den For- Gewerben, so im Braugewerbe und dem Wagenbau­der Praxis.

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derungen des Arbeiterschutzes. Gewerbe, sei zwar die Zahl der Arbeiter nach Ein­Vor wenigen Wochen waren wir in der Lage, den Ein- führung der verkürzten Arbeitszeit gestiegen, in fluß des Normal Arbeitstages auf die Produktion auf andern der Gerberei, Sattlerei und der Schuhmacherei In wenigen Tagen werden wir wiederum die große Grund von Erfahrungen der schweizer Fabrikinspektion habe sich dagegen ihre Zahl umgekehrt wesentlich vers internationale Demonstration der Arnach   dem trefflichen Aufsatze Dr. Schuler's in H. Braun's mindert.*) Diese Erscheinung erklärt sich aus der vers beiter sich vollziehen sehen, die auf dem Pariser Kongreß Archiv für soziale Gesetzgebung" darlegen zu können; nun schiedenartigen Technik der einzelnen Industrien. Wo es von 1889 beschlossen wurde, und die als nächstes praktisches liefert das von der britischen ökonomischen Gesellschaft möglich ist, und dies ist heute bei der weitaus größeren Biel   die Erlangung des a cht stündigen Arbeits- herausgegebene" Economie Journal" neues Material zur Mehrheit derselben der Fall, den Ausfall an der Länge des tages zum Motto hat. In den meisten monarchischen Beurtheilung der Forderung, welche in den nächsten Wochen Arbeitstages durch zweckmäßigere Eintheilung und Anord­Staaten und selbst in einigen Republiken sind Polizei- von der Arbeiterschaft beider Welten einmüthig erhoben nung, durch größere Intensivität der Arbeit auszugleichen, behörden und Unternehmerkoalitionen eifrig bemüht, die werden wird. In dieser wissenschaftlichen Zeitschrift ver- wird dies auch geschehen, und es kann alsdann auch die Bewegung niederzuhalten. öffentlicht ein Herr Nae, der ebensowenig wie Dr. Fridolin Herabsetzung der Arbeitszeit keine Vermehrung der Arbeits­Viele sehen dieser Demonstration mit einer gewissen Schuler Sozialist ist, einen Aufsatz über die Erfahrungen nachfrage zur Folge haben, wenigstens feine im gleichen Beklemmung entgegen, die Herabsehung des Arbeitstages mit dem Achtſtundentag in England. Da diese Zeitschrift Prozentsatz. Weit entfernt, eine Verminderung der Produktion im auf acht Stunden erscheint ihnen als der Ruin des Ge- uns hier nicht zugänglich ist, veröffentlichen wir nach einem werbes, das Ende der Konkurrenzfähigkeit der Industrie. ausgezeichneten Aufsatze der Züricher Post" die Ergebnisse Verhältniß zur Zahl der beschäftigten Arbeiter zu bewirken, hat die Herabsetzung der Arbeitszeit vielmehr fast überall zu Fehlt es doch nicht an Gespensterbeschwörern, die nicht seiner Untersuchungen. Die Einführung des Achtstundentages in Viktoria ist einer Vermehrung der Produktion, zu einer Erhöhung der müde werden, dergleichen und noch Schlimmeres an die auf keinerlei theoretische oder politische Anregungen zurück- Arbeitsleistungen geführt. Die Zeugnisse und die Zahlen, Wand zu zaubern. Die Arbeiter hingegen sehen in der Verkürzung der zuführen. Die ersten Gewerbe, die ihn erkämpften, die Bau- die Herr Rae dafür anführt, sind von erdrückender Be­Arbeitszeit die Erfüllung einer ihrer wichtigsten selbstver- handwerker nnd die Eisengießer, verlangten ihn, weil die weiskraft. Eine Verkürzung der Arbeitszeit", schreibt er, hat ständlichsten Forderungen an die heutige Gesellschaftsordnung. Arbeit der Einen in der Sonne, der Andern in der Hize Dieselbe gefährdet in feiner Weise das privatkapitalistische der Schmelzöfen aus klimatischen Rücksichten ihnen eine stets zwei unmittelbare Wirkungen: sie wirkt aufeuernd auf Wirthschaftssystem, sie ist in keiner Weise eine revolutionäre Herabsehung der Arbeitszeit nothwendig erscheinen ließ. die Meister, und sie wirkt anfeuernd auf die Arbeiter. Die Forderung, vor deren Bewilligung die herrschenden Klassen Zweimal ließen sie sich lieber eine Lohnherabfegung gefallen, Meister gehen sofort daran, allerhand Ersparnisse einzu­irgendwie aus wohlverstandenem eigenen Interesse zurück- als von dem Achtstundentag abzugehen. Wir haben die führen, die Arbeit wirksamer einzutheilen, bessere Maschinen fchrecken müßten, in ihr liegt im Gegentheil ein gewiffer Worte Achtstundenarbeit an unsere Fahnenstange genagelt," und Geräthe anzuschaffen, oder die alten zu verbessern, oder tonservativer Bug, denn sie wirkt bis zu einem bestimmten erklärte der Führer der Bauhandwerker 1859, und selbst auch Schichtarbeit zu versuchen, kurz, alle Möglichkeiten ins Buntte bet revolutionirenden Tendenz der modernen In- wenn man sie herausschießen würde, würden wir uns noch Wert zu setzen, die Produktion ihres Etablissements auf buftrie entgegen. Eine starke Verkürzung der Arbeitszeit um die Löcher schlagen, die sie gelaffen." Nach und nach dem bisherigen Stand zu halten oder noch zu steigern. Die würde der geistigen, förperlichen, materiellen und fittlichen folgte ein Gewerbe nach dem andern dem gegebenen Arbeiter fehren nach der längern Rast in besserer Stimmung Degeneration der Arbeiterklasse, welche die Entwicklung der Beispiel, so daß 1883 bereits zwanzig Gewerbe auf dem an ihre Arbeit zurück, gleich gestärkt an Nerven und Maschinerie zur naturgemäßen Folge hat, bis zu einem ge- jährlichen Umzuge der Arbeiter Melbournes sich des er- Muskeln, und machen den Ausfall an Arbeitszeit durch wissen Punkte Einhalt gebieten. reichten Achtstundentages rühmen konnten. intensivere Arbeit in manchen Fällen theilweise, in manchen Welches sind nun die ökonomischen Wirkungen des vollständig wett. Die in Vittoria gemachten Erfahrungen Freilich wird dies von den Gegnern jedes vernünftigen Arbeiterschußes hartnäckig geleugnet, dieselben sind eben blind Achtstundentages? Herr Rae behauptet, und sucht den Be- zeigen, daß die Ausgleichung eine faft absolute iſt." Rechtfertigen so die nächsten ökonomischen Wirkungen für Alles, was ihnen nicht klingenden, augenfälligen Nutzen weis durch eine Fülle von Zahlen zu erhärten, daß Die­

bringt. Sie nußen die Tribüne des Reichstages, die ihnen jenigen, die da meinen, daß die Herabsetzung der Arbeits  - des Achtstundentages weder die übertriebenen Hoffnungen, zu Diensten stehende Preffe bei jeder Gelegenheit aus, um seit nothwendigerweise eine Reduktion der Löhne zur Folge die hie und da in Arbeiterkreisen auf ihn gesetzt werden, unsere Forderung des Achtstundentages als undurchführbar habe, ebenso im Ferthum seien, wie Diejenigen, die da noch die pessimistischen Vorhersagungen, mit welchen gewisse zu bekämpfen, um mit Scheingründen zu beweisen, daß das glaubten, daß fie nothwendigerweise ein Steigen der Löhne Anwälte des Unternehmerthums ihn bekämpfen, so sprechen gemeinsame Intereffe der Unternehmer und der Arbeiter, nach sich ziehe. Sie sei vielmehr für die Lohnfrage nahezu seine weitern sozialen und moralischen Wirkungen um so als wenn es ein solches überhaupt, von ganz nebensäch- indifferent. Gewöhnlich seien die Löhne dieselben geblieben, entschiedener zu seinen Gunsten. Auf die Frage, welchen Lichen Bunkten abgesehen, geben könnte, gebietet, diese Forde die sie vorher waren. Es ist hier indeß zu berücksichtigen, Gebrauch der Arbeiter in Viktoria von der Muße mache, rung abzuweisen. daß die Löhne in Vittoria von jeher erheblich höher gewesen die er durch den Achtstundentag erlangt habe, antwortet Im Gegensaße zu der Bourgeoispresse haben die find als in Europa   und der Lebensunterhalt der dortigen Herr Rae: " Der" Bug" und die Energie, mit der er nach so Arbeiterorgane, die jedenfalls viel angenehmere und würdi- Arbeiter immer ein ungleich befferer war als der der großen vielen Beobachtern an sein Werk geht, ist an sich schon der gere Aufgabe, nicht mit Verdächtigungen und Fälschungen Maffe der Arbeiter der alten Welt. berechtigte Forderungen zu bekämpfen, sondern auf Grund Ebenso find nach Herrn Rae Diejenigen im Ferthum, beste Beweis, daß er seine Zeit nicht mit lasterhaften Aus­der Erfahrungen und der Wissenschaft die Berechtigung der die da glauben, daß die Verkürzung des Arbeitstages überall schweifungen todtschlägt. Wenn ein kürzerer Tag in der Arbeiterforderungen zu beweisen. Dies ist nicht schwer. eine Verminderung der Zahl der Arbeitslosen zur Folge Werkstatt nur einen längern Abend in den Wirthshäusern Wohl existirt das Experiment in der Sozialökonomie nicht, haben müsse. Das sei keineswegs der Fall. Die Verkürzung doch gestatten es die Erfahrungen einzelner Betriebe, Ge- der Arbeitszeit trifft die Ursachen der Arbeitslosigkeit nicht werbe und Länder, Rückschlüsse auf andere Betriebe, Gewerbe und kann daher auch diese selbst nicht aufheben. In einigen 1888, bei erheblicher Steigerung der Produktion!

Feuilleton.

Nachdruck verboten.]

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Die Falkner von St. Vigil. Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol

Unterhaltung.

von Robert Sd, weichel.

In der Sattlerei von 636 in 1884 auf 465 im Jahre

Gaderthale hatten einen guten Appetit mitgebracht; indessen sie sich von dem Bischof von Chur   lossagte und der Re­hinderte sie die Befriedigung desselben nicht, sich in allerlei gierung Gehorsam gelobte. Auf ihre Weigerung waren die Vermuthungen über den Zweck der Konferenz zu ergehen. Wortführer: der Stadtpfarrer Patschnider, der geistliche " Ich befürchte, es betrifft unseren hochwürdigsten Herrn Rath Lutz und drei Priester des Seminars, verhaftet wor Bischof von Brixen," äußerte der ältere von den beiden den. Die Letzteren hatte der Kreishauptmann über die Pfarrern. Jetzt wird man sich wohl überzeugt haben, daß Grenze bringen lassen, die Anderen waren theils in Inns­Rom steht, er ebenso fest zu oft wie die hochwürdigsten Herren bruck, theils in Trient   internirt worden.

von Chur   und Trient  , und ihn deren Schicksal theilen Nach allen diesen Vorgängen schienen neue Gewalt laffen. Bald werden wir in Tyrol eine Heerde ohne Hirten maßregeln gegen die Kirche unausbleiblich und die geistlichen Hannes erwiderte hierauf nichts. Er dankte dem Löffel- fein." Herren regten einander durch unheilvolle Prophezeiungen Franz für seine Mittheilungen, ertheilte Allen den Segen Hannes horchte hoch auf. Im Ringen mit seinem mehr und mehr auf. Einhellig verurtheilten sie die Regie­und entfernte sich. Der Alte, der ihn geführt hatte, Herzen und in seinen Studien Bergessenheit suchend, hatte rung, nur Hannes blieb still. blieb zurück, gab doch der Besuch des Kirraten Stoff zur er den Kampf gegen Rom   fast aus den Augen verloren. Der Dechant ließ die Herren in das Konferenzzimmer Durch die Unterhaltung seiner beiden Kollegen aus dem bitten. Er war ein Mann in der zweiten Hälfte der vierziger " Der ist zag", murrte der Löffel- Franz. unteren Gaderthale, zu denen sich bald noch andere Pfarrer Jahre mit einem Kopfe, dessen scharfgemeißelte Züge den In fast gerader Linie und nur wenig sich senkend, lief der Diözese Enneberg   geſellten, erfuhr er jetzt Näheres, ohne romanischen Ursprung verriethen. Das schwarze Haar der schmale Fahrweg, der Hannes zuleht nach Pleiten ge- daß die geistlichen Herren darüber des Essens und Trinkens war bereits leicht ergraut und an den Schläfen sah man führt hatte, den nördlichen Abhang entlang und vorüber an vergessen hätten. Man bewunderte die Standhaftigkeit, mit deutlich die blauen Adern. Die großen, dunklen Augen ber ehemaligen Stammburg der Ritter von Brack, nach dem der die Bischöfe von Trient   und Chur  , welche nach Inns  - hatten den Schimmer des Sammels, das verschleierte Feuer kaum eine Biertelstunde entfernten Pieve da Maro oder bruck geladen worden, um von ihnen die Unterwerfung unter des Südens. An der Mundbildung erkannte man den Enneberg  . Der Weg war mit zahlreichen Kirschbäumen be die Staatsgewalt zu erlangen, das Ansinnen des bayerischen Priester, jedoch trat das Salbungsvolle hinter dem Ausdruck pflanzt, die wie schwarze Gerippe dastanden. Hannes ging Generalfommissars von sich gewiesen hatten. Man be- der Energie zurück. In seiner Haltung lag mehr Festigkeit wunderte die Würde, mit der Beide das Aeußerste ertragen als geistlicher Stolz und seine Begrüßung der Kollegen wußte

grübelnd unter ihnen hin.

Er kam zu früh zur Konferenz, war jedoch nicht der hatten. Denn da sie fest geblieben, war der Bischof von bei aller Kordialität den Unterschied der hierarchischen Erste in der Dechanei, die unmittelbar neben der schönen Trient   als Gefangener nach Salzburg  , der Bischof von Stellung festzuhalten. Er knüpfte an die Vorgänge in Juns­Kirche lag. In dem Zimmer, in welches er gewiesen Chur   durch Bewaffnete über die Landesgrenze geführt und brud an. Eine darauf bezügliche Verordnung der Regierung wurde, traf er bereits zwei Amtsbrüder aus dem geächtet, Beide ihrer Aemter entsetzt worden. Nen war für den lag vor, von der er den Geistlichen seines Bezirks, obgleich unteren Gaderthale. Ein Frühstückstisch stand bereit schweigsam zuhörenden Kuraten von St. Martin das Nach- sie zu dem Bisthum Brixen   gehörten, Mittheilung zu machen und die beiden Adjunkten des Dechanten, die den Gottes- spiel dieser Vorgänge. Er erfuhr, daß Herr v. Hofstetten, hatte. Danach hatte der Klerus, der bisher dem entsegten dienst in Pleiten und Hof versahen, luden den Ankömm der Kreishauptmann von Bruneck  , nach Meran   gekommen und geachteten Bischof von Chur  , dem Freiherrn Karl ling ein, fich zu erfrischen. Der Dechant war noch war, die dortige Geistlichkeit zu sich berufen und auf- Rudolph von Buol- Schauenstein, unterstellt gewesen, von nicht anwesend. Die beiden Herren aus dem unteren gefordert hatte, einen Revers zu unterzeichnen, durch welchen dem ersten Januar 1808 ab, dem Bischoke und Konsistorium