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Unterhaltungsblatt öes vorwärts
Mittwoch, 17. �lpril
Vormarsch.
Ri»s«»» vapaume. Westfront, 7.«prN. Unter den Städte» Europas   dte ärmste und unglücklichste, eine ganz zertretene eine Lasterstätte der Zerstörung da« ist Ba« paume, dieser rotweiße Steinhaufen, über den die Todeswalze des Krieges jetzt dreimal rollt«. Ratten leben in kleinen stinkenden HauSresten. Alles Menschliche flieht diesen ausgestorbenen Kehricht- Haufen, in dem du keinen bergenden Keller, kein schützendes Dach mehr findest. Die Stadt ist tot. Aber täglich stirbt fie neu. Fliegerbomben und Handgranaten wühlen in ihren Trümmern. Ein brodelnde« Meer von Scherben ein Grab, das fich erbricht das ist Bapaume  . Auf den Straßen, die von allen Seiten in diesem Häuser« friedhof zusammenlaufen, schieben sich die Kolonnen in endlosem Zuge hin und her. Frisch« Regimenter, singend, kräftig aus- marschierend, junge, ganz junge Leute strömen nach vorn. Sie kreuzen die Maroden, die Humpelnden, die lberwundeten. die müde, gelb, bleich am Rande der Straßen im Gänsemarsch nach rückwärts verschwinden. An den Beton-Telegraphenstangen kleben die Strippen- 'eger die Schipper wühlen im Straßendreck seitwärts auf einer Wiese 40 rauchend«, dustende Bäckerwagen verletzte Ka- nonen, die in die Werkstatt englische Beutemörser, die schon in Feuerstellung fahren, doppelt wertvoll, weil ihre Munition in Massen vorn liegt! Meldereiter in Stahlhelm und Gas- maske knatternde Motorräder ein undurchdringliches Wirr­warr und doch alles einem großen inneren Gesetze gehorchend und plötzlich über dem Ganzen: e n g l i s ch e r Flieger. Man bört kein Flakseuer sieht nicht« hört dicht über seinem Kopfe ein Flugzeug surren. Huiii bäng gleich dem Schlußgesang einer Granate. Eine Bombe kracht mitten auf die Straße. Drei Kraftfahrer, die rauchend neben ihrem Wagen standen, liegen tot in ihrem Blut. Ehe fich die anderen gerettet haben, ist der surrende Flieger in den niedrigen Wolken verschwunden. So gehr es jeden Tag Huben bei uns aber auch drüben beim Gegner. Der Lustkrieg wird intensiver. Früher blieben die Flieger bei Wolkenwetter zu Hauie. Heute ist e« ihr größter Vorteil. Unsichtbar über den Wolken ichioebend lautlos im Gleitflug schleichen fie herab, stoßen durch die nasse Wollenschicht hindurch und verschwinden, ehe daS Sperrscuer der Maschinengewehre sie fasien kann. Niemals haben die Engländer ihre Fliegermaschinen in solchen Mafien hinter unsere Front geworfen, wie bei ihrem jetzigen Rückzüge. Kanonen und Truppen haben sie mit anerkennenswerter Energie zu retten gesucht. Ihre Flieger aber haben fie geopfert. Zu Hunderten liegen ihre zerschellten Apparate auf den verlafiencn Schlachtfeldern. Aber bei dem notwetidigen Massenbetrieb auf unseren Zugangsstraßen hat auch manch deutscher Fahrer, Sanitäter und Schipper weit hinter der Front den Tod gefunden. Von der großen Straße Bapaume   Cambrai   ab biegen wir links ins Kampfgebiet des Bapaume  -Riegel ein. Hier liegen zwischen MorchieS und Vraux-Vaucourt auf den graugrünen Wiesen und um die Straßenkreuzung 14 tote Tanks. Es liegen auch zahlreiche tote Briten da in den Unterständen am Hohlweg ivestlich Morchies in den verlafienen Baltcriestellungen auf der Straße nach Beugny. Alle diese Unterstände sind verschüttet die Toten liegen übereinander geworfen einige von ihncii verwundet mit geschientem Bein, verhülltem Kopf. Ueber das alles ist am zweiten Tage der Scklacht die deutsche Feuerwalze mitleidslos hin- iveggeschritlen. 16 Tanks waren bestimmt, die Wellen deutschen  Fußvolkes zu brechen, die von Morchies her über kahle Wiesen auf die gewaltige Drahistellung deS ersten Bapaume  -Riegels sich stürzten. Das war am 22. März. Unsere Schützenlinien lagen westlich Morchies. Die Feuerwalze hämmerte schon drüben auf dem ersten Riegel, der von BehagnieS im Bogen über Beugny sich zieht. Im fnmpftgen Grunde westlich der Straße Beugny-Braux-Vaucourt bauten nach Fliegermeldungen feindliche Batterien gegen Bapaume   ab. Ilm  'ere Infanterie halte mit ihrem rechten Flügel gerade die Straßen- kreuzung südlich Maricourt-Gehölz überschritten, als neue Flieger« Meldungen kamen: unten links von der großen Straße her aus Beugny heraus dieSieilS unserer Feuerwalze nahten sechzehn englische Tanks. Da kamen sie an. Sie fuhren über die kahlen Hügel mit Höchstgeschwindigkeit, in Abständen gegliedert, gerade auf unsere linle Flanke los schwenkten plötzlich halblinks und begannen ein rasendes Schnellfeuer m den Rücken unserer vorgeprellten Schützen- lmie. Sobald die Tanks gemeldet, war unsere Begleitartillerie alarmiert. Aber bis sie kam, einen Augenblick, war die Situation kritisch. Maschinengewehre ratterten gegen die Eisenbiester loSl Handgranaten flogen in weitem Bogen aus fie nieder. Sie bekamen zahlreiche Treffer, aber sie schössen weiter. Die Tanks zogen sich in
ein« lange Reihe auseinander und lagen nun wie eine lebendige Sperrkette zwischen unS und den abbauenden Batterien. Eine Viertel- stunde verging. Plötzlich mischten fich in das Klackern unserer Maschinen- gewehre die hellen Abschüffe unserer Batterien. Feldkanonen waren im Hohlweg westlich MorchieS in Stellung gefahren. Matrosen- infanterie mit drei Batterien kleiner Bootskanonen stürzte aus dem Dorse, rollte ihre kleinen LandungSgcsthütze hinter sich her auf die Wiese südlich des Hohlweges und begann fich auf die Tanks einzu» schießen. Die Matrosen schoffen direkt. Immer in die Eingeweide der Tanks, in die empfindlichen Stellen, da. wo die Raupen mit dem Motor verzahnt find. Der erste Tank blieb stehen. Ein zweiter brannte. Aber schnell hatten die Ungetüme den neuen Feind erkannt. Sie drehten auf der Stell« und fünf von ihnen warfen fich schnaubend, feuernd ans die klemen vorgezogenen Boots- kaonnen nach hinten. Die Kanonen lagen offen auf freier Wiese ohne Deckung. M. G.- und Geschützfeuer praffelte aut sie los. Sie feuerten. Ihr Führer fiel. Sie feuerten weiter. Die Tanks kamen näher wie ein großer Dampfer auf ein klemeS Fischer- Schmack. Einen Augenblick, als fie ganz dicht waren, kam Ver- wirrung über die Matrosen. Aber plötzlich schoflen fie wieder. Die Ungeheuer boten ein breites Schußfeld. Ein spitzes Geschoß nach dem andern schlug in ihren gestählten Bauch. Ein Tank nach dem andern blieb stehen. Aus einem flohen die Leute. Ei» anderer lag auf der Seite, aber die Mannschaft schoß. Schließlich gab es ein Handgemenge, ein Durcheinander, in dem von MorchieS aus nichts mehr zu erkennen war. Eine Landungskanone hatte sich verschofien. Da sprang ein Matrose in einen leeren Tank und feuerte mit dem englischen Geschütz auf den letzten, der sich noch bewegte. Am Schluß lagen iüni Tanklcichen rauchend, stinkend, mit Löchern mit verbogenem Geschütz auf der Wiese umher. Die übrigen waren durch die Feldkanonen erledigt. Der Weg für die Infanterie war frei. Die Tanks liegen unberührt wie am 2. Angriffstag. Einige find völlig ausgebrannt. Ein geschwärzter Stahlhelm innen am Boden zwischen verkohlten Resten vielleicht das letzte Ueberbleibsel eine? englischen Tankhelden. Ein Manu von der Bedienung eines andern ist brennend herauSgestürz: er liegt angekohlt 6 Meter von seinem Posten. Auf der Wiese verstreut gesüllle Munitions-Rahmen zer- splitterte M.-G.-Rohre, ein toter englischer Sanitäter. Im Erdboden zahllose kleine braune Trichter von den tapferen LandungSkanonen. AlleS so verlassen so still so ganz Geschichte, als wäre eS nicht erst ein paar Tage her. Als kämpften die Matrosen nicht heute nur 10 Kilometer nach vorn denselben Kampf. Bon Beugny aus zunächst vorbei an den englischen Batte- rien, deren Lafetten dastehen, deren Rohre abtransportiert sind wandern wir südwärts in den ersten Bapaume-Riegel hinein. Man hat viel Draht gesehen in diesem Kriege. Die deutschen Draht- hindernifie vor der Siegfciedstellung waren 14 Meter breit. Aber sie sind schmale Bänder gegen das,' was hier nach rechts und links wie hohes braunes Heidekraut sich hinzieht. Dieser Draht scheint nicht gezogen, sondern gewachsen. Wie ein Wald wächst breiter und breiter werdend. Zuerst haben den Baupaume Riegel die Deutschen   gebaut vor dem großen Rückzug drei Reiben Gräben jeden mit breitem Draht nach Westen davor. Dann kamen die Engländer. Sie ließen die Gräben umbauen und legten nach Osten noch einmal Draht davor breiter als vorher So entstanden die Drahlwälder von Bapaume  . Und dabei ist dies nur der erste Riegel. Dicht vor und dicht hinter der Stadt liegt der zweite und dritte. Die ganze Bapaumeschlacht ist nichts als der Kampf um diesen Draht. Ihn artilleristisch oder durch schwere Minen zu zerstöen, hätte Wochen gedauert eine Arbeit für den Stellungskrieg. Jetzt aber mußten wir ihn im Bormarsch bsrennen ohne Mörser, ohne schweren Minen über diese kahlen Hügel hinweg. Und in den Drähten verborgen saßen zu Hunderten die kleinen englischen LewiS-Gewehre. Da? mar die Schlacht von Bapaume  . Ein. zwei blutige Stürme vergebens aber der dritte gelang. In weniger als 40 Stunden hat auf der ganzen Linie von Behagni-s bis Lognigny das deutsche Fußvolk diese Riegel gebrochen. Nun liegen fie da stumpfsinnig tot Millionen stachlige» Eisen band leblose Werte geronnene Arbeit von tausend Menschen� Händen. Zweimal türmten sie fich trennend zwischen feindliche Leiberketten. Werden sie nicht noch einmal lebendig werden und einem neuen Sturm vom Westen trotzen? Abends stehen wir wieder bor der Ruinenstadt. Aber ist Bapaume   noch eine Stadt zu nennen? Alle diese Dörfer und Städte der toten Zone find ja nur noch Symbole»md militärische Abkürzungen. Was ist eine Stadt? Ein Sozialbegriff ein Wirtschaft- licher, ein administrativer, ein GemütSbegriff. Bapaume   ist nichts von allem mehr. ES ist ausgelöscht aus dem Gedächtnis der Menschen und lebt vielleicht noch in den Träumen evakuierter Kinder, die vor 4 Jahren diese kleine behäbige Landstadt im blühenden Sommer verließen und die jetzt nichts davon wissen
wollen, daß eine ganze Stadt so sterben kann. Was ist Bapaume  ? Eine verschüttete Straßenkreuzung ein furchtbarer Warnruf für die Heimat für die Satten und Frechen  , die nicht wissen, was Krieg ist für die Weinerlichen und Feigen, die nicht ahnen, wie gut sie es haben. Alles sollte wieder aufgebaut werden in Europa  . von Flandern   bis Podolien, aber diese eine Stadt, dieser Riesen« scheide, sollte bleiben zum Schauer und zur Erkenntnis. Dr. Adolf Köster, Kriegsberichterstatter.
Helfingfors. Die inmitten der malerisch-fchönen Schärenwelt des Finnischen Meerbusen  » gelegene' Hauptstadt des früheren Großfürstentums Finnland   ist, mit mehr als 100 000 Einwohnern, trotzdem sie auf ein Alter von mehr als dreieinhalb Jahrhunderte zurückblicken kann, doch ihrem ganzen Wesen nach eine völlig moderne Stadt, die erst im Laufe des 19. Jahrhunderts ihre rasche und lebhafte Entwicklung genommen hat. Auf gut gepflegten, breiten und geraden Siratzen, die vielfach alleeartigen Charakter tragen, und schmucken Plätzen entrollt sich ein lebhafter Straßenverkehr, dessen Hauptader die prächtige, mit einer vierfachen Reihe von Ahorn- bäumen geschmückte Esplanade ist, die schönste Straße der Stadt, an der zugleich die bemerkenswertesten Geschäfts- Häuser und Läden liegen. Auch das neue Theater, in dem schwedisch gespielt wird zwei andere Bühnen sind russisch  und finnisch liegt an der Esplanade, in deren Mitte das Bronze« standbild Runebergs, des Dichters des»Landes der Tausend Seen* steht. Ein anderes Denlinal, dem Andenken Kaiser Alexanders II. gewidmet, erhebt oder erhob sich in der Mitte des Senatsplatzes, der an jeder Seite von einem monumentalen Gebäude eingefaßt wird': im Norden von der im klasfiziftischen Stile erbauten Nikolai- kirche, im Westen von der palastähnlichen schwedisch  -finnischen Alexander-Univerfität, im Osten vom Senatsgebäude und un Süden vomRathause. An sonstigen bedeutenden Gebäuden sind noch zu nennen das Athenäum mit seiner nicht unbedeutenden Galerie finnischer und anderer Kunst, das Staatsarchiv, das frühere kaiserliche Palais, das im italienischen Stil erbaute Ritterbaus, und das Sländebans �o- wie die griechisch-katholische Manä-Himmeliahrts-Kathedrole. die mit ihren weißen Dächern und goldenen Kuppeln welthin sichtbar fit. Den Lebensnerv der Stadt Helsingfors   bildet ihr Hafen, der in drei Teile zerfällt, den durch die aus einer Halbinsel gelegene Vorstadt Skadudden abgeschlossenen Nordhasen(für Kriegsschrffe) uno> cn Südhafen(für Handelsschiffe) iowie den westlich von Helsingsors gelegenen Sandvikshaien. Der Stadt vorgelagert ist die aus sieben durch Brücken verbundene Inseln verteilte Seefestung Svcavorg, deren Anlagt 1749 von den Schweden   begonnen und von den Russen fortgeführt wurde. 1812 wurde HelfingfvrS zur Hauptstadt Finnlands  , 1819 zum Sitz der Regierung und gewann bald, besonder? nachdem auch 182? die Universität von Abo hierher verlegt war, ständig an Bedeutung. Nicht nur in politischer und geistiger Beziehung, sondern auch inr Handels- und Verkehrsleben des Landes nimmt es die erste Stelle ein. Bereits um die Jahrhundertwende besaß eS an 600 industrielle Betriede. Der Ueberseehandel wie« in der Hauptsache eine Aus- fuhr von Holzwaren, Papier   und Pappe auf. während die Haupt- sächlichen Einfuhrartikel in Gslreide, Eisen, Maschinen, Manufaktur­waren, Zucker und Steinkohlen bestanden. Notizen. Vorträge über nutzbare Gewächse werden auch in diesem Sommer im Dahlemer Boranischen Muieum uachm. 6 Uhr unentgeltlich stattfinden. Zmrächst find vorgesehen: Mittwoch, 17. April, Prof. Gräbner über Gemüsepflanzen; 1. Mai Prof. Gilg über Oelpflanzen  ; 15. Mai Prof. Loesener über Kaffee, Tee, Kakao und Ersatzstoffe. Kunsichronik. Die Buchhandlung des Graphischen Kabinetts I. B. Neu mann wurde nach Kurfürstendamm 232 in das Vorderhaus der Berliner Sezession   verlegr. Als EröffnungS- ausstellung wird»Moderne Graphik Berliner Künstler in den letzten zehn Jahren' gezeigt. Die MelzerauSstcllung in den oberen Räumen bleibt brS Ende April geöffnet. W i en e r Krie g S ko st. Die Zeiten haben fich stark ver- ändert seitdem Schiller und Goethe die Donau   in Oesterreich   sagen ließen:»Mich umwohnt mit glänzendem Aug' das Volk der Phäaien, immer ist Sonntag, es dreht immer am Herd fich der Spieß". Das war die Backbendlzeit. Im Jahre 1917 dagegen verwendete der Wiener Volksküchenverein durchschnittlich 1,3 Gramm Fett auf eins Portion Essen   und ein Ei auf 17 000 sprich fiebzehntausend Portionen, llud da? wird noch nicht der Gipfel kriegsköstlicher Möglichkeiten sein. Im ganzen wurden in diesem gesegneten Jahr 28 Millionen Portionen abgegeben, um 7 Millionen mehr als im Jahr zuvor.
12] Pioniere. Roman aus dem Norden von Ernst Didriug. ?llgrens gutes Lächeln erlosch allmählich, und hastig zog ein anderes Bild aus seiner Heimat Wärmlaud vorüber ein schönes, sauberes Zimmer mit weißen Musselingardinen, ein blauer Kachelofen, ein gelbgestrichener Fußboden, und dann all die blankpoliertcn Birkenmöbel mit der schönen Maserung, in denen man sich spiegeln konnte, das Bett und der Schreibtisch und der Schrank und die Stühle und dann auf dem Ofensims die alte große weißblaue Vase mit dem Büschel riesengroßer Primeln. Algrcn fröstelte. Es war auch scheußlich kalt hier drinnen. Er ging hin und fühlte den Kamin an. Kalt, eiskalt. Er ging in den großen Raum hinüber, um sich etwas zum Feueranmachen zu holen. Als er die Tür öffnete, saß eine Frau bei einem Mann auf dem Schoß und küßte ihn. Algren   suhlte sich geniert und wollte sich ohne ein Wort zurückziehen, aber der Mann stand auf und kam mit ausgestreckter Hand und einem breiten Grinsen auf ihn zu. Es fiel Algren   sofort auf. wie kahlköpfig der Mann war und wie zahllose Runzeln die hohe rstirn aufwies. Sie sind ioohl der neue Ingenieur? Hab ich mir ge- dacht. Ich bin Hansson, der Vormann hier, und dies ist die lange Maja," erklärte er und zeigte auf die Frau.»Ist sie nicht hübsch?" Er lachte entzückt. Algren   tat, als sähe er sie nicht, stimmte aber innerlich Hanssons Acußerung zu. Ich möchte gern etwas zum Feueranmachen haben", sagte Algren   und strich sich durch das Haar.»Draußen ist es ja warm, aber hier drin könnte ein bißchen Feuer nicht schaden. Die Kälte muß noch in den Wänden sitzen. Habt ihr keine Kohlen?" Ter Tausend! Hast du denn heut da drin nicht ein- Msilfizt. Maja?" fragte Hansson. Vkaja murmelte etwas Unhörbares und ging an ihnen vorbei zur Tür hinaus. Gleich darauf hörten sie sie drinnen bei Algren   am Kamin hantieren. Inzwischen fragte Hansson Algren   aus, wie Hjort ge- launt sei, ob der Weg beschwerlich gewesen, ob an vielen Stellen an der Bahn gearbeitet werde, bis Algren   endlich
einsah, daß das Verhältnis etwas verkehrt war, und daß er statt dessen selbst sich nach allen Dingen hier erkundigen mußte. Die Antwort, die er bekam, floß ohne Stocken. Die Verhältnisse waren fiirchterlich. einen Tag Sonne, daß man braten konnte, am andern Kälte, daß man aus- einanderfror; der Herbst finster wie eine Höhle, und dann der Winter, dieser verdammte lange Winter mit Schnee und Eis und dem Teufel und seiner Großmutter, wo man nicht vor- und nicht rückwärts konnte und wo man vierzehn Tage hinter- einander still liegen mußte wegen der Stürme und all der losgelassenen Höllenkräfte. Heute war draußen ein Himmel- reich, freilich, aber»vir ivollen nur bis morgen warten, dann pfeift's aus einem anderen Loch! Und dann die Sonne! Sonne, Tag und Nacht, so daß man nicht schlafen konnte. Sehen Sie, Herr Ingenieur, das juckt," fuhr er fort, juckt am ganzen Körper wie Millionen kleine Läuse. Das sind natürlich die Nerven, wird uns gesagt. Aber sogar die Lappen werden närrisch davon. Und was sollen wir da erst machen, die wir aus ganz Schweden   zusammengekratzt sind. unten von Astad her bis hinauf nach Haparanda  . Und dann die Mücken! Warten Sie nur, wenn die erst kommen. Dann wird es wirklich fein! Wenn sie einem in die Ohre» und in die Nase kriechen und an den Augenlidern Tiefbohrungen machen, wenn man eben einschlafen will. Sehen Sie, Herr Ingenieur, es gibt Tage, wo man förmlich Mücken einatmet, wo man fie als Zubiß zur Mahlzeit hat." Hier unterbrach Algren   seine Suada mit der Frage, ob ein Koffer hier angekommen sei. O gewiß. Schon vor einer Woche. Er stände auf der Diele. Ein mächttger Kerl, in dem sicher viele gute Sachen wären. Hansion betonte die guten Sachen sehr nachdrückUch und legte ein augenfälliges Interesse an den Tag. Algren   den Koffer in das Zimmer hineinbringen zu helfen. Er ließ sich denn auch auf dem Bettrand nieder, während Algren  auspackte. Inzwischen blieb sein Mundwerk ununterbrochen in Be- wegung. Ob Algren   Ingenieur Gerell schon kenne? Noch nicht! Nun, das machte nichts, denn es war nicht schwer, mit dem bekannt zu werden. Das war ein richtiger Spaßmacher und
ein gewaltiger Jäger. Er hatte oben auf der Talsohle mehrere Bären geschosicn. Ob Algren   auch Landström nicht kenne? Ach so, auch nicht! Ja, ja, das war ein Kerl. einer, der saufen und arbeiten konnte. Und er bezahlte auch, wenn's drauf ankam! Gerell war auch nicht geizig. Voriges Jahr hatte Gerell mit dem Abstechen der Bahn zu tun und ließ zur Markierung solche Eiscnzapfen, Algrcn wisse Wohl, in den Berg einschlagen. Da kam er eines Abends hier in unsere Baracken, um zu essen. Wir hatten damals als Haustier noch nicht Maja, sondern eine andere, eine noch hübschere Norwegerin, nach der man verrückt wurde, wenn man sie nur ansah. Sie hieß Elisabeth, wir nannten sie aber nie anders als Schönlisa. Gerell wurde auch verrückt, genau wie wir. Man wird hungrig, wenn man den ganzen Sommer durch die Berge läuft und Zapfen einschlagen läßt, Herr Ingenieur. Er fragte mich, ob er bei ihr schlafen könne. Das konnte ich nicht ver- sprechen I Na, eines Abends kam er wieder hierher zur Baracke, und ich sagte natürlich zu Schönlisa, es sei ein neuer in unserer Schicht. Er hatte gebeten, ich solle nicht sagen, wer er sei. Und es ist nicht leicht, hier oben in den Bergen   Herrn und Knecht zu unterscheiden, so wie man angezogen ist. Wir hatten kein Bett für ihn übrig, so daß ich Schönlisa sagte, er müsse bei ihr liegen. Sie lachte nur. Denn er war ein hübscher Kerl, der Gerell, und das ist er noch. Jedenfalls blieb er drei Nächte hier und befand sich sehr ruohl. Dann schrieb er die Rechnung auL für uns über zwanzig Tage Arbeit, und die ganze Schicht zusammen bekam zweihundert Kronen für das Zapseneinschlagen, verstehen Sie. Die Arbeit hat uns mal Spaß gemacht. Und daß der Staat es bezahlen mußte." Algren   mußte trotz allem lachen. Ja, sehen Sie, die Maja, mit der gibt's solche Spaße nicht, denn das ist mein Mädchen, und versucht es einer, dann schlag ich ihm Arme und Beine ab", sagte Hansson. Algren   blickte Hansson an. Es lag etwas wie Drohung in diesem Ton, da aber Algren die Voraussetzung in bezug auf sich selber absolut lächerlich fand, hielt er es aber für über- flüssig, Hansson seiner Ritterlichkeit in diesem Punkte zu ver- sichern. Er begnügte sich mit der Frage, ob Maja ihm sein Zimmer in Ordnung halten und sein Bett macheu könne.(Fortj. folgt.)