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fr. 112 1918

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Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Ein geschändeter Friedhof.

An dieser Stelle ist, solange wir Kriegsberichte schreiben, das Menschliche im Gegner, auch wo es nur in Fünfchen glimmte, ge­flissentlich hervorgehoben worden. Wir haben nichts getan, den Haß zwischen den Heeren und Völkern zu schüren, sondern haben liebevoll verzeichnet, wenn immer die Stimme des Herzens die Stimme der Kanone leise zu übertönen schien. Nicht aus Vorein­genommenheit, sondern um der Wahrheit willen, die leidet.

Um so beschämter und voll Empörung kommen wir eben vom Friedhof der Stadt Nesle zurüd. Wir haben ein Denkmal fran­zösischer Schande gesehen mit eigenen Augen. Hier gibt es teine Berdrehung, keine Schönfärberei teine Polemit. Was die Fran­ zosen   in Nesle berübt haben, wird immer ihren Namen beschmuhen. Auf dem Friedhof dieser zwischen Saint Quentin   und Mont­ Didier   gelegenen Stadt waren Hunderte von deutschen   Soldaten be­

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grabenim Lazarett verstorbene wie in der Umgegend gefallene in der langen Zeit von 1914 bis zu unserm Rückzug im vergan­genen Frühjahr. Die Gräber dieser Soldaten waren mit Holz- und Steinkreuzen geschmückt, die unter dem Eisernen Kreuz Namen, Ge­burts- und Todesdaten der Gefallenen, oft einen religiösen Spruch, niemals ein die französische   Nationaleitelkeit irgendwie berlebendes Wort enthielten. Die deutschen   Soldaten waren in zwei, drei Fried­hofsabschnitten beieinander begraben. Von einigen Regimentern waren Massengräber angelegt, zu deren Häupten ein größerer Dent­stein stand. Dieser Friedhof mußte im Frühjahr 1917 mit der Stadt und dem ganzen umliegenden Gebiet den Franzosen übergeben werden tampflos. Wir haben ihn jebt im Gefolge der großen Schlacht wieder gewonnen wieder ohne Kampf. Der Friedhof, den ich gestern besuchte, befand sich in folgendem Zustand. Um die deutschen Abschnitte hatten die Franzosen eine Wand von schwarzer Teerpappe gezogen. Uebermannshoch, so daß der Besucher von diesen Gräbern nichts sehen konnte als nur die schwarze Scheidewand. Unsere Toten waren also abgeschloffen worden von den übrigen Toten. Gleichsam als wären fie ein an­deres Geschlecht, ein Geschlecht von Bestkranken, die noch im Tode zu meiden sind, waren sie den Blicken und der Berührung der gan­zen Welt entzogen. Man pflanzte keine Hecken von Lebensbäumen, um Grimm und Troh auch über den Tod hinaus zu dokumentieren. Man zog eine schwarze Pappwand um sie- eine Wand des Haffes, Der Verachtung, des Etels um diese unschuldigen Toten, die das brennende Schicksal verzehrt hatte wie tausend andere auf allen Seiten, in allen Völkern. Aber dies war nur der Anfang. Wir betraten die Grabstätten, die uns teuer sind. Daß die Gräber ver­wahrlost waren, wunderte uns nicht mehr. Aber von allen Steinen waren die Eisernen Kreuze abgemeißelt. Die Namen von vielen waren mit dem Hammer herausgeschlagen. Die schwarzen Mar­morplatten zertrümmert. Die Kreuze abgehauen. Die Kruzifige entfernt. Die rührend einfachen Holzschilde der Aermsten ausge­riffen und auf den Hügel geworfen. Grabsteine umgehauen. Die Denkmäler über den Massengräbern in Schutthaufen verwandelt. So sah der deutsche Friedhof aus: schwarz eingepfercht wie ein Hen­fersplab und innerhalb der schwarzen Umrahmung ein teuflisches Theater der Schändung an dem einzig Heiligen, was über allen Nationen steht der Ruhe der Toten.

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Wer hat dies Verbrechen begangen? Nicht die Engländer, die erst fürzlich diesen Frontabschnitt übernahmen, sondern die Fran­zojen. Und nicht im Rausch des Augenblids ist es begangen, nicht im Kampf auf Leben und Tod. Sondern Nesle lag ein Jahr lang weit hinter der Front. Die Einwohner lebten in der Stadt und be­stellen draußen ihre Aecker. Die französischen   Behörden schalteten uneingeschränkt im ganzen Departement. Ein Jahr lang hat diese Schande unter ihren Augen gelegen. Sie haben sie geduldet, ge­billigt, wenn nicht gefördert. Tausende von Fremden aus ganz Frankreich   haben während dieses Jahres das befreite" Nesle be­sucht. Alle haben sie gesehen diese Schande fie murde nicht bedeckt, nicht wieder gut gemacht. Sie kann nicht das Werk eines Einzelnen sein. Die Schande von Nesle klebt an dem ganzen fran­ zösischen   Namen.

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Die weltgeschichtlichen Tage, in denen zwischen Paris   und dem Meere um die Ruhe Europas   blutig gerungen wird, sind zu groß

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Pioniere.

Mittwoch, 24. April

Hundert Jahre Tiefseemessung.

für Beschimpfungen von Volk zu Volk. Gins   aber muß nun auch hat ihm das Wörtchen aber" in die Wiege gelegt. Durch dieses hier gesagt werden. Die französische Nation hatte vor allen an- ichreckliche Anhängsel, ohne das der Wiener feinen noch so enthusia­dern den Ruf der Ritterlichkeit. Niemand in Deutschland   hat an stischen Satz fertig sprechen kann, und das immer nachhinkt, wie ein diesen Ruf mehr geglaubt als die deutsche   Arbeiterschaft. Dieser Pferdefuß, verkleinert er alles, wofür er sonst schwärmen würde." Ruf ist im Laufe des Krieges durch Hunderte von Fällen nichte­würdiger Entehrung wehrloser Gefangener durchlöchert. Weder Serben noch Russen, Italiener   und Engländer haben sich aufgeführt wie die bürgerlichen Männer und Frauen Frankreichs  - weit hin­ter der Front. Mit dem erblichen Skeptizismus der Deutschen  haben wir viele dieser Fälle achselzuckend bezweifelt. Der geschän­dete Friedhof von Neste ist kein Achselzucken. Wir müssen um­lernen in bezug auf die Franzosen gänzlich umlernen. Dr. A d. Köster, Kriegsberichterstatter.

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Bohl die meisten aller Besucher unseres Museums für Meeres. funde durcheilen flüchtigen Fußes den spärlichen Raum, der die In strumente für Tiefseeforschung birgt, um desto länger in den an­grenzenden Sälen zu verweilen, die ihrem staunenden Blick die Wunder des Weltmeeres weisen. Aber wohl mancher von ihnen wird seine Schritte zu jenen nüchternen Apparaten zurücklenken, wenn er erfährt, daß die zweck und sinngemäße Anwendung eben jener Apparate dem Ange des Menschen gestattet, einen Blick in die Tiefen des Ozeans zu tun. In der Tat bildet die Tiefenmessung die Grundlage aller Meeresforschung.

Den alten Griechen und Römern fehlte jedes Mittel die Tiefe des Meeres zu ergründen. Sie mußten sich mit Schäßungen be­Erhebungen der Gebirge entsprächen. Im Mittelalter unternahm einer Schnur bestand, an deren unterem Ende ein Gewicht befestigt man dann Tiefenmessungen mit der sogenannten Lotleine, die in war. Aber auch damit gelangte man nur bis zu einer Tiefe von einigen hundert Metern, denn um weiter in den Schoß des Welt­meeres einzudringen, mußte man das Gewicht soweit erhöhen, daß die Leine riß.

Erinnerungen an Alexander Girardi.   anügen und nahmen an, daß die größten Meerestiefen den höchsten

Jm Jahre 1818 wurde er mit der Aufgabe( die er übrigens nicht zu lösen vermochte) betraut, eine nordwestliche Durchfahrt durch die Baffinsbai zu finden. Einen notgedrungenen Aufenthalt feiner Schiffe in dieser Bai verwandte er dazu," Tiefseemessungen vorzunehmen. Er benutzte hierzu eine Tiefseezange aus Metall von fechs Zentnern Gewicht und erreichte damit in der Baffinsbai als erster den Meeresgrund bei einer Tiefe von 1970 Meter. Hiermit war der Tiefseemessung und der Dzeanographie überhaupt der Beg weiterschreiten sollte, bis man turz vor Ausbruch des Weltkrieges geebnet, auf dem sie von nun an mit immer größerem Erfolge in den Wässern Ost- Asiens zur Tiefe von 10 000 Meter gelangte.

Leben von allem Theaterbaften freizuhalten wissen, nur bei sehr Alexander Girardi   gehörte zu den Schauspielern, die fich im genauer Bekanntschaft war es möglich, diesen großen Darsteller auch als Menschen richtig zu beurteilen, und daher beansprucht in den Erinnerungen an sein wirken auch die rein menschliche Seite ernsthafteste Beachtung. Girardi   besaß eine so urwüchfige Kraft natur, daß er im Leben alles, was am Schauspielerberuf haftet, Im Jahre 1521 berfuchte der berühmte portugiesische Erdumsegler abstieß und daher auch den genauesten Kenner seiner Bühnen- Magelhaens im offenen Weltmeer Tiefseemessungen vorzunehmen, die gestalten im Privatverkehr immer wieder überraschte. Der aber, wie alle vorhergehenden, an der Unzulänglichkeit der Lotleine Jugendberuf als Schlofferlehrling näber gebracht. Bühne hatte ihn ursprünglich meritoürdigerweise sein scheiterten. Erst der englische   Seefahrer John Roß überwand im Er selbst Jahre 1818 diese Schwierigkeit so weit, daß für die Tiefenmessung erzählte einmal hierüber: bin Jns Theater als Schlofferbursche sehr ich schon eine sichere Grundlage gegeben war und wir daher in unseren Tagen fleißig gegangen. Im Landes- den hundertsten Geburtstag nicht nur der Tiefseemessung, sondern theater habe ich mit meinem Meister am Schnürboden gearbeitet, der Ozeanographie überhaupt zu feiern in der Lage sind. John und dort bin ich auch während der Vorstellung geblieben und habe, Roß, am 24. Juni 1777 in Schottland   geboren, irat frühzeitig übers Geländer gebeugt, zugehört. Und einmal, wie der Lewinsky( 1786) in die englische   Marine ein und zeichnete sich im Striege als Richard III.   gaftiert hat, bin ich bei irgend so einem langen gegen Frankreich   so aus, daß seine Ernennung zum Kommandeur hinein. Na, da hat man mich natürlich hinausgeworfen... Auf wie Seefahrer gleich Verdienstvolle sein tatenreiches Leben in Monolog eingeschlafen und hinuntergeflogen, gerade in den Monolog erfolgte. Im Auguft des Jahres 1856 beschloß der als Forscher einmal habe ich selber mit dem Theaterspielen angefangen. London  . Durch einen Freund bin ich darauf gekommen, der durch­aus zur Bühne gehen wollte und feine Ruhe gab, bis wir ein Haustheater gegründet haben. Er hat mir zu geredet, daß ich auch mitspielen foll. Aber ich habe zu Hause nichts sagen dürfen, weil mein Stiefvater sehr dagegen war. Inter der Woche haben wir gelernt, und am Sonntag haben wir gespielt.... Das erstemal bin ich in einem Stück Wem gehört die Frau?" auf­getreten, und von dem Moment war ich nicht mehr zu halten. Ich bater hat davon absolut nichts wissen wollen, und auch meine wäre schon gern zum wirklichen Theater gegangen, aber mein Stief­mutter war anfangs dagegen. Aber dann ist mein Stiefvater ge­storben, und meine Mutter ist ohne Mittel zurückgeblieben. Zu der nämlichen Zeit hat mich der Theaterdirektor Böhm aus Rohitsch­Sauerbrunnen in dem Verein spielen sehen und hat mir sofort einen glänzenden Antrag gemacht. Dreißig Gulden monatlich und freie Fahrt Einen Bopper Abend veranstaltet der Monisten­III. Klasse. Debütiert habe ich am 13. Juni 1869 als Tritsch bund Donnerstag, den 25. April, im Pschorrhaus, Tauenzien. Tratsch in der Posse Tratschmirl" von Restroy. Es ist sehr gut straße 13. Sauerbrunnen habe ich auch die Liebhaberrollen spielen müssen, ulturfragen der Gegenwart veranstaltet die Humboldt­gegangen, und es war ein sehr schöner Erfolg. In Robitsch­Eine Sondervortragsreihe über bedeutende und da sind mir schreckliche Sachen passiert. Die Schminke war mir Akademie Freie Hochschule. zu teuer, und so hab ich mich mit angebrannten Streichhölzern an- im Bürgerfaal des Rathauses über Die Betrachtungsweise der Brof. Cauer fpricht Sonnabend 8 Uhr gestrichen. Und wie ich dann so in die Leidenschaften hineinkomme deutschen   Wissenschaft als Grundlage der Völkerverständigung". und zu schwigen anfange, hab ich auf einmal wie ein Zebra aus­Ein Theaterkulturverein auch in Defter geschaut, ja, da ist nicht schlecht gelacht worden. Mein erstes reich. In Wien   wurde ein Verein zur Förderung deutscher Benefiz ist für mich eine schmerzliche Erinnerung. Ich hab da- Theaterkultur in Desterreich" gegründet, der ähnliche Ziele verfolgt mals das Erträgnis der Vorstellung schon vorher dem Direktor wie der reichsdeutsche Verband. um einen Kaiserschmarren verfauft. Und ihm hat die Vor­Staiserschmarren, den ich in meinem ganzen Leben gegessen habe. stellung vierzig Gulden eingetragen. Das war der teuerste Es ist vielfach behauptet worden, Girardi   sei der legte ete" Wiener gewefen, aber man fönnte mit mehr Recht sagen, daß er in erster Linie Desterreicher und erst dann wiener war, da es ja gerade zum Besten seiner Kunst gehörte, daß er die Schwächen des typischen echten Wieners kritisch betrachtete. Daher hat er auch den Wiener äußerst scharf zu caratterifieren gewußt: Der Wiener fommt mir vor wie ein Märchenprinz, bei dessen Geburt die mächtigsten Feen Bate gestanden haben. Sie haben ihn beschenkt mit Geist, Wig, Schönheitssinn, Lebenslust, Grazie und enormer Kunstliebe. Ganz zuletzt aber ist eine etwas boshafte alte fee dabergekommen und hat dem Brinzen auch eine Gabe gebracht, sie

blank von Leben.

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Notizen.

Dr. M. K.

- Krapottins Enttäuschung. Die, Daily Chronicle" gibt einen Brief des berühmten russischen Anarchisten Fürsten  laffen hat, ununterbrochen in Mostan weilt. In dem Schreiben Krapotkin wieder, der, seit er London   vor wenigen Monaten ver­erklärt er, daß die Greigniffe in Rußland   einander so rasch ablösten, und daß sie so betrüblich seien, daß man alle Luft verliere, sich über das auszusprechen, was man fühle.

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Turgeniews Gut zerstört. Das alte Erbgut des Dichters Jwan Turgeniew im Gouvernement Tula   wurde von Bauern zerstört. Die Bibliothek sowie der gange noch unveröffent­lichte Briefivechsel und Manuskripte des großen Dichters sind ver­nichtet worden. Eine Ironie der Geschichte, daß dies einem Dichter passierte, der für die Befreiung der russischen Bauern sein bestes getan.

Bevor er noch erwachte, fingen die Renntiere wieder in tiere zu sammeln, betrunkene, taumelnde, die das Fieber großen Massen zu sterben an. Der ganze Berg lag voll der Best im Leibe und Blei in allen Snochen hatten. Sie Roman aus dem Norden von Ernst Didring  . von ihnen. Ihre Augen sehnten sich fort, aber die Tiere schlebpten sich in dem feuchten Herbstregen vorwärts, den hatten keine Straft. Sie wanften, als wären sie von Brannt- Berg hinauf. Kumona ging sofort mit dem Sohn in sein Zelt. Wir wein trunken. Etwas Hilfloseres hatten wir nie gesehen. warteten draußen. Die Abendsonne stand über den Bergen, Da befiel uns eine Lähmung, die Lähmung des Ent- aber nichts half. Ein Nenntier nach dem andern blieb Wir jagten vorwärts, um den Wald zu erreichen, unheimlich, rot wie Renntierblut, und Renntierblut rann segens. Die Mächte des Bösen waren stärker, stärker sogar am Wege liegen. Der Tag verging. Der Wald war noch in dem Flusse. Die Nacht verging, und wir warteten als Kumona. vor seinem Zelt. Niemand sprach. Sogar die Renntier­immer nicht da, und das Böse folgte uns. Als wir mit Kumona   heimruderten, sprach er nicht. Er folgte uns. Der Lod fälber hörten auf zu trächzen. Die Schatten wälzten fich von faß und blickte starr in den Himmel, an dem die Sterne den Bergen heran und nahmen Wald und Wasser und alles zitterten. Da blieb Kumona   stehen, der voranging. In den zwei fort. Die Nebel sentten sich und schieden uns voneinander. Hast du gesehert, daß die Sterne vor Entsetzen zittern Tagen war er frummer als eine Birke geworden. Zwei Lage Jeder von uns wurde von der feuchten, schleimigen Nacht- tönnen? Daß sie am meisten zittern, ehe sie hinunterfallen? lang, hatte er den besten Reuntierpfad geführt, den es gab. kühle des Bösen umgeben, und dann sahen wir einander Nein? Ach nein, du haft zu wenig in den Bergen gelebt. Rappen. Aber unausgesetzt folgte uns das Böse. Die Kälte Zwei Tage lang hatte er alles zusammengehalten, Tiere und nicht mehr. Wir standen still und blidten auf Sumonas In dieser Nacht fielen die Sterne so dicht, daß wir zwischen padte uns an. Schnee und Regen wechselten. Die Jüngsten Zelt, aus dessen Rauchfang die Funten sprühten. Rings um jedem Fall nicht einmal blinzeln konnten. uns her hörten wir den wohlbekannten Ton von den Renn- Sternpest. Das ist die weinten, aber die Tränen gefroren auf den Baden. tieren, die umfielen und starben. Wenn wir uns nieder­Da blieb Kumona   stehen und ordnete eine Raft an. Aber Kumona blinzelte nicht. Er faß still im Boot und beugten, um den Renntieren neben uns in die Augen zu blickte auf die Sterne. Der Schaum hing ihm um den Mund, Hinter uns her jagten die Wolken, bleischwer von Lod blicken, zitterten sie in einer geheimnisvollen Angst, die nicht hing im Bart, als sei er gefroren, aber die Augen waren und Unheil. Der Todesfput des Karsavagge war Ios­Todesangst war. gelassen. Durch das Tal kam es wie böse Geister gefahren, Am Morgen, als die Nebel sich hoben, kam Sumona Er blickte auf die Sterne. Ab und zu fragte er einen riß und zerrte an den Weiden  , peitschte das Buschholz. heraus. Er rief seinen Vertrauten zu sich und fragte ihn, dort oben, den er, aber nicht wir sahen: Was willst du? Die Weide brannte nicht, das Reisig erlosch, und das Busch­was wir getan hätten. Wir hatten alles versucht, nur das was willst du? hokz zischte nur. Und der Kaffee wurde nicht warm, wie Opfer nicht. Das hatten wir über dem Schrecken vergessen. Als wir am Strande   anlegten, stand er auf und watete lange wir auch um das Feuer saßen, das nicht brennen Den ganzen Tag brachten wir damit hin, alles Silber selbst an Land zu dem wartenden Sohn. Er umarmte ihn wollte. von Gürtel, Brustlag und Wams hinzustreuen. Die und stützte sich schwer auf ihn. Sumona saß allein mit dem Sohn und sprach. Er sprach Frauen weinten, weil die Schmucksachen geopfert werden Wir mußten auf die Renntiere treten, um zu den Zelten mit einer milden, seltsamen Stimme, die wir vorher nie ge­mußten, aber sie hätten nicht gewagt, sich Sumona zu wider zu kommen, so dicht lagen sie. Aber sie jammerten nicht, hört hatten, die wir aber jetzt vernahmen, wenn der Sturm fegen. denn sie fühlten nichts. Sie lagen auf dem Rücken, die Beine des Bösen zuweilen einmal nachließ. Das Silber füllte ein paar Säde, als wir am Abend an den Bauch gezogen. Die Hörner aber hatten die großen, Der Sohn zitterte vor Frost, und auf seinen Backen aufhörten. starken Tiere tief in die Erde gebohrt, als wollten sie sich Sumona nahm die Zaubertrommel und das Silber mit festhalten in einem Sturm der Vernichtung, den niemand sah sich und fuhr hierher zum Stein, wo wir so lange geopfert und niemand mehr empfand als sie. hatten, um das Glück zu behalten, den wir aber vergessen hatten, als das Unglüd so plöglich gekommen war. Einen Zag und eine Nacht lang lag Rumona auf den Knien und schlug unaufhörlich die Zaubertrommel, schlug, daß es in den Bergen dröhnte und die Renntiere zu sterben vergaßen. Sie Als Kumona an ihnen vorbeiging, verstummten sie bes standen mit gespizten Dhren und lauschten. schämt und bliesen das Feuer an, um ihm ins Gesicht zu sehen. Kumona nicht, trant nicht, er schlug nur immer, bis Er blieb stehen und blickte in die Flammen. Der eisgraue er umfiel. Wir ruderten hin zu ihm. Er spie Schaum, und Bart brannte wie Feuer. Dann schüttelte er den Kopf und es stand wie Schnee um seinen Mund. Dann war er wie ging in sein Zelt. tot und lag still da mit weitoffenen Augen und geballten Jm Morgendämmern brachen wir von den Zelten auf. Händen. Es gelang den Hunden, ein paar tausend Renn­

Das Leben war im Absterben. Alles war still um die Zelte, außer dem Gemurmel der alten Weiber, die im Kreise am See saßen und glaubten, sie könnten das Böse durch Feuer und Zaubersprüche fernhalten.

famen und gingen Röte und Blässe. Er antwortete nicht auf Sumonas Worte, aber seine Augen durchforschten die schwarzen, bleiernen Wolfen hinter uns. Ein Renntierkalb, von der Best befallen, zitternd in den schleimigen Nebeln, entsetzt, daß all die großen Tiere umfielen, troch an seine Füße und starb, die Schnauze gegen seine Knie gedrückt. Da stand der Sohn auf und ging in die Bleiwolfe hin­ein. Und Kumona folgte ihm ohne ein Wort. Lange saßen wir Männer gelähmt von Schreck, von Entseßen, von Verzweiflung da. Alles wurde so geheimnis­voll, so still, nachdem sie gegangen waren. Keiner wagte zu sprechen. Selbst der Sturm hörte auf, als hätte er bekommen, was er wollte.

Forti. folgt.)