Lobctheater in Breslau , theilen wir nach der„Kreuz- Zeitung " noch das Folgende mit: Der Senat erachtete die Verhältnisse deS Lobetheaters mit denen des Deutschen Theaters für im Wesentlichen gleichartig. verneinte damit auch für erstereS, daß die Aufführung„Die Weber" unmittelbar zu einer Störung der öffentlichen Ordnung führen werde. Er machte aber die Aufhebung des Verbots von der Erfüllung der Bedingung abhängig, zu der sich der Kläger selbst erboten— nämlich, daß die Aufführung des Stückes in hochdeutscher— nicht schlesi- scher— Mundart erfolge, daß einzelne Stellen und Episoden fortgelassen würden, sowie, daß eine Erhöhung der Eintrittspreise für die Galerie u. f. w. erfolge. Und dies Urtheil wurde yefällt in einem Staate, zu dessen Verfassungsgruudsätzen d« Gleichheit vor dem Gesetze gehört.— Pindter's selige Erben sind ihrem Vorgänger in der Konsequenz ebenbürtig. Sonst schimpft die„Nordd. Allg. Ztg." den„Figaro" ein frivoles Boulevardblatt, heute nennt sie ihn eines der ernsteren französischen Blätter, weil er einen Artikel gegen die Anarchisten bringt.— fruchte der Ausnahmegesetzgebung. Aus Prag wird ..irt: Am 2. Juli begann vor dem Ausnahmesenat des Prager Strafgerichtes die Prozeßverhandlung gegen drei Handelsschüler, im Alter von 16 und 17 Jahren, wegen Hoch- verraths, Majestätsbeleidigung, Geheimbündelei und Störung der öffentlichen Ordnung. Die Angeklagten hatten angeblich einen Geheimbund gegründet und zahlreiche hochverrätherische Zettel und Broschüren in den Straßen vertheilt. Zwei der wegen Hochverraths angeklagten Handelsschüler wurden zu 4 beziv. 5 Jahren schweren Kerkers verurtheilt. 2. Juli. Die Omladinisten veranstalteten auf den: Wol- schauer Friedhof anläßlich des Gräbersestes eine Demon- stration. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. Die Verhafteten trugen Dolche bei sich.— Tie schweizerische Sozialdemokratie scheint ihre Initiative für Einführung des staatlichen Tabakmonopols, dessen Erträgnisse zur Deckung der Kosten der Arbeiter- Kraukenversicherung verwendet werden sollten, auf einen günstigeren Zeitpunkt vertagt zu haben.— Die Volksabstimmung über das Jnitiativbegehren betreffend die Abgabe eines Theiles der Zolleinnahmen an die Kantone findet am 4. November statt.-- Herr Casimir Perier hat heute an Senat und Kammer seine erste Präsidentenbotschaft erlassen. Da die bezüglichen Depeschen erst in später Nachtstunde eintrafen, so verschieben wir die Würdigung derselben auf morgen und heben aus dem reichen Phrasenschwalle blos die folgen- den Stellen hervor: Frankreich wird die beiden sozialen Kräfte zu vereinigen wissen, ohne welche die Völker zu Grunde gehen, die Freiheit und eine Regierung, welche entschlossen ist, die für eine republikanische Demokratie nothwendigen sitt- l ich e n Eig e n s ch a ften zu entfalten. Es ist meine feste Absicht, die Geschicke der Republik nach den sieben Jahren, für welche sie mir anvertraut sind, anderen Händen zu übergeben. Frankreich kann erhobenen Hauptes seine Liebe zu einem seiner selbst würdigen F r i e- den versichern. (Ueber da? weitere siehe Depeschen.) Amnestiebegehren in Frankreich . Die äußerste Linke hat, wie wir schon in einem Telegramme unserer gestrigen Nummer gemeldet haben, beschlossen, unmittelbar nach der Wahl des Kammerpräsidenten einen Antrag auf Erlaß einer Amnestie für Vergehen bei Arbeiterausständen und für Preß- vergehen in der Teputirtenkammer einzubringen. Die Am- nestie soll sich nicht auf anarchistische Verbrecher erstrecken.--- Aus Paris wird hierzu heute Abend telegraphirt: Wie verlautet, wird die Regierung den Vorschlag einer Amnestie wegen des gehässigen Charakters, der mit einer solchen Maßregel für das Andenken Carnot'S verknüpft wäre, verwersen.— Fra » Carnot hat die ihr angebotene StaatSpension abgelehnt.— Lombroso , der bekannte Begründer der kriminal- anthropologischen Schule, mit dessen Theorien wir uns zwar nicht befreunden können, dessen Urtheil über Cesario, den Mörder Carnot'S aber doch erwähnenswerth ist, hat sich nach dem„Berliner Tageblatt" folgendermaßen ge- änßert: „Für mich sind Lega(Urheber des Attentats auf Crispi) und Cesario zwei Fanatiker, und Cesario besitzt jedenfalls den rerdorbenen(pervertito) Fanatismus der vom Vater er- erbten Epilepsie: beide scheinen mir weder Verrückte, noch eigentliche V er b r e ch er zu sein(nö pae-i, nö criminali). In ihrer Verblendung beanspruchen die Anarchisten für sich das Recht zu tödten, aber ihrer- seits nicht getödtet zu werden; und dies war auch das Motiv für die Mordthat des armen Cesario. Um übrigens die Handlung des wahnfinnartigen Fanatismus (fanatismo pazzesco) zu begreifen, muß man sich für einen Augenblick in den Geist dieser Menschen versetzen.— Was die Heil- mittel gegen den Anarchismus betrifft, so nützt die gewalt« saine Unterdrückung wenig. Man muß dem wirthschastlichen Fanatismus einen Abfluß verschaffen, wie man für den politischen Fanatismus einen solchen in den Verfassungen, für den religiösen Fanatismus in der Toleranz gefunden hat; aber das versteht nur Frankreich . Uebrigens veröffentliche ich demnächst eine Arbeit über die Anarchisten. Zur Jtalienerhetze in Frankreich haben wir leider noch immer neue Nachrichten zu melden: Paris , 2. Juli. Von amtlicher Seite wird die Blätter- Meldung über Mißhandlung und Tödtung eines italienischen Arbeiters in der Umgegend von Nancy für unrichtig erklärt. — Bei Argenteuil und Ehoisy-le-Roi rotteten sich französische Erdarbeiter zusammen und nahmen gegenüber den italienischen Arbeitern eine drohende Haltung an. Der Gendarmerie gelang es bisher, die Ruhe aufrecht zu erhalten. Paris , 3. Juli. Die Erdarbeiter in Choify-le-Roy durchzogen gestern die Bauplätze, um die dort arbeitenden Italiener zu verjagen. Die Gendarmerie schritt ein und zer- streute die Manifestanten, welche, revolutionäre(??) Lieder singend, nach dem Arbeitsplätze von Dreving sich begaben, wo t underte von Italienern gegen die Angriffe der Demonstranten chutz suchen mußten. Der„Vossischen Zeitung", der wir die Verantwortung für die Meldung überlassen müssen, wird aus Paris hierzu noch telegraphirt: In den Dörfern der Umgegend von Paris streift seit drei Tagen eine bewaffnete Bande von mehreren hundert Köpfen umher, die in Fabriken und Arbeits- plätze dringt und nach Italienern sucht, um sie zu ver- treiben. Die Italiener warten in der Regel das Erscheinen der Bande nicht ab, sondern fliehen vorher. Die Behörden scheinen erst gestern den Unholden ernstlich entgegengetreten zu sein. Niemand bedauert mehr als die französische Sozial- demokratie diese Szenen, sie sieht in ihnen die Früchte des von der Bourgeoisie gepflegten Chauvinismus; nur die Pflege des internationalen Gedankens macht solche Vorgänge unmöglich.— Auch in Belgien werden Ausnahmegesetze gegen die Anarchisten geplant. Wenn das Parla- ment im Herbst zusammentritt, soll der Kampf gegen die Anarchie die erste Sorge der Kammern sein. Die inter« nationale Reaktion rüstet sich, sie täuscht sich aber, wenn sie hofft, mit den geplanten Gesetzen den Anarchismus auszu- rotten. Die heutige Gesellschaft erzeugt den Anarchismus und sie wird ihn, wenn sie noch so viele Galgen und noch so viele Zuchthäuser aufbaut, nicht los werden, bevor die Menschheit durch den Sieg des Sozialismus von der Herrschaft der Bourgeoisie befreit sein wird.— Die furchtbaren Bergwerks/ Katastrophen der letzten Wochen sind ebenso viele Verbrechen der heutigen Gesellschaft. Seit gut 20 Jahren ist es für jeden wissenschaftlich gebildeten Menschen festgestellt, daß alle Explosionen, sei es von Gruben- aas, sei es von Kohlenstaub, durch eine rationelle Venti- lation verhindert werden können. Die Verhinderung kostet viel Geld. Und das ausbeutende K a p i t a! will Profit und pfeift auf die Sicherheit der Menschen. Die 500 und mehr Arbeiter, die während der letzten Wochm in England und in Oesterreich-Schlesien durch Grubenexplosionen das Leben ver- loren haben; diese wären heute noch am Leben, wenn diefbetressenden Gruben so ventilirt worden wären, wie jeder gebildete Bergmann dies als nothwendig erkannt hat. Eine vernünftig organisirte Gesellschaft wird nicht jedes Unglück verhüten können, aber die furchtbaren Katastrophen der letzten Wochen, wie überhaupt so ziemlich alle Grubenkatastrophen der neueren Zeit wären unter einer, nicht auf Ausbeutung beruhenden Gesellschaftsform sicherlich vermieden worden. Die italienische Ausnahmegesetzmaschinerie arbeitet schnell. Hierüber wird aus Rom telegraphirt: Die gestern in der Kammer von dem Ministerpräsidenten Crispi eingebrachte Vorlag« über die Aufreizung zu ver- brecherischen Handlungen und die Vertheidigung von Ver- brechen durch die Presse wurde heute in der Kammer vertheilt. Der Gesetzentwurf ist von einem Motiven-Bericht begleitet.— Die Deputirtenkammer genehmigte in zweiter Lesung die Vor- läge über die Explosivstoffe. Daraus wurde die Sitzung ge- schloffen.— Der Prozeh der Bank« Romana wird, obgleich sein formaler Abschluß in diesen Tagen zu erwarten ist, noch lange die Oeffentlichkeit beschäftigen. Wie verschiedene italienische Blätter melden, ist das gerichtliche Verfahren gegen Felzani, Mainetti und Montalto eingeleitet, um die Richtigkeit der in dem Banka Romana- Prozesse gegen sie erhobenen Beschuldigungen zu prüfen. Freilich, daß der so schwer belastete ehemalige Minister- Präsident und Finanzminister G i o l i t t i, von dem schwer kompromittirten Crispi ganz zu schweigen, zur gericht- lichen Verantwortung gezogen wird, verlautet nichts.— Wie die Bomben ansteckend wirken, so nun die Dolche. Bald nach Carnot's Erdolchung wird ein italieni - scher Redakteur erdolcht und nun wird aus Madrid über ein Attentat mit einem Dolche telegraphirt. Die Depesche lautet: Madrid , 2. Juli. Ein Arbeiter versuchte den Marquis Eubas, den Führer des spanischen Arbeiter- Pilaerzuges nach Rom , zu erdolchen, während derselbe die Arbeiten in der Kathedrale von Madrid besichtigte. Der Dolch traf einen anderen Ardeiter, welcher sich zwischen die Waffe und den Marquis Eubas geworfen hatte, und verwundete denselben schwer, während der Marquis unverletzt blieb. Der Mörder wurde verhaftet. Diese merkwürdige Aufeinanderfolge der mit den gleichen Waffen ausgeführten Attentate müßte vernünftige Leute nicht zum Rufe nach wirkungslosen Ausnahme« Gesetzen, sondern zu ernsthafter Untersuchung veranlassen, ob es sich hier nicht um geistige Massenerkrankungen han- delt, die auf ungesundem sozialen Boden ebenso leicht ge- deihen wie die Tuberkulose und die Cholera, gegen die aber das beste Mittel bessere wirthschaftliche Zustände und Hebung der Volksbildung ist, die der Sozialismus gegen die herrschenden Gewalten unserer Zeit erkämpfen will.— In den Abendstunden kam noch folgende Meldung aus Madrid : Der Urheber des gestrigen Attentats auf den Marquis Eubas, Ricardo Perez, ist ein Catalonier; derselbe soll kein Anarchist sein.— In Serbien bemüht sich Rußland auf alle Weise Ein- fluß zu verschaffen. Der Direktor der von Rußland sub- ventionirten Gagarin'schen Dampfschifffahrts- Gesellschaft, Kolokolzow, ist mit russischen Empfehlungen in Belgrad ein- Setroffen, um die gesammte Lieferung des Petroleums für ie serbische Monopolverwaltung abzuschließen. Bisher wurde das Petroleum von der Kompagnie Nobel geliefert.— Gestern noch auf stolze» Rossen, heute durch die Brnst geschossen kann Stambulow von sich sagen. Gegen ihn, der bis vor kurzem über die größte Machtsülle ver- fügte, wird jetzt die Macht, die in andere Hände über- gegangen ist, ausgespielt; die Druckerei seines Blattes, der „Swoboda", wurde konfiszirt, weil sie, er bestreitet dies freilich, aus nicht zurückgezahlten staatlichen Geldern an- geschafft wurde. Und nun will man ihn auch in An- klagezustand versetzen. Ein Telegramm aus Sofia meldet hierüber: Mehrere angesehene Advokaten erbieten sich öffentlich, bulgarischen Bürgen« kostenfrei Klagen gegen die frühere Re- gierung und deren Organe wegen Amtsmißbrauchs, Miß- Handlungen und anderer Ungesetzlichkeiten durchzuführen. Das aus diesen Klagen gewonnene Material soll dazu verwendet werden, um der Sobranje die Versetzung deS Kabinets Stam- bulow oder Stambulow's allein in den Anklagezustand vor- schlagen zu können.— Der nordamerikanische Eisenbahnarbeiter-Streik scheint ganz außerordentliche Dimensionen angenommen zu haben. Der Telegraph schweigt sich darüber aus, blos aus den folgenden Telegrammen kann man auf die Größe der Bewegung zurückschließen: Washington , 2. Juli. Die Regierung wird den Bundestruppen in Chikago für den Fall von Meutereien Ver- slärkungen senden. Präsident Cleveland hält die Lage für ernst. Chikago. 2. Juli. Das Bundesgericht droht den Streikenden mittels Dekretes an, es werde alle der Regierung zur Verfügung stehenden Mittel anwenden, um die Ruhe wiederherzustellen. Chikago. 3. Juli. Die Eiseubahngesellschaften von Rock-Jsland und Lakeshore versuchten gestern die Eisenbahnzüge abgehen zu lassen, wurden indessen von den Etr verhindert, welche die Polizeimannschaft zurückl.R. ie Proklamation des Präsidenten Cleveland , welche den Streikenden verbietet, die Fahrt der Eisenbahnzüge zu verhindern, wurde den Streikenden vorgelesen, von diesen aber mit höhnenden Rufen beantwortet.— Dnrteincirimrlito». Provinzial-Parteitage. Tin Parteitag für den 23. sächsi" schen Reichstags-Wahlkreis wird nächsten Sonntag. Nachmittags 3 Uhr, im Feldschlößchen zu A d o r f i. V. zusammen- treten. Berichte der Landesversammlungs-Delegirten, des Zentral- Wahlkomitees und der Revisoren, die Presse und das Parteifest sind die Hauptpunkte der Tagesordnung. Die Agitations-Kommission für Thüringen beruft auf den 29. Juli, Nachmittags 5 Uhr, den Parteitag der Sozialdemokratie Thüringens nach Erfurt in das Volksspiethaus, Löber- gera 49, ein. Die Tagesordnung ist vorläufig folgende: I.Bericht der Agitations- Kommission, 2. Wie muß in Thüringen agitirt werden, 3. Presse, 4. Anträge aus der Mitte des Parteitages, 5. Wahl der Kommissionen.— Anträge sind bis zum>5. Juli einzusenden. Jeder Ort ist berechtigt, höchstens drei Delegirte zu entsenden. Stimmberechtigt sind mir Delegirte, an der Diskusston ist jeder Parteigenosse Theil zu nehmen be- rechtigt. Die Sozialdemokratie des 7. badischen Waihlkreises hielt am Sonntag in O f f e n b u r g eine Konferenz ab, die von allen bisherigen Konferenzen am stärksten besucht war, und sonnt gutes Zeugniß für die Thätigkeit der Parteigenossen ablegte. Es waren gegen 25 Delegirte erschienen, und auch an Gästen fehlte es nicht, so daß das Versammlungslokal bis auf den letzten Platz gefüllt war. Die Konferenz nahm u. a. die Wahl Alfred Geck's zur Vertrauensperson für den 7. badischen Wahlkreis vor. Ueber unser» Programmpunkt: Erklärung der Religion zur Privatsache zerbrechen sich unsere Gegner wieder einmal den Kopf. Ein Herr E. Kraus bekritelt nämlich den Standpunkt des Genossen T h. v. W ä ch t e r, der als Christ zugleich Sozialdemokrat ist; die„Franks. Ztg." hatte diese Kritik zur Unterlage eines Artikels genommen. Daraufhin giebt nun v. W ä ch t e r in der„Schwöb. Tagwacht" folgende Erklärung ab:„Die Frankfurter Zeitung " bringt em Arttkelchen, das alle demokratischen Lokalblättchen schmunzelnd nachdrucken, in dem auf die Kritik des Standpunktes des Unterzeichneten als. Christ und als Sozialdemokrat von E. Kraus hingewiesen und dann sehr hochweise gesagt wird:„Wie steht es denn aber mir der Richtigkeit des Satzes: Religion ist Privatsache". Zur Ant- wort diene der Frankfurterin und ihren Nachkläffern: Einen Satz:„Religion ist Privatsache" haben wir gar nicht, sondern für die künftige Gesetzgebung für das ganze Volk— worunter aber stets auch Nicht-Sozialdemokraten sein werden— haben wir jetzt schon als Volksgesetz formulirt: Erklärung der Religion zur Privatsache, das heißt Erklärung der heutigen Landeskirche zu privaten Gemeinschaften. Ueber die Frage, ob ein Christ«'ch innerhalb der Partei geduldet werden kann, oder ob nur Religionslose zielbewußte Parteigenossen sein können, ist inner» halb der Partei selbst noch freier Meinungsaustausch und wird sich diese Frage überhaupt nie prinzipiell, sondern nur von Fall zu Fall entscheiden lassen, weil es hier ganz darauf ankommt, was der Einzelne unter Christenthum versteht. Die Meinung von Herrn Kraus ist nicht die Partcimeinung, sondern nur eine Meinung in der Partei, der der Unterzeichnete— sobald seine gegenwärtige Agitationstour ihm etwas Muße läßt, in Beant- wortung des Kraus'scheu Angriffs— seine andere ebenso partei- berechtigt« Meinung entgegensetzen wird. Th. v. Wächter. Die Dresdener Parteigenossen, die wegen des famosen „Massenspazierganges", es sind ihrer bekanntlich über 100, verurtheilt worden sind» sowie die 41 Zeitungsausträger, werden in der„Sächs. Arb.-Zta." aufgefordert, Berufung einzulegen. Hoffentlich kommen alle dieser Aufforderung nach. Sozialdemokratische Stadtverordnete sind in den Stadt- Häusern unwillkommene Gäste, denn sie haben stets etwas zu „nörgeln" und stören so die behagliche Ruhe der übrigen Stadt- väter. So wurde vor kurzem auch die sonst glatte Abwickelung der Geschäfte im Brannschweiger Rathhaus gestört durch die Debatte folgender Anträge, die von den sozialdemokratischen Stadtverordneten gestellt worden waren:„Die Versammlung wolle beschließen, den Magistrat zu ersuchen, daß er 1. dem Unternehmer der Rieselanlagen zur Pflicht mache, nach Möglich- kcit nur hiesige Arbeiter zu verwenden; 2. die vorbereitenden Schritte thun zur Einführung der achtstündigen Arbeitszeit für die städtischen Arbeiter." Es ist selbstverständlich, daß dieser Antrag die nöthige Unter- stützuug nicht fand, ebenso wenig der folgende, den der Genosse Gunther im Laufe der Debatte stellte, als er sah, daß der erste den Herren zu weit gehe: „Die Versammlung wolle beschließen, den Magistrat zu er» suchen: 1. in Betrieben, wo Sonntagsarbeit nöthig ist, die Ein- stellung von Hilfsarbeitern anzuordnen, damit die Arbeiter regel- mäßig den Sonntag frei haben; 2. Erhebungen anstellen zu lassen, welche Mehrausgaben für die Stadt sich ergeben würden, wenn die acht- resp. neunstündige Arbeitszeit eingeführt werde. sowohl für die Arbeiter in direkten städtischen Betrieben wie für vie Arbeiter in Nebenbetrieben." Er komme— so betonte der Antragsteller— damit der Ver- fammlung, in der doch die kapitalistischen Anschauungen vor- herrschend seien, entgegen und bier� ihr somit Gelegenheit, ihr Interesse für sozialpolitische Fragen zu zeigen. Da die Zahl der sozialdemokratischen Stadtverordneten in Braunschweig noch nicht sechs beträgt, so reichte eben auch hier die erforderliche Unter- stützung nicht und man ging nach berühmtem Muster zur Tagesordnung über. Eine italienische Sektion" der sozialistischen Ar- beiterpartei wurde kürzlich in 1 e w- D o r k gegründet. Bisher waren alle Bemühungen vergeb' ch gewesen, obwohl bereits einige italienische gewerkschaftliche Organisationen bestanden, welche gelegentlich mit der sozia stisch„durchseuchten"(wie die Boodler in der Central-L,- wr-Union sich ausdrücken) C. L. Federation Hand in Hand g..>gen. Im Uebrigen befanden sich die hiesigen auf ca. 50 000 geschätzten italienischen Arbeiter im Schlepptau ihrer als polltische Drahtzieher der beiden kapitalistischen Parteien fungirenden Landsleute, während eine kleine Anzahl anarchistisch gesonnen war. Vor einiger Zeit kamen nun mehrere aus Italien geflüchtete Genossen, darunter der Palermoer Genosse Monteleone hierher und setzten sich sofort mit unserer Parteileitung in Verbindung, welche, mit Hilfe einiger hiesigen italienischen Genossen eine Versammlung arrangirte, die über Erwarten gut ausgefallen ist. Der Versuch einiger Anarchisten, die Gelegenheit auszunützen, wurde von Monteleone und Genossen Catanio energisch zurückgewiesen und die ganze Versammlung brach in stürmische Hochrufe aus den Sozialismus auS. Es ließen sich noch am selben Abend ca. 300 Personen in die Mitgliederliste eintragen und hat die neue Sektion heut« schon nahezu 400 Mitglieder. *» Todtenliste der Partei.' In Mannheim starb am 1. Juli der durch eifrige Thätigkeit für den Sozialismus um unsere Partei verdiente Schreiner Karl Büscher. In R e h m e in Westfalen ist der alte wohlbewährte Partei- zenosse Zigarrenmacher C. Wehmeyer aus dem Leben ge- chiedcn. »• O
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