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w Polizeiliches, Gerichtliche»«. Z' Reichsgericht verwarf die Revision, die der Neda!- teur derSchlesivig-Holsteinischen Volkszeitung", Joachim Kluß in Kiel , gegen den Spruch des dortigen Lavdzerichts eingelegt hatte, der ihn wegen Beleidigung eines Unternehmers zu zwei Wochen Gefäugniß verurtheilt. Die s ä ch s i s ch e P o l i z e i ist als überaus fürsorglich bekannt, wo es sich um das Verbieten von Arbeiterversnmm- lungen handelt. Dafür hat sie wieder Zeugniß abgelegt. Dies- mal war Z s ch o p a u, ein kleines Städtchen im Erzgebirge , der Ort ihrer Thäligkeit. Eine Volksversammlung, in der Frau Köhler aus Hamburg über den Kampf ums Dasein, und eine zweite, wo dieselbe Rednerin über Bildung und Bildungsmittel sprechen sollte, wurden auf grund des Z 5 des sächsischen Ver­einsgesetzes verboten. Das Absingen sozialistischer Lieder kostet in Sachsen 10 M. Strafe, dabei darf man aber andere Personen nochhöhnisch anstarren". Ueber eine solche Kuriosität wird aus Plauen i. V. gemeldet:Im benachbarten Wilkau wurde einigen 20 Einwohnern ein Strafmandat auf je 10 M. lautend zugestellt, weil dieselben in einem Gasthause in Haara, wo der Saal auch den Arbeitern zur Verfügung steht, eine in diesen, Saale tagende Privatgesellschaft durch Absingung sozia- lisiischer Lieder sowie durchhöhnisches Anstarren" gestört haben sollen. Die Bestrafung erfolgte wegen groben Unfugs. Die Be- theiligten werden die Entscheldung des Gerichtes anrufen." Der Redakteur des Bergmanns- OrgansGlück auf", A n t o n S t r u n z in Z w i ck a u, soll entweder 500 M. Gelb- strafe zahlen oder auf 0 Monate ins Gefängniß, weil er nach Ansicht des Zlmlsgerichts einen Bergdirektor beleidigt hat. Ob aus dieses Urtheil die Rede des klägerischen Rechtsanwalts ein- wirkte, der unter fernen Argumenten auch die Erdolchung Carnot's mit aufmarschiren ließ, darüber ließ uns unsere Quelle im Stich. Die Geschäftsräume derV o l k s st i m m e" in Frank- f u r t a. M. wurden am 80. Juni von Kriminalbeamten nach dein Manuskript eines Artikels durchsucht, der vor länger als einen, Jahre in jenem Blatte veröffentlicht worden war. Selbstverständlich war das Manuskript längst nicht mehr vorhanden. Der Redakteur der Bielefelder Volksmacht", K. G r o t h, meldete in den, lippe 'sche» Orte Kusenbaum eine Versamm- lung an und verlangte von dem sürstlich lippcschen Verwaltung-- amt in Schötmar die übliche Bescheinigung darüber. Statt der Bescheinigung erhielt er«ine Zuschrift, worin ihm mitgethcilt wurde, daß er die Bescheinigung erst erhalten könne, wenn er sich über seine Großjährigkeit und den Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte ausgewiesen habe. Danach scheint man in Schötmar nicht zu wissen, daß jemand, der als Redakteur einer Zeitung fungirl, schon diesen beiden Bedingungen genüge» muß, andern- falls er nach dem Preßgesetz nicht Redakteur sein kann. Dresdener Maifeier- Prozeß. Am dritten Schlachttage, Montag, zierten 6S Angeklagte die Anklagebänke, zwei von den 67 Geladenen waren nicht erschienen. Die Verhandlung, die wiederum früh 8 Uhr begann, fand unter Leitung des Herrrn Amtsgerichtsraths Brückner statt und wollen wir anerkennend hervorheben, daß derselbe sich sichtlich bemühte, so rücksichtsvoll und objektiv wie möglich zu verfahren. So wurde auch die Frage nach der Parteistellung diesmal an keinen der An- geklagten gerichtet. Um aber den Leser durch die vorstehende Bemerkung nicht etwa zu dem Glauben zu verleiten, daß da auch ein milderes Urtheil gefällt worden wäre, bemerken wir gleich vorweg. daß das nicht der Fall ist, das.Urtheil ist genau dasselbe wie an den vorhergehenden Tagen. Die Beweiserhebung zeigte so ziemlich dasselbe Bild, wie in den vorhergehenden Verhandlungen und wie sollte es auch anders werden! Auf der Straße waren die Angeklagten gewesen und das war ohne weiteres vorauszusetzen, da man doch nicht annehmen konnte, daß die Gendarmen nur solche Personen notirt hätten, die sie gar nicht gesehen haben. In einzelnen Fällen ist das allerdings geschehen und ebenso hat es sich mehrfach gezeigt, daß die Polizei- beamten in ihrem Amtsübereiser die kühnsten Kombinationen als Erfahrungsthatsache hinstellten? sie hatten z. B. verschiedene Personen an einem einzigen Punkte flüchtig gesehen und eine größere Anzahl Menschen um sie herum und hehaupteten dann muthig, daß diese Personen sich an einem Umzüge durch die und die Straßen betheiligt hätten, und erst eindringliches Be- fragen durch die Angeklagten und den Vorsitzenden stellte klar, daß das eben nur Vermuthungen der Beamten waren. Das war namentlich der Fall bei den Angeklagten Franz, Köppe, Rothe, Luther, Dutsch, Fellmann, Schurig, Vieh- weger, Goldacker. Reichardt, Steinbrück, Pohl, Titze und Brennahl. Die Bctheiligung an einem verbotswidrigen Umzüge wurde übrigens von sämmtlichen Angeklagten wiederum ganz entschieden bestritten, sie geben meist zu, daß sie an dem Tage spazieren gegangen sind, es ist jedoch jeder für sich allein oder in Gesell- fkhaft seiner Familienangehörigen gegangen. Auf die oft gestellte Frage, ob denn Menschen um sie her gegangen seien, erwiderten viele "der Angeklagten sehr treffend, daß stets sehr viel Menschen um einen hergingen, wenn man durch die Hauptstraßen der Stadt ginge. Die Vernehmung der Angeklagten war diesmal schon i/ilO Uhr beendigt, da viele derselben auf die Anklage keine Er- klärungen abgaben. Als Zeugen waren wieder 17 Kriminalgendarme geladen. Der Zeuge Pinkes war im RestaurantBürgerbräu" am Alt- markt und hat dort gesehen, wie etwa 60 Personen in zwang- losen Gruppe» allmälig das Lokal verlassen haben, und diesen Zug" hat er nach der Weißeritzstraße begleitet. Er nennt eine Anzahl der Angeklagten als Theilnehmer an demselben. Auf der Weißeritzstraße, der kritischsten der kritischen Straßen, von der aus nach dem Eröffnungsbeschluß derUmzug" in der dritten Nach- Mittagsstunde begonnen haben soll, will er unter andern den Angeklagten Köppe bestimmt gesehen haben. Köppe erklärt jedoch, daß er erst um 4 Uhr von zu Hause fortgegangen sei und dafür mehrere Zeugen habe. Zeuge Pinkes meint darauf, ermöchte es behaupten", daß er Köppe gesehen habe. Köppe wird auf- gefordert, seine Zeugen zu benennen, er erklärt jedoch, daß er sich dies für die Berufung vorbehalte. Der Zeuge wird dadurch immer unsicherer und meint, es wäre doch gut, wenn der Angeklagte seine Zeugen benennen möchte. Der thut dies jedoch nicht, und der Vorsitzende erklärt ihm, daß man dann auf seine Behauptungen auch nichts geben könne. Aehnlich ist es mit dem Angeklagten Franz. Auch ihn will der Zeuge ganz bestimmt imUmzüge" gesehen haben, während Franz behauptet, auf diesen Straßen überhaupt nicht gewesen zu sein und dafür auch Zeugen zu haben. Den An- geklagten Luther will Zeuge auch aus der Weißeritzstraße und Abends imTrianon" gesehen haben und folgert daraus dessen Theilnahme amUmzüge"; Luther ist aber weder auf der Weißeritzstraße noch imTrianon" gewesen, sondern nur in Stadt Leipzig ". Zeuge Dietze ist im Restaurant Hauswaldt ge- wesen und hat gesehen, wie etwa 100 Personen rheils einzeln, theils zu zweien und dreien von da fortgegangen sind und durch die Ostra-Allee nach der Weißeritzstraße einenUmzug" gemacht haben. Zeuge Schreiter hat denangesagten Abmarsch" der Korbmacher zu überwachen gehabt. Was das für ein Abmarsch war, geht daraus hervor, daß er auf Vorhalt selbst zugeben muß, wie in der am Abend zuvor stattgefundenen Versammlung der Korbmacher der Vorsitzende erklärt hat, daß der Umzug ver- boten sei und daher Jeder thun und lassen könne, was er wolle, daß insbesondere Jeder, der spazieren gehen wolle, dies allein thun müsse. Der Zeuge bezeichnet unter anderem die Angeklagten Dutsch, Fellmann, Schurig und Viehwegcr als Theilnehmer am Umzüge. Diese geben zu, daß'sie wohl im Bereinslokale gewesen seien, find aber Verantwortlicher Redakteur:% dann einzeln fort und nach verschiedenen Stadttheilen gegangen- Der Zeuge Zacharias hat unter anderen die Angeklagten Stein- brück, Titze und Pohl gesehen. Steinbrück hat er an der Ammonstraße(eine der Umzugsstraßen) gesehen und schließt daraus, dessen Theilnahme am Umzüge. Steinbrück läßt durch den Zeugen konstatiren, daß er um diese Zeit täglich durch die Ammonstraße spazieren geht und der Zeuge erklärt auch auf eindringliches Befragen, daß er nicht behaupten könne, Steinbrück habe den Umzug mitgemacht. Dieser stellt auch jede Theilnahme an einem solchen entschieden in Abrede. Auch Titze und Pohl bestreiten dies ausdrücklich. Gendarm Rothe hat die Dachdecker im Gambrinus-Restaurant beobachtet und nennt als Theilnehmer am Umzüge Briefen, Wins- mann, Goldammer und Schwinger. Der Vorsitzende srägt:Die haben den ganzen Umzug mitgemacht?" Ja!"Oder haben Sie die Angeklagten nur an einer Stelle gesehen?"Das kann sein!" Als die Angeklagten noch mehr in den Zeugen dringen, ob er sie wirklich im Zuge gesehen und namentlich Goldammer erklärt, daß er um diese Zeit zu Haus gewesen sei, meint der Zeuge, er glaube, sich nicht geirrt zu haben.(!) Das ist übrigens eine in diesen Verhandlungen östers bemerkte Erscheinung, daß die Polizeibeamten erst etwas ganz bestimmt behaupten und dann, wenn in sie gedrungen wird, sich auf die ihnen offenbar sehr geläufige Rede- wendung zurückziehen:Ich glaube, mich nicht geirrt zu haben!" Weiter aber behauptet der Zeuge Zacharias, daß er den Goldammer durch die ganze Wettinerstraße an der Spitze des Zuges habe marschire» sehen. Ter Angeklagte Paul Schmidt macht hier darauf aufmerksam, daß die Zeugen jelbst angegeben hätten, derZug" sei in der Mitte der Wettinerstraße gesprengt worden, es sei demnach nicht gut möglich, daß jemand durch dieganze" Wettinerstraße an der Spitze dieses Zuges marschirt sein soll. Zeuge Reuter war bei Slölzer auf dem Freiberger Platz und hat gesehen, wie von dort 200 bis 300 Mann ausgezogen seien unter Führung des Berichterstatters Paul Schmidt. Schmidt habe übrigens seit vielen Jahren die Führung in solchen Dingen. Der An- geklagte Schmidt bestreit auf das entschiedenste seine Theilnahme an einem Umzüge, vor allem habe er leine Führerrolle gespielt. Er würde es sich zwar zur Ehre schätzen, von seinen Partei- genossen als Führer anerkannt zu werden, diese schenkten ihm jedoch gar nicht das nöthige Vertrauen, es sei im Gegentheil all- gemein und auch dem Polizeibeamten bekannt, daß er bei seinen Genossen seit Jahren, wenn auch gänzlich unberechtigt, als der Polizeispion Schmidt gelte. Er ist um 2 Uhr S Minuten mit der Berliner Bahn nach Chemnitz ge- fahren und hat dort einen Bekannten besucht, den er als Zeugen dasür benennt. Der Beamte bleibt jedoch bei seiner Behauptung stehen. Eine ziemlich bewegte Szene entwickelte sich auch bei der Vernehmung des Zeugen Heinrich. Er den Angeklagten Hartmann im Zuge gesehen haben haben. Hartmann srägt, ob und woher der Zeuge ihn kennt. Der Zeuge sagt, er kenne Hartmann aus den Versammlungen der Zentralkommission aller Gewerkschaften, wo er ihn schon oft gesehen und sprechen gehört habe. Darauf wird von Hartmann erklärt undZ von mehreren Mitangekllagten, die Mitglieder dieser Kommission sind, bestätigt, daß Hart- mann der Zentral- Kommission noch nie angehört hat und daß auch Nichtmitglieder zu den Ver- sammlungen der Kommission nicht zugelassen werden. Jetzt sagt der Zeuge, der Zeuge Gendarm Lange habe ihm gesagt, daß Hartmann der Kommission angehöre. Zeuge Lange, bereits verhört und anwesend, sagt, Hartmann sei ein hervorragender Sozialdemokrat! Als ihn der Vorsitzende daraus aufmerksam macht, daß er das ja gar nicht wissen wolle, sagt dann Lange, daß er den Hartmann seinem Kollegen Heinrich gezeigt und dabei gesagt habe, er glaube, Hartman» gehöre der Zentral- kommission an. Das Zeugenverhör ist damit beendet und es werden wieder in der üblichen Weise verschiedene Zeitungsartikel vorgetragen, die den gemeinsamen Plan und die geschehene Ausführung be- weisen sollen. Nach Vortrag der mehrfach erwähnten Auf- 'orderungen verschiedener Vereine an ihre MiiglUder, sich zu einem Ausfluge oder einem gemüthlichen Spaziergange im Vereinslokale einzufinden, läßt der Angeklagte Heimann konstatiren, daß diese Aufforderungen in der Numnier derSächs. Arb.-Ztg." vom 29. April stehen, die am 28. April Nachmittags ausgegeben werde und zu der die Inserate schon am 27. Abends aufgegeben werden mußten; das Verbot der Umzüge datire dagegen vom 27. und sei erst am 23. April in die Oeffentlichkeir gelangt, die Aufforderungen hätten also gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können und könnten darum auch nicht als ein Beweis für die Absicht, das Verbot zu übertreten, betrachtet werden. Die Beweisausnahme ist damit geschlossen. Die Plaidoyers ergaben nichts neues. Der Amtsanwalt machte sich's noch leichter wie in den ersten beiden Verhandlungen, gab jedoch zu, daß für einige der Angek ngten der Beweis, an einem verbotswidrigen Umzüge theilgenommen zu haben, nicht erbracht ist. Die'im- geklagten vertheidigten sich in ziemlich ausführlicher Weise, konnten aber nichts weiter zur rechtlichen Würdigung der An- klage sagen, als was wir bereits in den früheren Berichten mit- gerheill haben. Das Urtheil, das Nachmittags S Uhr verkündet wurde, lautete für Paul Schmidt auf 150 M. Geldstrafe oder sechs Wochen Gefängniß(weil er eine gewisse führende Rolle gespielt) und gegen 14 Angeklagte auf Freisprechung wegen mangelnde» Beweises. Tie übrigen 50 Angeklagten wurden zu 100 M. Geld- e eventuell einen, Monat Gefängniß verdonnert. Das ergiebt also wiederum eine Summe von 5150 M. und mit den übrigen Summen i n s g e s a m m t 13 850 M. Gelb st rase und ö Monate Gesängniß gegen 140 Personen für Spazieren- gehen! Damit sind die Maigesallenen sämmllich gerichtet. aber weder die Sozialdemokratie noch auch nur deren Maiseier vernichtet. Einige Prozesse wegen Spazierengehen an anderen Tagen stehen noch bevor. Sojislo IleltcvUdjt. Zur Frage der Beschäftigung von Arbeiterinnen in Molkereien. In Angelegenheit der Anwendung des Gesetzes vom I. Juni 1891, betreffend Abänderung der Gewerbe-Ordnung auf Molkereien, war vom Zentralausschuß der königlichen Land- wirthschafls-Gesellschast in Hannover an den Minister für Handel sind Gewerbe das Ersuchen gerichtet worden, dahin Bestimmungen treffen zu wollen, daß Molkereien, welche als eingetragene Ge- nossenschaften gegründet sind und betrieben werden, nicht anders behandelt werden als Molkereien, welche in Form einer freien Vereinigung errichtet oder landwirthschaftliche Nebenbetriebe sind, und serner. daß Molkereien nicht als Fabrik behandelt werden, da sie durch die eigenartigen, sich dem direkten Einflüsse ent- ziehenden Beschassungsweise des Rohmaterials der Milch, dessen Verarbeitung Aufschub nicht gestattet, eine Ausnahmestellung einnehmen. Aus diese Eingabe ist, derHann. Land- u. Forstw.-Ztg." zufolge, die Antwort eingegangen, baß der Minister auf grund des durch seinen Runderlaß vom 7. Oktober v. I. eingeleiteten Erhebungen für die unter die Gewerbe-Ordnung fallenden Molkereibetriebe beim Bundesrath den Erlaß von Vorschriften nach tz 139». der Gewerbe-Ordnung zu beantragen beabsichiige, wodurch die für gewerbliche Molkereien gegenwärtig geltenden Beschränkungen der Beschäftigung von Arbeiterinnen soweit außer Anwendung gesetzt werden, wie dies im Interesse einer thunlichst gleichmäßigen Behandlung der gewerblichen und landwirthschafl- lichen Molkereien erforderlich und mit den Rücksichten der Ar- beiterschnches vereinbar erscheint, beseitigt werden. Für die den Vorschriften der Gewerbe-Ordnung unterliegenden Molkereien die Bestimmungen der 135 ff der Gewerbe-Ordnung völlig außer Anwendung zu setzen, sei gesetzlich nicht zulässig. Pöqsch in Berlin . Druck und Verlag von Max Babing i Die Weistaerber der Glaceeleder-Fabrik von Schlägel in Balzig bei Magdeburg sind abermals in den Streik getreten. Es ist das seit neun Monaten das vierte Mal, daß der Fabrikant durch Maßregelungen und Chikanirungen die Arbeiter in den Ausstand treibt. Zuzug ist streng fernzu- zuhalten.(Adresse: Paul Schmidt, Wiesenburgerstr. 102.) Ein Erfolg der Solidarität. Die Töpfer Stettins hatten mit den dortigen Jnnungsmeistern einen Lohntarif ver- einbart, der erst am 1. April in Kraft getreten war. Ein Meister nun fand es schon jetzt nach so kurzer Zeit für gut, denselben wieder zu brechen und den Lohn zu reduziren. Die Töpfer stellten sofort die Arbeit ein und nach 3 tägiger Dauer des Streiks erkannte der Herr den Tarif an. Nun wollte der Meisler doch etwas von seinem Willen durchsetzen und entließ einen Töpfer. Hierzu nahm eine Versammlung Stellung. Es wurde' der Be- schluß gefaßt, daß kein Töpfer die Arbeit bei dem Meister eher wieder aufnimmt, bis der Gemaßregelte mit eingestellt wird. Der Erfolg war gut. Nach zweistündiger Dauer der Arbeits- einstellung wurde derselbe wieder in Arbeit genommen. Dieses Vorpostengefecht wird ja wohl den übrigen Meistern zur Warnung dienen. In München wurde am 1. Juli die Zentralherberge der dortigen Gewerkschaften eröffnet. AuS dem Sitnationsbericht der Generalkommission. Ueber den Streik der Glasarbeiter in Olden- bürg, von dem wir bereits gestern kurz Mittheilung machten, entnehmen wir demKorrespondenzblatt" noch folgende Einzel- heilen: DU noch am letzten Tage vor dem Ausstand von der Lohnkommission versuchte Einigung wurde von dem Direktor mit Hohn zurückgewiesen. Es stellten darauf 250 Mann die Arbeit ein, weil es unmöglich ist, nach der in Aussicht genommenen Lohnkürzung ein annähernd menschenwürdiges Leben zu führen. Der Geschäftsgang der Glashütte ist gut. Wenn trotzdem die Aktionäre in, letzten Jahre keine Dividende erhielten, so lag dies nicht etwa an hohen Arbeitslöhnen, sondern daran, daß ein Agent der Glashütte in Amerika 57 000 M. veruntreut hatte. Indem man den Arbeitern den Lohn kürzt, will man diesen Ausfall wieder einbringen. Diese Lohnkürzung hat aber weiter- gehende Bedeutung. So lange der Ring der Glasfabrikanten besteht, war es stets die Oldenburger Glashütte, die mit Lohn- kürznngen voranging. Die anderen Werke folgten unmittel- bar nach. So wird es auch dieses Mal kommen. Jede Lohnkürzung in Deutschland schädigt aber auch die Glasarbeiter Englands, die nur mit Mühe ihre Arbeitslöhne gegenüber der deutschen Konkurrenz aufrecht erhalten können. Deswegen muß jener Lohnkürzung auch aus Rücksicht auf die englischen Glas- arbeiter mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden. Der Verband der Glasarbeiter hat in den letzten drei Jahren schwere Kämpfe mit dem Fabrikantenring führen müssen und gegenwärtig noch die Gemaßregelten von dem Streik der Glasschleifer in Berlin zu unterstützen. Trotzdem hat er es bis jetzt vermieden, sich an die gesanimte Arbeiterschaft um Unterstützung zu wende». Wenn er gegenwärtig davon abgehen muß, so ist er durch die schwierigen Verhältnisse dazu gezwungen. Er hofft deswegen. bei den Gewerkschaften Unterstützung zu finden, um seinen für die Glasarbeiter bedeutungsvollen Kampf siegreich zu Ende fühicn zu können. Zuzug von Glasarbeitern ist von Oldenburg und Berlin fern zu halten. Sendungen sind an den Vorsitzenden des Verbandes zu richten. Adresse: A. G e b e l, Hinterm Graben 18, Bergedors bei Hamburg . In S ch l o t h e i m werden am 9. Juli 80100 Seiler zum Ausstand kommen. Ihr Durchschnittslohn beträgt bei IlVestündiger Arbeitszeit 7 M. Sie fordern lOH'zstündige Arbeitszeit und 20 pCt. Lohnerhöhung. Unterstützung ist nöthig. Sendungen sind an den Kassirer des Seilerverbandes zu richten. Adresse: H. S ch l ü t e r. Behrenfelder Steindamm 48, 2. El., Allona-Ottensen. Die Arbeiter der Schuhfabrik von Fürsten heim u. Comp, in Berlin haben wie imVorwärts" bereits mehrfach erwähnt die Arbeit eingestellt, weil ihnen nach Ein- führung einer neuen Maschine ein neuer Lohntarif vorgelegt wurde, den sie nicht anerkennen konnten. Adresse f G. Hühn, Andreashof", Andreasstr. 32, Berlin O. Der Streik der Bergarbeiter in Bantorf a. D. und der Schuhmacher in Burg b. M. dauert fort. Der internationale Glasarbeiter-Konqrest, welcher in Paris stattfindet, wird seitens der österreichischen Glasarbeiter nicht beschickt werden. Grund: Schlechte Organisation und klein- liche Zivistigkeiten. Vvtrefchen. (Wolff's Telegraphen-Burean.) Paris , 3. Juli. (Schluß.) Der Senat und die Kammer werden es verstehen, den Wünschen des Landes zu entsprechen, indem sie sorgsam alle Maßregeln prüfen, welche de», guten Rufe Franreichs dienen können und dazu beitrage», den Ackerbau, die Industrie und den Handel weiter zu entwickeln, sowie den öffentlichen Kredit noch mehr zu stärken. Das Par- lament wird den Beweis zu liefern wissen, daß dieRepublik, weit ent- fernt die unfruchtbare Ri valitäi persönlichen Ehrgeizes zu be- deuten, fortdauernd bestrebt sein wird in materieller und moralischer Hinsicht das Beste zu suchen, die nationale Be- thätigung fruchtbarer Gedanken und edeler Leidenschaften, das reine Wesen einer Regierung zu sein, welche den unverdienten Leiden gegenüber nicht unempfindlich ist und deren Mitglieder niemals diejenigen täuschen werden, welche nichts anderes haben können, als Hoffnungen. Diesen Ideen zu dienen fordert die Regierung Sie auf; die Vergangenheit hat uns Lehren gegeben. Frankreich aber muß seine Blicke in die Zukunft richten. Seine Zeit verstehen, an den Fortschritt glaube», und ihn wollen, das heißt die öffentliche Ordnung und den sozialen Frieden sichern. (Deputirtenkammer.) Vizepräsident de Mahy führte den Vorsitz. Ministerpiä- sident Dupuy verlas die Botschaft des Präsidenten der Republik, welche mit anhaltendem Beifall ausgenommen wurde. Vaillant(Sozialist) brachte darauf den Antrag ein, eine Kommission von 33 Mitgliedern zu ernennen und dieselbe zu beauftragen, die Antwort auf die Botschaft vor- zuschlagen. Dieser Antrag veranlaßt« lebhasten Lärm. Dubuy konnte sich nicht verständlich machen und warf de Mahy vor, daß er die Achtung vor der Rednertribüne nicht aufrecht erhalte. Das Zeiltrum verlangte gegen den Antrag Vaillant die Vorfrage, welche mit 450 gegen 77 Stimmen genehmigt wurde. Nächste Sitzung Donnerstag: Wahl des Präsidenten. sDetieslbeu de? Bnrean Herold.) Wien , 3. Juli. DiePol. Korr." meldet aus Rom , dortige politische Kreise seien der Ansicht, daß diesmal mehr Aussicht auf das Zustandekommen eines internationalen Uebereinkommens gegen den Anarchismus wie früher sei. Dagegen konstatirt eine Berliner Zuschrift, daß sich die deutsche Regierung einem solchen Uebereinkonimen gegenüber weiter ablehnend verhält. Nach der Ansicht des Reichskanzlers Caprivi sei eine Verbesserung der Polizei das wirksamste Mittel gegen den Anarchismus. Die französische Polizei stehe nicht aus der Höhe der Situation und habe große Fehler begangen. Berlin SW., Beurhstraße 2. Hierzu eine Beilage.