Nr. 141—191$
?acob Surckharöt. Zu seinem 100. Geburtstag am 25. Mai. Bon Oscar B i e. Jacob Burckhardt ist einer der wenigen Kunsthistoriker, die wirklich povulär geworden sind. Weil er keine irockene Gelehrsamkeit trieb, sondern ein Mensch mit weiten Begriffen und Horizonten war. Er ähnelt darin Winckelmann , der fast genau 100 Jahre vor ihm geboren war. Winckclmanns begeistertes Schauen galt der Antike, Burckhardts der italienischen Renaissance. Burckhardt war ein Schweizer und stand wie viele seiner künstlerischen Landsleute zwischen dem Süden und dem Norden. Seine Schwärmerei war Italien , seine Methode deutsch. Er hat Italien eigent» lich nur als Reisender kennen gelernt. Das erste Mal war er in Rom im Mai 1846, das zweite Mal im Winter 1847 bis 1848, das dritte Mal 18ö3, endlich ein ganzes Jahr in Rom und im übrigen Italien . Seine Haupilehrtätigkeit übte er an der Universität in Basel aus von 1853 bis 1893. Vier Jahre darauf starb er in Basel , 79 Jahre alt. Burckhardts erstes bekannteres Buch erschien 1855, es war der »Cicerone", eine eingehende und künstlerische Beschreibung antiker und christlicher Werke auf italienischem Boden. Der Cicerone ist heute noch populär, weil er alle Reisebandbücher an Schärfe und Bersönlichkeit des Blickes übertrifft. 1866 erschien seine»Kultur der Renaissance in Italien". Darin wurden überhaupt zum ersten- mal große Linien historischer Kulturbetrachtung gezogen. 1867 er» schien die»Geschichte der Renaissance in Italien". Hier ist die Bau» kunst gemeint. Burckhardt behandelt sie als Erster in bedeutenden Konturen. Eist nach seinem Tode, von ihm selbst also nicht für so wichtig gehalten, erschienen Werke wie»Weltgeschichtliche Be- trachtungen" und»Griechische Kuliurgeschichte", die da« Btld feines philosophischen GelehrteniumS doch wundervoll abrundeten. Seine spezielle Bedeutung liegt in der Erkenntnis des Humanismus in der Renaissance. Burckhardt siebt aus dem gebundenen Wesen des Mittelalters den neuen, den modernen Menschen emporsteigen, er erkennt die Persönlichkeit in ihrem Wachstum und in ihrer Ausbreitung durch alle Gebiete menschlicher Tätigkeit. WaS seine Renaissancemenschen bindet, ist nicht mehr das gewaltsame Gesetz einer Kirche und eines Staates, sondern die Kulturgemeinschaft auf dem Boden moralischer, sozialer und künstlerischer Interessen. Burckhardt schrieb schon 1842 an Kinkel, daß ihm bei seinen geschichtlichen Forschungen der Hinter» grund die Hauptsache sei,»und ihn bietet die Kulturgeschichte, der ich hauptsächlich meine Kräfte widmen will". Er findet die großen Gesichtspunkte, unter denen das gewallige Material für ihn zu ordnen ist. Motive, die bisher weniqe Historiker reizten, werden ihm Ueberschriften der Kapitel. Themet, sind Ruhm, Spott und Witz, Landschaft, Biographik, Geselligkeit und Feste, die Frau, die Moraliiät. Solche neuen Einstellungen überträgt er auch auf die Architekturgeschichte. Ganze Gruppen von gesellichastlicher und rhythmischer Beziehungen als Grundlage baulicher Formen werden unter seinem Fittfl«: erst sichtbar. Mag alles, was von der italienischen Renaissance uns nordische Menschen heut interessiert, bistortsch geworden sein, mag diese ganze Kultur für unser Gegen- wartsgetghl Buch und Stein geworden sein, vielleicht sogar dia- meiral uns entgegenstehend, so bleibt lebendig die Methode und Anschauungskraft dieses Forschers, der mit Hellem und unbefangenem Auge von beute aus rückwärts gesehen und die Geschichte perlönlich ergriffen hat. Burckhardt war dichterisch unterminiert, das war seine Größe und Kraft. Schon als jungen Mann in Berlin sehen wir ibn be» getstert in ähnlicher Aimoiphäre bei seinem Lehrer Franz Kugler , der einen Salon hielt, in dem Emanuel Geibel verkcbtte, auch Paul Heys «, Adolf Menzel , Theodor Fontane . In dieser berühmten Wodnung, Friedrichstraße nahe Belle-Älliance-Platz, geleitet von der schönen und liebenswürdigen Frau Kugler , müffen reizende Abende poetisch- musilalischer Unterhaltung stattgefunden haben. Kugler selbst spielte Klavier, sang und komponierte in den Zwischenstunden seiner Kunstgeschichte. Er hatte in Italien allerlei Volkslieder ge< sammelt, Paul Heyse übersetzte ste unter dem Titel»Italienisches Liederbuch" und widmete die Ausgabe Burckhardt . Man weiß, daß diele L>ed«r später ein« der berühmtesten Kompositionen von Hugo Wolf wurden. Dies war die Lust, in der Burckhardt ent- scheideyde Anregungen erhielt. Es tst nicht unwichtig zu be» merken, daß er damals in diesem Geiamikunstwerk von Wffsenichaft, Wort und Ton wesentlich musikalisch sich betätigte In Burckhardts Wesen blieb viel Musik, Nachempfinden tieier Zusammenhänge, Gefühl für das geheimnisvolle Wallen des Schickial«, Kontrapunktik scheinbar fremder Melodie in der Welt der Erscheinungen. Er verstand sich mit Nietziche, seinem BaSler Kollegen, io lange gut, als dieser auf dem Boden der Musik vcr- Harm. Als er sich zur Herrenmoral erhob, konnte er ihm nickt mehr
� Pioniere. Roman auS dem Norden von Ernst Didring . Sie versuchten ihn auf die Pritsche zu tragen, aber ehe sie dahin kamen, wurde er ganz närrisch. Sechs, sieben Leute sammelten sich um ihn, um ihn zu beruhigen. Mit seinen durch das Fieber gesteigerten Kräften schleuderte er mit einein Ruck alle beiseite, so daß sie übereinander purzelten. Die andern Arbeiter eilten zu Hilfe, um zu verhindern, daß er sich selbst Schaden täte, und nach unendlichen Mühen gelang es ihnen, ihn zu überwältigen, während ein Bote ins Lazarett geschickt wurde, es solle alles für Sköld in Ordnung gebracht werden. Der Riefe lag auf dem Fußboden der Baracke. Zu seinen Fftßen hielt Hansson Wache und umklammerte mit eisernem Griff die Beine. Je ein Mann lag zu jeder Seite Skölds und hielt einen seiner Arme fest, während ein paar andere sciuen Kopf zu schützen versuchten, der die uttan- genehme Neigung zeigte, aus den Holzfußboden zu hämmern. Weißer Schaum stand ihm um den Mund, das Gesicht stammte und brannte, und krampfhafte Zuckungen liefen durch den mächtigen Körper. Einer der Arbeiter versuchte, ihn an etnem nassen Handtuch saugen zu lassen, daS man in das etskaite Flußwasser draußen getaucht hatte, aber es war vergebens. Skölo hatte für so ettvaS keine Zeit. Er kämpfte mit seiner ganzen Riesenkraft gegen das Gespenst, und die Adern aus der Stirn schwollen bei der Anstrengung. Man sah, wie die Wtuskeln auf Armen und �Schenkeln sich spannten. Die Arbeiter wendeten ihre äußersten Kräfte an. um ihn zu halten. Unmöglich. Es ging wie ein elektrischer Schlag von hochgeipannter Kraft durch den Riesen. Die ihn hielten, flogen in die Höhe, als wären sie Schuljungen, und Sköld stand allein aufrecht, blutrot im Gesicht, mit starren Blicken und krampst hast ausgestreckten Händen und Fingern, als sähe er eine un- heimliche Erscheinung, der er zu Letbe wollte. Leise tat er einige Schritte auf Maja zu, die vor Schreck ganz gelähmt war und sich nicht von der Stelle rühren konnte. Er hob schon die Hände zu ihrem Hals und wollte sich auf sie stürzen, als einer der Arbeiter, der zu Boden gefallen war, das Bein vor ihn hinstreckte, so daß er vornüber fiel. Wieder stürzten sie sich
folgen. Unter allen Korrespondenzen, die von Burckhardt veröffent- licht find, ist die mit Nietzsche darum die berühmteste. Hätte Burck- Hardt seiner Renaissance weniger vom Hintergrund der Kultur, als von der Macht der Persönlichkeit aus verstehen können, so hätten fich beide auf großartigem Gipfel getroffen. ES ist soeben ein kleines Büchlein über Jacob Burckhardt als Dichter von Karl Emil Hoffmann erschienen, in dem die dichterischen Neigungen des großen Kunsthistorikers ausführlich besprochen werden. Man sieht daraus, was man bisher nicht so klar wußte, wie sehr sich Burckhardt mit dem Problem der Historie in der Dichtung ab» gequält hat. Es ist interessant zu hören, daß er sogar einmal einen OperMext über die Soge vom Schwanenritter versucht hat, vier Jahre vor dem Lohengrin . Er sagt davon selbst, daß er langsam vorwärts rücke und ihm von vornherein verpfuscht schien."Die dichterischen Versuche blieben allmählich in Gelegenheiten stecken. In seiner Jugend hatte er manchmal in einer sommerlichen, blüten- durchrauschten Nacht gemeint, er würde ein Zeitdichter werden, ein Nheinsän�er. wohl gar ein Barde, ES kam anders. Die Dichtung zog in seine Wissenschaft ein. Große, weit wirkende Menschen wie Burckhardt find immer Zu- sammensetzungen dichterischer trnd methodischer Dualitäten. Ist in dieser Mischung ein kleiner Fehler, so wird die Grenze zum Dilettantischen überschritten. Ist aber der Grund Gelehrsamkeit, bleibt ihr Gesetz und ihre Form stark und bindend und wohnt dabei in der Seele der heimliche Poet, so ist das Höchste an menschlichem Geist erreicht._
Die wanöernöen Ser. Von Fr. Henneberg. Martha Hübsch war die Tochter eines angesehenen Vorstadt» bauern. Sie war fleißig und tüchtig und hatte da« Anwesen ihres Vaters vorwärts bringen helfen. Nur eine Schwäche hatte die Groß- stadt, die ihr Dorf verschlungen hatte, in ihr geweckt: Sie mußte unbedingt den Anforderungen der neuesten Mode Rechnung tragen. Besonderen Wert legte sie aus den Schmuck ihres schönen Hauptes, und fo wendete sie immer eine ansehnliche Summe für ein Prachtexemplar von Hut auf. Sie hatte damit immer den Neid ihrer Nachbarinnen und Freundinnen erregt. In Zeiten, von denen Schiller sagt, daß sie die d«S süßen Frieden« und holder Eintracht sind, hatte ihr ihre Putzmacherin Meta Schmidt gern und unter vielen Komplimenten immer einen Kopf» putz gebaut, den die neueste Mode erforderte. Als sie aber im letzten Frühjahr zu ihr kam, hatte sie die Achseln ge- zuckt und bemerkt, daß es ihr bei dem Mangel an Zutaten nickt mvalich sei, ihren Wünschen Rechnung zu tragen. Martha Hübsch »itte ihre ganzen Redekünste aufgeboten, um die sonst so freund» che und cnrgegenkommende Putzmacherin zu überreden, aber sie hatte nur immer die lakonische Antwort erhalten, daß man nichts versprechen könne. Mirtha war geknickt. Sie konnte fich nicht denken, daß sie in diesem Frülnahr auf ihren Schmuck verzichten sollte. Dann sagte sie sich plötzuch:»Muß ich denn meinen Hut unbedingt bei Meta Schmidt machen lasten, wird er mir nicht ganz genau so gut stehen, wenn ihn irgend eine andere Kopslünstlerin baut? Ganz gewiß." ?lwar war Meta? Kunst anerkannt, aber warum sollte ihr Ge» ckmack nicht auch von irgend einer anderen Dame befriedigt werden können. Sie ging aus einem Geschäft in das ander«, aber in keinem erhielt sie. was sie wünschte. Auf dem Heimwege kam ihr ein rettender Gedanke. Ihr Vater hatte eine ansehnliche Zahl Hühner auf dem Hofe. Diese legten die von aller Welt so sehnsüchtig begehrten kleinen weißen Dinger. Ihr Plan stand fest. Sie würde versuchen, in wenigen Tagen ein Dutzend Eier so.nebenbei' zu sammeln. Das Gewünschte stand ihr bald zur Verfügung und sie trat den Weg zur Putzmeta mit einem wahren Siegerwillen an. Die Putzmacherin sah die Martha mit einem Blick an, der sagte, daß sie nicht verstehen lönne, warum sie noch einmal komme. Diese ging aber sogleich aus ihr Ziel loS. Sie fragte, ob e« denn gar nicht möglich sei, ihr den Hut zu machen. Sie habe hier ein Dutzend Eier, das sie dort verkanten werde, und zwar»nur zu dem gesetzlichen Höchstpreise, wo ste den Hut gemacht belomme. Da« letzte Wort war dem Gehege ihrer weißen Zähne kaum entflohen, als sie auch schon ein alles versprechendes Leuchten auf dem Gesicht der Hutlieferantin bemerkte. Der Handel war bald abgeschlosien; denn in Mcla Schmidt hatte sich der unumstößliche Gedanke wie eine Granitwand aufgerichtet, daß ste die Eier unter allen Umständen haben müsie. Sie bekam ste auch, und in wenigen Tagen hatte fie den Hut geliefert. AIS sie vor den Eiern stand, lief ihr bei dem Anblick der weißen, blanken Kalldüllen, die io viel Kostbarkeit bargen, da? Waffer im Munde zukommen. Doch bald verfinsterte fich
über ihn, alle auf einmal. Jetzt gelang es ihnen wirklich, ihn mit einigen Stricken zu binden, die sie gerade bekommen hatten. Und sie schnürten ihm Rumpf, Beine und Arme ein, so daß er wie ein gut verpacktes Paket auf dem Boden lag. Da verhielt er sich wenigstens so weit ruhig, daß sie den Wagen holen konnten. Aber als sie ihn hinaustragen wollten, sprengte er die nenen Stricke, als wären sie aus GlaS, und machte sich in vollem Lauf auf den Weg, dem Fluße zu. sämtliche Arbeiter hinterher. Hansson holte ihn nicht weit vom Flußufer ein und kriegte ihn an den Hosen zu fassen, aber das hatte nur die Wirkung, daß Sköld sich umdrehte und ihm einen Schlag gegen den Kopf versetzte, daß er mehrere Meter weit fortwirbelte. Die kleine Verzögerung bewirkte aber doch, daß die anderen herankamen. War es nun der Anblick der vielen Männer oder ein Abflauen der Kräfte, das die Veränderung bewirkte: Sköld wurde völlig ruhig und ließ sich an den Weg führen, wo der Wagen wartete. AIS er am Wagen war, kroch er selbst hinauf und legte fich auf die Decken, die man über daS Stroh gebreitet hatte. Als man ihn dann/ weil er fror, noch mit mehr Decken gut zudeckte, lachte er sanft und geduldig und murmelte:„Sköld sehr elend— sehr!"— und bei dieser einfachen Selbstbetrachtung mußten mehrere der Burschen sich abivenden und fich die Augen abwischen. Sköld schien zu schlafen. Auf Anraten HanflonS, der mit einer unnatürlich roten und schon schtvellenden Backe umherhumpelte, fand man es klug, während Sköld so still und ergeben auf dem Wagen lag, ihn mit Stricken festzu- binden, damit er unterwegs nicht wieder eine neue Geschichte anstellte. Sicherheitshalber gingen die meisten mit hinter dem Wagen her, da keiner wußte, was passieren konnte. Maja blieb vor dor Baracke stehen. Sie konnte vor Tränen kaum sehen, wie sie nun dastand und ihnen nachsah Es niachte zu sehr den Eindruck, als sei es Skölds letzte Reise, wie er da wie ein dunkler, toter Gegenstand auf dem Wagen lag, der sich langsam den Weg hinunter bewegte, die schweigenden Gestalten in langer Reihe hinterher. Unten im Lazarett war alles zur Aufnahme fertig. Voll war es freilich schon, aber Platz mutzte tun jeden Preis geschafft werden, und so kam es. daß Sköld in einem provt- sorischen Reservebett in der oberen Wohnung untergebracht wurde.
piClrU SstMabenS, 2S.ZNat
ihr Gesicht. Sie hatte ei« Gefühl, als habe ihr jemand Aloe statt des Zuckers in eine Tafle Schokolade peworfen. Die Martha hatte ihren Willen; fit hatte den Hut. Sie selbst war schon von Pontius zu Pilatus gelaufen, konnte aber keine Schuhe bekommen. Selbst dort, wo fie jahrelang gekauft hatte und wo die ihr bekannte Verkäuferin so freundlich war, da hatte sie die kurze, barsche Antwort erhalten:»Es sind keine Schuhe da." Sie hatte ihren Bezugschein, der schon einigemal verlängert worden war, aber in diesen Schein konnte sie ihre Füße nicht wickeln. Da kam ihr der rettende Gedanke, der ihr wie ein Opfer schien. Und richtig: Auf die Verkäuferin machten die blanken Produkte deS gefiederten Haustiers einen wunderbaren Eindruck, Ihre Denktätigkeit wurde durch den lockenden Anblick der Eier so lebhaft angeregt, daß fie der Meta Schmidt bald die so sehnsüchtig gewünschten Schuhe beschafft hatte. Aber der geistige Eiergenuß war auch bei der SchuhverkSuferin nur von kurzer Dauer. Diese brauchte nötig Strümpfe. Wenn fie neben dem klingenden Metall, oder bester gesagt bei dem Knistern der DarlehnSkassenscheine noch einen lockenden Einsatz bieten konnte. Aber du lieber Himmel, da hatte sie ja die Eier I Sie erhielt ihre Strümpfe, sogar ohne Bezugschein, und die Eier wanderten weiter. Diesmal waren fie in die Häade einermunteren, aber wegen ihrer Operettenschwäimerei etwas zerstreuten Berläuferin gelangt. Diese hatte die Eier borsorglich in eine Zigarrenkiste gepackt, mit einer Papierhülle versehen und verschnürt. Am Mittag aus dem Nachhausewege traf ste eine Freundin. Beide bestiegen die Straßenbahn und schwelgten gar bald in Wonne über den neuen Operettentenor. Sie hatten die Straßenbahn schon längst verlaflen und waren von ihrem Rausch immer höher ge- klettert, da reichten fich beide endlich zum Abschied die Hand. In diesem Augenblick erscholl der SchreckenSruf:»Mein« Eier I" Die Schwärmerin hatte in ihrer Begeisterung für den Tenor die Eier im Siraßenbahnwagen liegen lassen. Sie eilte sofort zum nächsten Telephon und teilte der Sttaßenbahnbirekiion den Verlust mit, aber die Nachforschungen nach den Eiern waren.ergebnislos" geblieben. So läßt sich denn auch nicht sagen, ob fie weiieraewandert find, oder ob sie ihre eigentliche und natürliche Aufgabe in einem hungrigen Magen erfüllt haben.
die„Ättberuftmg� öer VentmSler. Nach einer Mitteilung des KriegZmimsteriumS an die Dach» verständigenkonferenz, die zur Vorbereitung einer Einschmelzung der Bronzedenkmäler eingesetzt ist, ist den einzelnen Bundesstaaten aufgegeben worden, Listen der Denkmäler anzufertigen, die für die Einschmelzung in erster Linie in Krage kommen. In Preußen sind bereit? solche Listen von den Provinzralkonservatoren aufgestellt worden. Die oberste Entscheidung lag bei einer vom Kultus» Ministerium eingesetzten Sachverstindigenkommission. Dieser ge- hörten von Bildhauern u. a. die Berliner Professoren Gaul, Manzel und Tuaillon an. Es find nunmehr drei Gruppen von Bronzedenkmälern aufgestellt worden. In die erste wurden die Werke eingereiht, deren Beichlagnahme sofort möglich erscheint. Es handelt sich hierbei vor allem um neuere Werke, deren Kunst- und Erinnerungswert nicht besonders hoch erscheint. Auch Berlin wird schon bei dieser ersten Auslese ein« Anzahl seiner Denkmäler ver» lieren, z, B. die Figuren auf der Weidendammer Drücke. Eine zweite Gruppe umfaßt die Denkmäler, deren Beschlagnahme nur für den Notfall vorgesehen ist. Eine dritte Gruppe endlich be- zeichnet Denkmäler, die auf jeden Fall zu schützen sind. Bei der Auswahl ist auch für die modernen Werke, die am leichtesten er- setzbar erscheinen, jede mögsiche Rücksicht genommen worden. Jeder Künstler soll wuch als Bronzebildhauer in einem charakteristischen Werke vertreten sein, und bei Ler Bezeichnung der frei zu lassenden Werke ist darauf Rücksicht genommen worden, wenn von monumen» taten Arbeiten die Modelle nicht mehr vorliegen. Bei den alten Griechen waren Volksabstimmungen bei der Vergebung von Kunstaufträgen nichts Ungewöhnliches, Wie wär's, wenn das Volk bei uns wenigstens bei der AuSmerztmg befragt würde?■., ,»___. r,, NoNzen. — Kunstchronlk. In der Freien Sezession sind Klingers Wandgemälde für das Chemnitzer Rathaus eingetroffen. Auch die noch fehlende Ausstellung Schweizer Bilder wird dem- nächst eröffnet werden.— In der Berliner Sezession wird die Ausstellung»Berliner Bildnisse 1848— 1918*«n 28. Mai, 12 Uhr, eröffnet werden. — Die Wiener Philharmoniker werden unter der Leitung Felix WeinyartuerS in Berlin Ende Juni drei Konzerte geben.
Die Pflegerinnen trösteten die Arbeiter, es würde schon gut gehen, Sie hatten nämlich strenge Order vom Arzt be- kommen, die Leute nicht unnötig w Aufregung zu versetzen. Der größere Teil der stebemtndzwanzigsten Schicht kehrte denn auch nach Hause in die Baracke und zur Arbeit zurück. Nur Hansson und zwei ander? blieben da, um zur Hand zu sein, wie Hansson sich ausdrückte. Schwester Ida, die Sköld in ihre Pflege bekommen hatte, war recht froh, ein paar verläßliche Leute da zu haben, und sie fühlte sich ruhiger als gewöhnlich, als sie durch das Fenster die drei Arbeiter draußen im Sonnenschein sitzen sah. Sköld bekam alles, was er wünschte. Viel war eS nicht, denn soivie er ins Bett gekommen war, hatte ihn ein heftiges Fieber erfaßt, das in wilden Schweißströmen sich einen Aus- gang über sein Gesicht suchte. Schwester Ida tat, was sie konnte, um ihm Linderung zu verschaffen. Sie strich ihm mit einem feuchten, kalten Handtuch über die Stirn, als er sich gar zu unruhig int Bett hin und her warf, und flüsterte ihm allerhand beruhigende Worte zu—„ja, mein kleiner Junge, ja"— ganz wie eine Mutter ihrem kranken Kinde. Sie kannte ihn sehr gut wieder. Sköld war oft auS verschiedenen Anlässen in Tornehamn gewesen, und es gab da unten keinen Menschen, der nicht wußte, daß dieser lange, hübsche Kerl mit der braunen Haut und den klarblauen Augen der Riese Sköld war, der große Spieler von der siebenundzwanzigsten Schicht, er, der Algren in jener Mitt» sommernacht allein den Nnolja hinuntergetragen hatte, er, der allen Gefahren mit seiner breiten Brust trotzte, er, der immer ritterlich, aber schüchtern gegen alle Mädchen da oben war und der mit Geld nur so um sich warf, wenn er welches hatte, und nach rechts und links den Leuten pmiipte. Sköld fror. Sie zog die Decke hinaus, die er unaufhör- lich fortstieß, und versuchte sanft seine Hände festzuhalten, die nach der Decke suchten. Er sagte ihre Hände und wollte sich aufrichten, fiel aber wieder zurück und schob die Decke hinunter, daß die breite, zottige Brust in der Hemdöffnung sichtbar wurde. Sie fühlte den Puls. Er jagte nur so. Nie hatte sie einen Pulsschlag von solcher Kraft gefühlt. Sie könnte kaum die Finger darauf festhalten. Sie sah ganz deutlich, wie sein Pulsschlag jedesmal ihren Finger hochhob. Korts. folgt)