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-1918
Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Das Tränenhaus.
Nicht von dem Tränenhaus spreche ich, nach dem Gabriele Reuter einen vielgelesenen Roman genannt hat und der das Elend schildert, in dem uneheliche Kinder zur Welt fommen, weil ihre Mütter sich verfriechen müssen vor dem lieblosen Urteil der Welt. Heute gibt es andere Tränenhäuser, und der Jammer und die Tränen, von denen sie erfüllt sind, sind unendlich trauriger, als alles was je an Jammer und Tränen geschildert worden ist. Fast jeder größere Drt hat jetzt solch ein Tränenhaus. Es ist das Haus, ivo alle die aus- und eingehen seit Striegsausbruch, die zu allem Leid, das sie tragen, noch die bittere Not erleiden, daß mit der Trennung von dem Gatten, dem Vater, dem Bruder die Sorge 111 das tägliche Brot über sie gekommen ist. Wer feit Striegsbeginn in dem Haus beschäftigt ist, wer bei der Auszahlung der Unterstützungen hilft, der weiß, daß da das Leid aus dem ganzen Ort zusammengetragen wird, daß die Flut der Tränen höher und höher steigt. Aber das Haus steht fest. Noch wanfen die Mauern nicht, noch stürzen die Tragpfeiler nicht ein. Das Elend Der Menschheit rührt die Steine nicht.
Freitag, 7. Juni
blichen. So sehen sie aus, die vielgeschmähten Kriegerfrauen, die war es an diesem Morgen noch fälter als am Polarkreise, und angeblich herrlich und in Freuden leben von ihrer Unterstügung, Memel hatte nur 3 Grad Wärme als Tagesmarimum der Tempe und die sich dem Leichtsinn ergeben haben. Auch von solchen ratur, ebenso wie München . weiß das Tränenhaus zu erzählen. Aber wie verschwindend Der Typus des Polarfrostes und damit der Sommertälte herrscht klein ist ihre Zahl. Was bedeutet ihr Lachen gegenüber dem Jammer gelegentlich wochenlang ohne jede Unterbrechung; meist dauert er der vielen, vielen andern. Und immer weiter fließen die Tränen. acht bis vierzehn Tage. Aber er bildet trotzdem gewöhnlich nur Ein Meer ist es, das sich mit dem Meer von Blut vermählt, das eine unliebſame Einzelerscheinung innerhalb des klimatischen Bildes in diesem Striege schon vergossen ist und noch vergoffen wird. Die der Jahreszeit und wird oft deren Gesamtcharakter nur bei hänFlut steigt zum Himmel, aber das Tränenhaus wantt nicht. Es figerer Wiederholung entscheidend. Dit folgt, wie z. B. 1911, ges wird noch stehen, wenn längst der Frieden gekommen ist. Hin rade in solchen Jahren auf lange Zeit hinaus warmes oder sogar führen aber soll man alle, denen der Krieg nicht lange genug heißes Wetter. dauert, die von dem Stahlbad des Krieges sprechen. Wer in dem Tränenhaus aus- und eingeht, der hat der Menschheit ganzen Jammer fennen gelernt; der wird nie wieder wirklich froh sein fönnen. Zu tief lebt ihm im Herzen die Erinnerung an das Tränenhaus.
Sommerkälte.
Anna Blo§.
Heinrich Heine hat einmal den deutschen Sommer mißmutig einen grün angestrichenen Winter genannt. Und in der Tat, bei Im Anfang des Krieges, da hörte man noch Lachen und Plau - einer Temperatur, wie sie uns die legte Woche gebracht hat, ist es dern. Die Frauen, es sind ja fast nur Frauen, die im Tränenhaus nur die Länge der Tage und die prangende Vegetation, die uns aus- und eingehen, felten daß ein alter Water oder ein junger Sohn daran erinnert, daß wir furz vor der Sommersonnenwende stehen. fich unter ihnen befindet, sie hatten die wahre Tragit des Krieges Die Wärme dagegen entsprach weit mehr dem Borfrühling als noch nicht erfaßt. Wohl war der Abschied schwer gewesen, Aber dem Sommer, und die Nächte waren mit ihren weitmit dem flingendem Spiel waren die geldgrauen hinausgezogen verbreiteten, wenn auch meist leichten Frösten, geradezu winterlich Rojen trugen sie an den Helmen, Rosen an den Gewehren, selbst fo't. Sowohl in der Nacht zum 4. wie zum 5. Juni fant das die totbringenden Kanonen waren mit Rosen geschmückt. Das Thermometer in weiten Teilen des Landes unter den Gefrierpunkt; tvar noch nicht der blutige Ernst, der, ach so. bald, so wurden in der weiteren Umgebung von Berlin und im tommen sollte. Die Frauen sprachen, als ob noch Frieden wäre. süblichen Teile der Provinz Brandenburg i bis 2 Grad Sälte verSo kamen die ersten Briefe aus dem Feld. Eine erzählte mit zeichnet, und in der Nähe von Potsdam sant das Quecksilber an einzelnen Stolz von der franzöfifchen Batterie, die ihr Mann ganz allein Stellen sogar auf 3 bis 4 Grad Kälte. Freilich handeltes sich bei erobert bätte, eine andere von dem Eisernen Kreuz , das der Sohn diefen außerordentlich niedrigen Temperaturen nur um Bodenfröste, für seine Tapferkeit vor dem Feind verliehen bekam. Dann tamen während die Lufttemperatur oft nur wenige Meter über dem Erddie ersten Lazarettzüge mit Verwundeten. Nun hörte man im boden bereits über dem Stuffpunkt bleibt. Aber für die Feld- und Tränenhaus allerhand graufige Schilderungen; von ausgestochenen Gartenfrüchte find gerade diese Bodenfröste gefahrbringend, während Augen, von abgeschnittenen Fingern erzählten sie, und die schon den Obstbäumen gegenwärtig ein ganz leichter Frost keinen nennensüberspannten Nerven erhigten sich in glühenden Phantasien. Bald werten Schaden mehr zufügt. aber erschien die erste schwarzgekleidete junge Frau mit bleichem berweinten Antlig und nun war es, als ob all die Frauen eine große Familie wäre, die einen geliebten Toten verlor. Alle weinten fie miteinander, um eigenes Leid, um fremdes Leid, das eine jede treffen konnte. Immer mehr Trauernde tamen, immer mehr Tränen flossen. Was haben wir alle erlebt an Herzeleid, die wir den Frauen belfen sollten. Wieviel Einblick taten wir in vernichtetes Glück. Was schneidet mehr ins Herz, als der Jammer der alten Väter und Mütter, denen der Krieg in hoffnungsvollen jungen Söhnen den Trost und die Stütze des Alters nahmen? Alles haben sie hingegeben, alles entbehrt, damit die Söhne vorwärts fommen sollten. „ Alle drei, alle drei", schreit eine alte Frau wie irrsinnig, auch mein Karl, der war doch erst siebzehn Jahre alt, den müßt Ihr mir wiedergeben." Arme Mutter, wir können ihn dir nicht geben, wir fönnen nur mit dir weinen, denn trösten tönnen wir dich nicht. Oder ist der Jammer der jungen Frau größer, die immer wieder stöhnt:„ Es fann doch nicht sein, ich kann doch nicht ohne ihn leben." Du hast wenigstens Kinder", klagt ein Mädchen neben ihr, der der Strieg den Bräutigam genommen hat, die niemand sonst auf der Welt hat und ganz gebrochen ist. Nicht einmal begraben hat man ihn", jammert wieder eine. Ganz zerrissen hat es ihn, nichts ist mehr von ihm da, garnichts." Hätte man mich nur hinfahren Iaffen", so flagt eine, der der Mann in einem Lazarett in Ruß Iand gestorben ist. Nicht einmal Abschied haben wir nehmen können und die Schwester hat geschrieben, immer hätte er nach der Für geſchaut, ob ich nicht komme." Jetzt kommen zu allem noch Die Nahrungssorgen. Früher hatte man doch noch Päckchen schicken können. Da gaben die Frauen einander gute Ratschläge, wie man Wollsachen strict, wie man Kriegskuchen bäckt oder wo es besonders gute Bigarren gibt. Da wurden die Gedanken abgelenit. Aber jetzt wird die Möglichkeit, Liebesgaben zu verschicken, immer geringer für die, die wenig Mittel haben. Und die Kinder machen so viel Sorge. Sie gehorchen nicht mehr, weil der Water nicht mehr da und die Mutter so viel vom Hause fort ist, um zu ordnen. Oder sie gedeihen nicht recht, weil die Mutter fie nicht recht pflegen fann. Gar manche war noch eine blühende junge Frau, als sie zum ersten Male das Tränenhaus betrat. Die Jahre der Sorge, der Not, des Jammers haben weiße Fäden ins Haar ges zogen. Die Haltung ist müde, gebrochen, die Züge sind schlaff und vergrämt. Die vielen Tränen haben den Glanz der Augen ge
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Lodz. Das gelobte Land.
Also Sie haben sich schon erklärt?" Jronisch blickte er den buckligen und recht lächerlich aussehenden Engländer an; sein Buckel erschien ihm jetzt ungeheuerlich, und er selbst erinnnerte ihn an einen Affen, mit dem langen, hervorstehenden Kiefer und den breiten, beweglichen Lippen.
" So gut wie schon. Sonntags hat sie mir gesagt, wie sie die Wohnung eingerichtet haben möchte. Ich habe sie Sie antwortete auf alles so, wie eingehend ausgefragt. es Frauen tun, wenn es sich um ihre fünftige Wirtschaft handelt."
,, Das legtemal dachten Sie auch so."
"
" Ja, aber ich war nicht halb so sicher," beteuerte er innig.
Na, wenn's so steht, dann gratuliere ich Ihnen. Wann wird man die Braut fennen lernen?"
,, Das kommt schon, alles kommt schon mal." " Ja, deshalb glaube ich auch, daß Sie schließlich und endlich doch mal heiraten werden," sagte er höhnisch. Vielleicht kommen Sie morgen zu mir, gut? Ich möchte unbedingt Ihre Ansicht hören über die Möbel." Gut."
"
"
Aber wann?" „ Nachmittags."
bereit.
Im Kais. Aeroklub hielt am Dienstag Herr Kapeller einen Vortrag über seinen Flug mit dem Postflugzeug von Wien nach Kiew . Der Kurierdienst auf der zweigleisigen Bahnstrecke, die die Hauptstädte Oesterreichs und der Ukraine miteinander verbindet, läßt wegen der notwendigen starken Verkehrsbeschränkung viel zu wünschen übrig. Die t. t. Regierung hat darum einen Postflugdienst eingerichtet, der neben der amtlichen und diplomatischen auch private Post befördert. Er hat sich gut bewährt, er wird sich noch besser in Zukunft bewähren, wenn Apparate wieder gebaut werden können, deren Leistungsfähigkeit auf die friedlichen Anforderungen zugeschnitten ist. Die jetzt im Dienst stehenden Flugmaschinen sind veraltete Kampfflugzeuge, bei denen natürlich die Geschwindigkeit größer als die Ausdauer, die Gewandtheit größer als die Sicherheit ist.
Der Zeitborsprung der Luftpost vor der mit der Bahn beför derten beträgt 40 Stunden auf der Strecke Wien - Kiew . Die Strecke ist in drei Etappen eingeteilt: Wien - Krakau , KrakauLemberg und Lemberg - Riem. In Kiew und Lemberg findet Apparate- und Pilotenwechsel statt.
Herr Kapeller unterstützte seine fachlichen Schilderungen durch eine Heitere Art, mit der er seine Gefühle wiedergab, die ihn bei seinem ersten Fluge beherrschten. Die Lichtbilder, mit denen er seine Eindrücke dem Auge lebendig machte, waren klar und scharf. Notizen.
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Eine derartige Sommerfälte bildet, fo abnorm sie ist, leider - Theaterronit. Im Theater der Friedrichstadt gefeine feltene Eicheinung. Es vergeht im Gegenteil kaum ein Jahr, langt ab Freitag Max Halbes Jugend" neueinstudiert zur in dem nicht hier und da Sommerfröfte vorkommen, und Jahre, Aufführung. die völlig davon verschont bleiben, wie z. B. der vergangene, fehr- Die Freie Sezeffion wird das Ausstellungshaus warme Sommer von 1917, find geradezu eine Seltenheit. Dabei auch am Sonntagnachmittag bis 7 Uhr offen halten. Soeben wurde mag hier von den Maifrösten völlig abgesehen werden; denn der ein neues Werk von Frizz Klimsch aufgestellt, eine Bronzebüſte Monat Mai gehört meteorologisch noch dem Frühling an, und er ver= geht wohl niemals, ohne daß irgendwo in Mitteleuropa empfind- Ludendorffs, die der Künstler im Auftrage des Elberfelder Museums fiche Frostschäden vorkommen. Völlig frei von Frösten ist aber nach dem Leben geschaffen hat. in unseren Breiten überhaupt kein Monat; selbst im Juli und August Die neuen polnischen Briefmarten. Mit den fintt alle paar Jahre irgendwo in Deutschland das Thermometer erhöhten Postgebühren werden im Gebiete der deutschen Besetzung unter Null. So erfroren nach Aufzeichnungen Otto Meißners in der polnische, von polnischen Künstlern entworfene neue Postmarken einNacht vom 7. zum 8. Juni 1908 bei Droffen in der Mark Bohnen, geführt werden, die in der Staatsdruckerei zu Berlin gedruckt sind. Gurken und Kartoffeln; Anfang Juli des gleichen Jahres erfroren Wie die Wochenschrift Polen " berichtet, werden die neuen, in ihrer an mehreren Stellen in Landsberg a. d. Warthe die Kartoffeln. Form dem Typus der deutschen Marken sich nähernden Wertzeichen Im Jahre 1910 sant das Thermometer in der Nacht vom 20. zum zwölf Abstufungen umfassen. Die Drei- und Fünf- Pfennigmarken 21. Juni, also der kürzesten des Jahres, an verschiedenen Stellen zeigen auf braunem und grünem Hintergrunde einen polnischen der Provinz Brandenburg unter Nux und vielfach erfroren die Adler, der in abweichender Zeichnung auch auf den braun- grünen Gurken. Im Jahre 1912 folgte einem sehr warmen Juli ein äußerst Fünfzehn- Pfennigmarken und den blauen Zwanzig- Pfennigmarken falter August; am 5. August früh las in England die Temperatur ersichtlich sein wird. Die violetten Siebeneinhalb- Pfennigmarken, unter Null; die fleinen Seen hatten Gisdeden, und stellenweise war die roten Zehn- Pfennigmarken und die grauen Marken für je eine sogar nachts gefallener Schnee liegen geblieben. Auch im falten Mark zeigen das Denfmal Sobieskis. Die dunkelgrünen VierzigSommer 1913 fant das Quecksilber in der norddeutschen Tiefebene Pfennigmarken zeigen einen Legionär zu Pferde und die braunen in allen drei Sommermonaten mehrfach bis auf 2 oder 1 Grad Sechzig- Pfennigmarken einen ackernden Bauern. Auf den dunkelWärme, jedoch nicht unter ull. grauen Marken zu je zwei Mart ist ein Bauer abgebildet, der die Sense wetzt.
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Die Entstehungsursache ist bei derartiger Sommerfälte stets die gleiche: Infolge vorangegangener starker Erwärmung bildet sich Der rumänische Schiebergeneral. Das Jasiyer über dem Diten und Südosten Europas ein großes Gebiet niedrigen Blatt Arena" veröffentlicht folgende Anschuldigungen gegen den Luftdrucks, während der höchste Druck über dem Nordatlantik ver- früheren Generalstabschef der rumänischen Armee, General Preffan: lagert ist. Diese Gegenden sind etweder überhaupt noch nicht er- Wir beschuldigen Sie, daß Sie, ein rumänischer General, Armeewärmt, oder es ist dort durch das Auftreten bedeutender Eisberge zu befehlshaber und Chef des Großen Hauptquartiers der rumänischen starfer Abfühlung gekommen, die eine Zunahme des Luftdrucks be- Armee, der während der schwersten Zeiten die höchsten militärischen dingt. Jedenfalls hat eine solche Suftdruckverteilung einen Zustrom Stellungen innegehabt hat, fich folgendes haben zuschulden kommen falter Winde aus der Polarregion nach Mitteleuropa zur Folge, laffen: Sie haben furz vor Rumäniens Eintritt in den Krieg von die die niedrigen Temperaturen der arktischen Zone weit nach dem österreichisch - ungarischen Militärattaché in Rumänien , Oberst Süden, gelegentlich selbst bis über die Alpen hinaustragen. Sinn- Sanda, verlangt und erwirkt, daß er Ihnen die Ausfuhr von sechs fällig läßt das ein Blick auf die Wetterfarten der letzten Tage er- Shnen gehörigen Waggonladungen Weizen erleichtert hat, Ibnen, fennen. So war es in der ersten Hälfte dieser Woche in Nord- und der Sie doch in Ihrer Stellung genau das Datum unseres AnMittelschweden nicht fälter als in Mitteleuropa , beispielsweise hatte griffes fannten. Mit Hilfe österreichischer Behörden haben Sie diese am 4. Juni Haparanda eine Morgentemperatur von 7 Grad, ebenso Waggons weiter befördert und sie zu dem Preise von je 6000 Lei wie Hannover und Bromberg . Aber an vielen Orten Deutschlands verkauft." Geschäft ist Geschäft.
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polterten auf dem Asphaltboden, die Schwungräder flirrten, werke stüßten, standen die Spieltröge: weite, lange Säften, mit die Triebräder knirschten. Schreie ertönten in diesem Meer siedendem, von Soda schäumendem Wasser, mit mechanischen fich brechender Schwingungen. Und der heulende Atem der Wäschern, Wringmaschinen und Seifen, durch die die rohen Hauptmaschine dröhnte mächtig.
Herr Borowiecki!" Er mußte seine Augen anstrengen, denn man konnte inmitten der Dämpfe, die die ganze Färberei einhüllten, fast gar nichts sehen, nur undeutliche Maschinenumriffe. Er wußte nicht, wer ihn rief.
Herr Borowiecki!"
Jemand faßte ihn am Arm. Er zuckte zusammen. ,, Ach, der Herr Rat," flüsterte er, als er den Fabrikbesiger erkannte. " Ich renne Ihnen nach, aber Sie laufen gut." Die Arbeit, Herr Direktor."
" Ja, ja, ich verstehe das. Todmüde bin ich." Er hielt ihn am Arm fest, schwieg und atmete tief vor Ermüdung. „ Geht's, wie?" fragte er nach einer Weile.
weiter.
„ Es macht sich," warf Borowiecki kurz hin und ging Der Fabrikant ließ sich, Borowieckis Arm festhalteud, langsam mitschleppen. Er stützte sich auf einen dicken Stock, schaute vorgebeugt mit seinen runden, roten Habichtsaugen umher und hob sein großes, glänzendes, rundes Gesicht, das ein fleiner Backenbart und ein glatt gefämmter Schnurrbart umrahmte.
" Sagen Sie mal, arbeiten die Watsons gut?" " Fünfzehntausend Meter drucken sie täglich."
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Wenig," murmelte er leise und ließ Borowieckis Arm los. Er setzte sich auf einen Wagen, der mit rohem Perkal gefüllt war, 30g feinen dicken Kaftan zurecht und blieb, auf feinen Stock gestützt, so sigen.
Stoffe hindurchgezogen wurden. Die Spritzer des durch die Stopfer aufgewirbelten Wassers sprühten im ganzen Saale herum und bildeten über den Wäschereien eine so dichte Wolke, daß die Lichter kaum wie Spiegelreflere leuchteten. Die mechanischen, Auffänger' schwirrten. Sie nahmen die gewaschene Ware auf gekreuzten Armen ab und gaben sie an die Arbeiter weiter, die sie wiederum mit dünnen Stangen in große Falten zusammenlegten und auf die fortlaufend herangeschobenen Wägelchen aufluden.
„ Herr Borowiecki!" rief der Fabrikant zu einem Schatten, der aus dem Nebel hervordrang. Es war aber nicht Borowiecki.
Er erhob sich und schleppte feine Kranken, rheumatischen, angeschwollenen Beine durch den Saal. Wollüftig bewegte er sich in dieser glühenden Atmosphäre. badete seinen franken Körper in dem mit Dunst, scharfem Farbengeruch und Wasser, das aus den Spülern und Bottichen aufspritzte, angefüllten Saal. Das Wasser trieste von den Wägelchen und klatschte unter den Füßen, von den Decken fiel der Dampf in Strömen fast herab.
Das furchtbare Geraffel der Zentrifuge, die das Wasser aus dem Stoff preßte, drang wie eine zitternde Klage durch die ganzen Säle, bohrte sich in die Nerven der Arbeiter, die das Ueberwachen der Maschinen völlig aufrieb, und zerschellte an den farbigen, wie Flaggen hin und her wehenden Stoffen in den Auffängern'.
Borowiecki war jetzt in dem anstoßenden Naum, wo auf einer niedrigen englischen Maschine alten Systems ein ordinärer schwarzer Stoff für Herrenanzüge gefärbt wurde.
Mit ver
Durch die unzähligen Fenster drang der Tag herein und egte grünliche Töne auf den schwarzen Dunst und die wie Basaltsäulen regungslos dastehenden Arbeiter. schränkten Armen schauten sie auf die Maschinen, durch die Tausende von Metern durchgezogen wurden, von den schäumenden, spritzenden, schwarzen Farben zerfressen.
Murray kehrte zu seinen Farben in das Laboratorium zurück, und Borowiecki lief weiter durch Korridore und Gänge in die Färberei. Ueberall standen mit von Waffer triefenden Borowiecki ging rasch zu den Färberbottichen, über denen Waren bepackte Wägelchen herum. Es wimmelte von Menschen. auf Walzen aufgewickelte Stoffballen sich drehten und in die Auf der Erde lagen Waren in großen Haufen, zum Verladen Farben tauchten, Gesicht und Hemden der Arbeiter ansprigend. Jene standen regungslos da, mit den hohlen Jeden Augenblick hielt man Borowiecki an, mit allen Händen immer wieder das Wasser aus den Bottichen schöpfend, möglichen Anliegen. Er gab kurze Befehle, entschloß sich in und schauten hinein, ob es noch Farbe enthielt, die der Stoff allem schnell, informierte rasch, ab und zu sah er sich eine aufsaugte. Farbenprobe an, die ihm ein Arbeiter vorzeigte und entschied Die langen Reihen der Walzen drehten sich beständig im Die Mauern zitterten ohne Unterlaß. Die Fabrik arbeitete furz:" Gut", oder„ noch mehr", und lief weiter, unter den Kreise, mit ermüdender Gleichmäßigkeit. Langgedehnte, ver- mit allen Muskeln. Blicken unzähliger Arbeiter und in dem Lärm der Fabrik, die worrene Stofffnäuel schwammen in den Farben, und rote, Die an den Mauern angebrachten Aufzüge verbanden die wie ein höllisches Chaos brauste. himmelblaue und ockerfarbene Flecken leuchteten aus dem unteren Räume der Fabrik mit den vier oberen Stockwerken; Alles zitterte, die Wände, die Decken, die Maschinen, die Nebel auf. jeden Augenblick erscholl in einer anderen Ecke des Saales. Fußböden. Die Motoren rasselten, die Riemen und Trans- Auf der anderen Seite, hinter einer Doppelreihe von dumpfes Geraffel: die Aufzüge entleerten und verschlangen missionen zischten, daß es einem ins Mark ging, die Wagen! Eisenpfeilern, die, im ganzen Saal verteilt, die oberen Stock- Wagen, Waren und Menschen. ( Forts. folgt.)