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Nr. 155. 35. Jahrg.

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.Sozialdemokrat Berlin ".

Vorwärts

Berliner Volksblaff.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3.

Bernivrecher: Amt Morisblas, Rr. 151 90-151 97.

Sonnabend, den 8. Juni 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3.

Bernfprecher: Amt Marinplak, Str. 151 90-151 97.

Rege italienifche Angriffstätigkeit.

Neue Reichsbesitzsteuern.

Der Reichstag scheint auf dem besten Wege, durch Ein­beziehung von ergiebigen direkten Steuern eine bemer­kenswerte Verbesserung des vom Bundesrat vorge­schlagenen Steuerplans durchzusetzen.

Graf Roedern, der am Sonntag noch eine Besprechung mit den Vertretern der bundesstaatlichen Finanzminister haben wird, dürfte am Montag oder bei der nächsten passenden Ge­legenheit im Hauptausschuß erklären, daß der Bundesrat aus dem Antrag der Mehrheitsparteien vom 13. Mai die Kriegs­abgabe vom Einkommenszuwachs und eine Abgabe bom Vermögen annehme.

Maßgebend ist das Mehreinkommen gegenüber der lezten Friedensveranlagung. Auf Antrag des Abgabepflichtigen tritt an Stelle der legten Friedensveran­lagung das festgestellte durchschnittliche Einkommen der Jahre 1912, 1913 und 1914. Die Steuersätze für die Einkommens­bermehrung sind durchzustaffeln, beginnend mit 5 vom Hundert für die ersten 30 000 Mt. Mehreinkommen, abschließend mit 50 vom Hundert als Höchststaffel. Der Ertrag wird auf 850 Millionen Mark geschätzt.

Vermögen soll von 50 000 mt. an abgabepflichtig werden, und zwar von 1 vom Tausend steigend bis 5 vom Tau­send bei einem Vermögen von einer Million. Diese Vermögens­Steuer greift nicht den Stock des Vermögens, sondern seinen Ertrag an, ist also im Grunde nichts als eine qualifizierte Ein­tommenssteuer auf das sogenannte fundierte Einfommen. Unter der Annahme einer 5 proz. Verzinsung schuldet der Be­fizzer einer Million nach diesem kommenden Gesetz 5000 Mr. oder 10 Proz. des Ertrages als Vermögensabgabe dem Reich. Der Gesamtertrag der neuen Steuer wird auf 350-450 Mil­lionen Mark angenommen.

Einem möglichst bald zu errichtenden Reichsfinanz­hof sollen die Entscheidungen über die sich aus den Reichs­Steuern ergebenden Streitigkeiten übertragen werden.

Die Reichsfommissare für indirekte Steuern und Zölle sollen zur Nachprüfung der Veranlagungen von Reichs­Steuern ermächtigt werden.

Die Reichsgesetzgebung, die Erweiterung der Befugnisse der Reichskommissare und der Reichsfinanzhof werden auch in der Richtung einer Vereinheitlichung der bundes. staatlichen Einkommenssteuern wirken, die Graf Roedern in seinem Begleitvortrag zu den Steuervorlagen als notwendig bezeichnet hat.

Endlich sei noch gesagt, daß außer diesen Steuern im Herbst die neue Kriegsgewinnsteuer für physische Personen kommt.

Das Joch der deutschen Initiative. ( Telegramm unseres Kriegsberichterstatters.) West front, 6. Juni. Nachdem die Schlacht zwischen der Aisne und der Marne offen­bar vorläufig ihren Abschluß erreicht hat, läßt sich als wichtigstes Gesamtergebnis der bisherigen deutschen Offensive die völlige Aus­einandersprengung der feindlichen Reserven Klar überblicken. Schon die März und Aprilschlachten hatten durch die empfindliche Schwäch­ung des Gegners und die notwendig gewordene enorme Verlänge rung der französischen Front General Fochs bereitgestellte Opera­tionsarmee aufgezehrt und seine übrigen Frontreserven auf die von der deutschen Führung vorgeschriebenen Einzelabschnitte konzentriert. Wie sehr Foch schon damals mit seinen Reserven von der Hand in den Mund lebte, zeigt der beschleunigte Antransport des englischen Heimathceres der stärkere Einsaz amerikanischer Nebungskon­tingente und die plöglich notwendig gewordene Hilfeleistung Italiens . In seiner Neservenverteilung von Mitte Mai, die zwischen Noyon und dem Meere vor allem Paris , Amiens uns die Küste schüßen sollte, hat der dritte deutsche Schlag neue Verwirrung gebracht. Bon der stark besetzten Nord- und der normal besetzten Oftfront mußten wiedernm, da freie Reserven nicht mehr zur Verfügung standen ,, erhebliche Kräfte abgezogen werden, um nicht nur das Loch zwischen Soissons und Reims zu verstopfen, sondern auch um die neue, Paris immer noch verteidigende Angriffsfront wirklich stark zu beseben. Damit ist doch wiederum der Verfügungsgewalt über einen starken Teil seiner Reserven beraubt und drückender noch als bisher unter das Joch der deutschen Initiative gezwungen. Während die deutsche Heeresleitung mit ihrem immer noch gewaltigen Re­serveapparat operieren fann wo sie will, steht Foch zwischen Reims und dem Meere an Händen und Füßen gebunden da, überall auf einen neuen deutschen Angriff gefaßt, aber nirgends fähig, selber anzugreifen. Dr. Ad Köster, Kriegsberichterstatter. Lugano , 7. Juni. Der Pariser Vertreter des Secolo" drahtet seinem Blatte: Wie erwartet, ist die Erstarrung der Schlacht­front am 10. Kampftage eingetreten. Die amtlichen Berichte ent­halten jedoch keine Anfündigung dieses Ereignisses. Es wäre un­nötig, jebt pessimistisch zu sein.

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Bei Sarch die feindlichen Linien beider­seits der Ardre genommen Kämpfe an der österreichisch - italienischen Front. Berlin , 7. Juni 1918, a bends. Amtlich. An der Schlachtfront ist die Lage unver­ändert.

Amtlich. Großes Hauptquartier, 7. Juni 1918.( W. 2. B.)

Weftlicher Kriegsschauplah.

eeresgruppe Kronprinz Rupprecht. Zeitweilig auflebender Artilleriekampf. Rege Erkundungs­tätigkeit. Bei einem Borstoß in die französischen Linien westlich vom Kemmel nahmen wir 2 Offiziere und 50 Mann ge­fangen.

Geeresgruppe Deutscher Kronprins.

Auf dem Schlachtfelde blich die Gefechtstätigkeit auf ört­liche Kampfhandlungen beschränkt. Nördlich der Aisne und nordwestlich von Chatean Thierry wurden Teilangriffe des Feindes abgewiesen. Südöstlich von Sarch nahmen wir nach starker Artillerievorbereitung die feindlichen Linien beiderseits der Ardre. Wir machten 300 Gefangene. Der Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

Der österreichische Bericht.

Wien , 7. Juni 1918. Amtlich wird verlautbart: Im Südwesten gesellte sich gestern den Geschänkämpfen der letzten Tage wieder lebhaftere Infanterietätigkeit bei.

An der unteren Piave, bei Aners und Mori und auf dem Tonale wurden italienische Abteilungen zurückgewiesen. Anf dem Monte Spinnchi a verbesserten wir durch ein Sturmtruppunternehmen unsere Stellungen

Auf dem Monte Sisemol wurde der Angriff eines Bataillons im Gegenstoß abgeschlagen.

Bei Asiago scheiterten zwei feindliche Borstöße in unserem Feuer. Der Chef des Generalstabes.

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La Ferté sans Juare WT.B.5889 Stallung vom 5. Juni 1918( Wichtamtlich) Die Front zwischen Oise und Marne

012345Mm.

waffnung und Lebensmittelversorgung des verschanzten Lagers be­Paris, 7. Juni. Ein Erlaß setzt einen Verteidigungsausschuh züglichen Maßnahmen wahrzunehmen und zu beaufsichtigen. für das verschanzte Lager von Paris unter dem Vorsiz des Kriegs- General Dubail wurde zum Vorsitzenden des Ausschusses er­ministers ein, mit der Aufgabe, die auf die Organisation der Be- nannt.

Der gespannte Bogen.

Wieder ist eine gewaltige Offensive, soweit die Berichte erkennen lassen, zu einem vorläufigen Abschluß gelangt. Die Resultate bedeuten zweifellos einen gewaltigen militärischen Erfolg, fie sind ein Beweis für die Ueberlegenheit der deut­ schen Truppen, die bei nur gleicher Stärke mit dem Feinde nun schon zweimal auf Anhieb das Durchbruchsresultat erzielt haben, das in den vergangenen Jahren unseren Feinden trob gewaltiger Ueberzahl, troz zehnmaligen Ansturms, trop höchster blutiger Opfer stets versagt blieb.

Aber die Genugtuung über derartige Leistungen, in denen sich die innere moralische Kraft unseres Volkes doku mentiert, darf nicht dazu führen, jedes weitere Denken aus­zuschalten. Kriegshandlungen dürfen niemals, wie wir das hie und da beobachten, unter dem Gesichtswinkel sport­licher Rekordleistungen betrachtet werden, sie sind nicht wie ein Hoch- oder Weitsprung um ihrer selbst willen da, sondern Mittel zu einem sehr ernsten Zweck.

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Kriegshandlungen sollen das ist wohl die schulmäßige Definition den Kriegswillen des Gegners brechen. Denen aber, die da von einer solchen Zerschmetterung unserer Geg­ner träumen, daß diese sich willenlos dem Diktat des deutschen Siegers unterwerfen, muß immer wieder vor Augen gehalten werden, daß die bisherigen Erfolge noch nicht einmal dazu geführt haben, sie einem Verständigungsfrieden geneigt zu machen. Das deutsche Volk steht also auf alle Fälle noch vor weiteren sehr schweren Opfern und Kämpfen und nur Kurz­fichtigkeit oder Verblendung vermag das zu leugnen.

Und nicht nur noch weitere schwere Kriegszeit, auch schwere Friedenszeit steht uns bevor. Das englische Oberhausmitglied Lord Bucmaster, ein Anhänger Lord Lansdownes, hat kürzlich ein nachdenkliches Wort gesprochen, zu dem man ver­geblich ein Parallelzitat aus dem Munde eines edeln oder er­lauchten preußischen Herrenhausmitgliedes suchen würde. Es lautet etwa:" Den wirklichen Sieger in diesem Kriege wird man 10 oder 20 Jahre nach seiner Beendigung erkennen. Es wird die Nation sein, die am besten instande sein wird, der wachsenden unzufriedenheit zu be­gegnen, die drohende Hungersnot abzuwenden und das Volk von den fürchterlichen Folgen des allgemeinen Bankrotts zu retten, dem sich Europa täglich mit wach­sender Geschwindigkeit nähert."

In diesem Worte liegt viel Wahrheit. Es zeigt, daß auch nach dem Kriege jedes Volk noch jahrzehntelang die ganze geeinte Volkskraft wird daranseßen müssen, um nicht doch noch schließlich- trop scheinbar günstigen Abschlusses in den Strudeln dieser Weltkatastrophe unterzugehen.

Dazu ist aber vor allem notwendig, daß das ganze Volk mit Lust und Interesse am Staatsganzen erfüllt ist. Und deshalb ist in allen demokratisch regierten Ländern von vornherein eine günstigere Vorbedingung für den Kampf gegen den wirtschaftlichen Untergang gegeben. Sehr mit Recht zählt Lord Bucmaster es zu den Voraussetzungen des end­lichen, erst in Jahrzehnten sich entscheidenden Sieges, welchem Volfe es am besten gelingen wird, die wachsende Unzu­friedenheit im Innern zu überwinden.

Gegen diese Voraussetzung wird aber zurzeit wohl nir­gends schlimmer gesündigt als in Deutschland . Ein kleines Symptom: Bei der Präsidentenwahl lehnen die Konservativen einen ihnen angebotenen Siz ab, weil sie nicht neben dem Sozialdemokraten Scheidemann im Präsidium sizen wollen. Unter den Soldaten, die jetzt an der Front so Außerordent­liches geleistet haben, befinden sich Millioenen Sozialdemo­fraten, sie alle bluten und leiden auch für die Herren auf der Rechten, aber diesen erscheint es entwürdigend, neben einem Sozialdemokraten in Präsidium zu fizzen. Ob einer von ihnen draußen, verwundet sich auch nicht von einem Sozial­demokraten aus dem Feuer tragen ließe?!

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Die sachlichen Debatten der letzten Tage haben noch viel deutlicher gezeigt, wie im Innern der Bogen gespannt wird. Die strenge Handhabung des Belagerungszustandes gehört auch zu den Dingen, die nur sehr schlechte Psychologen für sieg­fördernd halten können. Ein Vertreter des Kriegsministe­riums, dem die Ungefeßlichkeit der Briefzensur nachgewiesen wird, beruft sich auf das ungeschriebene staatliche Notwehr­recht". Mit diesem ungeschriebenen Notwehrrecht wird wohl überhaupt die Aufrechterhaltung des Belagerungs­zustandes begründet, die, wie wir hier öfter nachwiesen, durch geschriebenes Gefeß nicht begründet werden kann. Aber iit dem Herrn General vom Kriegsministerium nicht aufgefallen, daß er mit seinem ungeschriebenen staatlichen Notwehrrecht" eine letzten Endes sehr revolutionäre Staatsrechtslehre aufgestellt hat?! Wenn es ungeschriebene Notwehrrechte gibt, Herr General, werden dann nicht auch andere als die Staats­regierung solche ungeschriebenen Notwehrrechte bei Gelegenheit für sich in Anspruch nehmen?

Die unheilvollen Folgen einer Innenpolitik, der jedes psychologische Augenmaß fehlt, zeigen sich heute bereits allent­