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fr. 155-1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Ein Kinderschrei.

Von Norbert Jacques .

Ein Schweizer Zug voll deutscher Verwundeten, die aus den Gefangenenlagern Frankreichs entlassen worden waren, fuhr der Grenze bei Konstanz zu. Die meisten von ihnen waren seit 1914 in Frankreich und hatten also die Zeit der lezten Jahre nur halb erlebt. Junge Burichen schauten neben Waterköpfen durch die Fenster in die erstrahlende Luft des Bodensees.

Drüben lag Deutschland . Es wartete auf fie. Und sie Harrten ihm entgegen, starrend voll von den Spannungen des Wiedersehens, sturmvoll aufgepeitscht von dem Drang ihrer Erlebnisse, die an das Tor schlugen, das in der nächsten Viertelstunde selig vor ihnen auf­brechen sollte.

Während der Zug in den Bahnhof einfuhr, rief die draußen veriammelte Stadt Hurra" unter die Hallen. Eine Militärmusik bummste und brauste über die Schreie der Menge hinaus. Die Lokomotive zischte wie ein Drachen. Die Bremsen raften wie titanische Feilen an den Achsen. All dieser Lärm überfiel sich selber in einem hundertfältigen wütenden Kampf. Die Heimlehrenden preßten sich in die Fenster und schrien... aufgelöst.

Und noch hielt der Zug nicht, noch wälzten durcheinander­geschlungen die furchtbaren Lärme über Zug und Menschen her, da schrie auf einmal eine Stnabenstimme:

Water!".

Er schrie diesen Gruß mit einem Ausschrei, als flöge sein Herz mit durch seine junge Keble binaus. Der Schrei schlug jäh und brandrot vor Jugend allen Lärm nieder. Ich saß im vordersten Wagen, hörte ihn, und mein Ohr warf ihn wie eine Flamme in mein Herz hinab. Ich mußte die Fäuste an die Schläfen preffen, so überſtieg dieser einzige Kinderschrei die ganze lärmvolle In­szenierung des Empfanges. Triumph stieß die Angst fort in ihm, Liebe das Erwarten, Stolz die Verzweiflung. Sehnsucht und Erfüllung lagen darin. Es war der riesenhafteste Schrei, den ich je in meinem Leben durch Weltteile, durch Häfen und Stahlwerke, Dzeanstürme und Artillerieschlachten mein Dhr empfangen hatte. Ich sah den Knaben nicht, der mit ihm seinen vor Krieg, Tod und Gefangenschaft erretteten Vater begrüßte. Ich sah den Vater nicht. Brachte er zwei Beine, zwei Arme, zwei Augen nach Hause?

Ich weiß es nicht und will es nicht wissen.

Denn was mein Dhr empfangen hatte, war mehr als Er­scheinung. Es war der Schrei aller Knaben von 1918 an alle Bäter von 1914. Dual und Seligkeit... Erde und Feuer in derselben Umfassung.

Er ging über die Welt. Eine neue Zeit brüllte aus ihm.

die Zeit, die die Knaben von heute aus dem Blut der Bäter zur Der Schrei ging wie eine Geburt aus dem südlichsten Bahn­hof des Landes. Hört ihn nach Norden, Often und Westen! Ich fage Euch: Gott hat ihn durch die Knabenkehle geschleudert, diesen berghaften stärksten Laut unserer Sprache das Erschaffer wort!

Arbeit des Kommenden erlösen wird.

Blühender Ginster.

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Sonnabend, 8. Juni

Grätswalde, das wir ebenfalls durchwandern, ist eine Siedlung, braust. Und er denkt an alle die Schlachten, die um ihn geschlagen die noch allenthalben die Spuren ihrer Jugend zeigt. Durch die wurden. Bald vier Jahre lang. An jene fremden Krieger, die sich Rödernstraße fommen wir an die Landstraße nach Kalfberge. Die mit verzweifelter Willenskraft an die grünen Hänge geflammert Straßenbahn Friedrichshagen- Kalkberge- Rüdersdorf nimmt den und an die Höhen gehalten hatten. Allen Anstrengungen weißer, gleichen Weg. Wir wandern jetzt auf der das Urstromtal im Norden gelber und schwarzer Soldaten zum Troz. begrenzenden Hochfläche des Varnim. Das Gelände ist nicht mehr spottend. io eben, wie im Tal, wo nur hin und wieder einige Dünen der zieht das Gelände auf und nieder. flachen Talfohle aufgesetzt sind. In sanft geschwungenen Linien Noggen und Kartoffelfelder zeigen uns, daß das Land auf der Hochfläche fruchtbarer ist als im Tal. Lints ragt der Kirchturm von Schöneiche empor.

An dem Döstgut Hohenberge vorüber, gelangen wir in die Klein­Schönebecker Heide. Bald sehen wir rechts und besonders links vom ege den Waldboden mit einem gelben Blütenteppich bedeckt. Es ist Ginster, der jetzt in Blüte ſicht. In der Berliner Gegend sieht man den Ginter nicht so häufig, sein Hauptgebiet find die weiten Heidestrecken Nordwestdeutschlands. Dort flammt die Heide in leuchtendem Gelb auf, wenn der Ginster blüht. Es scheint dann, als ob leuchtendes Sonnengold sich auf das Land gesenkt und mit einem flammenden Strahlenmantel zugedeckt hätte.

rührt.

Eine biologisch bemerkenswerte Erscheinung weist der Ginster auf. Seine biegiamen, rutenartigen Zweige streben aus dem grauen Altholz zu wirren und undurchdringlichen Büschen auf. Die Rinde der Zweige ist von dunkelgrüner Farbe, die von der Anhäufung einer großen Menge Blattgrün in den äußersten Rindenschichten her­Dadurch find die Pflanzen in der Lage, während des ganzen Jahres die Schäße an Kohlenstoff der Luft auszubeuten und allerlei wichtige Verrichtungen zu erledigen, was andere Pflanzen von den Blättern besorgen lassen müssen. Dem Ginster wäre eine Be­friedigung der Bau- und Betriebsstoffbedürfnisse durch die Um wandlungstätigkeit seiner Blätter allein kaum möglich. Sie sind einmal sehr klein und fallen zum andern in den ersten heißen Juni­die Pflanze ein großes Glück, denn die Blätter befigen feinerlei oder Julitagen zum größten Teil wieder ab. Dieses ist jedoch für Vorrichtungen, die die Pflanze vor zu starter Wasserverdunstung schüßten. Die Rinde ist dagegen mit Spaltöffnungen versehen, die nur eine ganz geringe Verdunstung gestatten. Deshalb fommt der Ginster als gut entwickelte Pflanze auch dort noch fort, too andere Pflanzen, wie das Heidekraut, wegen zeitweiliger Bodendürre nicht mehr ge­deiben oder sich nur noch als Kümmerlinge durchschlagen tönnen. Einen Nachteil hat die Verlegung der Stärtefabrik in die Zweig rinde allerdings für den Strauch mit sich gebracht. Das Holz bleibt fleischig und ist deshalb sehr frostempfindlich. In kälteren Wintern Krüppeln zurüd. frieren die Ginsterbüsche fast bis auf das graue Knotenholz zu

Adler Uebermacht Alt und müde ist der Brimont dabei geworden. Denn auch für die Verge zählen die Kriegsjahre doppelt, dreifach. Und seine Höhen und Schluchten tragen unzählige Wunden. Granatloch an Granatloch. Seine Wege und Eiege, mögen sie noch so schmal sein: die Geschosse haben sie gefunden, fie zerfetzt und zerrissen. Alte Bäume sind wie Strohhalme geknickt. Andere dicht über dem Boden oder 5, 10 Meter über der Erde glatt abrasiert. Ihrer Acfte und Zweige beraubt. Wie schlecht behauene Masten stehen sie da: wortlofe Klagen, die gen Himmel schreien.

Aber nicht nur äußerlich ist der Berg verwandelt: wie einen Ameisenbau haben die Menschen ihn durchwühlt und unterhöhlt. Gräben und Stellungen, Unterstände, Stollen und Gänge durchziehen ihn auf und unter der Erde.

Und über alle Wunden und Trümmer streute der Frühling seine verschwenderische Pracht. Webte er grüne, duftende Schleier aus Blättern und Blüten.

Ein Aufatmen geht über den Berg. Und unter dem Blühen und Duften, diefem föstlichen Werden, feimt ein leises Hoffen: Vielleicht, daß der Kampf nun zu Ende geht, und der Friede der Friede ersteht.

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K. H.

Der Nährwert der Kaninchenwurstwaren. Zur Stredung unserer Inappen Fleischvorräte sind seit längerer Beit Wurstwaren von Kaninchenfleisch im Handel, die in Geschmack und Aussehen von der echten Fleischwurst oft faum zu unter­scheiden sind, aber ausnahmslos zu sehr hohen Preisen verkauft Beit Untersuchungen vorgenommen wurden, um einen Vergleich des werden. Aus diesem Grunde war es sehr erwünscht, daß in jüngster Nährwertes zum Preiswert einiger Kaninchenwürfte festzustellen. Der Nährwert des Kaninchenfleisches ist ja an sich nicht groß, doch immerhin auch nicht so gering, wie manchmal angenommen wird, da es verhältnismäßig reich an Euveis ist und auch fast 10 Proz ett enthält. Je nach der Art der Wurstbereitung fann aber der Nährstoffgehalt gerade durch den Verwurstungsprozeß, gelegentlich recht vermindert werden, und zwar einesteils durch einen ziemlich starken Wasserzusatz und andernteils dadurch, daß das Fett, weil es sich nicht mit dem Fleisch verbinden läßt, nicht mit verarbeitet wird. Die Bereitung der sogenannten Fleisch- und Wellwürste geht nach Holzmann in der Weise vor sich, daß das Kaninchenfleisch mehrmals Wir wandern in bisheriger Richtung weiter und gelangen aus und zuletzt unter Wasserzufas zerkleinert, dann gesalzen und ges dem Walde heraus. Der Blick weitet sich. Vor uns liegt der würzt wird, worauf ein halbstündiges Räuchern und zuletzt das Rüdersdorfer Grund, von einzelnen Höhen durchzogen, während Wellen oder Brühen in beißem Wasser folgen. Da jedoch der jenseits sich die Kranichsberge bei Woltersdorfer Schleuse, tenntlich Fremdwasserzuiaz bis zu 33,8 Proz. geht, wird der Fetigehalt, der die nördlich davon gelegenen Höhen hinziehen. Wir können an bei der ungewässerten auf 2,9 Proz. bei der gewäſſerten Wurst er geht von 4,8 Proz. durch den Aussichtsturm und das trigonometrische Signal, und ohnehin gering ist, noch mehr vermindert- den Berghofer Spargelanlagen vorbei bis zu den Rüdersdorfer zurück, und ebenso verringert sich der Gehalt der fett- und asche­staltbergen wandern und einen Einblick in die Bergwerkstätigkeit freien Bestandteile auf 14,8 Proz. gegen 19,9 Proz. Ungeachtet des tun, wir können jedoch auch schon von hier aus mit der Straßen- geringen Fettgehalts wäre die Kaninchenwurst gleichwohl als nahr­bahn nach Friedrichshagen zurückfahren. haftes Gericht zu betrachten, wenn man bei der Herstellung von dem starken Wasserzusatz absehen wollte. Im Hinblick auf die hier­durch erfolgende Verminderung der Nährstoffe ist der Preis der Kaninchenwurst jedenfalls entschieden zu hoch, weshalb die bayrische Fleischversorgungsstelle in jüngster Zeit die Erzeugung von Kaninchenwurstwaren sogar überhaupt verboten hat.

Brimont.

ch.

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Notizen.

Ein Aufalmen geht über den Berg. Noch hämmert die Schlacht Mit dem Vorortzug der Schlesischen Bahn fahren wir bis von seinen Hängen. Noch fpeit er eifernen Tod unter Donner und Rahnsdorf . Nach dem Verlassen des Bahnhofs auf der Nordfeite Bliz. Aber feine Granate zerwühlt mehr feinen Boden. Kein der Bahn geht's in östlicher Richtung über das Mühlenfließ . Als Schrapnell spritzt mehr seine Erde. Nur in der Nacht bohren sich dann gen Nordost nach Fichtenau , eine anmutige Landbaussiedlung noch Fliegerbomben in feinen Grund und zerreißen ihn, daß er Portoerhöhung in Schweden . Auch in Schweden inmitten des Kiefernwaldes. Die Kiefer ist der vorherrschende zittert und stöhnt. Ja, er zittert, der große Berg, wie unser arm- find die inländischen Portosäge für Briefe, Starten, Pakete, Post­Waldbaum in dieser Gegend. Nur fie fann gedeihen auf dem an felig Menschenherz, wenn der Tod sich neben uns in die Erde frallt anweisungen und Nachnahmen erhöht worden, jedoch nicht auf un­Nährstoffen armen Sandboden. Wir befinden uns hier auf der mit Flammen, Krachen, Gift und Stahl. gewisse Dauer, wie in Deutschland , sondern zunächst für den Zeit­Sohle eines jener großen Urstromtäler, des Warschau- Berliner, in Um den Brimont herum schwenkte der linfe Flügel der deutschen raum vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 1918. dem die Schmelzwasser der Eiszeit ihren Abfluß zum Meer nahmen. Angriffsfront nach Süden ein. Um ihn herum fluten die deutschen Die Krim , die taurische Halbinsel, hat einen Flächen­In Fichtenau durchwandern wir die Hauptstraße und dann die gen Angriffswellen. Südwärts. Schlagen gegen die Mauern der alten raum wie das Königreich Württemberg und die bayerische Pfalz zu Dit führende Bismarckstraße. Am Ende dieser den Fußsteig zum Krönungsstadt Reims . Branden über sie fort wie eine Sturmflut fammengenommen. Das Schwarze Meer samt dem von der Krim Wald und an dessen Rand weiter bis zum Wege nach Grätsivalde. über Damm und Deich. abgeschnittenen Asowschen Meer ist um faft 82 000 Quadratmeter Eine schöne Promenade begleitet diesen Weg durch den Kiefernwald. Und der Berg schaut die Stadt und die Schlacht, die fie um- größer als die Ostsee , das Baltische Meer .

5]

Lodz. Das gelobte Land.

Roman von W. St. Reymont .

Auch in den großen Saal begann der Tag hineinzu­dämmern. Durch die kleinen, angelaufenen Scheiben drang ein schmutziges, fahles Licht. Die Umrisse der Menschen und Maschinen tauchten aus dem Dunst jetzt deutlicher auf. Aber in diesem graugrünlichen Licht, in dem lange Streifen roter Nebel schwammen und der Schimmer der Gasflammen wie eine Staubwolke herumwirbelte, sahen Menschen und Maschinen wie bewußtlos aus, wie Gespenster, die eine furchtbare Macht mit sich riß und trieb; wie Feßen, wie Staubkörner, wie in einen Strudel geworfene Knäuel von Spänen, die brausend herumgewälzt wurden.

Fern von diesem mächtigen Reich, das er selbst durch die sammeln, nicht für einen Augenblick konnte er in sich hinein­Arbeit seines ganzen Lebens und durch seine industrielle gehen, denn die Fabrik, deren Getöse, bis in sein Arbeits­Genialität geschaffen hatte, konnte er nicht leben. Er mußte zimmer drang, deren Betrieb und deren Pulsieren er in seinen stets unter seinen Füßen, in sich direkt die unruhigen, zitternden eigenen Nerven spürte, ja faft in seinem Bulsschlag, ließ es Mauern spüren; wohl fühlte er sich nur dann, wenn er durch nicht zu. Sie zog jeden unabwendbar mit, sie zwang jeden, das Transmissionen- und Riemennet sich durchwinden mußte, der in ihren Bannkreis kam, zum Dienst und zu restloser das die ganze Fabrik umgab, und mitten in dem scharfen Hingabe. Farbengeruch, unter dem Haufen roher Stoffe und dem von Er sprang auf und lief fort, aber der Tag erschien ihm der furchtbaren Glut erhigten Schmer. so lang, so langweilig, daß er gegen vier Uhr ins Kontor Jezt saß er in der Druckerei und blickte, die Hand vor ging, das in, einer anderen Abteilung lag, um ein Glas haltend, in den hellbeleuchteten Saal auf die laufenden Druck- Lee zu trinken und Moritz anzurufen, er möchte heute ins maschinen, auf die mitten in einer drohenden Stille eilig Theater kommen, wo eine Wohltätigkeitsvorstellung statt­arbeitenden Eisenpyramiden. finden sollte.

Herr Welt ist erft vor einer halben Stunde weg­gegangen."

"

War er hier?"

" Fünfzig Stück Weißwaren hat er verlangt." " Für sich?"

"

Nein, im Auftrage Amfilows, nach Charkow . Eine Bigarre gefällig?"

,, Dante, gern. Scheußlich müd' bin ich."

Er steckte sich die Zigarre an und setzte sich auf ein Ta­

Neben jeder Druckmaschine rasselte das Schwungrad einer Dampfmaschine, das silbernen polierten Schildern ähnlich, mit wahnsinniger Geschwindigkeit flimmerte, so Der Fabrikbesizer Hermann Buchholz besah sich die schnell, daß man seine Umrisse nicht sehen konnte. Nur ein Färberei und schleppte sich weiter. Er durchquerte die Pa- filberner Kranz drehte sich unablässig um seine Achse und billons, fuhr in den Aufzügen herauf, ging die Treppen hin- zerstäubte eine leuchtend funkelnde Wolfe. unter, ging durch die langen Korridore, sah den Maschinen Die Maschinen gingen mit nie rastender Gile; lange, zu, musterte die Ware, warf manchmal den Leuten einen endlose Stoffstreifen schlängelten sich zwischen den kupfernen düsteren Blick zu, manchmal sprach er kurz ein Wort, das Walzen durch, die die Farben des Musters abdruckten, und wie ein Blik die ganze Fabrik durchzuckte. Er ließ sich auf verschwanden oben in einem höheren Stockwerk in der Darre. burett vor einem freien Schreibtisch. Stoffballen nieder und manchmal auf die Türschwellen; Die Menschen, die von hinten auf die Maschinen die Der erste Buchhalter, der ihm untertänig die Zigarre plötzlich verschwand er, um gleich wieder an einem anderen Ware zum Drucken auflegten, bewegten sich schläfrig. Vor Ende der Fabrit aufzutauchen, bei den Kohlenmagazinen, den Maschinen standen die Meister. Jeden Augenblick beugte anbot, stand vor ihm und stopfte sich feine Picife. Einige zwischen den Waggons, die in Reihen an der einen Seite des sich einer vor, musterte die Walzen, goß Farben aus den junge Burschen saßen auf hohen Sesseln und schrieben in riesigen, bieredigen, mit Fabritmauern gleichsam umzäunten großen Bottichen zu, besah sich die Stoffe und stand dann große, rotlinierte Bücher. Plates standen. wieder aufrecht, seine Blicke in die Tausende von Metern Die Stille, die hier herrschte, das Knistern der Federn Ueberall war er. Wie die Herbstnacht, düster und versenkt, die mit wahnsinniger Eile dahinrasten. und das monotone Ticken der Uhr wirkte auf Borowiecki schweigend, ging er umher, Wo er auftauchte, wo er vorbei- Borowiecki stürzte immer wieder in die Druckerei, um aufregend. ging, da verstummten die Gespräche, die Gesichter neigten den Gang der neumontierten Maschinen zu beobachten, ver­sich, die Augen sahen nicht mehr, die Gestalten frümmten und glich die Proben mit den frisch gedruckten Stoffen und erteilte bogen sich, als ob sie vor den Strahlen seiner Blicke flüchten Befehle. Mit einem Wint ließ er manchmal einen Koloß an­Man weiß es noch nicht. Aber ich glaube, er wird sich halten, musterte ihn genau und ging dann weiter. Der ge­Er begegnete einigemal Borowiecki, der ständig in der waltige Rhythmus der Fabrik riß ihn mit, die vielen Ma- vergleichen. Na, was wär's denn für ein Geschäft, eine Abteilung hin und her lief. Sie warfen sich freundschaftliche schinen, die unzähligen Menschen, die deren Gang mit größter, einfache Pleite?" Er lachte leise und stopfte mit dem Finger Blicke zu. fast andächtiger Aufmerksamkeit folgten, rissen ihn mit, und den feuchten Tabat in seine Pfeife. Hermann Buchholz mochte seinen Druckeroidirektor, mehr die Berge von aufgestapelten Waren, die auf Wägelchen be- ,, Verliert die Firma was?" noch, er schätzte ihn für ganze zehntausend Rubel, die er ihm fördert wurden und sich durch die vielen Säle von der" Das hängt davon ab, wie viel er von Hundert jährlich zahlte. Wäscherei in die Färberei durchwanden, von der Färberei in zahlt." die Darre, von da in die Apprctur und noch zehn andere Stellen, bis sie endlich fertig verschickt wurden. Er selbst arbeitete nicht mehr. Sein Schwiegersohn Zwischendurch zog er sich in sein Arbeitszimmer zurüd, Leitete die Fabrik. Er kam bloß jeden Morgen aus lebens- das neben der Küche lag, und versank dort in Gedanken, in länglicher Gewohnheit zusammen mit den Arbeitern herein. einer Pause zwischen Kombinationen neuer Muster und der Er frühstückte in der Fabrik und blieb bis Mittag da. Nach Prüfung ausländischer Proben, die in Bücher eingeklebt in mittags schlenderte er außer wenn er in die Stadt fuhr Haufen auf allen Tischen herumlagen. Er versuchte an sich in den Kontors, den Läden und in den Baumwollmagazinen zu denken, an das Fabriksprojekt, das er mit seinen Freun­herum. den ausführen wollte, aber er konnte seine Gedanken nicht

wollten.

" Das ist meine beste Maschine in dieser Abteilung," dachte er, ihn anblickend.

-

,, Was hört man Neues, Herr Schwarz?" ,, Rosenberg ist umgekippt." ,, Vollständig?"

"

,, Weiß es Buchholz?"

" Heute war er noch nicht bei uns. Aber die Hühner­augen werden ihm schon weh tun, wenn er's erfährt; bei Verlusten ist er sehr empfindlich."

Der Schlag fann ihn treffen", flüsterte ciner von den jungen Burschen, über sein Buch gebeugt. ,, Das wär schade."

" Furchtbar schade. Gott verhüt's."

Corts. folgt.)