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Nr. 156. 35. Jahrg.

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Bost- Zeitungs- Breisliste. Erscheint täglich.

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.Sozialdemokrat Berlin ".

Vorwärts

Berliner Volksblaff.

10 Pfennig

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands.

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernivrecher: Am: Morisolas, Nr. 151 90-151 97.

Sonntag, den 9. Juni 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Berniprecher: Amt Wtorisvlag, Nr. 151 90-151 97.

Die Sozialdemokratie im Reichstagspräfidium

Lloyd Georges Entschlossenheit, Feindliche Angriffe bei Chateau- Thierry Das neue Reichstagspräsidium.

nicht nachzugeben.

Lloyd George bietet das Aeußerste auf an Energie des ent flammenden Worts, um den Kriegswillen in England zu wildem Brande emporzutreiben. Auf dem Jahresfestessen des Verbandes der Buchdrucker hielt er eine Rede auf die Bundes­genossen. Er begann mit einer Huldigung an die Amerikaner und fuhr fort: Die Rede, zu der Sie mich aufgefordert haben, ist dem Erfolg der Sache der Alliierten gewidmet. Wenn aus irgend­einem Grunde die Alliierten keinen Erfolg haben wür­den, so würde es eine traurige Welt sein, in der wir leben müßten." Dieses Thema machte Lloyd George zum roten Faden seiner Rede, in der alle Schlagworte gegen den Feind eng aneinandergeschweißt widertönten. Dithyrambisch wurden die Alliierten gefeiert, wurde ihr Nationalstolz gefigelt, der englische vor­an, dann der belgische, endlich der französische. Das leitete zur Hauptsache der Rede über, dem Appell an die Einigkeit. Lloyd George sagte:

Ich habe den Franzosen gesehen und sah nie ein Zeichen von Angst im Gesichte irgend eines Franzosen . Sie find voll Mut, boller Entschlossenheit, bis zum Ende zu kämp= fen. Frankreich ist einiger als jemals, England ist einig. Einig­feit und Entschlossenheit sind die Eigenschaften, die wir jet brauchen. Wir haben unsere politischen Mei­nungsverschiedenheiten begraben. Aber sie werden so oder so wieder auferstehen. Diese Gegensätze sind das wahre Wesen der Freiheit. Aber im Augenblick haben wir nur ein Ziel. Die Kleinigkeiten, die in gewöhnlicher Zeit bedeutungsvoll sind, ver­lieren ihre Wichtigkeit, wenn man erfährt, daß die Dämme ge­brochen sind, und daß eine furchtbare Flut die Felder des Nach­barn verwüstet, sein Haus zerstört und in unsere eigene Nähe dringt: dann vergißt man alle Kleinigkeiten und eilt zur Hilfe, um die Flut einzudämmen. Darum handelt es sich jeht bei uns. Wenn wir es getan haben, werden wir uns wie= dermit anderen Dingen beschäftigen, aber die Probleme werden andere und die Methoden werden verschie den sein. Inzwischen wollen wir ein einiges Wolf sein( lebhafter Beifall), einig im Biel , einig im Mut, einig in der Entschloffenheit, nicht nachzugeben.( Lebhafter Beifall.) Wir wollen wie Wellen brecher diese starte Flut aufhalten und sie brechen.( Lebhafter Beifall.)

In England werden zurzeit neue Mannschaftsmassen aus der Bevölkerung herausgeholt, um für die französischen Schlachtfelder fertig gemacht zu werden. Dies will vor allem in Rechnung gezogen sein, wenn man die rhetorischen Trommelwirbel des englischen Mi­nisterpräsidenten recht begreifen will. Daß aber die Regierung Lloyd Georges das englische Volf eben nicht einig hinter sich weiß, ist das andere, was bernehmlich aus der Rede heraushallt. In Irland sucht man sich der Gegenfäße" durch Vergewaltigung zu erwehren. In England aber geht das nicht an. Hier soll nun das hirnumnebelnde Wort Wunder besorgen.

Die Gegenrevolution in Ostsibirien. Semenows Aktion mißglückt. Shanghai , 7. Juni. ( Reuter.) Ein Telegramm aus Charbin vom 2. Juni besagt: Semenow berichtet: Die Bolsche­

und an der Ardre.

Berlin , 8. Juni 1918, a bends. Amtlich. An der Schlachtfront ist die Lage un­verändert.

Amtlich. Großes Hauptquartier, 8. Juni 1918.( W. T. B.)

Weftlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. Zeitweilig auflebender Artilleriekampf und Erkundungs­gefechte.

Heeresgruppe Deutscher Kronprins. Erneute Angriffe des Feindes nordwestlich von Chateau­Thierry und Gegenangriffe zur Wiedernahme der verlorenen Linien an der Ardre brachten ihm nur unbedeutenden Gelände­gewinn. Mehrfacher Ansturm französischer, amerikanischer und englischer Regimenter scheiterte unter saweren Berlusten. Im übrigen ist die Lage unverändert.

Der Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

Der österreichische Bericht.

Wien , 8. Juni 1918. Amtlich wird verlautbart: Zwischen Asiago und der Brenta sette der Feind seine Erkundungsvorstöße mit starken Abteilungen fort. Er wurde zum Teil durch Fener, zum Teil im Hanggemenge abgeschlagen. Der Artilleriekampf ist an der ganzen Südwest­front andauernd rege

Die Neubefezung des Reichstagspräsidiums ist am Sonn­abend ohne Ueberraschungen und Zwischenfälle gemäß den vorher getroffenen Vereinbarungen erfolgt. Mit großer Ein­mütigkeit wählte der Neichstag als Vertreter der stärksten Fraktion, die das Zentrum wieder dank der Zersplitterung der Sozialdemokratie geworden ist, den Abgeordneten Konstantin Fehrenbach zu seinem Präsidenten. Zum großen Merger der preußischen Konservativen wird damit wiederum ein leitender Posten im Reiche mit einem Süd­deutschen besetzt. Fehrenbach ist Rechtsanwalt in Freiburg , er vertritt im Reichstag, dem er seit 1903 angehört, den 6. Badi­ schen Wahlkreis Lahr - Ettenheim . Er ist unstreitig einer der eindrucksvollsten und redegewandtesten Sprecher des Neichs­tags, wenn auch sein Pathos zuweilen hart ans Theatralische streift. Bekannt ist sein temperamentvolles Auftreten in ber 3aberner Angelegenheit, das ihm die Konservativen heute noch nicht verziehen haben. Politisch gehört er dem mehr demokratischen Zentrumsflügel an, wobei seine Demokratie allerdings stark durch sein klerikales Empfinden beeinträchtigt wird. Er steht Erzberger nahe.

Die Vizepräsidenten, deren Zahl sich auf 3 vermehrt hat, sind nach den am Freitag angenommenen Beschlüssen fünftig in der Nangordnung nicht mehr unterschieden, sondern stehen einander gleich. Nach den früheren Gepflogenheiten hätte die Sozialdemokratie als zweitstärkste Partei des Hauses Anrecht auf den Platz des ersten Vizepräsidenten gehabt. Aber aus Rücksichtnahme auf die bisherigen beiden Vizepräsidenten, von denen Herrn Baasche auch nur eine einstündige Trennung von seinem Plak sehr schwer gefallen ist, hat man die übliche Rangordnung beseitigt. Dafür ist der Sozialdemokratie der wichtige Vorsitz im Hauptausschuß des Neichstags gugesagt worden. Die beiden liberalen Vizepräsidenten sind aus ihrer bis­fandten in Moskau Francis. Lansing gibt darin zu, daß Koltschack herigen Amtsführung bekannt. Der Fortschrittler Dove, und Semenow um die Unterstützung der amerikanischen Regierung der sein Amt in liberaler Weise mit ruhig überlegenem nachgesucht haben. Die amerikanische Regierung hat das Gesuch Humor ausgeübt hat, erhielt fast dieselbe Stimmenzahl wie jedoch unbeantwortet gelaffen und damit diesen Gegenrevolutionären weder Hilfe versprochen noch geleistet. Die Behauptung des Admirals Koltschald, er stübe sich auf amerikanische Hilfe, ist eine Erfindung.

Der Chef des Generalstabes.

Die Beute im Westen. Berlin , 8. Juni. ( W. T. B.) Durch die Erfolge der fiegreichen Armee des Deutschen Kronprinzen ist die Beute aus den großen Kämpfen im Westen seit dem 21. März nun­mehr auf

185 000 Gefangene, über 2250 Geschütze und viele Tansende von Maschinengewehren angewachsen. Die Einbuße an nicht annähernd zu schätzendem Kriegsmaterial und Gerät aller Art hat die Entente ungeheure Werte gekostet,

"

Fehrenbach, während es auffallen muß, daß der bisherige erste Bizepräsident Paasche von allen Bizepräsidenten die wenigsten Stimmen erhielt, weniger als Genosse Scheide mann, für den aus bekannten Gründen die Nechte nicht stimmte. Vielleicht zieht Herr Paasche für seine fünftige Amtsführung eine Lehre aus diesem Resultat. Mit Genoffen Scheidemann ist die Sozialdemokratie wiederum im Präsidium vertreten, wie das bisher nur im Jahre 1912 ganz kurze Zeit der Fall war. Die Partei hat be­fanntlich stets ihre Ausnahmebehandlung im Reichstag wie jede unterschiedliche Behandlung von So­fämpft. Auch diesmal war die Fraktion einmütig der zialdemokraten im öffentlichen Leben be­Ansicht, daß die Partei ihrer Stärke entsprechend im Präsidium vertreten sein müsse. Ebenso ein mütig stellte sich die Frat­wählende Vizepräsident die aus dem Amt sich ergebenden tion auf den Standpunkt, daß der aus ihren Reihen zu Pflichten voll zu übernehmen habe. In der bürgerlichen Presse hat sich jetzt ein Nätfelraten darüber entsponnen, ob

wiki haben den Onon überschritten und einen starten An- Vor der Einberufung des Wiener Reichsrats damit auch die höfischen Pflichten" eingeschlossen seien. Dies griff unternommen, der abgewiesen wurde. Eastern Newsagence Wort erweckt übertriebene Vorstellungen. Von der erfolgten in Charbin vom 31. Mai meldet, daß Semenow wegen Miß- Das Fremdenblatt" teilt mit: Die Dbmänner der Herrenhaus- Wahl des Präsidiums wird bekanntlich dem Kaiser Mit­helligkeiten, die sich in Charbin ereigneten, am 29. Mai nadh Si- parteien hatten eine Konferenz beim Ministerpräsidenten, in welcher teilung gemacht. Ob sich daran diesmal auch ein& mp birien abgereift sei. Es heißt, daß er seine Truppen binnen sie sich für die Einberufung des Reichsrats einsetzten. Die Frage, fang fnüpfen wird, ist zum mindesten zweifelhaft, da die einer Woche auflösen und nach der Mongolei flüchten werde. was jedoch geschehen soll, wenn die Verhandlungen der Regierung Wahl nicht zu Beginn einer Legislaturperiode statt­Die von Neuter weitergegebene Meldung bestätigt, was aus mit den Parteien nicht das gewünschte Resultat zeitigen sollten, gefunden hat. Vielleicht ist also die ganze Frage hinfällig. einem anderen Telegramm letzter Tage zu schließen war: um die wurde offen gelassen. Ferner empfing der Ministerpräsident die Sollte aber ein Empfang beabsichtigt sein, so ist daran Aktion des Kosafengenerals Semenom steht es schlecht. Daß sie als freiheitlichen Abgeordneten, welche sich ebenfalls für die zu erinnern, daß sich die Situation seit dem Kriege wesent­gescheitert zu gelten hat, wird auch in einer Mitteilung des Ber- Einberufung des Reichsrats im Sommer aussprachen. Einen ich geändert hat. Entgegen früheren Worten aus faiser­liner Bureaus der Petersburger Telegraphen- Agentur gesagt. Diese breiten Raum in der Aussprache nahm im Zusammenhange mit der lichem Munde ist 1914 das Wort gesprochen worden: Ich führt aus: Mehrheitsbildung die austro polnische Lösung, die für fenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche !" Ueber Kiew wird die Nachricht von der Bildung einer neuen Desterreich eine politische und wirtschaftliche Notwendigkeit fei, ein, Das vor dem Kriege geltend gemachte Bedenken, daß der sibirischen Regierung verbreitet. Die Tatsachen, die dieser Mel- sowie die Forderung eines Bollbündnisses mit Deutschland . sozialdemokratische Bizepräsident einem Manne einen Besuch dung zugrunde liegen, sind nicht neu. Schon vor drei Monaten Der Ministerpräsident erflärte im Laufe der Besprechungen wieder abstatten würde, der sich persönlich als Feind und Bekämpfer fanden sich in Charbin der Admiral Kolts cha d, der Banfier holt, daß er aufrichtig wünsche, gemeinsam mit dem Parlament zu der Sozialdemokratie bekennt, ist damit hinfällig ge­und Industrielle Butilow, der Industrielle Ustrugow, arbeiten, und hoffe, sobald die Mehrheitsbildung in worden. Tatsächlich hat ja auch schon vor einiger Zeit ge­General Chopwat und noch verschiedene andere zusammen, die die Nähe gerüdt sei, ehestens das Haus einberufen zu legentlich eines parlamentarischen Abends beim Staats­den Kosaken Semenow zum Kampfe gegen die Sowjettruppea tönnen.

ausrüsteten und ihre ganze Hoffnung auf den militärischen Erfolg Der Minister des Auswärtigen, Graf Burian, hat die dieses Abenteurers setzten. Wie bereits gemeldet, ist Semenowa sozialdemokratischen Mitglieder des auswärtigen Aus­Unternehmen gänzlich mißglüdt, er ist inzwischen schusses der Delegationen zu einer Besprechung eingeladen. mehrmals gezwungen worden, auf chinesisches Territorium zu flüchten. Volkskommissar Tschitscherin hat an die chinesische Regierung eine Note gerichtet, in der er die Entwaffung der Banden Semenows verlangt, da sonst die Sowjetmacht Mittel und Wege finden müßte, die weitere Verfolgung der räuberischen

Banden auf chinesischem Gebiet selbst zu besorgen. Von einer neuen

sibirischen Regierung fann somit feine Rede mehr sein.

Das amerikanische Pressebureau in Moskau veröffentlichte am 31. Mai ein Telegramm Lansing& an den amerikanischen Ge­

Die Wahlreform in Ungarn .

sekretär Selfferich eine persönliche Zusammenkunft und Aussprache des Kaisers mit den führenden sozial­demokratischen Parlamentariern stattgefunden, so daß ein Empfang des sozialdemokratischen Vizepräsidenten nicht ein­mal ein Novum darstellen würde.

Der Sozialdemokratie kommt es auf die Sache an. Sie hat vor dem Kriege gegen die Ausnahmebehandlung der Budapest , 7. Juni. Der Wahlrechtsausschuß erledigte Sozialdemokratie auf das schärfste protestiert und damit ge­heute die Wahlreformvorlage auch in den Einzelheiten. Unter fächlich ist seit Kriegsbeginn die Behandlung der Sozialdemo­zeigt, daß sie diese Ausnahmebehandlung nicht mill. Tat­anderem wurde die obligatorische Stimm pflicht fraten als Bürger zweiter Klasse und minderen Rechts auf in Bezirken mit geheimer Abstimmung be- vielen Gebieten eingestellt worden. Ein Sozialdemokrat schlossen. wurde Unterstaatssekretär, Sozialdemokraten wurden zu