Einzelbild herunterladen
 

Nr. 169. 35. Jahrg.

Bezugspreis:

Biertelfährl, 4,50 MI, monatl, 1,50 fret ins Haus, borauszahlbar.Einzelne Nummern 10 Biennig. Postbezug: Monatlich, bom Bostschalter abzuholen 1,50 m, bom Briefträger ins Haus ge­bracht 1,64 Mt. Unter Streuzband für Deutschlard und Desterreich- Ungarn 8,- Mt, für das übrige Ausland 4,50 ML. monatlich. Beriand ins Feld bei diretter Bestellung monatl. 1,80 ML. Boitbestellungen nehmen an Däne mart, Holland  , Luxemburg  , Schweden  und die Schweiz  . ngetragen in die

Bost- Zeitungs- Breisliste. Eefcheint täglich.

Telegramm- Adresse

.Sozialdemokrat Berlin  ".

Vormärts

Berliner   Volksblaff.

10 Pfennig

Anzeigenpreis:

Die fiebengespaltene Solonelzeile foftet 80 Bfg. Kleine Anzeigen", das fettgedruckte Bort 30 Pig.( zulässig 2 fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 15 Bfg. Stellengesuche und Schlafstellenanzeigen das erste Wort 20 Bfg., jedes weitere Wort 10 Pfg. Borte über 15 Buchstaben zählen für wei Borte. Leuerungszuschlag 20% Familien- Anzeigen, politische und gewerkschaftliche Vereins Anzeigen 60 Pfg. die Zeile. Anzeigen für die nächste Nummer müssen bis 5 br nachmittags im Hauptgeschäft. Berlin  S. 68, Lindenstraße 3, ab regeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsvrecher: Am: Morisolas, Nr. 151 90-151 97.

Sonnabend, den 22. Juni 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Wernfprecher: Amt Morigplak, Nr. 151 90-151 97.

Reichstag   und Rumänenfriede.

Der Frieden von Bukarest   ist gestern im Reichstage] Gegenstand einer ersten Besprechung gewesen, die aber nur als Einleitung der wirklichen Diskussion angesehen wer­den kann, die sich ergeben wird, sobald durch die Kommissions­beratung Klarheit über die Einzelheiten und den wirf­lichen Sinn dieses sehr komplizierten Vertragswerkes ge­schaffen ist. Mit Recht hat Genosse Scheidemann   betont, daß sich die letzten Konsequenzen der zahllosen Bestimmungen dieses Friedensdokumentes, das zusammen mit den Zusay­berträgen einen umfangreichen Band der Reichstagsdrucksachen ausfüllt, ohne weiteres gar nicht übersehen lassen. Das zeigte auch die gestrige Debatte, in der die alldeutsch ge­richteten Redner- freilich nicht in so scharfen Ausdrücken wie ihre Organe, die den Bukarester   Frieden als eine deutsche Schmach hingestellt haben über die milde Behandlung der Rumänen und das Fehlen einer Kriegsentschädigung jam­merten, während man von unabhängiger Seite mit der Ber­urteilung des Friedens als eines brutalen Gewaltfriedens bereits bei der Hand war.

Gerade im Falle Rumänien   haben die Annerionisten scheinbar ein paar sehr starke Trümpfe für die Propaganda ihrer Gewaltideale in der Hand. Die Treulosigkeit, mit der die rumänische Diplomatie den bestehenden Bündnisvertrag mit den Mittelmächten verriet, hat zweifellos im deutschen  Volke stärksten Unwillen erregt. Dieser Unwille ist noch ge­steigert worden durch die barbarische Art, mit der die Rumänen den größten Teil der in ihre Hand gefallenen gefangenen deut­ schen   Soldaten durch Hunger und sonstige Quälereien hinge­mordet haben. Diese Tatsache ist nicht zu leugnen, und selbst der Sprecher der Unabhängigen, Ledebour  , erklärte sich durch­aus damit einverstanden, daß die Schuldigen an diesen trau­rigen Vorkommnissen zur strafrechtlichen Verantwortung ge­zogen werden.

Aber auf der anderen Seite hat kein anderer als der Ver­treter der deutschen   Regierung, Staatssekretär Kühl­mann, mit starken Worten betont, daß das rumänische Volk als solches zum größten Teile nur sehr gegen seinen Willen in den Krieg hineingehegt worden ist. Die deutsche Regierung hat damit anerkannt, daß grundsätzlich zwischen der Schuld einer Regierung und der Schuld eines Boltes unterschieden werden müsse, das ja ohnehin durch den unglück­lichen Verlauf des Krieges genügend für seine Regierung ge­straft worden ist.

Freilich werden es nicht allein Gründe der höheren Gerechtigkeit gewesen sein, die die deutsche Regierung zu diesem durchaus billigenswerten Standpunkt gebracht haben. Wir glauben vielmehr, daß auch sehr startesachliche Bedenten der Regierung klar gemacht haben, daß ein Straf- und Vergeltungsfrieden, abgesehen von der Befriedigung einiger rachebegieriger Heimkrieger, dem deutschen   Volke nicht den mindesten Nuzen, wohl aber un­ermeßlichen Schaden gebracht hätte.

-

-

Vergebliche italienische Anstürme westlich der Piave Das Ringen auf dem Montello Heftige feindliche Erkun­dungen an der französischen   Nordwestfront Berlin, 21. Juni 1918, abends. Amtlich. Von den Kampffronten nichts Neues. Amtlich. Großes Hauptquartier, 21. Juni 1918.( W. Z. B.)

Westlicher Kriegsschauplah. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. Der Feind schte an der ganzen Front heftige Erkundungs­vorstöße fort. Sie wurden überall abgewiesen. Nordöstlich von Merris und nördlich von Albert brachen englische Teil­angriffe blutig zusammen.

Heeresgruppe Deutscher Kronprins. Dertliche Angriffe der Franzosen   südwestlich von Noyon  , der Amerikaner nordwestlich von Chateau- Thierry  scheiterten. Franzosen   und Amerikaner erlitten hierbei schwere Berlufte. Gefangene blieben in unserer Hand. Südwestlich von Reims   wurden Italiener gefangen.

Die großen, ehemals von Franzosen benutten, deutlich fenntlich gemachten Lazarettanlagen im Ve81c- Tal zwischen Breuil   und Montigny waren in letzter Zeit zweimal das Ziel feindlicher Bombenangriffe.

Der Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

Der österreichische Bericht.

Wien  , 21. Juni 1918. Amtlich wird verlaufbart: Der Feind sette seine Anstrengungen, uns die westlich ber Piave erkämpften Erfolge wieder zu entreißen, auch gestern in unverminderter Heftigkeit fort. Seine Opfer waren abermals vergebens. Alle Anstürme brachen an dem unerschütter­lichen Widerstand unserer heldenhaften Truppen zusammen. Zu besonderer Wucht steigerte sich das Ringen

-

auf der Karfthochfläche des Montello, wo an den flüchtig aufgeworfenen Verschanzungen der Divisionen des Feldmarschalleutnants Ludwig Goiginger   Sturmwelle auf Sturmwelle zerschellte. · Ueberall stand Mann gegen Mann im Handgemenge. Auf Frontbreiten von zwei kilometer ballte der Feind Sturmtruppen in der Stärke von 8 Regimentern zusammen, um den Wall unserer Braven ins Wanken zu bringen. Ge­waltiger Kräfteverbrauch zwang den Italiener, Reserve auf Reserve in die Schlacht zu werfen. Neben großen blutigen Ver­luften nimmt auch seine Einbuße an Gefangenen täglich zu. So wurden am vorletzten Gefechtstage auf dem Montello allein 3200 Mann eingebracht, davon 2000 durch das ungarische In­fanterie- Regiment Nr. 139. Ungarische Heeresregimenter, öfter­reichische Schützen und ungarische Honveds haben in diesen heißen, durch Tag und Nacht fortdauernden Kämpfen als An­greifer ebenso wie als Verteidiger ihrer ruhmreichen Geschichte ein neues Ehrenblatt eingefügt. An der Gebirgsfront herrschte gestern Artilleriekampf vor.

-

Der Chef des Generalstabes.

-

waltigung betrachtet werden kann. Solche wirtschaftlichen Abkommen sind ja recht eigentlich das Friedensziel der Sozial­demokratie; wir sehen in ihrem Abschluß nicht nur bei die­sem Frieden das einzig taugliche Mittel zum Wiederaufbauder deutschen   Volkswirtschaft nach dem Kriege.

-

Der englische   Außenminister bei Ausbruch des Krieges, Viscount Grey, hat dieser Tage eine Broschüre erscheinen lassen, in der er den Völkerbund aller Nationen mit aus­drücklichem Einschluß Deutschlands   propagiert. Die Auszüge, die Neuter aus dieser Broschüre übermittelt, reichen nicht hin, ein abschließendes Urteil über ihren Wert zu fällen. Aber jedenfalls zeigen sie den englischen Exminister in ganz anderem Lichte, als ihn die alldeutsche Kriegslegende zu malen bestrebt ist.

Natürlich sucht man jetzt erst recht Greys Propaganda des Völkerbundes als ein besonders gerissenes und hinterlistiges englisches Manöver hinzustellen, um Deutschland   in einer fein gelegten Schlinge zu erdrosseln. In Wirklichkeit sind Greys Gedankengänge die typischen Anschauungen des bürger­lichen pazifistischen Ideologen, die zwar von Standpunkt der sozialistischen   Erkenntnis manche Kritik her­ausfordern, weil sie die der kapitalistischen   Ausbreitung inne­wohnenden Kräfte viel zu wenig berücksichtigen, deren Gesin­nung aber durchaus Anerkennung verdient. Wie wenig Grey auf eine Erdrosselung Deutschlands   ausgeht, das zeigen die Schlüßjäße des von Reuter veröffentlichten Auszugs seiner Schrift, die lauten:

Alle müssen aus diesem Kriege lernen. Die Vereinigten Staaten und die Alliierten können die Welt nicht vom Mili­tarismus erretten, wenn nicht Deutschland   aus diesem Kriege lernt und sie werden weder die Welt noch sich selbst durch einen völligen Sieg über Deutschland   retten, bevor auch fie gelernt haben, daß der Militarismus der tödliche Feind der Menschheit geworden ist.

Der Bukarester   Frieden ist vielleicht nicht die schlechteste Lehre dafür, daß die Beziehungen der Staaten nach dem Kriege nicht auf der Basis der Gewalt geregelt werden können, son­dern daß ein Wiederaufbau der Weltwirtschaft und einer Hei­lung der durch den Krieg geschlagenen Wunden nur durch eine friedliche Verständigung möglich ist, die den guten Willen aller beteiligten Staaten erzeugt, miteinander, nicht gegeneinander zu arbeiten.

5000 Tonnen Brotgetreide an Oesterreich  

Wie die Heeresverwaltung mitteilt, sind aus militärischen Beständen 5000 Tonnen Brotgetreide nach Desterreich gegangen. Die Zuwendung, deren Ueberweisung sich ans militärischen Gründen empfahl, ist schon abgerollt.

Die Heeresverwaltung legt Wert auf die Feststellung, daß diese Zuwendung an Desterreich auf die Verpflegung des deutschen Heeres oder der deutschen   Zivil. bevölkerung keinen Einfluß ausübe.

Die Abgabe ist gegen die bestimmte Versicherung erfolgt, daß Rückgabe der gleichen Menge bis zum 15. Juli erfolgt.

Rein tatsächlich betrachtet, konnte die deutsche Regierung den Rumänen ja auferlegen, was sie wollte. Nach dem Zerfall Rußlands   war Rumänien   trotz der ihm verbliebenen Fleinen Armee, wehrlos den siegreichen Mittelmächten ausgeliefert. Aber nun gerade zeigt sich die Ohnmacht der von den All­deutschen gepredigten reinen Macht po Iitif. Es zeigt Nach Mitteilung der Neuen Freien Presse" sind von 1000 sich, daß das Schwert eben nur ein Schwert, aber kein Eisenbahnwagen Brotgetreide, die Deutschland   Desterreich zur Univerfalinstrument für wirtschaftliche Arbeit iſt. Man kann mit dem Schwert Armeen niederwerfen, aber weder der Andeutschen abzurücken, selbst auf die Gefahr hin, daß Verfügung gestellt hat, bereits 500 Wagen im Anrollen. In der pflügen noch ernten, noch Petroleum bohren. Man kann mit diese aus enttäuschter Wut Herrn Kühlmann mit der Anklage Kreuzzeitung  " wird hinzugefügt: Ferner verzichtet Deutschland  dem Schwert hinrichten, aber keine Ausfuhr schaffen. eines unfittlichen Lebenswandels heimsuchten. Aber eins ist auf die Frühkartoffeln, die ihm seinerzeit im Rompensations­völlig klar: wenn man von Rumänien   auf praktisch unbe- wege aus den ungarischen Beständen angeboten worden sind. Das deutsche Volt hat nun aber ein weit geringeres grenzte Dauer die Lieferung seiner Getreide- und Petroleum  - Diese Frühkartoffeln werden fortan ausschließlich Desterreich zu­Interesse daran, daß in Rumänien   einige Schuldige geköpft überschüsse zugesichert haben will, so ist dies nur möglich, wenn gute kommen. Ungarn   hatte sich seinerzeit verpflichtet, von werden, als daß es mit dem rumänischen Volfe in eine Be- die Rumänen selber ein Interesse und guten seinen Ueberschüssen an Frühkartoffeln je die Hälfte nach Deutsch­ziehung kommt, die es dem deutschen   Volke dauernd er- willen bei der Sache haben, wenn sie diese Lieferung nicht land und Desterreich abzugeben. Bis jetzt sind nach Deutschland  möglicht, die Ueberschüsse der reichen rumäni als eine lästige und schmachvolle Kontribution betrachten, der erst einige Wagen abgegangen, so daß noch annähernd 300 Wagen schen Urerzeugung, namentlich die Ueberschüsse an man sichy bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu entziehen für Desterreich bleiben. Aus dem Telegramm Ludendorffs an Getreide und Petroleum, für seine Volkswirtschaft sucht." den Wiener   Bürgermeister Dr. Weiskirchner geht hervor, daß zu sichern. Aber hierbei versagt die Gewalt. Man könnte ja Es ist freilich noch verfrüht, ein Urteil darüber abzu- alle Getreideeinfuhren aus Rumänien  , Beß­an das gewaltsame Wegnehmen denken. Aber die letzten Vor- geben, ob die in Bukarest   abgeschlossenen Verträge wirklich so a rabien und der Ukraine   restlos Desterreich gänge in der Ukraine   geben einen deutlichen Fingerzeig gestaltet sind, daß sie durch ihren Inhalt ihre nne überlassen und auch die für die Westfront bestimmten dafür, daß mit noch so strengen Erlassen militärischer Be- haltung garantieren. Das wird die Einzelberatung der, Sendungen im April, Mai und Juni trok der dortigen schweren fehlshaber sich gegen den Willen der Bevölkerung kaum ein wie gesagt, sehr komplizierten und schwer zu übersehenden Ernährungsfrage unserem Bundesgenossen zur Verfügung ge Ueberschuß   aus der Erzeugung eines Landes herausholen Einzelverträge im Hauptausschuß des Reichstages ergeben. ftellt worden sind. läßt. Und überdies ist Deutschland   an der rumänischen Aus- Die Sozialdemokratie wird jedenfalls nicht nur aus prinzi- Auch aus Ungarn   wird Hilfe angekündigt. Jm unga­fuhr ja nicht nur so lange interessiert, wie deutsche Besatzungs- piellen Gründen, sondern im höchsten fachlichen rischen Abgeordnetenhause sagte Ministerpräsident Weferle am truppen im Lande stehen, sondern auf Jahrzehnte und Interesse des deutschen   Volkes und der deutschen   Volks- Donnerstag bei Besprechung der Schwierigkeiten der Ernäh­Generationen hinaus. wirtschaft den Standpunkt zu vertreten haben, daß die mit rungsverhältnisse in Ungarn  : ,, Auch bei uns gibt Man sieht, die Theorie der Herren, welche die Erde mit Rumänien   beschlossenen Wirtschaftsverträge nur dann von es biele Schwierigkeiten. Es bedarf der größten dem blanken Schwert regieren wollen, scheitert legten bleibendem Werte sind, wenn sie keine verstedte Ron- Selbstaufopferung, mit so verringerten Lebensmitteln auszu­Endes an der harten Rogik der Tatsachen und tribution und Abgabe für das rumänische Volk in sich kommen. Dazu kommen die in Oesterreich   eingetretenen Zu­ber wirtschaftlichen Verhältnisse. schließen, sondern sich als ein freies wirtschaftliches stände. Diese machen es unerläßlich, das wir, wenn möglich so­

Diese Logik der Tatsachen hat offenbar auch die deutsche Uebereinkommen darstellen, das auch vom rumänischen fort, jedenfalls aber nach der neuen Ernte, die bei uns früher Regierung veranlaßt, von den Nache- und Vergeltungsgelüften Bolt als eine Verständigung, nicht als eine Berge lift als in Desterreich, aur Beseitigung oder wenig.