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fr. 169-1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Die bequemste weit entfernte Eintagsfahrt geht auf der Mittenwalder   Bimmelbahn nach dem schon erwähnten Töpin. wir sind dann allerdings mehr als vier Stunden hin und zurück auf die Achse angewiesen, fönnen aber die übrige Zeit boll aus­nugen für den Teupiger See und seine herrliche Umgebung.

tann. Er fann er

Sonnabend, 22. Juni

wenigsten befuchte Waldgebiet im Bezirke der Oberförsterei Hammer. Der Geheime", wie er in der Literatur und im Film ges Eintagsfahrten von Königswusterhausen  . Der Wald ist hier so prächtig alt und meilenweit so dicht und schildert wird, ist in der Tat eine ungewöhnlich interessante Er­still wie in der Mark sonst nur noch im Blumenthal forst. Aber nicht scheinung. Der Deteftiv der Literatur besigt eine umfassende Bücher­Das historische Städten an der Notte, in dessen wohlerhaltenem gleich von Großföris, das sich zu einem prachtvollen Villenort gelehrsamkeit, so umfassend, daß es unmöglich scheint, daß ein ge­Schloß noch manches von der groben Kumpanei und den Tabaks- ausgewachsen hat, nach Süden in den Zauberwald gestürmt! Ein wöhnlicher Sterblicher sie sich während eines ganzen langen Lebens follegien" Friedrich Wilhelms I. zeugt, ist in den letzten Jahren wenig nordöstlich liegt am Köriser See entzückend eingebettet das aneignen die schwierigsten chemischen immer mehr für den Groß- Berliner Ausflüglerverkehr zu einem Gütchen Wilhelminenhof und an der Verbindung des Köriser Sees Analysen ausführen, tennt alle bekannten und unbe­Haupttreffpunkt geworden. Die Möglichkeiten zu Eintags- und mit dem Hölzernen See die Försterei Neubrück mit einem groß fannten Gifte und Gegengiste. Im nu identifiziert er einen Zweitagsfahrten von Königswusterhausen   aus in das umgebende artigen Wald- und Wasserpanorama. Die Waldchaussee führt in Gegenstand erotischer Herkunft, er spricht alle Sprachen, kennt die prächtige und weitgedehnte Wald- und Seengebiet sind so einer knappen Stunde zur Oberförsteret Hammer, in einer weiteren Sitten und Religionen aller Bölfer und die Familiengeschichte aller zahlreich wie nicht anderswo in der Umgebung Berlins  . Stunde nach der alten slawischen Niederlassung Wendisch- Buchholz  , Personen. Außerdem hat er Zeit gefunden, alle nur denkbaren Sie werden mit Recht bevorzugt und ausgenugt, weil wo einst Paul Gerhardt   lebte. Wir sind nun nicht mehr weit von Notizen aus allen denkbaren Zeitungen der ganzen Welt aus man hier noch meilenweit durch dichten Wald marschieren Köthen  , dem Einfafletor in den Unterspreewald, und sehen den zuschneiden, aufzufleben und zu fatalogifieren. All dies braucht tann, obne auf größere Ansiedlungen zu stoßen. Die Wehlaberg ragen, ziehen es aber doch vor, nicht ganz eine Stunde der Filmdetektiv nicht; denn es läßt sich zu schlecht auf der Lein­meisten Berliner fennen Königswusterhausen nur durch die nach Bahnhof Halbe zu marschieren, von wo direkter Anschluß nach wand darstellen. Statt dessen versteht er sich auf die Steuerung bequeme und in Friedenszeiten billige Dampferfahrt bis Neue Königstousterhausen ist. des Automobils, auf Reiten, Schwimmen und anderen Sport; er Mühle, wo sie gewöhnlich in den dort allerdings sehr reizvollen tiettert auf Blizableiter und begibt sich voll Kühnheit auf alle Wasserlokalen fleben bleiben. Das kann die Wanderlustigen nicht mögliche andere Weise in Lebensgefahr. Indes ist auch er intelligent befriedigen. Die halten sich am liebsten abseits vom geräuschvollen genug, um, eine halbe Stunde, bevor er vergiftet wird, das richtige Verkehr, lassen das Nottestädtchen links liegen und bringen mit Gegengift einzunehmen. Was kann der Privatdetektiv der Wirk Kompaß, guter Karte, Rucksack und in der jetzigen Zeit besonders lichkeit im Vergleich zu alledem? Rein gar nichts! Er hat, wenn wertvollen paßrecten Trittchen", tief in die Waldeinsamkeit es hoch fommt, sein Einjähriges gemacht und ein gutes Examen in der mächtigen Königswusterhausener Forst ein. Am besten fährt irgend einer Unteroffiziericule abgelegt. frühzuge. Nachtquartier ist freilich gegenwärtig nicht ganz leicht zu finden, meist nur für Hotelpreise und viele gute Worte. Wer noch jugendfräftig und trotz aller Graupenschlemmerei widerstandsfäbig ist, macht sich aber ein besonderes Bergnügen daraus, die laue Sommernacht bei allerhand Jug und Spuf unter Waldriesen zuzu­bringen und mit dem Wandern zu beginnen, wenn der Wald in Um an einem Tage in weiter entfernte Waldungen zu gelangen, ist es namentlich auch für weniger ausdauernde Fußgänger empfehlenswert, entweder die Görlitzer Bahn noch über Wuster hausen hinaus oder die beiden abstrahlenden Kleinbahnen zu be­nuzen. So fährt man auf der Görlizer Strecke bis nach Groß­besten am Bägiee oder bis Großtöris furz vor dem Teupiger See und hat an beiden Bahnhöfen die Auswahl unter halb-, ein- oder zweitägigen Waldwanderungen nach allen Himmelsrichtungen hin. Die nordöstliche Kleinbahn wird, wenn man nicht etwa über Stor­low zum Scharmügelfee will, nur bis Bernsdorf   oder Cablow am Strüpelfee, die südliche Kleinbahn über Mittenwalde   und Motzen bis

man ichon am Sonnabend hinaus oder mit dem ersten Sonntags­

aller Morgenfrühe am herrlichsten ist.

zur Endhaltestelle Töpchin benut.

Die Eintagswanderung nördlich von Wusterhausen  führt bis weit hinauf nach Neu- Zittau  , Erfner, Grünheide   und Ait buchhorst durch ein mächtiges, nur von den Spreewiefen furz unterbrochenes Waldgebiet. Das ist noch Wald, wie wir ihn gern sehen, maisia und wild verwachsen. mit erstaunlichen Mengen von Erd­und Blaubeeren. Man braucht bis Altbuchhorst in strammem Marsch acht Stunden und stößt nach leberquerung des Oder- Spree­Kanals erst nach fünf Stunden in der Spreeniederung auf die fich in kurzen Abständen folgenden Kolonien Steinfurth  , Burig, Freienbrint, Jägerbude, Hohenbinde, Alte Hausstelle und Schöne ichornstein. Sich von dieser Seite aus, wo übrigens alle Hamsierei vergebene Liebesmüh ist, nach Erfner und seinem Seenkranz durch zupirschen, ist überaus lohnend, freilich etwas anstrengend. Eine türzere Tour läuft gleich hinter Neue Mühle unter Umgebung des Krimnick, Krüpel- und Bernsdorfer   Sees fast schnur gerade durch vollen Wald zum Forsthaus am reizenden fleinen Utlei- See( 2 Stunden). Von hier wandert man entweder noch eine Stunde nördlich weiter, immer durch Wald, über den Seanal nach den aussichtsreichen Stahlbergen, dann in scharfem West bogen am Stanal entlang über Wernsdorf und die bekannte große Halbinsel mit den Gosenbergen nach Schmöckwitz  ( 5 Stunden) oder man biegt gleich vom Utlei- See scarf westlich ab und erreicht am Forsthaus Krumme Luch vorbei mittels Ueberfahrt das idyllische Rauchfangwerder und Zeuthen  ( 4 Stunden).

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P. E- r.

Deutsches Theater: Bibikoff  " von Bruno Frank  . befeftiv am bevorzugtesten. Immer mug er jung und elegant fein; Hinsichtlich der äußeren Erscheinung ist entschieden der Film Der Autor, der in seinem unlängst aufgeführten Schauspiel Die beiden Schwestern und der Fremde" auf Bahnen einer nach Bylinder und Monofel tragen. Auch sonst muß er sympathisch auf dentlich feinen Seelenanalyse wandelt, versucht sich in dem neuen treten, damit er ein rechter Held für den weiblichen Teil des Stückchen, zu dem eine Dostojewstische Erzählung stoffliche An- Publikums ift. Fragt man danach, was der Detektiv zu tun hat, regung gab, in einer Pariserisch gefärbten Schwanfmanier, die ihm so findet man in den Kriminalromanen in neun von zehn Fällen, indeffen ganz und gar nicht zu Gesichte steht. Dyne Ballen- daß es sich um die Aufdeckung eines Mordes handelt. Der Film berg  , der den bebrillten cholmischen Helden mit einer ver- detektiv muß im Gegensatz hierzu Mordgeschichten möglichst aus dem schwenderischen Fülle drolliger mimischer Nüancen auszustatten Wege gehen, schon um der Zenfur willen. Die Haupttätigkeit des wußte, wäre die auch so nicht gerade unterhaltsame Geschichte mirklichen Detektivs besteht hingegen darin, ungetreue Ehegatten zu vollends unerträglich geworden. Er bringt's nicht zum Galopp überwachen Den Filmdetektiv sieht man nie eine Bezahlung entgegen­einander jagender Einfälle; und nur so könnte dieses Genre, das nehmen. Höchstens bekommt er ein Ehrengeschenk oder einen Kuß oder­dem Verstande teine Atempaufe der Ueberlegung gönnen darf eine Frau. In der Regel muß er freilich unverheiratet bleiben, um im allein wirken. So rüdsichtslos er jede literarische Bedenklichkeit nächsten Film noch immer der Günstling der weiblichen Kinobesucher über Bord warf, den Purzelbäumen fehlt die heiter fecke fein zu tönnen. Der Detektiv der Romane und Novellen ist ber­Leichtigkeit. Man hat die peinliche Empfindung, daß es ihm selbst mögend und unabhängig. Der Geheime" der Wirklichkeit nimmt dabei nicht wohl ums Herz gewesen sein kann. Die in den Heber- Borschuß auf sein Honorar. Die Wohnung des Literaturdetektivs treibungen des ersten Aftes noch deutlich spürbaren Ansäge zu einer ist eine Kombination von Museum und chemischem Laboratorium, die Affefte ins abenteuerlich Groteste steigernden Charakteristik, ver- In der Literatur kann der spürsinnige Held die an ihn heran die des Filmbelben eine luguriöse, tünstlerisch ausgestattete Etage. fanden leider in dem weiteren Verlaufe völlig. Der schon betagte Bibikoff, der nach eigenen Erfahrungen austretenden Probleme sehr wohl in seiner Wohnung lösen. Der Film­seiner Junggesellenzeit an die Treue feines jungen schönen Frauchens detektiv kommt stets im Automobil auf dem Schauplatz feiner Unter­nicht zu glauben vermag und drauf und dran ist, in diesen selbst- fuchungen an. Ein Filmdetektiv in der Elektrischen ist geradezu geschaffenen Leiden die legten Reſte des ihm nie reichlich zu Teil fährt vorzugsweise mit der Straßenbahn. Andernfalls- geht etwas undenkbares. Der Geheime" des wirklichen Lebens für sein gemessenen Werstandes einzubüßen, rennt in dem Theater, das seine Frau besuchen wollte, wie ein Beiessener herum. Wie kam sie auf er zu Fuß. den Einfall, hinzugehn? Gewiß doch nur, um sich mit einem Liebhaber zu treffen! Das Mißtrauen gegen einen jungen Elegant( von Herrn Riemann sympathisch- liebenswürdig dar­Hermann Gisig ist noch nicht vierzigjährig dahin geftelt), der auf eine andere Dame wartet, schlägt nach ein paar gerafft worden. Bermürbt war er aus dem Felbe auf Heimat Worten, die ihm diese Spur falsch erscheinen lassen, in ein urlaub gefommen; in München  , too sein Lustspiel Die Glücksfuh" Hemmungsloses Bedürfnis um, dem Jrrenden seine Seele auszu- aufgeführt wurde, zog er sich eine Lungenentzündung zu, an deren schütten. Hier gipfelte die Kunst von Pallenberg, das tragi- Folgen er im Lichterfelder   Krankenhause starb. Ein noch nicht fomische Durcheinander fiebernder Angst und lächerlicher Konfusionen Vollendeter, dem nach langem Ringen mit den Umständen verblüffend widerspiegelnd. Was aber weiter folgt, ist billiges und war lange Jahre Techniker, ehe er den Dichter in sich erstarken billigstes Bossenfabrikat, deffen Höhepunkt darin besteht, daß Bibitoff fühlte mit sich und seiner spröden, urwüchjigen Begabung dem jungen Herrn nach Theaterschluß in die Wohnung einer endlich die ersten Aufführungen den Weg zu Höherem zu bahnen Dame nachläuft und samt dem Partner beim Erscheinen des begannen. Zweimal war ihm der Kleistpreis verliehen, zweimal Gemahls unter das gleiche Bett versteckt wird, von dorther öffnete sich einem Stück von ihm die Bühne, zwei anderen sperrte die beiden wohl eine Viertelstunde lang das Publikum mit die Zensur die Pforte. Der Held vom Wald"( im Königl. Schau­Späßen zu unterhalten hatten. Die beiden flüchten nacheinander. Spielhause) fand wenig Anklang; aber die Glücksfuh" zeigte echte Als Bibifoff, nach Haus gefommen, wieder einmal vor seiner Frau Komödienbegabung. Sein Bestes an dramatischem Schaffen hat die Eifersucht für ewige Zeiten abgeschworen hat, erscheint ihm zum die Kriegszensur uns vorbehalten, darunter das Soldatenstück Des Ueberfluß nochmals der junge Herr. Worauf der Fassungslose, Saisers Soldaten". Hermann Essig   war ein Schwabe, voll bolts. nach seinem Schnupftuch greifend, ein Hündchen, das er unterm tümlicher, ungebrochener Art- auch darin ein echter Sproß seines Bette totgedrückt, aus seiner Tasche zieht. Das war der Schluß- Stammes, daß er langsam und schwer sich entwickelte. Nun ist er effekt. Ein Teil der Hörer protestierte gegen den Applaus mit mitten im Aufstieg gestorben, bevor er sein Reifftes geben konnte. gischen. Neuerwerbungen unserer Museen. Das Kaiser­Friedrich Museum hat eine Reihe von alten Kunstwerken seinem in Venedig   von Guardi, dem Vorläufer impressionistischer Malerei im 18. Jahrhundert. Neu ausgestellt sind die neuerworbenen Ge mälde von Grien( Porträt) und Gertgen tot St. Jans( eine zarte Madonna). Unter den Bildwerken ist eine altdeutsche Kreuzigungs. gruppe von Leinberger hervorzuheben.

dt.

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Notizen.

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er

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Südlich von Königswusterhausen   sind die Eintagswande­rungen noch vielseitiger und reizvoller durch Seereichtum und Wald­dichte. Eine vierstündige, sehr hübsche Tour umfaßt das Seen­Viereck Neue Mühle, Senzig, Bindow, Gussow, Dolgenbrodt  , Großbesten, Zeeien. Ebensoviel Zeit erfordert das südlich davon zwischen einer noch reicheren Seentette gelagerte Walddreied Großbefien, Prieros  , Der Detektiv in der Literatur, im Film und in Benisstande einverleibt. Geschenkt wurde eine Ansicht der Biazetta Großföris, das als wildgefegnete Dubrow- Forst mit den berühmten Reiherhorsien an der Smölde eine märkische Waldperle bildet, deren Eingatterung fich durch meist bereitwillig in den Forsthäusern er­teilte Erlaubnis öffnet. Noch weiter südlich lockt von der Bahn­station Großtöris aus das eigentlich schönste und leider am

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2003. Das gelobte Land.

Roman von W. St. Reymont  .

May rührte sich nicht, schlief ruhig und schnarchte mächtig. Endlich padte ihn Borowiecki, aufgeregt durch die frucht­Iosen Bemühungen, ihn wach zu bekommen, an den Armen und stellte ihn aufrecht auf den Boden. Er sollte ihm sagen, wo Morig wäre.

Wirklichkeit.

Es gibt wohl faum einen Schuljungen, der nicht einmal davon geträumt hat, ein zufünftiger Sherlock Holmes  , der Inbegriff alles Scharffinns, zu werden.

" War Herr Morik da?" fragte er geduldig weiter. sa."

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Wo ist er hingefahren?"

Die fleine Schwarze hat er sozusagen begleitet und wollte ins Grand Hotel hin." Wer war noch hier?"

,, Verschiedene Herrschaften waren da, Herr Bein, Herr Herz und noch andere Juden,"

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Geh schlafen," sagte Borowiecki, löschte die Lichter aus und bestieg die Droschke, um Morig zu suchen. Das Victoria   war schon geschlossen, Grand Hotel eben­

Aufgebracht durch die Störung, taumelte Mar gegen falls. einen Stuhl, packte ihn und schmiß ihn vor sich hin auf den Tisch. fellner.

" Da hast du's, blöder Aff, stör' mich nicht," und legte sich mit der größten Ruhe wieder auf die Ottomane, nahm ist den Rock ab, zog sich ihn über den Kopf und schlief weiter. Matthias!" scrie Borowiecki verzweifelt, weil er Mar nicht wach bekommen konnte.

,, Matthias!" rief er, ins Vorzimmer fretend, " Bin schon da, komm' schon, Herr Direftor. Die Kerze ist mir irgendwo abhanden gekommen. Ich such und such fie. Komm' schon," rief er im Schlaf, mit zitternder Trinter­stimme, und versuchte vergeblich, sich vom Boden zu erheben, wo er nach der Dhrfeige, die ihm Borowiecki versetzt hatte, eingeschlafen war.

Er richtete sich auf den Knien auf und fiel wieder mit dem Geficht zu Boden, mit den Händen umherfuchtelnd, als ob er schwimmen wollte. Borowiecki hob ihn auf, führte ihn ins Egzimmer und lehnte ihn an den Ofen.

"

Wo hast du dich so besoffen? So oft hab' ich dir's ge­sagt, daß ich dich rausschmeiße, wenn du dich nochmal so be­trinkst, hörst du?"

" Ich höre, Herr Direktor, ich höre. Aha, sozusagen Herr Morig," lallte er und versuchte vergeblich, das Gleichgewicht zurückzugewinnen.

du aus."

"

Schläft Herr Kurowski schon?" fragte er den Zimmer­ Er war gar nicht hier. Der Salon war hergerichtet, er aber nicht gefommen."

,, War Herr Welt abends bei Euch?"

,, Er war mit paar Damen und Herrn Kohn da. Arkadia sind sie gefahren."

weil Borowiecki sich von allem fernhielt. In den letzten Monaten nahmen ihn die Pläne der Fabrikgründung ganz in Anspruch.

Zuder tannte er persönlich. Aus einem schäbigen Tandel­jud hatte er sich in den legten Jahren in einen Millionär berwandelt; feine Starriere in Lodz   hatte er mit dem Handel abgenügter Baumwollfeßen, die die Fabriken zu nichts mehr verwenden konnten, begonnen, mit dem Sammeln von Papier­resten und Baumwollstaub, den es in allen Webereien und Tuchschererwerkstätten in Ueberfluß gab.

Borowiecki konnte ihn nicht ausstehen, denn er fabrizierte Schundwaren, die er in Mustern und Farben den Fabrikaten der Buchholzschen Fabrik nachmachte, in Wirklichkeit aber aus den schlechtesten Stoffforten, jedoch zu so billigen Preisen, daß sie jede Stonkurrenz unmöglich machten.

Er wußte, Frau Zucker hatte keinen Geliebten. Denn fie war Jüdin, und es gab auch in dieser Stadt, wo alle, Ins vom Millionär bis zum letzten Stift, in diefer Riesen­produktionsmaschine arbeiten müssen, sich ganz der Arbeit Borowiecki fuhr ins Arkadia in der Konstantinstraße, traf hingeben müssen, nur sehr wenige Berufslebemänner. Und aber auch da niemand mehr an. Er fuhr noch bei verschie auch die Gelegenheit, Frauen zu erobern und sie zu verführen, denen anderen Kneipen vorbei, wo die Lodzer Jugend ver- bot sich äußerst selten. Und wenn es so wäre, wüßte es schon fehrte, fand aber niemand. ficher jemand, denn es hätte sich schon herumgeredet. Wo tat sich der Aff' bloß versteckt," dachte er aufgeregt Ob sie auch eine Seele hat?" dachte er, sich ihre wilde, und schrie wieder dem Stutscher den Namen einer Kneipe zu. unbändige Leidenschaft vergegenwärtigend. Weshalb ich nur Borowiecki fluchte und biß die Zähne zusammen. Er da hineingeraten bin, gerade jetzt! Der Teufel hole die Liebe. zitterte so vor Erregung, daß er sich nicht einmal die Zigarette Jetzt sich diese Laſt aufzubürden, wo man eine Fabrit auf anstecken konnte, seine Finger zerdrückten sie. Um der Auf- Bump gründen will. Und doch..." regung Herr zu werden, begann er intensiv an das Baum- Er überlegte. War es Liebe? Er wollte es sich auf­wollgeschäft zu denken. richtig einreden, daß er sie liebte, daß ihn Liebe fortgerissen und nicht der gewöhnliche Sinnestaumel eines gesunden und unverbrauchten Drganismus.

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" Bauer hat dem Zucker das Telegramm gut verkauft. Eine sonderbare Frau." Er versant in Gedanken an Luch. Seit zwei Jahren kannte er sie nun schon, hatte sie aber nicht sonderlich beachtet, weil er sich für Frau Lickert inter­essierte. Auch erzählte man von ihr, sie sei furchtbar dumm, beinahe so dumm, als sie schön sei.

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Wie es auch sein mag, das Spiel ist den Einsatz wert." Der Stutscher bog um die Ecke und blieb in der Pro­menadenstraße vor der Synagoge stehen.

Das Restaurant, vor dem Borowiecki auf der Suche nach Morig vorgefahren war, befand sich gleich hinter der Synagoge rückwärts in einem Hof. Ein kleines Barterre­häusajen lehnte da an der Mauer. Alle Fenster waren hell erleuchtet, und wiehernder Lärm und Geschrei schallte aus dem Haus.

Wer hat dich so zerschlagen? Wie ein Schwein siehst" Diefes Temperament!" Schauer durchzuckten ihn bei der Erinnerung. Ber mich so zerschlagen hat? Mich, bitt' Herr Direktor, Seit geraumer Zeit wußte er, daß er ihre Aufmerksamkeit niemand hat mich zerschlagen, niemand trant sich mich zu zer- auf sich gelenkt hatte. Sie ließ es ihn merken, durch Blicke, schlagen, sonst, bitt' Herr Direktor, ich würd' ihm das Genic die sie ihm zuwarf, durch dringende Einladungen, denen er brechen. Verdreschen würd' ich ihn, und fertig wär's, wie ge- nie folgte. Ueberall fand sie sich ein, wo sie annahm, daß er Dho, die ganze Bande ist da," dachte er, in einen michst. Deibel noch eins." auch da sein würde. niedrigen Saal eintretend, der vom Bigarrenrauch so ver­Der Lodzer Klatsch, dem sich hier hauptsächlich die Männer| dunkelt war. daß er im ersten Augenblick in diesen von den mit Leidenschaft und Virtuofität hingeben, der die Kontors goldenen Kugeln der Gasflammen schimmernden Dunstwolfen und die Fabriken ausfüllt, verlor sich schon in Rombinationen. Es nichts unterscheiden konnte. Iwurde verschiedenes gemuntelt. Bald aber ließ man davon ab, I

Ale Berowiecki merkte, daß er mit dem Trunkenbold so nicht fertig werden fonnte, holte er einen gefüllten Wasser­trug, hielt Matthias mit einer Hand fest und schüttete ihm das ganze Waffer über den Kopf.

Forti. folgt.)